Bild: Pixabay

Liebe und Treue, so weit der Himmel ist

Zwei Eheleute, die beide erlebt haben, dass eine erste Ehe zerbrochen ist und dass nach vielen Verletzungen nun doch neue Liebe möglich war, schließen ihre neue Ehe im Vertrauen auf die Gnade und Treue Gottes.

An einem blauen Himmel steht eine herzförmige Wolke.
Unter dem weiten Himmel der Liebe Gottes in Geborgenheit und Freiheit leben (Bild: Michaela, at home in Germany • Thank you very much for a like auf Pixabay)
Einzug des Brautpaars

Liebe Festgemeinde!

Herzlich willkommen heiße ich Sie alle in der evangelischen Pauluskirche zu Gießen, die Sie den Start in die Ehe mit dem Brautpaar … feiern wollen. Besonders begrüße ich Sie beide als die Hauptpersonen Ihres Hochzeitstages: … und… .

Lied 334, 1-6: Danke für diese Hochzeitsstunde

Wir sind hier versammelt

  • im Namen Gottes, der uns als Ebenbild seiner Liebe erschaffen hat als Mann und Frau;
  • im Namen Gottes, dessen Liebe in Jesus vollkommen auf Erden erschienen ist;
  • im Namen des Gottes, der mit seiner Liebe wie Geist und Wind uns anrührt und bewegt.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Gott, du bist die Liebe! Und uns traust du zu, als Menschen liebevoll miteinander umzugehen, dass wir füreinander da sind und Vertrauen nicht enttäuschen. Wir zweifeln zwar oft an der Liebe: wenn Untreue uns verletzt, wenn der vertrauteste Mensch mir fremd wird, wenn ich mich selber nicht mehr kenne. Dann schenke uns die Zuversicht, dass die Liebe stärker ist als alles in der Welt, gerade weil wir als Liebende so verletzbar sind – einfach angewiesen auf die Liebe des anderen. Wenn wir einander unsere Hände reichen und miteinander durchs Leben gehen, lassen wir uns unsichtbar von deiner Hand führen, Gott, damit wir nicht in die Irre gehen, damit wir in Sorgen und Traurigkeiten nicht verzweifeln, damit wir – komme, was da wolle – uns treu bleiben. Amen.

Liebe … und lieber …! Liebe Hochzeitsgäste!

Ein Traum ist in Erfüllung gegangen, ein Wunder ist wahr geworden. Sie konnten zuerst nicht glauben, dass es das für Sie noch geben würde: eine Hochzeit in Weiß, eine Ehe mit dem Menschen, der wirklich zu Ihnen passt und zu Ihnen gehört, bis zum Ende Ihres Lebens.

Es war gut, zunächst einmal durchaus misstrauisch zu sein. Schon Goethe sagte ja: „Drum prüfe, wer sich ewig bindet…“ – mein Vater hat dann scherzhaft fortgesetzt: „…ob sich nicht noch was Bess‘res findet“. Sie haben geprüft, und Sie wollten keinen anderen mehr finden. Die Liebe hatte eingeschlagen wie ein Blitz, und doch war die Entscheidung zur Ehe kein Schnellschuss aus der Hüfte. Sie haben sich auf die Probe gestellt, haben sich die Zeit genommen, bis sie genau wussten, mit Herz und Verstand: Ja, der ist es, ja die ist es!

Eine Ehe ist etwas Besonderes, das vergisst man heute manchmal, weil es so einfach ist, in eine Ehe hineinzuschlittern, ohne eigentlich diese Ehe wirklich zu wollen. Man kann Verliebtheit mit Liebe verwechseln, kann heiraten um der Kinder willen oder um nicht allein zu bleiben, vielleicht auch, weil man vor etwas flieht und man merkt es nicht einmal. Sie beide haben erlebt, dass eine erste Ehe zerbrochen ist, dass daran nichts mehr zu ändern war, und wie weh das getan hat. Was damals war und weshalb, darum geht es heute nicht. Sie haben erlebt, dass nach vielen Verletzungen nun doch neue Liebe möglich war, Vertrauen zwischen Ihnen wachsen konnte. Ein neuer Anfang wurde Ihnen geschenkt – die Erfüllung eines schon fast zu den Akten gelegten Traums.

Die Ehe ist etwas Besonderes, das ist Ihnen am Anfang dieser Ehe bewusst. Sie hören auf, einfach nur dieses Individuum zu sein, diese einzelne Privatperson – in der Ehe entsteht ein Neues, das mehr ist als die Summe der an ihr Beteiligten. Sie leben in der Ehe nicht einfach eine Partnerschaft, sie sind „ein Fleisch“ – wie es die Bibel mit einem starken Bild ausdrückt. Mit Leib und Seele, mit allen Sinnen, mit Kopf und Herz gehören Sie zusammen, und nichts soll Sie trennen.

Dieser neue Bund fürs Leben ist nicht nur bedeutend für Sie beide, sondern auch für die Großfamilie und Ihr ganzes Umfeld. Wer heiratet, der heiratet immer eine ganze Familie, er tritt auch in eine neue Beziehung zu den Menschen aus dem bisherigen Familienzusammenhang des Partners. Für einige ist Ihre Hochzeit auch deshalb ein großer Tag, weil nun endlich klar ist: Die beiden gehören nicht nur als Verheiratete, sondern auch als neues Elternpaar unzertrennlich zueinander. Da muss es nicht mehr heißen: meine Kinder oder deine Kinder, sondern beide Eltern sind als zuverlässiges Gegenüber gemeinsam für alle ihre Kinder da. Nicht alles, was zerrissen ist, kann damit geheilt werden, aber Sie wollen jedenfalls nicht die Hoffnung aufgeben, dass in der größeren Familie noch mehr wieder zusammenkommt, was bisher noch getrennt ist.

Etwas Großes geschieht in der Ehe, etwas Wunderbares. Darum feiern wir es hier in der Kirche. Darum sind Freunde und Verwandte mit dabei, denn die sind ja mitbetroffen von dem, was sich zwischen Ihnen ändert. Sie alle feiern mit und Sie alle tragen auch ein Stück Mitverantwortung für das Gelingen dieser Ehe. Im Grunde sind Sie alle Trauzeugen; Sie bekommen mit, wie die beiden zueinander Ja sagen; Sie werden Zeugen des Treue-Versprechens, das diese beiden einander für ihr ganzes künftiges Leben geben – vor Gott und dieser Gemeinde. Gute Freunde und Verwandte – es ist ein kostbarer Schatz, wenn man im Falle eines Falles auf ihren Beistand und Rat zurückgreifen kann.

Bisher bin ich aber immer noch nicht darauf zu sprechen gekommen, weshalb wir eigentlich in der Kirche Ihre Hochzeit feiern. Das hängt damit zusammen, dass eine Ehe ein Abenteuer ist, nicht nur in Ihrem speziellen Fall, sondern überhaupt. Ehrlicherweise müssen wir sagen: Allein kriegen wir das Projekt „Ehe“ gar nicht auf die Reihe. Nicht aus eigener Kraft.

Das fängt ja schon beim Thema „Liebe“ an. Wir haben nicht einmal unsere eigene Liebe in der Hand. Wir sind nur fähig zu lieben, wenn wir selber geliebt sind – aber wer ist sich dessen so sicher, dass er wirklich geliebt ist, einfach so, als Mensch, so wie er ist? Die Liebe des anderen Menschen können wir erst recht nicht erzwingen; wir erfahren sie immer als Geschenk. Das macht auch Angst – wird es immer so bleiben? Woher nehmen wir das Vertrauen in die Liebe, sowohl in unsere eigene Fähigkeit zur Liebe als auch in die Treue des Partners?

Hier kommt nun der Gedanke an Gott ins Spiel, der uns modernen Menschen oft erst in Notzeiten oder in Grenzsituationen des Lebens in den Sinn kommt. Mit der Frage nach der Liebe stellt sich auch die Frage nach Gott. Wie halten wir‘s mit der Religion? Leben wir in einer sinnvoll eingerichteten Welt? Kann man sich auf Liebe verlassen? Oder ist alles, was existiert, nur das Ergebnis von blindem Zufall, nur dazu bestimmt, einmal im Abgrund des Todes zu enden?

Menschen, die auf Gott vertrauen können, wissen nicht alles zu erklären, aber sie leben aus der Gewissheit, dass diese Welt eine gute Schöpfung Gottes ist, in der auch wir Menschen wunderbare Geschöpfe sind.

Sie haben sich einen Trauspruch ausgesucht, der den Blick in die Weite von Gottes Schöpfung mit der Zuversicht verbindet, dass Sie unter einem weiten Himmel in guter Geborgenheit und doch in Freiheit leben können. Er steht im Psalm 108, Vers 5, und lautet:

Herr, deine Gnade reicht, so weit der Himmel ist, und deine Treue, so weit die Wolken gehen.

Gnade ist das biblische Wort für Liebe, wenn sie von Gott ausgeht. Eine Liebe, die wir nicht verdient haben, und in der Gott einfach für uns da ist, so wie gute Eltern für ihr Kind da sind, was auch immer geschieht.

Treue ist vielleicht die wichtigste Voraussetzung für eine Ehe, und es ist gut, dass Treue nicht nur etwas ist, was von uns gefordert wird, sondern dass über uns und bei uns und in uns ein Gott ist, der uns zuerst einmal seine Treue schenkt. Wir können machen, was wir wollen, Gott hält uns die Treue. Er findet nicht alles gut, was wir tun, er wird uns sicher für alles zur Rechenschaft ziehen, aber er vergisst uns nicht, er verliert nicht das Interesse an uns, er lässt uns nicht verloren gehen. Niemals gibt Gott uns auf, geduldig wartet er, dass wir auf seine Liebe und Treue antworten, indem wir ver-antwortlich leben, als liebevolle Menschen.

Die Treue, die Sie beide einander heute versprechen, ist ein kleines Abbild der großen Treue, mit der Gott zu uns steht. Darum geht es in dem Segen Gottes, den wir für Sie erbitten: dass Sie im Vertrauen auf Gottes Treue die Kraft gewinnen, auch Ihrem Ehepartner, Ihrer Ehepartnerin ein Leben lang die Treue zu halten, dass Sie sozusagen von Gott die Liebe lernen.

Nicht alles an der Liebe muss man lernen. Liebe fällt vom Himmel. Liebe kommt aus dem eigenen Herzen, aus dem Bauch, von den Hormonen, aus dem innersten Gefühl. Manches an der Liebe muss man aber auch einüben, denn Liebe ist mehr als Verliebtheit, ja, an Liebe muss man auch arbeiten. Ich entfalte mich selbst, aber nicht auf Kosten der Ehe oder der Familie. Ich gehe sorgsam mit der Liebe um, damit sie nicht in Alltagshektik oder Gewohnheit untergeht. Ich nehme den anderen an mit manchen Ecken und Kanten. Natürlich liebe ich am Partner natürlich zuerst das Liebenswerte, das Begehrenswerte. Am Leben bleibt eine Liebe aber nur, wenn sie auch das einschließt, was auf den ersten Blick nicht liebenswert ist.

Eine solche Liebe hat der Apostel Paulus von Jesus erfahren. Paulus hatte die Christen verfolgt, wollte Christus selbst damit treffen. Doch dann traf ihn die Liebe Jesu wie ein Blitz: „Saulus, warum verfolgst du mich?“ Hier auf dem Altarbild sehen wir, wie der, der von den Lichtstrahlen der Liebe Christi getroffen und zu Boden geworfen wurde, später in Athen mit aufrechtem Gang die Liebe Christi predigt. Im Hohenlied der Liebe im 1. Brief an die Korinther im 13. Kapitel in den Versen 4 bis 8 und 13 preist Paulus die Liebe Christi, die auch uns trägt und zu eigener Liebe anleitet:

Die Liebe ist langmütig.
Die Liebe ist gütig.
Sie ist nicht eifersüchtig.
Sie prahlt nicht
und bläht sich nicht auf.
Sie handelt nicht ungehörig,
sucht nicht ihren Vorteil.
Sie läßt sich nicht erbittern
und trägt Böses nicht nach,
lästert nicht über Unrecht,
freut sich an Wahrheit.
Sie erträgt alles,
glaubt alles,
hofft alles.
Sie hält allem stand.
Die Liebe hört niemals auf. Auch wenn
alles einmal aufhört –
Glaube, Hoffnung und Liebe nicht.
Diese drei
werden immer bleiben;
doch am höchsten steht
die Liebe.

Lieben mit Herz und Verstand, darum geht es. Beides gehört zusammen: Lieben als Begehren und Lieben als Ertragen. Ganz wichtig ist, das Gespräch nie abreißen zu lassen: das Liebesgeflüster und den fairen Streit, der mit einer Versöhnung endet, den Smalltalk und die Absprache im alltäglichen Miteinander, die Klärung einer gemeinsamen Linie in der Erziehung von Kindern und – was oft am schwersten fällt, das offene Gespräch über die eigenen Gefühle.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen für Ihre Ehe alles erdenklich Gute, nämlich Lust und Leidenschaft, Vernunft und Verstand, Treue und Tatkraft. Amen.

Wir singen das Lied 316:

1. Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren, lob ihn, o Seele, vereint mit den himmlischen Chören. Kommet zuhauf, Psalter und Harfe, wacht auf, lasset den Lobgesang hören!

2. Lobe den Herren, der alles so herrlich regieret, der dich auf Adelers Fittichen sicher geführet, der dich erhält, wie es dir selber gefällt; hast du nicht dieses verspüret?

3. Lobe den Herren, der künstlich und fein dich bereitet, der dir Gesundheit verliehen, dich freundlich geleitet. In wieviel Not hat nicht der gnädige Gott über dir Flügel gebreitet!

4. Lobe den Herren, der sichtbar dein Leben gesegnet, der aus dem Himmel mit Strömen der Liebe geregnet. Denke daran, was der Allmächtige kann, der dir mit Liebe begegnet.

Liebe …, lieber …! Das Ja, das Sie heute zueinander sagen, ist ein bewußtes Ja zu einer im Geist der Liebe Jesu geführten Ehe und zum Segen Gottes für Ihre Ehe.

Vor Gott und dieser Gemeinde frage ich Sie:

…, wollen Sie diese … als Ihre Ehefrau, die Gott Ihnen anvertraut hat, für alle Zeit achten und lieben, in guten und in schweren Tagen sie nicht verlassen und im Vertrauen auf die Liebe Gottes mit ihr die Ehe führen, bis der Tod Sie scheidet, so antworten Sie: »Ja!«

…, wollen Sie diesen … als Ihren Ehemann, den Gott Ihnen anvertraut hat, für alle Zeit achten und lieben, in guten und in schweren Tagen ihn nicht verlassen und im Vertrauen auf die Liebe Gottes mit ihm die Ehe führen, bis der Tod Sie scheidet, so antworten Sie: »Ja!«

Stecken Sie einander Ihre Ringe an den Finger.

Der Ring hat kein Ende, so soll auch Ihre Liebe ohne Ende sein. Tragen Sie Ihren Ring als Zeichen Ihrer Treue!

Geben Sie einander die rechte Hand.

Was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden.

Gott schenkt, was Sie brauchen. Gott ist immer für Sie da in Freude und Leid. Gott fordert Sie heraus zu immer neuer Liebe. Gott segne und behüte Sie, Gott, der Allmächtige, Gott, der Barmherzige,
der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.

Nun können Sie, wenn Sie Lust haben, einander küssen!

Als kleines Geschenk Ihrer Kirchengemeinde überreiche ich Ihnen Ihre Traubibel! Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Trauung!

Ave Maria

Laßt uns beten. Nach den einzelnen Fürbitten, wenn ich sage: „Wir bitten gemeinsam“, dann sprechen Sie bitte die Bitte aus: „Christus höre uns!“

Barmherziger Gott, segne … und … in ihrer Ehe. Bewahre ihre Treue zueinander. Laß ihre Liebe so stark sein, dass sie allen Anfechtungen, Versuchungen und Krisen standhält. Wir bitten gemeinsam: „Christus höre uns!“

Gott, wir bitten dich für das Ehepaar inmitten ihrer Verwandten und Freunde. Schenke ihnen Gesundheit, halte Bitterkeit von ihnen fern und schenke ihnen den Mut und die Kraft, Herausforderungen und Konflikte gemeinsam zu bewältigen. Laß alle in dem Bewußtsein handeln, daß die Großfamilie jetzt neu zusammengesetzt ist und jeder seinen wesentlichen Platz in ihr einnimmt. Wir bitten gemeinsam: „Christus höre uns!“

Schenke uns besonders an schweren Tagen die Kraft einander zu verstehen und den anderen zu achten. Laß das Gespräch miteinander nie verstummen. Wir bitten gemeinsam: „Christus höre uns!“

Hilf den hier Versammelten und allen Menschen, dass wir einander verzeihen können. Laß uns erkennen, was wir falsch machen und laß uns immer wieder einen Weg finden, der uns zueinander führt. Wir bitten gemeinsam: „Christus höre uns!“

Wir bitten dich, daß wir nicht aufhören, dem anderen zu vertrauen. Laß uns nicht müde werden, uns mit dem anderen auseinanderzusetzen und verantwortlich zu handeln. Gib uns immer wieder Mut, einen neuen Anfang zu finden. Wir bitten gemeinsam: „Christus höre uns!“

Alles, was uns heute bewegt, schließen wir im Gebet Jesu zusammen:

Vater unser

Und nun laßt uns gehen mit Gottes Segen und dankbar empfangen, was uns dieser Tag bescheren mag:

Der Herr segne euch und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

Orgelnachspiel und Auszug aus der Kirche

Schreibe einen Kommentar

Mit dem Abschicken des Kommentars stimmen Sie seiner Veröffentlichung zu (siehe Datenschutzerklärung). Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.