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Lebenssatt wie Abraham

Trauerfeier für einen alten Mann, der in Deutschland unter fünf verschiedenen Staatsformen gelebt hat und mit seiner geradlinigen Art manchmal auch angeeckt ist.

Ob diese Ikone wirklich Abraham darstellt, weiß ich nicht, vielleicht ist es auch Antonius
Ikone in einer Kirche auf Zypern (Bild: Dimitris VetsikasPixabay)

Diese Trauerfeier steht im Namen des Vaters, des Herrn über Leben und Tod, im Namen des Sohnes, der alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis verborgen in sich trägt, und im Namen des Heiligen Geistes, der unser Tröster ist.

Liebe Trauergemeinde, wir sind gemeinsam hier, um von Herrn C. Abschied zu nehmen, nachdem er im Alter von [über 90] Jahren – alt und lebenssatt – gestorben ist.

Wir sind traurig, weil ein geliebter Mensch uns fehlt. Wir sind dankbar, weil er bei uns war. Mit dem, was wir empfinden, vertrauen wir uns Gott an.

Wir beten mit Psalm 37:

5 Befiehl dem HERRN deine Wege und hoffe auf ihn, er wird‘s wohl machen

6 und wird deine Gerechtigkeit heraufführen wie das Licht und dein Recht wie den Mittag.

7 Sei stille dem HERRN und warte auf ihn. Entrüste dich nicht über den, dem es gut geht, der seinen Mutwillen treibt.

8 Steh ab vom Zorn und lass den Grimm, entrüste dich nicht, damit du nicht Unrecht tust.

16 Das Wenige, das ein Gerechter hat, ist besser als der Überfluss vieler Gottloser.

17 Denn der Gottlosen Arm wird zerbrechen, aber der HERR erhält die Gerechten.

18 Der HERR kennt die Tage der Frommen, und ihr Gut wird ewiglich bleiben.

19 Sie werden nicht zuschanden in böser Zeit, und in der Hungersnot werden sie genug haben.

21 Der Gottlose muss borgen und bezahlt nicht, aber der Gerechte ist barmherzig und kann geben.

23 Von dem HERRN kommt es, wenn eines Mannes Schritte fest werden, und er hat Gefallen an seinem Wege.

24 Fällt er, so stürzt er doch nicht; denn der HERR hält ihn fest an der Hand.

25 Ich bin jung gewesen und alt geworden und habe noch nie den Gerechten verlassen gesehen und seine Kinder um Brot betteln.

26 Er ist allezeit barmherzig und leiht gerne, und sein Geschlecht wird zum Segen sein.

37 Bleibe fromm und halte dich recht; denn einem solchen wird es zuletzt gut gehen.

39 Der HERR hilft den Gerechten, er ist ihre Stärke in der Not.

40 Und der HERR wird ihnen beistehen und sie erretten; er wird sie von den Gottlosen erretten und ihnen helfen; denn sie trauen auf ihn.

Wir singen aus dem Lied 58 die Strophen 1, 7, 8, 13 und 14:

1. Nun lasst uns gehn und treten mit Singen und mit Beten zum Herrn, der unserm Leben bis hierher Kraft gegeben.

7. Gelobt sei deine Treue, die alle Morgen neue; Lob sei den starken Händen, die alles Herzleid wenden.

8. Lass ferner dich erbitten, o Vater, und bleib mitten in unserm Kreuz und Leiden ein Brunnen unsrer Freuden.

13. Hilf gnädig allen Kranken, gib fröhliche Gedanken den hochbetrübten Seelen, die sich mit Schwermut quälen.

14. Und endlich, was das meiste, füll uns mit deinem Geiste, der uns hier herrlich ziere und dort zum Himmel führe.

Liebe Trauergemeinde!

Im 1. Buch Mose – Genesis 25, 8 heißt es:

Und Abraham verschied und starb in einem guten Alter, als er alt und lebenssatt war, und wurde zu seinen Vätern versammelt.

Ein gutes Alter hat auch Herr C. erreicht. Über 90 Jahre in solcher Gesundheit und Kraft zu erleben, wie es ihm bis vor kurzem vergönnt gewesen ist, dafür kann man einfach nur dankbar sein.

Auch Herr C. selbst war seinem Herrgott dankbar, dass er so alt wurde und sich noch selber versorgen konnte. Dankbar war er auch dafür, dass es uns heute in unserem Land trotz Steuern, Benzinpreis und Rentendiskussion immer noch besser geht als in der Nachkriegszeit.

Als er ernsthaft krank wurde, begann er zu ahnen, dass er nicht wieder gesund werden würde. Schließlich hat er gesagt: „Ich bete zu Gott, dass er mich bald zu sich nimmt.“ Er wollte niemandem zur Last fallen, wollte sogar während seines Sterbens Rücksicht nehmen auf die, die sich um ihn sorgten und kümmerten.

Alt und lebenssatt ist er gestorben, wie Abraham, der alte Patriarch. Auf ein erfülltes Leben konnte Herr C. zurückblicken. Er lebte unter fünf verschiedenen politischen Systemen, im Kaiserreich, in zwei Demokratien und zwei Diktaturen.

Erinnerungen an das Leben des Verstorbenen

Dass er in der DDR zu seiner kirchlichen Bindung stand und nicht als linientreu galt, führte schließlich zu seiner Flucht in den Westen. An sich hatte er dem Wort aus dem Psalm 37, 3 folgen wollen:

Bleibe im Lande und nähre dich redlich.

Doch wollte er sich nicht selbst gefährden, musste er rasch die DDR verlassen. Ähnlich wie der alte Abraham dem Ruf Gottes folgend seine Heimat verließ, musste auch Herr C. im Westen noch einmal ganz von vorn anfangen. Auch hier erschien er Behörden als nicht vollkommen vertrauenswürdig, nur weil er aus der sowjetisch besetzten Zone kam.

Nun ist sein langes Leben ans Ende gelangt. Wie von Abraham können wir von Herrn C. sagen (1. Buch Mose – Genesis 25, 8):

Und er verschied und starb in einem guten Alter, als er alt und lebenssatt war, und wurde zu seinen Vätern versammelt.

Alt und lebenssatt war Herr C., nicht in dem Sinne, dass er das Leben satt hatte, sondern dass es genug war und dass es Zeit zum Sterben war. Für ihn war dieses Ende kein absolutes Ende, sondern ein zielgerichtetes Hinübergehen in die Gemeinschaft mit Gott, in der Hoffnung, auch seine Frau wiederzusehen. Das Alte Testament spricht bei Abraham davon, dass er zu seinen Vätern versammelt wurde – daraus spricht die Überzeugung, dass es für den, der auf Gott vertraut, keine Vereinzelung im Tod gibt – er wird nicht verloren gehen.

Gott hat sein Gebet erhört und ihn zu sich genommen – uns bleibt nichts weiter zu tun, als Herrn C. den liebevollen Händen unseres Gottes anzuvertrauen.

Er hinterlässt eine große Lücke, er, der so lange Zeit immer da war, der so viel durchgemacht hat, der seine Kinder und seine Umgebung so sehr geprägt hat mit seiner unerschrockenen und geradlinigen Art. Er hat sich noch in den letzten Tagen gefragt, ob er ein guter Vater und Großvater gewesen sei, das war ihm ein großes Herzensanliegen.

Je mehr man einen Menschen geliebt hat, desto mehr wird man ihn vermissen. Man wird traurig und in Dankbarkeit an ihn zurückdenken und gut daran tun, sich ihn zum Vorbild zu nehmen in seiner tapferen Art, an dem als richtig Erkannten festzuhalten.

Wir lassen ihn los – denn wir glauben an einen gnädigen Gott, der uns am Ende in Ehren annimmt. Amen.

Wir singen aus dem Lied 64 die Verse 1, 2 und 6:
Der du die Zeit in Händen hast

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