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Jagd nach Gerechtigkeit

Trauerfeier für einen Mann, der einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn hatte und an den ich zurückdenke mit einem Bibelwort aus den Sprüchen Salomos.

Jagd nach Gerechtigkeit: Ein Jogger läuft an Wänden und Mülltonnen entlang, die mit einer Unzahl von Graffiti verziert sind; auf einer Mülltonne steht "Chase" = "Jagd"
Wohin geht die Jagd des Lebens? (Bild: Free-PhotosPixabay)

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.

Ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der HERR: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe das Ende, des ihr wartet. (Jeremia 29, 11)

Liebe Trauergemeinde, wir sind hier versammelt, um Abschied zu nehmen von Herrn H., der im Alter von [über 60] Jahren gestorben ist. Wir bedenken, was Gott uns mit ihm gegeben und genommen hat. Wir hören Worte Gottes, an denen wir uns orientieren können auf dem Weg, den wir vor uns haben.

Lasst uns beten mit einem alten Lied der Bibel, mit dem Psalm 34:

5 Als ich den HERRN suchte, antwortete er mir und errettete mich aus aller meiner Furcht.

7 Als einer im Elend rief, hörte der HERR und half ihm aus allen seinen Nöten.

16 Die Augen des HERRN merken auf die Gerechten und seine Ohren auf ihr Schreien.

18 Wenn die Gerechten schreien, so hört der HERR und errettet sie aus all ihrer Not.

19 Der HERR ist nahe denen, die zerbrochenen Herzens sind, und hilft denen, die ein zerschlagenes Gemüt haben.

13 Wer möchte gern gut leben und schöne Tage sehen?

14 Behüte deine Zunge vor Bösem und deine Lippen, dass sie nicht Trug reden.

15 Lass ab vom Bösen und tu Gutes; suche Frieden und jage ihm nach!

20 Der Gerechte muss viel erleiden, aber aus alledem hilft ihm der HERR.

23 Der HERR erlöst das Leben seiner Knechte, und alle, die auf ihn trauen, werden frei von Schuld.

Liebe Trauernde, erst vor wenigen Wochen waren wir hier auf dem Friedhof zusammen, um eine Verwandte von Herrn H. zu begraben. Es fällt schwer, heute von einem weiteren Mitglied der Familie Abschied zu nehmen.

Erinnerungen aus dem Leben des Verstorbenen

Als lebensfrohen, aufgeschlossenen und humorvollen Menschen haben Sie mir Herrn H. geschildert. Zu den Erinnerungen an sein Leben gehört zum Beispiel auch sein Interesse für den Fußball; früher hat er auch selber aktiv gespielt.

Erst in der Zeit seiner Krankheit zog er sich mehr und mehr zurück. Er erfuhr jedoch Pflege und Aufmerksamkeit von Familienangehörigen und Nachbarn. Die Ärzte konnten ihm nicht mehr helfen. Zum Schluss war es ihm nicht mehr möglich, die Wohnung zu verlassen. Vor Schmerzen konnte er sich kaum noch bewegen. Er wünschte sich, dass die Quälerei ein Ende haben sollte, er wollte nicht mehr.

Sein Wunsch ist in Erfüllung gegangen – der Tod kam für ihn als Erlösung von starken Schmerzen. Doch so schwer krank Herr H. auch war, er ist ganz überraschend gestorben, einfach beim Zeitunglesen – vielleicht war es eine Gnade, dass ihm, der zum Leben keine Kraft und keinen Willen mehr hatte, ein langes Siechtum erspart blieb.

Wenn man sich fragt, was für ein Mensch Herr H. war, dann hat wahrscheinlich jeder von Ihnen andere Vorstellungen darüber, je nachdem, woher er ihn gekannt hat und welche Erinnerungen er mit ihm verbindet. Manche Dinge entdeckt man vielleicht auch erst nach dem Tod eines Menschen, zum Beispiel dass die Bibel auf seinem Nachttisch lag. Er hat gern gelesen, und neben Abenteuergeschichten, Wildwest- und Zukunftsromanen interessierte er sich auch sehr für den realistischen Blick, den die Bibel schon vor zwei-, dreitausend Jahren in die Abgründe des menschlichen Lebens geworfen hat. Er war für Gerechtigkeit und konnte es nicht haben, wenn Menschen in ihren Worten und Taten nicht übereinstimmten.

Spannend fand er die Bibel, zum Beispiel hat er hin und wieder erzählt, was es in der Zeit des Gottesvolkes und auch der Christenheit schon alles an Grausamkeiten gegeben hat. Vielleicht hätte ihm der folgende Satz aus dem Buch der Sprüche 21, 21 gut gefallen:

Wer der Gerechtigkeit und Güte nachjagt, der findet Leben und Ehre.

Hier wird das benannt, worauf es im Leben wirklich ankommt. Gerechtigkeit und Güte sind die obersten Lebensziele, jedenfalls wenn man danach fragt, was bei Gott zählt. Man kann im Beruf Erfüllung finden und dann auch gezwungen sein, eine liebgewordene Tätigkeit aufzugeben – damit entscheidet sich nicht die Lebenserfüllung insgesamt. Man kann stark und gesund sein oder auch von Krankheit gezeichnet – daran bemisst sich nicht der Wert eines Menschenlebens.

Unsere Fähigkeiten, unsere Gesundheit, unsere Portion Lebensglück – all das sind Geschenke an uns, die nicht selbstverständlich sind. Wir können viel oder wenig davon haben. Entscheidend ist, was wir daraus machen, ob wir verantwortlich damit umgehen.

Wahres Leben ist uns dann geschenkt, wenn wir auf Gerechtigkeit aus sind und nicht nur auf den eigenen Vorteil, wenn wir in einer oftmals bösen Welt auf dem guten Weg bleiben.

Der Gerechtigkeit und Güte nachjagen – vielleicht liegt darin auch ein Doppelsinn. Einerseits selber gerecht und gut sein wollen, so schwer das ist. Andererseits sich danach sehnen, dass auch andere mir gerecht werden, dass andere gut zu mir sind, dass es Gerechtigkeit auf Erden gibt auch für mich.

Unser biblischer Spruch geht davon aus: Dieses Hinterhersein hinter der Gerechtigkeit und der Güte wird nicht vergeblich sein. Man findet beides, und man findet am Ende erfülltes Leben und Ehre. Ähnlich redet im Psalm 73, 24 ein Mensch zu Gott:

Du leitest mich nach deinem Rat und nimmst mich am Ende mit Ehren an.

Ehre zu finden bei Menschen, das ist eine Sache. Von Gott angenommen sein, ist viel wichtiger. Und wir dürfen auf einen Gott vertrauen, der in unser Herz blickt und spürt, worauf es uns ankommt, der uns in unseren innersten Anliegen gerecht wird. Bei ihm finden wir eine Gerechtigkeit, zu der wir Menschen immer nur in kleinen Ansätzen fähig sind. Bei Gott finden wir eine Ehre, die niemand sonst uns geben kann – die Ehre, ein unendlich wertvoller und geliebter Mensch zu sein. So kostbar sind wir für Gott, dass wir in Ewigkeit nicht verloren gehen sollen, sondern – auch wenn wir sterben – in seiner Liebe geborgen und gut aufgehoben bleiben. Das gilt auch für Herrn H. Amen.

Barmherziger Gott, wir beten in dieser Stunde für Herrn H., für seine ganze Familie und alle, die ihm nahestanden. Wir sind traurig, wenn ein Leben zu Ende geht, wenn ein Mensch, der uns nahestand, plötzlich nicht mehr bei uns ist. Zugleich sind wir auch dankbar, wenn wir im Leben immer wieder Liebe geben und erfahren dürfen, wenn wir in schweren Zeiten bewahrt bleiben, wenn wir nicht irre werden an Gerechtigkeit und Güte. Vergib uns, wenn wir nicht so vollkommen gut und gerecht sind, wie wir uns das wünschen, und führe uns alle auf dem Weg der Gerechtigkeit und der Versöhnung. Amen.

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