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Leise Töne

Zu guter Letzt …

… fielen mir drei Gedichte mit der Signatur „bear 23/3/03“ in die Hand, die ich Ihnen im zweiten Jahr seit Inkrafttreten der „Hartz IV“-Gesetze ans Herz lege. Vor drei Jahren am gleichen Tag verfasst, spiegeln sie einen fast verzweifelten Realismus, aber auch zaghafte Hoffnung wider.

hartes wasser

es ist nicht immer
weichgespült,
so ein erdenleben.
es ist oft
grausam unterkühlt
und kann nur kälte geben.

Vom Gegensatzpaar „hart-weich“ her beleuchtet der Dichter den Ursprung der Kälte im mitmenschlichen Alltag. Die „Wärme“ fehlt – nicht nur als Wort im Gedicht, auch als Realität im Leben, wo erfahrene Härte und Kälte als solche weitergegeben werden.

Achtung Mitmensch!

Dass sie einem
Achtung zollen –
mehr hat man
von Mitmenschen
nicht zu wollen.
Aber egal, was man spricht:
weniger auch nicht.

Bescheiden, ja in Demut fordert das zweite Gedicht mit dem doppelsinnigen Wort „Achtung“ ein Mindestmaß an Aufmerksamkeit und Respekt von jedem, der ein „Mitmensch“ sein will. Ist es das, was Jesus mit seinem Gebot der Nächstenliebe meint, die sogar dem Feind gelten soll?

Blechtrommeln

Nur laute Töne hört man,
denn die leisen
meist ins Geheimnisvolle
weisen.

Ein Spinnennetz
Leise Töne sind schwer ins Bild zu setzen – ein feines Spinnennetz mag als bildliche Entsprechung dienen (Bild: Al BuettnerPixabay)

Wo der Weichspüler im Leben fehlt, wo Kälte regiert und die Würde vieler Menschen mit Füßen getreten wird, weil sie für ihre Eltern als „Unfall“ und auf dem Arbeitsmarkt als „überflüssig“ gelten, da sind auch leise Töne leicht zu überhören: Die Stimmen der Propheten, die Recht für Entrechtete einfordern, auch wenn sie wie Elia Gott nur mit der „Stimme eines fein gemahlenen Schweigens“ (1. Könige 19, 12) reden hören (*). Oder die leise Stimme von Jesus, der sich Menschensohn nennt und Mühselige und Beladene ruft, damit sie aufrecht gehen können. Er lädt uns ein, noch heute, auf leise Töne zu achten, die in der Bibel hörbar werden, wenn wir das Ohr an sie legen.

Ihr Pfarrer Helmut Schütz

„Zu guter Letzt“ Juni – August 2006 im Gemeindebrief der Evangelischen Paulusgemeinde Gießen

(*) So umschreibt Ton Veerkamp, Die Vernichtung des Baal. Auslegung der Königsbücher (1.17-2.11), Stuttgart 1983, die Art und Weise der Gottesstimme in diesem Bibelvers.

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