Bild: Pixabay

Dankbarkeit für kleine Fügungen

Sind kleine Zufälle nur Zufälle oder gibt es von Gott so gewollte Fügungen, die uns dankbar stimmen, weil etwas genau so hat kommen sollen?

Zwei Früchte einer Platane auf einem herbstlichen Blatt
Alles ist vergänglich, ist alles Zufall, gibt es Fügungen? (Bild: malubengPixabay)

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.

Wir haben uns hier versammelt, um von Frau Q. Abschied zu nehmen, die im Alter von [an die hundert] Jahren gestorben ist.

So spricht Gott (Jesaja 46, 4):

Bis in euer Alter bin ich derselbe, und ich will euch tragen, bis ihr grau werdet. Ich habe es getan; ich will heben und tragen und erretten.

Wenn ein Mensch erst in einem so hohen Alter aus diesem Leben abgerufen wird wie Frau Q., und wenn dieses Leben bis in die letzten Tage hinein noch in geistiger Klarheit geführt werden konnte, dann haben wir, obwohl wir traurig sind über den Tod eines geliebten Menschen, doch noch viel mehr Grund, Gott zu danken und zu loben für dieses lange Leben, für Bewahrung und Erfüllung, für alles, was ER Frau Q. in ihrem Leben geschenkt hat, und auch für das, was uns durch sie geschenkt wurde. Darum beten wir mit Worten aus Psalm 118:

1 Danket dem HERRN; denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich.

2 Es sage nun Israel: Seine Güte währet ewiglich.

3 Es sage nun das Haus Aaron: Seine Güte währet ewiglich.

4 Es sagen nun, die den HERRN fürchten: Seine Güte währet ewiglich.

5 In der Angst rief ich den HERRN an; und der HERR erhörte mich und tröstete mich.

6 Der HERR ist mit mir, darum fürchte ich mich nicht; was können mir Menschen tun?

7 Der HERR ist mit mir, mir zu helfen.

8 Es ist gut, auf den HERRN vertrauen.

14 Der HERR ist meine Macht und mein Psalm und ist mein Heil.

17 Ich werde nicht sterben, sondern leben und des HERRN Werke verkündigen.

19 Tut mir auf die Tore der Gerechtigkeit, dass ich durch sie einziehe und dem HERRN danke.

20 Das ist das Tor des HERRN; die Gerechten werden dort einziehen.

21 Ich danke dir, dass du mich erhört hast und hast mir geholfen.

25 O HERR, hilf! O HERR, lass wohlgelingen!

27 Der HERR ist Gott, der uns erleuchtet.

28 Du bist mein Gott, und ich danke dir; mein Gott, ich will dich preisen.

29 Danket dem HERRN; denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich.

Liebe Trauergemeinde!

An die Güte Gottes können heutzutage nicht mehr viele Menschen glauben. Wir schauen oft nur auf das Böse in der Welt und beklagen uns über Gott, warum er das alles zulässt. Wenn wir uns doch wenigstens bei Gott beklagen würden! So haben es viele Psalmdichter getan, sie haben mit einer Klage und Anklage gegen Gott begonnen und konnten zum Schluss nicht anders, als doch wieder Gott für seine Hilfe und Nähe, auch im Leiden, zu danken und zu loben.

Manchmal bringen uns bestimmte Fügungen dazu, doch wieder mehr an eine gute Führung durch den gütigen Gott zu glauben. Es sind oft ganz kleine Dinge, die uns alles in einem anderen Licht erscheinen lassen. Oder sollte das alles Zufall sein? Ganz gleich, ob Zufall oder nicht: Fügung können wir es nennen, wenn uns ein Zusammentreffen von Ereignissen dankbar stimmt.

An zwei solcher eigentümlichen Fügungen muss ich im Zusammenhang mit der Trauerfeier für Frau Q. denken. Seit ich sie kenne, hatte sie immer wieder einmal gefragt: „Wer wird mich denn mal beerdigen?“ Sie sprach vom Grab ihres Mannes auf dem Friedhof in einer anderen Stadt; sie freute sich, als sie hörte, dass ich gerade dort an mehreren Fortbildungen teilgenommen hatte und auch gelegentlich auf dem Friedhof spazierengegangen war. Und irgendwie ging sie davon aus, dass ich ihre Bestattung einmal übernehmen würde, auch wenn ich meinte, dass ich ja aus verschiedenen Gründen verhindert oder vielleicht gar nicht mehr hier sein könnte. Nun bin ich gerade noch in der vorletzten Woche hier im Dienst, und ich kann mithelfen, dass wir Frau Q. die letzte Ehre erweisen, dass wir uns gemeinsam an ihr Leben erinnern.

Und noch eine Fügung möchte ich erwähnen. Als ich am vergangenen Freitag noch einmal kurz bei Frau Q. hereinschaute, da hatte ich nichts davon geahnt, wie schlecht es ihr schon seit Weihnachten gegangen war. Vor Weihnachten hatte ich sie noch in alter geistiger Frische erlebt, mich mit ihr wie immer gut unterhalten; und ich hatte mir vorgenommen, vor meinem Weggang sie wenigstens noch einmal zu besuchen. Ansprechen konnte ich sie jetzt leider nicht mehr, aber ich habe sie noch ein letztes Mal gesehen, und ich konnte mich auch verabschieden von ihrer Zimmergefährtin.

Zufall? Fügung? Nur eine kleine Sache, aber sie erweckt in mir Dankbarkeit (Psalm 118, 1):

Danket dem Herrn, denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich.

An mehreren Stellen in der Bibel kommt genau dieser Satz vor; immer wieder in den Psalmen, aber auch in Geschichtsbüchern und bei den Propheten. Und genauso können wir auch an vielen Stellen in einem Menschenleben auf Erlebnisse und Begegnungen, Prägungen und Erfahrungen stoßen, die in uns Dankbarkeit wachrufen. Selbst wenn es auch Enttäuschungen und leidvolle Zeiten zu bewältigen gab, so hat ein neueres Danklied schon recht, wenn es darin unter anderem auch heißt:

Danke für manche Traurigkeiten!

Bewältigte Trauer führt zu getrostem Leben. Traurig sein zu können, ist geradezu ein Anzeichen für gesundes, bewusstes Leben mit Leib und Seele.

Wie ich schon zu Beginn sagte, es gibt viel zu danken, wenn wir an das Leben von Frau Q. zurückdenken. Und wir müssen weit zurückgehen mit den Erinnerungen, bis ins Kaiserreich.

Erinnerungen an das Leben der Verstorbenen

Sie war zunächst noch in für ihr Alter auch körperlich erstaunlich guter Verfassung. Ich erinnere mich, wie ich sie zum erstenmal auf einer Geburtstagsfeier kennengelernt habe, dass ich einfach nicht glauben konnte, dass Frau Q. damals schon über 90 Jahre alt war. Sie fühlte sich auch nicht „alt“. Sehen konnte sie nicht mehr gut, mit dem Laufen wurde es schlechter, aber „alt“ – das waren für sie Menschen, die geistig nicht mehr mitkamen, mit denen man sich nicht mehr unterhalten konnte. Mit dem zahlenmäßigen Alter hatte das für sie nichts zu tun.

Erst als Frau Q. dann doch auf immer intensivere und körperlich anstrengendere Pflege angewiesen war, musste sie in ein Altenheim umziehen. Dort fand sie ihren neuen geregelten Tagesablauf, ihre Pflege von geschultem Fachpersonal, sie bekam eine Zimmergefährtin, die sich viel um sie kümmerte, die zu Frau Q. in den letzten zwei Jahren einen sehr engen Kontakt aufbaute – als Gesprächspartnerin, als Helferin in vielen kleinen Dingen, bis hin zum täglichen Vorlesen der Andacht auf dem Neukirchener Kalenderzettel. Auch hier blieb Frau Q. bis zuletzt noch immer geistig rege und am Tagesgeschehen sehr interessiert. Man konnte noch nicht einmal ein Nachlassen des Gedächtnisses feststellen, wenn es um Dinge ging, die erst vor kurzer Zeit geschehen waren; jedesmal wenn ich sie besuchte, knüpfte sie an Gespräche an, die wir zuvor geführt hatten; sie fragte nach privaten Dingen oder nach dem Geschehen in ihrer Kirchengemeinde. Zu den alten Bekannten hielt sie telefonisch ständig Kontakt; Besuche sind ihnen, die ebenfalls in hohem Alter stehen, aus Gründen der Gebrechlichkeit nicht möglich gewesen. Aber ihre Verwandten erleichterten ihr den Aufenthalt im Heim und nahmen ihr durch regelmäßige Besuche ein Stück Einsamkeit.

Viele Gründe zum Danken habe ich da aufgezählt, mancher würde sich, wenn er auf diese Weise alt werden dürfte, auch ein so hohes Alter wünschen. Nur in den letzten Wochen – seit Weihnachten – war sie krank und bettlägerig, und der Tod war zum Schluss doch eine Erlösung für sie.

Danket dem Herrn, denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich

– so können wir wirklich von Herzen sprechen, wenn wir dieses Leben betrachten, das nun zu Ende gegangen ist. Und zugleich schauen wir mit diesem Bibelspruch nach vorn – wir denken daran, dass Gottes Güte uns nicht nur begleitet, so lange wir auf dieser Erde leben, sondern sie „währet ewiglich“, sie reicht über den Tod hinaus; wir geben Frau Q. im Tode in die gnädigen Hände des Gottes, der auch sie nicht verloren gehen lässt.

Und für uns, die wir zurückbleiben, bedeutet dieser Bibelvers eine Mahnung: er mahnt uns, unser Leben und alles, was wir haben, nicht allzu selbstverständlich hinzunehmen, sondern dankbar zu leben, verantwortlich mit dem umzugehen, was Gott uns anvertraut hat.

In diesem Sinne lasst uns nun noch einmal mit einem biblischen Gebet unseren Dank und unser Lob ausdrücken, denn besser als die Psalmdichter können wir unsere Gedanken kaum zu Gott hin ausrichten. Wir sprechen mit Worten des 103. Psalms:

1 Lobe den HERRN, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen!

2 Lobe den HERRN, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat:

3 der dir alle deine Sünde vergibt und heilet alle deine Gebrechen,

4 der dich krönet mit Gnade und Barmherzigkeit,

5 der deinen Mund fröhlich macht, und du wieder jung wirst wie ein Adler.

6 Der Herr schafft Gerechtigkeit und Recht allen, die Unrecht leiden.

8 Barmherzig und gnädig ist der HERR, geduldig und von großer Güte.

10 Er handelt nicht mit uns nach unsern Sünden und vergilt uns nicht nach unsrer Missetat.

11 Denn so hoch der Himmel über der Erde ist, lässt er seine Gnade walten über denen, die ihn fürchten.

12So fern der Morgen ist vom Abend, lässt er unsere Übertretungen von uns sein.

13 Wie sich ein Vater über Kinder erbarmt, so erbarmt sich der HERR über die, die ihn fürchten.

14 Denn er weiß, was für ein Gebilde wir sind; er gedenkt daran, dass wir Staub sind.

15 Ein Mensch ist in seinem Leben wie Gras, er blüht wie eine Blume auf dem Felde;

16 wenn der Wind darüber geht, so ist sie nimmer da, und ihre Stätte kennt sie nicht mehr.

17 Die Gnade aber des HERRN währt von Ewigkeit zu Ewigkeit über denen, die ihn fürchten, und seine Gerechtigkeit auf Kindeskind

18 bei denen, die seinen Bund halten und gedenken an seine Gebote, dass sie danach tun.

19 Der HERR hat seinen Thron im Himmel errichtet, und sein Reich herrscht über alles.

20 Lobet den HERRN, ihr seine Engel, ihr starken Helden, die ihr seinen Befehl ausrichtet, dass man höre auf die Stimme seines Wortes!

21 Lobet den HERRN, alle seine Heerscharen, seine Diener, die ihr seinen Willen tut!

22 Lobet den HERRN, alle seine Werke, an allen Orten seiner Herrschaft! Lobe den Herrn, meine Seele!

Amen.

Hinweise zur Veröffentlichung anonymisierter Texte von Trauerfeiern auf dieser Homepage

Schreibe einen Kommentar

Mit dem Abschicken des Kommentars stimmen Sie seiner Veröffentlichung zu (siehe Datenschutzerklärung). Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.