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Adler und Taube

Vitus B. Dröscher erklärt, warum nicht ein Rabe, sondern die Taube zum Symbol des Friedens wurde, den Gott mit den Nachkommen Noahs zum Neustart der Menschengeschichte schloss. Und warum die Bibel mit sehr gutem Grund das mütterliche Verhalten von Steinadler-Eltern als Bild für Gottes Weg mit seinem Volk Israel aus der Sklaverei in die Freiheit wählt.

Steinadler fliegt mit ausgebreiteten Flügeln vor blauem Himmel
Steinadler (Bild: skeezePixabay)

direkt-predigtTaufgottesdienst am 10. Sonntag nach Trinitatis, um 9. August 2015, um 10.00 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen

Zur Gottesdienstreihe mit Tierpredigten ließ ich mich durch das Buch von Vitus B. Dröscher, Über die Tierwunder der Bibel, Esslingen 1990, inspirieren. Ich verwende zahlreiche Zitate aus diesem Buch (manchmal paraphrasierend, manchmal wörtlich zitierend, die Seitenzahlen unten beziehen sich auf dieses Buch). Da ich die Argumentation Dröschers immer nur stark gekürzt wiedergeben kann, kann ich nur empfehlen, seine Bücher selbst zu lesen.

Orgelvorspiel und Einzug der Tauffamilie

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Ich begrüße alle herzlich zum Taufgottesdienst in der Pauluskirche, besonders unser Taufkind … mit seiner Familie und seinen Paten.

Im August hält Herr Pfarrer Schütz eine Reihe von Tierpredigten; heute werden wir etwas von Adlern und Tauben hören und vielleicht sowohl darüber staunen, wozu diese Vögel fähig sind, als auch darüber, was die Bibel von diesen besonderen Fähigkeiten weiß.

Tauben kommen in Kirchenliedern nicht vor, wohl aber der Adler im Lied 325. Wir singen die Strophen 1, 2, 6 und 10:

1. Sollt ich meinem Gott nicht singen? Sollt ich ihm nicht dankbar sein? Denn ich seh in allen Dingen, wie so gut er’s mit mir mein‘. Ist doch nichts als lauter Lieben, das sein treues Herze regt, das ohn Ende hebt und trägt, die in seinem Dienst sich üben. Alles Ding währt seine Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit.

2. Wie ein Adler sein Gefieder über seine Jungen streckt, also hat auch hin und wieder mich des Höchsten Arm bedeckt, alsobald im Mutterleibe, da er mir mein Wesen gab und das Leben, das ich hab und noch diese Stunde treibe. Alles Ding währt seine Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit.

6. Himmel, Erd und ihre Heere hat er mir zum Dienst bestellt; wo ich nur mein Aug hinkehre, find ich, was mich nährt und hält: Tier und Kräuter und Getreide; in den Gründen, in der Höh, in den Büschen, in der See, überall ist meine Weide. Alles Ding währt seine Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit.

10. Weil denn weder Ziel noch Ende sich in Gottes Liebe find’t, ei so heb ich meine Hände zu dir, Vater, als dein Kind, bitte, wollst mir Gnade geben, dich aus aller meiner Macht zu umfangen Tag und Nacht hier in meinem ganzen Leben, bis ich dich nach dieser Zeit lob und lieb in Ewigkeit.

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. „Amen.“

Nicht nur ein Kirchenlied besingt den Adler, sondern schon der Psalm 103:

1 Lobe den HERRN, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen!

2 Lobe den HERRN, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat:

3 der dir alle deine Sünde vergibt und heilet alle deine Gebrechen,

4 der dein Leben vom Verderben erlöst, der dich krönet mit Gnade und Barmherzigkeit,

5 der deinen Mund fröhlich macht, und du wieder jung wirst wie ein Adler.

6 Der HERR schafft Gerechtigkeit und Recht allen, die Unrecht leiden.

7 Er hat seine Wege Mose wissen lassen, die Kinder Israel sein Tun.

8 Barmherzig und gnädig ist der HERR, geduldig und von großer Güte.

Kommt, lasst uns dich anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Den Adler kennen wir als stolzen Raubvogel, auch als Wappentier unseres deutschen Staates. Im Lied breitet eine Adlermutter ihre Flügel über ihre Jungen aus, und wir freuen uns darüber, dass du, Gott, uns ebenso mütterlich behütest und bewahrst. Im Psalm verbindet sich mit dem Bild des Adlers ebenfalls nicht furchteinflößende Gewalt, sondern jugendliche Kraft für sündige, gebrechliche, verdorbene Menschen, und wir dürfen uns durch deine Vergebung, deine heilende Liebe, deine aufrichtende Barmherzigkeit so frei und stark fühlen wie ein Adler. Darum rufen wir zu dir voller Zuversicht:

Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

Auch der Prophet Jesaja 40, 31 nutzt das Bild des Adlers, um voller Überschwang von einem Leben im Gottvertrauen zu erzählen:

31 Die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.

Lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist groß Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende“.

Der Herr sei mit euch „und mit deinem Geist.“

Starker Gott, väterlich und mütterlich zugleich, hilf uns, auf dich zu vertrauen, auf deine Stärke zu bauen, auch dann, wenn wir uns schwach fühlen und am Ende sind. Darum bitten wir dich im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Wir haben gehört, wie im Gesangbuch und in der Bibel das Bild des Adlers verwendet wird.

Hören wir jetzt eine biblische Geschichte, in der das Bild einer Taube eine zentrale Rolle spielt. Es ist die Erzählung von der Taufe Jesu im Evangelium nach Lukas 3, 21-22:

21 Und es begab sich, als alles Volk sich taufen ließ und Jesus auch getauft worden war und betete, da tat sich der Himmel auf,

22 und der heilige Geist fuhr hernieder auf ihn in leiblicher Gestalt wie eine Taube, und eine Stimme kam aus dem Himmel: Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen.

Herr, dein Wort ist unseres Fußes Leuchte und ein Licht auf unserem Wege. Halleluja. „Halleluja, Halleluja, Halleluja!“

Vor der Taufe singen wir das Lied 619:
Er hält die ganze Welt in seiner Hand

Liebes Elternpaar …, liebe Paten, …, liebe Gemeinde!

Heute taufen wir den kleinen …, und Sie haben drei der Lieder für den heutigen Gottesdienst ausgesucht, die … am Klavier gemeinsam mit mir an der Gitarre begleitet. Viel dreht sich im heutigen Gottesdienst um die Schöpfung Gottes, um die Art, wie Gott Adler und Tauben in ihrer Art wunderbar hat entstehen lassen, und wie sich Menschen der Bibel von der Beobachtung dieser Vögel zu tief empfundenen Gebeten und Glaubenserzählungen haben inspirieren lassen. Eben im Lied haben wir auch noch ganz schlicht unsere Freude darüber ausgedrückt, dass Gott alles in der Hand hält, auch uns selbst und das kleine Baby, das uns anvertraut ist. Dazu passt sehr gut der Taufspruch, den Sie für … ausgesucht haben. Er steht im Psalm 139, 14:

„Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin.“

Ich finde, das ist einer der schönsten Sätze der ganzen Bibel. Dieser Satz ist die Grundlage für eine gesunde Selbstliebe, denn wenn ich von Gott wunderbar geschaffen bin, so wie ich bin, dann darf ich mich auch liebevoll so nehmen, wie ich bin, dann bin ich grundsätzlich in Ordnung mit meinen Bedürfnissen und Gefühlen, mit Gedanken und Plänen, ich kann mich entfalten und entwickeln, getragen von einer Liebe, die ich mir nicht verdienen kann und muss, weil sie einfach da ist. Ich habe bewusst „gesunde Selbstliebe“ gesagt, nicht „gesunder Egoismus“, weil das abwertende Wort Egoismus im Grunde keine Liebe zur eigenen Person enthält, sondern eher die Kehrseite eines Grundmisstrauens in Gott und die Welt darstellt, nach dem Motto: „Die Menschen sind schlecht, sie denken an sich, nur ich, nur ich, nur ich denk an mich.“ Wer sich nicht geliebt fühlt, der meint, es werde einem nichts geschenkt, der nimmt sich, was er kriegen kann, oft auch auf Kosten anderer.

Wer dagegen sagen kann: „Ich danke dir, dass ich wunderbar gemacht bin“, der steht, liegt, geht und bewegt sich in der Liebe eines Gottes, der es gut mit ihm meint. Sie als Eltern und als Paten tragen ein großes Stück der Verantwortung dafür, dass Ihr Kind bzw. Ihr Patenkind sich in Liebe geborgen und zugleich frei fühlt, behütet, aber nicht überbehütet, frei zu einem selbstbestimmten Leben in der Verantwortung vor Gott und für andere Menschen. Wer sich geliebt weiß, kann selber die Fähigkeit zur Liebe entwickeln und aufbauen. Er kann dankbar leben und hat es nicht nötig, seine Zuflucht zum Egoismus zu nehmen.

Getrost und zuversichtlich vertrauen wir … in seiner Taufe dem Gott an, der ihn von allen Seiten umgibt und ihm wunderbar geschaffen hat. Beten wir noch einige Verse aus Psalm 139:

1 HERR, du erforschest mich und kennest mich.

2 Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es; du verstehst meine Gedanken von ferne.

3 Ich gehe oder liege, so bist du um mich und siehst alle meine Wege.

4 Denn siehe, es ist kein Wort auf meiner Zunge, das du, HERR, nicht schon wüsstest.

5 Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir.

13 Du hast mich gebildet im Mutterleibe.

14 Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele.

23 Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne, wie ich‘s meine.

24 Und sieh, ob ich auf bösem Wege bin, und leite mich auf ewigem Wege.

Glaubensbekenntnis und Taufe

Wir singen das Lied 209:

Ich möcht‘, dass einer mit mir geht
Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Liebe Gemeinde,

nun möchte ich mit Ihnen, mit euch noch ein bisschen biblische Vogelkunde betreiben. Von Adlern, die mit ihren Flügeln ihre Jungen bedecken, vom Jungwerden wie ein Adler und vom Auffahren mit Flügeln wie Adler haben wir bereits etwas gehört. Aber in der Tora der Juden, im 2. und im 5. Buch Mose, finden wir zwei weitere Stellen, an denen ein Verhalten von Adlern erwähnt wird, das ziemlich lange als unglaubwürdige biblische Schilderung angesehen worden war.

Im 2. Buch Mose – Exodus 19 lesen wir in den Versen 3 bis 5:

3 Und Mose stieg hinauf zu Gott. Und der HERR rief ihm vom Berge zu und sprach: So sollst du sagen zu dem Hause Jakob und den Israeliten verkündigen:

4 Ihr habt gesehen, was ich mit den Ägyptern getan habe und wie ich euch getragen habe auf Adlerflügeln und euch zu mir gebracht.

5 Werdet ihr nun meiner Stimme gehorchen und meinen Bund halten, so sollt ihr mein Eigentum sein vor allen Völkern; denn die ganze Erde ist mein.

Es geht mir heute nicht um die Frage, wie Mose denn die Stimme Gottes gehört haben kann. Er wird sie im Innern seiner Seele gehört haben; er wird einfach gewusst haben: Wer da zu mir spricht, ist derselbe Gott, der uns aus der brutalen Macht des ägyptischen Pharaonenreichs befreit hat.

Interessant finde ich, mit welchen Worten Gott selbst diese Befreiungserfahrung umschreibt: „Ich habe euch getragen auf Adlerflügeln.“ Er, dem die ganze Welt gehört, sucht ein Volk aus, das zu den Verlierern unter den Nationen zu gehören schien, und bringt es an einen Ort, wo es die Stimme Gottes hören kann, wo es lernen kann, in Freiheit und Liebe, in Gerechtigkeit und Frieden zu leben, angeleitet durch die Zehn Gebote.

Im 5. Buch Mose – Deuteonomium 32 wird in den Versen 8 bis 11 Gott noch einmal mit dem Adler verglichen:

8 Als der Höchste den Völkern Land zuteilte und der Menschen Kinder voneinander schied, da setzte er die Grenzen der Völker nach der Zahl der Söhne Israels.

9 Denn des HERRN Teil ist sein Volk, Jakob ist sein Erbe.

10 Er fand ihn in der Wüste, in der dürren Einöde sah er ihn. Er umfing ihn und hatte acht auf ihn. Er behütete ihn wie seinen Augapfel.

11 Wie ein Adler ausführt seine Jungen und über ihnen schwebt, so breitete er seine Fittiche aus und nahm ihn und trug ihn auf seinen Flügeln.

Der Naturforscher Vitus B. Dröscher beschreibt in seinem Buch „Über die Tierwunder der Bibel“, dass Adlereltern es tatsächlich so machen, wie in diesen Bibelversen beschrieben. In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts beobachteten Vogelkundler sowohl in den österreichischen Alpen als auch in den amerikanischen Rocky Mountains, wie der Steinadler seinen Jungen das Fliegen beibringt. Er ist übrigens

„der einzige  große Greif…, der auch in den bis zu 2600 Metern hohen Gebirgsmassiven der Halbinsel Sinai brütet!

Seinen Horst errichtet er hoch oben in einer für Feinde möglichst unzugänglichen Steilwand. Von hier aus braucht das Junge beim ersten Ausflug nur einen kleinen Hops zu machen und die Flügel im richtigen Augenblick weit auszubreiten, um gleich seine ersten Kreise im Hangaufwind zu ziehen. In der Praxis schaffen das jedoch nur die wenigsten auf Anhieb meisterhaft. Viele sind erst etwas unbeholfen, wohl auch ein wenig ängstlich. Vor Aufregung stellt der kleine Flugschüler den Winkel seiner Flügel noch nicht richtig ein, versucht zu rudern, macht dadurch alles nur noch schlimmer und stürzt wie ein Springer, bei dem sich der Fallschirm nicht öffnet, nach unten.

Aber beide Eltern geben Obacht. Spätestens nach einem Sturz von hundert Metern Tiefe oder wenn der Kleine auf einen Felsvorsprung zu trudelt, sind sie gleich zur Stelle. Die Mutter, die körperlich größer als der Vater ist, gleitet unter ihr Kind, fängt es auf und trägt es auf ihren Flügeln an einen sicheren Ort. Beim zweiten Start klappt dann alles schon viel besser, und beim dritten Versuch ist der junge Vogel schon ein recht perfekter Flieger. Auch später zeigt er sich als durchaus lebenstüchtig. Es wäre also ein Jammer gewesen, hätte er sich ohne Hilfe der Eltern zu Tode stürzen müssen.

Gerade in wüstenähnlichen Regionen wie den Rocky Mountains haben Steinadler-Eltern in manchen Jahren ihre liebe Not, das meist nur einzige Junge im Horst so gut füttern zu können, dass es am Leben bleibt. Viele Adlerkinder leiden in der Hungersnot an Unterernährung und haben dann die geschilderten Startschwierigkeiten. Ohne die Hilfe der Mutter im Sturz wären sie alle verloren. Vermutlich wird es in den Bergen des Sinai nicht anders sein.“ (S. 82-83)

Wie wunderbar ist es, dass dieses mütterliche Verhalten der Steinadler-Eltern in der Bibel als Bild für Gottes Weg mit seinem Volk Israel aus der Sklaverei in die Freiheit gewählt wird! Israel wurde von Gott erwählt, um in und mit diesem Volk die Einübung der Menschheit in seine Wegweisung der Gerechtigkeit und des Friedens zu beginnen, nicht weil es das beste oder stärkste unter den Menschenvölkern war, sondern weil Gott das Schicksal dieses Sklavenvolkes an die Nieren ging, weil er gerade Menschen, die allein nicht klarkommen, Hilfestellung leisten und Wegweisung anbieten wollte.

Und durch Jesus dürfen auch wir an diesen großartigen Gott Israels glauben und zu ihm gehören, dem die ganze Erde gehört, weil er sie geschaffen hat. Paulus hat ja auch uns Christen gelehrt, dass wir nicht aus eigenen Kräften und womöglich auf Kosten anderer unser Leben meistern können oder sollen, sondern im Vertrauen auf die Liebe Gottes. Auch über uns schwebt Gott wie ein Adler, breitet seine Fittiche über uns aus und nimmt uns und trägt uns auf seinen Flügeln, weil wir es immer wieder nötig haben, von seiner Liebe getragen zu werden, von seinen Geboten zu lernen, zur Verantwortung vor ihm angeleitet zu werden.

So viel zu den Adlern. Nun soll es auch noch um die Tauben gehen. Auch von ihnen weiß die Bibel eine Menge zu erzählen. Von allen Evangelisten wird der Heilige Geist, der auf Jesus herabkam, durch eine Taube symbolisiert, und nach Matthäus 10, 16 forderte Jesus seine Jünger auf:

16 Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe. Darum seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben.

Am bekanntesten ist aber wohl die Rolle, die Tauben in der Geschichte von der Sintflut spielen, von der im 1. Buch Mose – Genesis 8 in den Versen 8 bis 12 erzählt wird:

8 Danach ließ [Noah] eine Taube ausfliegen, um zu erfahren, ob die Wasser sich verlaufen hätten auf Erden.

9 Da aber die Taube nichts fand, wo ihr Fuß ruhen konnte, kam sie wieder zu ihm in die Arche; denn noch war Wasser auf dem ganzen Erdboden. Da tat er die Hand heraus und nahm sie zu sich in die Arche.

10 Da harrte er noch weitere sieben Tage und ließ abermals eine Taube fliegen aus der Arche.

11 Die kam zu ihm um die Abendzeit, und siehe, ein Ölblatt hatte sie abgebrochen und trug’s in ihrem Schnabel. Da merkte Noah, dass die Wasser sich verlaufen hätten auf Erden.

12 Aber er harrte noch weitere sieben Tage und ließ eine Taube ausfliegen; die kam nicht wieder zu ihm.

Nach Vitus Dröscher gelang es nicht dem durchaus hochintelligenten Raben, sondern einer Taube, in der unendlichen Weite der überfluteten Erde schon Anzeichen festen Landes zu finden. Schon dass sie überhaupt zur Arche zurückfindet, ist eine besondere Leistung gerade dieser Tierart; wir kennen „das Heimkehrvermögen der Brieftaube“ (S. 92). Vor allem können Tauben aber viel besser sehen als wir Menschen. Ihr Gehirn ist ganz anders mit den Augen vernetzt ist als bei uns, ihre Augen sind viel scharfsichtiger. Mit Taubenaugen könnten wir eine Zeitung aus 30 Metern Abstand lesen. Wir könnten Farbabstufungen brillanter und feiner unterscheiden, ja sogar Ultraviolett sehen, und Spiegelungen auf der Wasseroberfläche würden uns nicht irritieren. Darum konnte die Küstenwache auf Hawaii Tauben darauf trainieren, Schiffbrüchige in ihren roten, gelben oder orangefarbenen Schwimmwesten oder Rettungsbooten auf dem Meer zu entdecken, die für Menschenaugen in der Ferne unsichtbar waren (S. 93-95).

Überlebenswichtig für Tauben war ihr außergewöhnliches Sehvermögen, um zum Beispiel auf einem Acker die essbaren Samenkörner zu entdecken, die wir Menschen nicht von der Ackerkrume unterscheiden könnten. Und ihren Lebenspartner erkennt eine Taube unter Tausenden von Schwarmgenossen mit untrüglicher Sicherheit an winzigen Details heraus, selbst wenn er total verdreckt oder durchnässt ist oder viele Federn verloren hat (S. 96).

OK, damit wäre erklärt, warum eine Taube nach der Sintflut das erste Blatt von einem Olivenbaum finden und zurück in die Arche zu Noah bringen konnte. So wurde nicht ein Rabe, sondern die Taube zum Symbol des Friedens, den Gott mit den Nachkommen Noahs zum Neustart der Menschengeschichte schloss.

Interessant fand ich, dass Tauben aber auch von ihrem Wesen her geeignet sind, uns Menschen etwas vom Frieden zu lehren. Brieftaubenzüchter bestätigen, dass Tauben ein zartes, sensibles Gemüt haben und sehr anhänglich sind. Nach Vitus Dröscher pflegen Tauben auch zu anderen Tieren freundschaftlichen Kontakt. Aber warum ist ein Vogel, der so wehrlos erscheint wie die Taube mit ihrem kleinen, zarten Schnäbelchen, der keine Waffen besitzt und mit den Flügeln nicht härter zuschlagen kann als ein Mensch mit seinem Taschentuch, „in Jahrmillionen der Erdgeschichte“ nicht schon längst von „unzähligen Falken, Habichten und anderen Räubern“ ausgerottet worden? (S. 98-99)

Nach Vitus Dröscher liegt das daran, dass die Taube vom Schöpfer mit einer bewundernswerten Eigenschaft ausgestattet ist:

„Zwar besitzt sie keine Angriffs-, wohl aber perfekte Verteidigungswaffen…

Sichtet ein kleines Friedensvöglein während des Fluges mit falkenscharfem Auge einen Greifvogel, legt es die Flügel an und stürzt sich wie ein Stein nach unten. Über felsigem Gebirge steuert es einen Spalt an, saust mit Höchsttempo hinein, fängt sich dort mit akrobatischer Geschicklichkeit ab und ist gerettet. Denn der angeblich so kühne Falke besitzt nicht den Mut, der Taube in den Spalt zu folgen. Sind keine Felsen vorhanden, so stürzt sich die Taube auch mitten in das Geäst einer Baumkrone. Dabei riskiert sie zwar einen Flügelbruch, aber meistens geht es gut, und auch hier wagt es der Falke nicht, der Taube in den Baum zu folgen.“ (S. 99-100)

Spannend wäre es nun, eingehend über Mut und Tapferkeit von Soldaten oder Friedensaktivisten nachzudenken. Ich denke an die junge Frau aus der türkisch-islamischen Gemeinde, die vorhat, für die Bundeswehr als Konfliktberaterin in den Irak zu gehen, um dort Kriegsgefahren zu vermindern, Spannungen zwischen verfeindeten Gruppen abzubauen. Friedlichkeit heißt nicht unbedingt Wehrlosigkeit. Gewaltfreiheit, manchmal schlichtes Miteinander-Reden, kann eine wirksamere Waffe sein als Waffen, die nur töten können.

„Die wahrhaft bewundernswerte Fähigkeit der Taube, Feinden zu entkommen, mag es gewesen sein, auf die auch Christus hinweist, als er seine Jünger zu Aposteln beruft und sie aussendet in die Welt: ‚Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe. Darum seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben.‘“ (S. 100)

Amen.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.

Wir singen das Lied 504, in dem unter anderem auch Vögel vorkommen:

Himmel, Erde, Luft und Meer
Fürbitten und Gebetsstille und Vater unser

Wir singen das Lied 621:

Ins Wasser fällt ein Stein
Abkündigungen

Empfangt Gottes Segen:

Der Herr segne euch und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

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