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Gnade – Flatrate für sinnvolles Leben

Jesus, der in die Hölle hinabsteigt und in den Himmel Gefangene hinaufbringt – er wird einmal alles erfüllen. Kann es da eine ganze Ewigkeit lang Verdammte ohne jede Hoffnung geben? Wo wir uns auf diesen Jesus einlassen, da sind wir nicht verloren. Er richtet uns auf, er macht uns Mut, er zeigt uns Wege für ein sinnvolles Leben.

Treppen führen von der glühenden Hölle zu den Toren des Himmels, hinter denen Licht aufscheint
So stellt sich die Phantasie eines Designers eine Treppe von der Hölle zum Himmel vor (Bild: Jeroným PelikovskýPixabay)

#predigtGottesdienst am Tag der Apostel Simon und Judas, Sonntag, 28. Oktober 2012, um 10.00 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Ich begrüße alle herzlich zum Gottesdienst in der Pauluskirche mit dem Wort zur Woche aus dem 1. Petrusbrief 5, 5:

Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade.

Heute ist nach dem alten kirchlichen Kalender der Tag der Apostel Simon und Judas. Diese Apostel persönlich werden keine Rolle in diesem Gottesdienst spielen. Aber in der Predigt geht es um einen Text, der für diesen Apostelfeiertag vorgeschlagen wird und in dem es um das Thema „Gnade“ geht. Mit einem modernen Unwort könnte man sagen: Gnade ist so viel eine Flatrate für sinnvolles Leben. Mehr darüber in der Predigt!

Bereits das erste Lied handelt von dieser Gnade Gottes. Wir singen das Lied 280:

1. Es wolle Gott uns gnädig sein und seinen Segen geben, sein Antlitz uns mit hellem Schein erleucht zum ewgen Leben, dass wir erkennen seine Werk und was ihm lieb auf Erden, und Jesus Christus, Heil und Stärk, bekannt den Heiden werden und sie zu Gott bekehren.

2. So danken, Gott, und loben dich die Heiden überalle, und alle Welt, die freue sich und sing mit großem Schalle, dass du auf Erden Richter bist und lässt die Sünd nicht walten; dein Wort die Hut und Weide ist, die alles Volk erhalten, in rechter Bahn zu wallen.

3. Es danke, Gott, und lobe dich das Volk in guten Taten; das Land bringt Frucht und bessert sich, dein Wort ist wohlgeraten. Uns segne Vater und der Sohn, uns segne Gott der Heilig Geist, dem alle Welt die Ehre tu, vor ihm sich fürchte allermeist. Nun sprecht von Herzen: Amen.

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. „Amen.“

Für vieles gibt es eine Flatrate: Man zahlt eine pauschale Summe und kann unbegrenzt einen Monat lang telefonieren, im Internet surfen, in weniger guten Fällen sich sogar sinnlos besaufen oder mit Essen vollstopfen. Gottes Gnade kann man mit so einer Flatrate vergleichen, nur dass sie uns überhaupt kein Geld kostet. Gott beschenkt uns mit Leben und Liebe, mit Trost und Mut, mit allem, was wir können.

Kommt, lasst uns anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Aber wenn Gott uns so beschenkt – warum gibt es dennoch so viel Böses in der Welt? Warum handeln viele Menschen so, als bekämen sie überhaupt nichts geschenkt? Wo Gottes Gnade nicht auf fruchtbaren Boden fällt, wo Menschen die Liebe, die uns geschenkt ist, nicht weitergeben, da bleiben andere Menschen mit ihrem Hunger nach Liebe auf der Strecke, und es entstehen Teufelskreise: Wer Missachtung und Unrecht von Menschen erfährt, fühlt sich auch von Gott schlecht behandelt, vielleicht nimmt er sich, was er kriegen kann, wieder auf Kosten anderer. Gott, wir klagen dir das Leid, das wir von anderen erfahren und das wir selber verursachen. Wir rufen zu dir:

Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

Im Wechsel sprechen wir nun den Psalm 23, das bekannteste Lied von der Gnade und Barmherzigkeit Gottes. Wer ihn nicht auswendig kann, findet den Text im Gesangbuch unter der Nr. 711. Ich beginne mit den linksbündigen Versen:

1 Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.

2 Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser.

3 Er erquicket meine Seele. Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.

4 Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.

5 Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.

6 Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar.

Lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist gross Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende“.

Der Herr sei mit euch „und mit deinem Geist.“

Gott im Himmel, lass uns begreifen, was mit deiner Gnade gemeint ist. Mach uns bewusst, wie wir von dir beschenkt sind. Darum bitten wir dich im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Wir hören Worte aus einem anderen Psalm, der deutlich macht, dass ein Leben in der Gnade Gottes nicht immer einfach nur schön ist. Im Psalm 102 klagt ein Mensch sein Leid vor Gott und zugleich hält er an seinem Gottvertrauen fest:

1 Ein Gebet für den Elenden, wenn er verzagt ist und seine Klage vor dem Herrn ausschüttet.

2 HERR, höre mein Gebet und lass mein Schreien zu dir kommen!

3 Verbirg dein Antlitz nicht vor mir in der Not, neige deine Ohren zu mir; wenn ich dich anrufe, so erhöre mich bald!

12 Meine Tage sind dahin wie ein Schatten, und ich verdorre wie Gras.

13 Du aber, HERR, bleibst ewiglich und dein Name für und für.

18 Du wendest dich zum Gebet der Verlassenen und verschmähst ihr Gebet nicht.

20 Denn du schaust von deiner heiligen Höhe, du siehst vom Himmel auf die Erde,

21 dass du das Seufzen der Gefangenen hörst und losmachst die Kinder des Todes.

Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren. Halleluja! „Halleluja, Halleluja, Halleluja!“

Glaubensbekenntnis

Jetzt singen wir ein Lied, das ich noch nie habe singen lassen, weil mir die erste Strophe nicht gefällt. Aber jetzt habe ich mir einmal die anderen Strophen angesehen und finde sie sehr schön. Darum singen wir aus dem Lied 281 die Strophen 2, 3 und 5:

2. Der Herr, der dort im Himmel wohnt und hier im Heiligtume thront, will unser stets gedenken; will unsrer Waisen Vater sein, will unsrer Witwen Helfer sein, und keiner darf sie kränken. Er ist es, der Verlorne liebt und ihnen eine Wohnung gibt nach einer langen Irre. Er macht sein Volk aus Banden los, er macht es reich, er macht es groß, lässt Sünder in der Dürre.

3. Anbetung, Ehre, Dank und Ruhm sei unserm Gott im Heiligtum, der Tag für Tag uns segnet; dem Gott, der Lasten auf uns legt, doch uns mit unsern Lasten trägt und uns mit Huld begegnet. Sollt ihm, dem Herrn der Herrlichkeit, dem Gott vollkommner Seligkeit, nicht Ruhm und Ehr gebühren? Er kann, er will, er wird in Not vom Tode selbst und durch den Tod uns zu dem Leben führen.

5. Gott, machtvoll in dem Heiligtum, erschütternd strahlet hier dein Ruhm, wir fallen vor dir nieder. Der Herr ist Gott, der Herr ist Gott, der Herr ist seines Volkes Gott, er, er erhebt uns wieder. Wie er sein Volk so zärtlich liebt, den Schwachen Kraft und Stärke gibt! Kommt, heiligt seinen Namen! Sein Auge hat uns stets bewacht, ihm sei Anbetung, Ehr und Macht. Gelobt sei Gott! Ja, Amen.

Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Wir hören den Predigttext aus dem Brief an die Epheser 4, 7-13:

7 Einem jeden aber von uns ist die Gnade gegeben nach dem Maß der Gabe Christi.

8 Darum heißt es: »Er ist aufgefahren zur Höhe und hat Gefangene mit sich geführt und hat den Menschen Gaben gegeben.«

9 Dass er aber aufgefahren ist, was heißt das anderes, als dass er auch hinabgefahren ist in die Tiefen der Erde?

10 Der hinabgefahren ist, das ist derselbe, der aufgefahren ist über alle Himmel, damit er alles erfülle.

11 Und er hat einige als Apostel eingesetzt, einige als Propheten, einige als Evangelisten, einige als Hirten und Lehrer,

12 damit die Heiligen zugerüstet werden zum Werk des Dienstes. Dadurch soll der Leib Christi erbaut werden,

13 bis wir alle hingelangen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zum vollendeten Mann, zum vollen Maß der Fülle Christi.

Liebe Gemeinde,

das ist nun also der Predigttext, der mich zu meinen Gedanken über die Gnade angeregt hat. Gnade als ein Flatrate-Ticket für ein sinnvolles Leben. Schauen wir einmal genau diesen Text an, ich finde, es lohnt sich, wie so oft bei schwierigen Paulusbriefen, ihn ein zweites Mal Vers für Vers zu hören.

7 Einem jeden aber von uns ist die Gnade gegeben nach dem Maß der Gabe Christi.

Uns ist Gnade gegeben. Jedem von uns. Aber was bedeutet dieses Wort? Üblicherweise heißt Gnade in unserer deutschen Sprache doch so viel wie: Für dich ist gerade mal ein kleiner Rest übrig, wenn mir danach ist. Aber vielleicht auch nicht. Oder das Wort Gnade wird gebraucht, wenn ein Strafgefangener vorzeitig aus der Haft entlassen, also begnadigt wird.

Im Sinne der Bibel gilt dieses Begnadigtsein im Grunde für uns alle. Niemand ist perfekt. Niemand könnte sich sein Lebensrecht selber verdienen. Niemand ist so gut, dass er nicht aus Gottes Sicht vielleicht doch Strafe verdient hätte. Und trotzdem sind wir nicht verdammt, nicht der Strafe Gottes verfallen. Wir dürfen leben. Wir müssen uns nicht den Sinn unseres Lebens verdienen.

Das meinte ich, als ich das Thema dieses Gottesdienstes formuliert habe: Gnade – die Flatrate für ein sinnvolles, erfülltes Leben. Gnade in der Bibel ist das, wofür man alles andere stehen lässt. Das Glück. Der Sinn. Die Erfüllung. Das Leben.

Und diese Gnade, die uns gegeben ist, kann man messen. Aber nicht mit Zollstock, Maßband oder Waage, auch nicht mit den wissenschaftlichen Instrumenten der Meinungsforschung. Gnade ist uns gegeben „nach dem Maß der Gabe Christi“. Maßstab ist also das, was Christus uns gibt. Was er uns schenkt, ist Gnade. Was genau aber schenkt uns den Jesus Christus?

8 Darum heißt es: »Er ist aufgefahren zur Höhe und hat Gefangene mit sich geführt und hat den Menschen Gaben gegeben.«

Jesus gibt den Menschen Gaben, weil er zur Höhe aufgefahren ist. Zur Höhe, also dahin, wo Gott ist. Das ist keine räumliche Höhe, sondern eine Höhe der Bedeutung. Obenauf ist Jesus, er hat alle Gewalt im Himmel und auf Erden.

Merkwürdig klingt dieser eingeschobene Satz mit den Gefangenen. Wieso nimmt Jesus Gefangene mit nach oben in den Himmel? Wörtlich steht da: „Er nahm gefangen Gefangenschaft.“ Jesus nimmt Menschen in die Freiheit mit, die gefangen sind, verstrickt in Sünde, gebunden an Gewohnheiten und Abhängigkeiten. Jesus will, dass wir nicht am Boden zerstört bleiben, wenn wir keinen Lebensmut mehr haben, keinen Sinn im Leben sehen, er richtet uns auf, nimmt uns mit hinauf, dorthin, wo Liebe ist, wo wir uns selbst Gutes zutrauen.

9 Dass er aber aufgefahren ist, was heißt das anderes, als dass er auch hinabgefahren ist in die Tiefen der Erde?

Das klingt logisch. Wer nach oben kommt, muss vorher unten gewesen sein. Bei Jesus ist das aber nicht unbedingt selbstverständlich. Er ist doch für uns Christen der Sohn Gottes. Ist er dann nicht sowieso oben bei Gott? Nein, das ist er nicht. Im Grunde hat Jesus sogar sein ganzes Leben auf dieser Erde ziemlich weit unten verbracht. Als er geboren wurde, hätte ihn seine Mutter beinahe allein großziehen müssen, weil ihr Verlobter Josef drauf und dran war, sie mit dem Kind sitzen zu lassen. Es war ja nicht von ihm. Als Jesus 30 Jahre alt war, stieg er aus einem sicheren Beruf als Zimmermann aus und wurde Wanderprediger für das Reich Gottes, hatte kein geregeltes Einkommen mehr und nur dann ein Dach über dem Kopf, wenn Leute ihn bei sich aufnahmen. Am Ende kreuzigte man ihn, weil er den Mächtigen in Politik und Religion ein Dorn im Auge war. Das ist hier gemeint: Jesus ist hinabgefahren in die Tiefen der Erde, wörtlich: „in die unteren Teile der Erde“. Früher hieß es im Glaubensbekenntnis sogar, Jesus sei „niedergefahren zur Hölle“, also nach seinem Tod hätte er sogar die verdammten Seelen in der Hölle aufgesucht, um sie zu befreien.

Jesus, der Sohn Gottes, ist also nicht einfach nur oben. Er gehört in der menschlichen Gesellschaft ganz und gar nicht zur Oberklasse, sondern eher zu denen, die man verachtet und auslacht. Am Ende teilt Jesus das Schicksal der römischen Sklaven und Aufrührer, die zu Tausenden gekreuzigt wurden, als Abschreckung, um das römische Regime stabil zu halten. Jesus ist ganz unten, er kommt sogar dort an, wo die Verdammten sitzen. Aber er kommt nicht als einer dort an, der zu Recht verdammt worden wäre. Sondern er nimmt das alles aus Liebe auf sich. Und Gott im Himmel, der nicht deswegen so hoch über uns thront, um uns kleinzumachen, sondern um den großen Überblick zu behalten und uns auf unseren Wegen liebevoll zu begleiten, er lässt diesen Jesus nicht fallen, sondern er weckt ihn vom Tode auf und holt ihn aus der Hölle zurück zu sich in den Himmel. Und auf diesem Weg macht Jesus allen, denen er begegnet, und sogar denen, die ihn gar nicht kennen, das Angebot der Gnade als Geschenk. Alle will er mit sich hochholen in die Freiheit, sogar die, die in der Hölle gefangen sind.

10 Der hinabgefahren ist, das ist derselbe, der aufgefahren ist über alle Himmel, damit er alles erfülle.

Jesus ist also ganz unten und ganz oben, so tief wie die Hölle und höher als alle Himmel. So erfüllt er alles. Das bedeutet: die Liebe von diesem Jesus setzt sich irgendwann überall durch. Es gibt keinen Ort, keine Zeit, erst recht keine Ewigkeit, die ohne Jesus, ohne Liebe, ohne Hoffnung wäre. Wenn ich das wörtlich verstehe, dass Jesus einmal alles erfüllen soll, nicht nur das sichtbare, messbare, erfahrbare Weltall, sondern alle nicht-erfahrbaren Dimensionen der Welt, alles, was Menschen noch nicht einmal ahnen, dann dürfte es für niemanden eine ewige Verdammnis geben, dann hätte Jesus die Hölle endgültig überwunden. Ist das zu glauben? Jesus überwindet die Hölle, die sich Menschen gegenseitig bereiten; kein Opfer von grausamer Gewalt und Demütigung ist bei Gott vergessen. Aber was ist mit denjenigen, die anderen das Leben zur Hölle machen, die ein egoistisches Leben ohne Gott führen, die Menschen quälen und nur böse sind? Haben sie nicht die Hölle verdient, wie man sie sich als Strafgericht Gottes vorgestellt hat und wie sie auch an vielen Stellen der Bibel beschrieben wird? Hier deutet Paulus an, dass Gott Wege wissen mag, um wirklich zu den Seelen aller Menschen vorzudringen, selbst zu denen, die sich verhalten, als seien sie Teufel in Menschengestalt. Jesus, der in die Hölle hinabsteigt und in den Himmel Gefangene hinaufbringt – er wird einmal alles erfüllen. Kann es da eine ganze Ewigkeit lang Verdammte ohne jede Hoffnung geben? Wir können diese Frage nicht allgemein beantworten, aber wir dürfen gewiss sein: Wo wir uns auf diesen Jesus einlassen, da sind wir nicht verloren, da nimmt er uns mit in die Freiheit, da schenkt er uns Gnade – er richtet uns auf, er macht uns Mut, er zeigt uns Wege für ein sinnvolles Leben.

Aber wie macht er das? Er ist ja nun im Himmel, nicht irgendwo da oben im Weltall, sondern im unsichtbaren Himmel Gottes. Wie kann er uns Orientierung geben, Mut machen, trösten, Freiheit geben?

11 Und er hat einige als Apostel eingesetzt, einige als Propheten, einige als Evangelisten, einige als Hirten und Lehrer.

Jesus stellt Leute ein, er braucht Bodenpersonal, um seine Gnadenflatrate in die Tat umzusetzen. Fünf verschiedene Aufgaben werden hier genannt.

Apostel, das sind Menschen, die noch von Jesus persönlich ausgesandt worden sind, um die Botschaft von Jesus zu verkünden.

Propheten gab es schon im Alten Testament, und es gibt sie weiterhin, weniger um die Zukunft vorauszusagen, als den Menschen zu sagen, was der Wille Gottes ist. Manchmal legen die Propheten den Finger auf wunde Punkte und sagen: So geht es nicht weiter mit der Ungerechtigkeit in der Gesellschaft oder mit dem Krieg in der Welt. Manchmal erheben Propheten aber auch ihre Stimme gegen die allgemeine Resignation und rufen dazu auf, die Hoffnung niemals aufzugeben.

Evangelisten sind Leute, die das Evangelium, also die Frohe Botschaft von Jesus verkünden, um Menschen zum Vertrauen an Jesus zu bewegen.

Hirten wiederum sind Menschen mit einem besonderen Talent, zuzuhören und sich um die Sorgen und Anliegen der Menschen zu kümmern. Sie sind verantwortlich für die seelsorgerliche Betreuung einer christlichen Gemeinde. Noch heute heißen in Norddeutschland die Pfarrer „Pastoren“, das heißt wörtlich „Hirten“.

Zum Schluss in der Reihe werden die Lehrer genannt; das sind nicht nur Leute, die Religion unterrichten oder sich um Konfis bemühen, dass sie eine Ahnung vom Glauben an Gott und Jesus bekommen. Gemeint ist jeder, der andern seinen eigenen Glauben so weit erklären kann, dass er auch versteht, was er glaubt.

Alle diese Leute, die Jesus für bestimmte Aufgaben eingestellt werden, haben ein gemeinsames Ziel:

12 damit die Heiligen zugerüstet werden zum Werk des Dienstes.

Wieder so ein schwieriger Satz mit schwierigen Wörtern. Heilige, Zurüsten, Werk, Dienst.

Die Heiligen, das sind wir alle. Uns alle will Gott beschenken, heil machen in unserer Beziehung zu Gott, zu uns selbst, zu unseren Mitmenschen. Gott traut uns Gutes zu. Er will, dass wir ein Segen für andere Menschen sind. Wenn wir uns so beschenken lassen, sind wir Heilige.

Um in diesem Sinne Heilige zu sein, brauchen wir eine Ausstattung, neudeutsch ein Equipment. In alter Sprache: eine Zurüstung. Und das, was wir brauchen, um als Heilige zu leben, können wir von den Leuten bekommen, von denen eben die Rede war. Heute sind das vielleicht Pfarrer oder Konfi-Teamer in den Gemeinden und Religionslehrer in den Schulen, sicher aber auch ganz normale Christen, die ihre Kinder christlich erziehen oder die ihren Glauben im Alltag leben. Um von Gott einen Auftrag zu haben, muss man keinen kirchlichen Beruf ergreifen; Gott hat mit uns allen etwas vor.

Und was ist das Werk des Dienstes? Wörtlich steht da im Griechischen das Wort „Diakonie“, und das bedeutet: Füreinander da sein, einander einen Dienst tun. Dass wir das können, jeder an seinem Platz, das ist Gnade. Das ist ein Leben, das man erfüllt nennen kann, erfüllt nicht nur von Freundschaft und Liebe für die, die man sowieso schon mag, sondern auch für Menschen, die wir zwar nicht gut kennen oder die wir nicht einmal mögen, aber die uns trotzdem brauchen.

Dadurch soll der Leib Christi erbaut werden.

Vom Leib Christi sprechen wir, wenn wir das Abendmahl feiern. Wir meinen damit bildlich die Gemeinde aller Christen in der Welt. Alle, die als Christen füreinander da sind und sogar ihren Dienst für Menschen außerhalb der Gemeinde tun, in ihrem Stadtteil, in unserem Land, ja, sogar für Menschen in anderen Ländern, gehören zusammen wie die Teile eines lebendigen Körpers. Und dieser Leib Christi besteht nicht einfach schon, er wird beständig neu erbaut. Menschen werden zusammengeführt und fügen sich selber in die Gemeinde ein wie Bausteine in einem großen Gebäude. Wenn jemand sich dazu entschließt, eine Aufgabe in einer Gemeinde zu übernehmen, und auch wenn jemand ganz im Verborgenen etwas im Sinne der Liebe Christi tut, ist wieder ein Baustein hinzugekommen, ist der Leib Christi größer, stärker geworden.

Zum Schluss wird im letzten Vers ausgemalt, wohin das führen kann, wenn Menschen die Gnadenflatrate von Jesus in Anspruch nehmen, wenn sie Liebe annehmen und weitergeben und so den Leib Christi bilden. Wir sollen gemeinsam den Leib Christi erbauen,

13 bis wir alle hingelangen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zum vollendeten Mann, zum vollen Maß der Fülle Christi.

Vier Dinge werden hier genannt, zuerst die Einheit des Glaubens. Die ist ja noch lange nicht erreicht; wir Christen sind getrennt in Katholisch, Evangelisch, Baptistisch usw. Hinzu kommen die anderen Religionen und die Menschen, die an gar keinen Gott glauben. Trotzdem ist manchmal ein Stück von der Gemeinschaft im Glauben zu spüren, auch über Konfessionsgrenzen hinweg, zum Beispiel letzten Freitag, als wir im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Glaubensvielfalt in der Nordstadt“ zu Besuch bei den Baptisten in der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde waren.

Zweitens wird die Erkenntnis des Sohnes Gottes genannt. Wir erkennen Jesus dann wirklich als Sohn Gottes, wenn uns klar wird: er ist Liebe. Er verkörpert die Liebe und Barmherzigkeit Gottes. Sein Kreuz wurde missbraucht, als es zum Feldzeichen im Krieg gegen andere Religionen benutzt wurde. Das Kreuz Jesu besiegelt vielmehr die Feindesliebe, mit der Gott sogar den Sünder liebt und auf den richtigen Weg zurückbringen will und zu der Jesus uns anleitet.

Drittens sollen wir „zum vollendeten Mann“ hingelangen. Das klingt nun so, als ob nur Männer angeredet seien. Oder als ob es nur auf männliche Tugenden ankäme. Das passt allerdings gar nicht zu der Betonung von Liebe und Barmherzigkeit gerade in diesem Bibeltext. Vielleicht will Paulus ja andeuten, dass gerade der Mann erst dann vollkommen ist, wenn er nicht nur äußerliche Stärke beweist und es nicht nötig hat, sich auf Kosten anderer durchzusetzen.

Viertens nennt Paulus das „volle Maß der Fülle Christi“. Voll und Fülle, das ist eigentlich das gleiche Wort, es klingt fast so, als wolle er sagen: Unser Leben ist „voll voll“, wenn wir es als Bausteine im Leib Christi führen. Wir haben dann genug, mehr geht nicht. Nicht als einzelne Christen müssen wir vollkommen sein, aber gemeinsam mit anderen erreichen wir, was Jesus mit uns vorhat: in Liebe und Solidarität füreinander da zu sein.

Hier schließt sich der Kreis, denn am Anfang hieß es ja bereits, dass wir alle Gnade bekommen nach dem Maß der Gabe Christi. Auch in unserer Paulusgemeinde können wir das erleben. Amen.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.
Lied 360: Die ganze Welt hast du uns überlassen
Fürbitten – Gebetsstille – Vater unser
Lied 347:

1. Ach bleib mit deiner Gnade bei uns, Herr Jesu Christ, dass uns hinfort nicht schade des bösen Feindes List.

2. Ach bleib mit deinem Worte bei uns, Erlöser wert, dass uns sei hier und dorte dein Güt und Heil beschert.

3. Ach bleib mit deinem Glanze bei uns, du wertes Licht; dein Wahrheit uns umschanze, damit wir irren nicht.

4. Ach bleib mit deinem Segen bei uns, du reicher Herr; dein Gnad und alls Vermögen in uns reichlich vermehr.

5. Ach bleib mit deinem Schutze bei uns, du starker Held, dass uns der Feind nicht trutze noch fäll die böse Welt.

6. Ach bleib mit deiner Treue bei uns, mein Herr und Gott; Beständigkeit verleihe, hilf uns aus aller Not.

Abkündigungen

Empfangt Gottes Segen:

Der Herr segne euch und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

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