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Der Himmel – ein Alptraum?

Imagine... all the people living life in peace - Collage mit Friedenstaube etc.
Stell dir vor – alle Menschen leben im Frieden (Bild: MinolvitaPixabay)

„Stell dir vor: es gibt keinen Himmel!“ So beginnt der berühmte Song „Imagine“ von John Lennon, der nach 30 Jahren seine Faszination nicht eingebüßt hat und von einer Welt ohne Krieg, ohne Grenzen und ohne Habgier träumt. Doch warum gleich am Anfang diese Absage an den Himmel: „Imagine there’s no heaven“?

Über diese Zeile stolpere ich. Die englische Sprache unterscheidet fein: „sky“ ist der sichtbare Himmel mit Wolken, Sonne, Mond und Sternen, „heaven“ dagegen der Himmel, wo Gott wohnt. Sind wir wirklich besser dran, wenn es den nicht gibt?

Zum Alptraum wird ein Himmel, der den Gläubigen als ewige Belohnung winkt, während die anderen für immer in der Hölle verdammt sein sollen. Wenn dann noch verschiedene Religionen oder Konfessionen fanatisch für „ihren“ Himmel kämpfen, wird der Alptraum zur grausamen irdischen Wirklichkeit – von den Kreuzzügen bis zum religiösen Fanatismus unserer Tage.

John Lennon schlug vor, anders zu träumen. „Stell dir vor: kein Himmel über uns, keine Hölle unter uns. Stell dir vor: die Menschen leben einfach für den heutigen Tag.“ Allerdings: nur im diesseitigen Hier und Jetzt zu leben, ist keine Garantie für Frieden und Gerechtigkeit. Lennon selbst erfuhr es 1980, als er ermordet wurde.

Auch Jesus sagt (Matthäus 6, 34): „Sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen.“ Lebt heute! Aber nicht, weil es den Himmel nicht gibt, sondern weil der Himmel anders ist. Er ist nahe. Er ist mitten unter uns. Er beginnt auf der Erde, hört aber im Tod nicht auf. Gott liebt die Menschen, vergibt Versagern – Vertrauen ist möglich. Niemand muss in die Hölle – außer er lebt schon jetzt in ihr. Zugeknöpft für die Liebe, unbarmherzig im Umgang mit anderen, hat man auch sich selbst nicht lieb.

Ich stell mir vor, der Himmel fängt auf der Erde an, wo Liebe ist und Hoffnung, ganz ohne Glaubenszwang…

Gedanken zum Sonntag im Frühjahr 2001 für den Gießener Anzeiger von Helmut Schütz, Pfarrer der Evangelischen Paulusgemeinde Gießen

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