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Inneres Standhalten

Trauerfeier für eine Frau, die als Familienmensch und Freundin der Geselligkeit von einer inneren Stärke geprägt war, die ihr dabei half, auch Notzeiten zu bewältigen.

Inneres Standhalten: Zwei Fäuste mit Eheringen nebeneinander halten allem stand
Innere Stärke wächst, indem man nicht allein dasteht im Leben (Bild: RichkatPixabay)

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.

Liebe Trauernde, wir sind vom Tod betroffen. Wir müssen Frau M. begraben, die im Alter von [über 70] Jahren gestorben ist. Wir wollen bedenken, wie wir das ertragen können. Wir fragen nach dem Glauben, der uns leben hilft – selbst angesichts des Todes.

Wir singen aus dem Lied 361 die Strophen 1, 2 und 12:

1. Befiehl du deine Wege und was dein Herze kränkt der allertreusten Pflege des, der den Himmel lenkt. Der Wolken, Luft und Winden gibt Wege, Lauf und Bahn, der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann.

2. Dem Herren musst du trauen, wenn dir‘s soll wohlergehn; auf sein Werk musst du schauen, wenn dein Werk soll bestehn. Mit Sorgen und mit Grämen und mit selbsteigner Pein lässt Gott sich gar nichts nehmen, es muss erbeten sein.

12. Mach End, o Herr, mach Ende mit aller unsrer Not; stärk unsre Füß und Hände und lass bis in den Tod uns allzeit deiner Pflege und Treu empfohlen sein, so gehen unsre Wege gewiss zum Himmel ein.

Gibt es Worte, die uns tragen in übergroßem Schmerz? Worte der Bibel können uns helfen, in Worte zu fassen, was auf unserer Seele liegt. So beten wir mit Psalm 77 (bis Vers 8 Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift © 1980 by Katholische Bibelanstalt GmbH, Stuttgart):

2 Ich rufe zu Gott, ich schreie, ich rufe zu Gott, bis er mich hört.

3 Am Tag meiner Not suche ich den Herrn; unablässig erhebe ich nachts meine Hände, meine Seele lässt sich nicht trösten.

4 Denke ich an Gott, muss ich seufzen; sinne ich nach, dann will mein Geist verzagen.

5 Du lässt mich nicht mehr schlafen; ich bin voll Unruhe und kann nicht reden.

6 Ich sinne nach über die Tage von einst, ich will denken an längst vergangene Jahre.

7 Mein Herz grübelt bei Nacht, ich sinne nach, es forscht mein Geist.

8 Wird der Herr mich denn auf ewig verstoßen und mir niemals mehr gnädig sein?

9 Ist‘s denn ganz und gar aus mit Gottes Güte?

10 Hat Gott vergessen, gnädig zu sein, oder sein Erbarmen im Zorn verschlossen?

11 Ich sprach: Darunter leide ich, daß die rechte Hand des Höchsten sich so ändern kann.

12 Darum denke ich an die Taten des HERRN, ja, ich denke an deine früheren Wunder.

14 Gott, dein Weg ist heilig. Wo ist ein Gott, so groß wie unser Gott?

15 Du bist der Gott, der Wunder tut.

16 Du hast dein Volk erlöst mit Macht.

21 Du führtest dein Volk wie eine Herde.

Liebe Trauergemeinde!

„Hat Gott vergessen, gnädig zu sein, oder sein Erbarmen im Zorn verschlossen?“ So fragt der Mensch aus dem alten Israel, der den 77. Psalm betet. Wir wissen nicht genau, welches Leid er erfahren hat, aber wir hören die Worte seiner Klage, die sich an einen Gott wenden, den er nicht mehr versteht. Früher hat Gott sein Volk bewahrt und geführt wie ein guter Hirte. Soll das nun für immer zu Ende sein?

Sie haben mir erzählt, dass Frau M. gern den Gottesdienst besucht oder im Fernsehen mitgefeiert hat. Jetzt hat sie so leiden, so unerwartet schnell sterben müssen. Warum? möchten wir fragen. Warum hat Gott das alles zugelassen? Wie kann es in unserem hochentwickelten Gesundheitssystem dazu kommen, dass Patienten zu wenig Beachtung erfahren? Warum blieb am Ende so wenig Zeit, um Abschied zu nehmen?

Natürlich sind das Fragen, die sich auch an Menschen richten, an Menschen, die Fehler machen, die überlastet sind, die unter Bedingungen arbeiten müssen, für die wiederum andere, ebenfalls unvollkommene Menschen verantwortlich sind. Aber es hilft nicht wirklich weiter, nachträglich Vorwürfe zu erheben; das lässt unser Herz nur noch schwerer werden.

Sicher kann es sinnvoll sein zu reklamieren, was nicht in Ordnung war, damit andere Patienten anders behandelt werden. Wer Unrecht beim Namen nennt, kann damit auch dem helfen, der es getan hat, dann nämlich, wenn er sein Unrecht einsieht. Aber das ist heute nicht unser Thema. Sondern: wie gehen wir mit etwas um, was im Blick auf eine nun verstorbene Frau nicht mehr zu ändern ist?

Im Psalm haben wir geklagt. Wir haben uns anregen lassen vom alten Volk Israel, das, was auf unserer Seele liegt, vor Gott laut werden zu lassen. Wir dürfen schreien, bis Gott uns hört. Wir dürfen weinen und untröstlich sein, bis uns Trost vielleicht doch erreicht. Wir müssen nicht immer nur stark sein.

Vor allem müssen wir nicht hier und heute einen Sinn entdecken in diesem Tod. Es ist einfach traurig, dass Frau M. gestorben ist und dass die Zeit, in der sie im Krankenhaus war, für Sie alle sehr belastend war.

Dennoch können wir heute etwas tun. Wir beginnen einen Weg zu gehen, den schweren Weg der Trauer. Wir brauchen Zeit und Kraft, um auszuhalten und zu bewältigen, was geschehen ist, und Abschied zu nehmen und unser eigenes Leben neu zu ordnen.

Der heutige Tag ist einer der ersten Schritte auf dem Weg der Trauer. Die Urnenbeisetzung wird ein weiterer Schritt sein. Dann werden wir ganz buchstäblich den Weg zum Grab gehen, eine Frau, die wir geliebt haben, bis zum Ende begleiten. Doch vorher, in dieser Feier, erinnern wir uns an dieses besondere Leben, das so unerwartet schnell an sein Ende gelangt ist.

Erinnerungen an das Leben der Verstorbenen

Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei.

Das sagt Gott von seinem wunderbarsten Schöpfungswerk (1. Buch Mose – Genesis 2, 18); diesen Vers gab der Pfarrer bei der Trauung den Eheleuten M. mit auf ihren Lebensweg.

Und sie blieben auch zu zweit nicht allein, sondern gründeten bald ihre eigene Familie, die ihr über alles ging. Als fürsorglicher Mensch war sie für ihre Kinder genau so da wie später für ihre Enkel und das Urenkelkind. Außerdem umsorgte sie bis zum Tode ihres Mannes nicht nur ihn, sondern auch ihre Schwiegermutter und machte ihr den Haushalt, wenn ihr das auch nicht immer leichtfiel, zumal sie selber mehr und mehr unter verschiedenen Krankheiten litt. Sie war eine Frau, die gelernt hatte, viel auszuhalten; bei ihrem letzten Krankenhausaufenthalt war das vielleicht ein Grund dafür, dass sie kaum über Schmerzen klagte, obwohl es ihr anzusehen war, wie schlecht es ihr ging.

In Erinnerung behalten werden Sie beides: was sie ertragen musste und wofür sie dankbar sein konnte. Trotz ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen nahm sie an geselligen Veranstaltungen teil und war, wie gesagt, durch und durch ein Familienmensch. Dazu gehörte auch, dass sie gerne die Feste feierte, wie sie fielen.

Heute nehmen wir Abschied von Frau M., und ich denke, wir werden ihr am ehesten gerecht, wenn wir uns vor Augen führen, worin ihre besondere Stärke bestand. Im biblischen Buch der Sprüche 24, 10 fand ich das Wort:

Der ist nicht stark, der in der Not nicht fest ist.

Ich denke, dass Frau M. ein starker Mensch in diesem Sinne war. Sie war nicht nur ein Schönwettermensch, sondern sie konnte auch den Stürmen des Lebens standhalten, Kriegswirren und Vertreibung, Krankheit und Trauer, ob Herausforderungen in der Familie oder an der Arbeitsstelle.

Zu dieser Festigkeit in der Not hat sicher auch beigetragen, dass Frau M. sich ihren Glauben bewahrt hat, denn es geht hier ja nicht um äußere Stärke, sondern um ein inneres Standhalten:

Der ist nicht stark, der in der Not nicht fest ist.

Eine solche Standfestigkeit haben wir, wenn wir gehalten und getragen sind in Gottes Liebe, und wenn wir einander dieses Gefühl vermitteln: Es gibt einen Halt, auch wenn alles in Wanken gerät. Es gibt Liebe, auch wenn wir um einen geliebten Menschen trauern, dessen Liebe wir nicht mehr leibhaftig spüren. Was wir an Liebe von diesem Menschen erfahren haben und was wir ihm gegeben haben, das geht nicht verloren.

Sie trauern um Frau M. Sie müssen diese Trauer aushalten. Das kostet Kraft. Vielleicht können Sie von Frau M. lernen, wie man eine solche Last trägt. Wenn Sie sich daran erinnern, wie sie das gemacht hat. Sie müssen es nicht auf genau die gleiche Art tun, aber Sie können sich von ihr ermutigen lassen, Ihren eigenen Weg zu finden. Einen Weg, auf dem Sie sich nicht vom Leben abwenden und bitter werden, sondern sich den Herausforderungen der Trauer stellen.

Trauer tut weh, Trauer ist eine schwere Last. Doch indem wir sie tragen, gewinnen wir Stärke. Jesus sagt (Matthäus 5, 4):

Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden.

In diesem Sinne vertrauen wir Frau M. dem Gott an, von dem unser Leben herkommt und zu dem es im Tode wieder zurückkehrt. Er nimmt uns am Ende mit Ehren an, bei ihm kommt unser unruhiges Herz zur ewigen Ruhe, bei ihm finden unsere ganze Sehnsucht ihre ewige Erfüllung. Doch bis es soweit ist, haben wir hier auf Erden unser Päckchen zu tragen, unser Leben zu meistern. „Der ist stark, der in der Not fest ist.“ Amen.

Wir singen das Lied 376:

1. So nimm denn meine Hände und führe mich bis an mein selig Ende und ewiglich. Ich mag allein nicht gehen, nicht einen Schritt: wo du wirst gehn und stehen, da nimm mich mit.

2. In dein Erbarmen hülle mein schwaches Herz und mach es gänzlich stille in Freud und Schmerz. Lass ruhn zu deinen Füßen dein armes Kind: es will die Augen schließen und glauben blind.

3. Wenn ich auch gleich nichts fühle von deiner Macht, du führst mich doch zum Ziele auch durch die Nacht: so nimm denn meine Hände und führe mich bis an mein selig Ende und ewiglich!

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