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Liebe bleibt über den Tod hinaus

In einer Trauerfeier gehe ich auf das Hohelied der Liebe des Paulus ein; denn Liebe bleibt über den Tod hinaus, auch wenn alles andere vergeht.

Liebe über den Tod hinaus: Hände einer Trauergesellschaft (in Schwarzweiß) halten ein Herz aus Holz (farbig)
Liebe bleibt über den Tod hinaus (Bild: Gisela MerkuurPixabay)

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Wir sind hier versammelt, um Abschied zu nehmen von Frau N., die im Alter von [über 70] Jahren gestorben ist.

Lasst uns beten mit Worten aus Psalm 62:

2 Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft.

3 Denn er ist mein Fels, meine Hilfe, mein Schutz, dass ich gewiss nicht fallen werde.

10 Aber Menschen sind ja nichts, große Leute täuschen auch; sie wiegen weniger als nichts, soviel ihrer sind.

6 Sei nur stille zu Gott, meine Seele; denn er ist meine Hoffnung.

7 Er ist mein Fels, meine Hilfe und mein Schutz, dass ich nicht fallen werde.

8 Bei Gott ist mein Heil und meine Ehre, der Fels meiner Stärke, meine Zuversicht ist bei Gott.

9 Hoffet auf ihn allezeit, liebe Leute, schüttet euer Herz vor ihm aus; Gott ist unsre Zuversicht.

Liebe Trauergemeinde, in kleinem Kreis, so wie es Frau N. gewünscht hat, nehmen wir Abschied von ihr. Diejenigen, denen sie sich am engsten verbunden gefühlt hat, sind hier versammelt. Sie haben ein großes oder kleines Stück Ihres eigenen Lebens mit der Verstorbenen geteilt, miteinander gute und schwere Zeiten durchlebt, Sie haben empfangen und gegeben, gegenseitige Hilfe und Prägungen und vieles mehr. Von all dem bleiben Ihnen vor allem die unterschiedlichsten Erinnerungen, die auch in dieser Ansprache ihren Raum beanspruchen dürfen.

Erinnerungen an das Leben der Verstorbenen

Natürlich ist in so wenigen Worten nicht ein ganzes Leben einzufangen. Ich will es auch gar nicht versuchen, ihrer Persönlichkeit gerecht zu werden. Das Leben von Frau N. ist zu Ende gegangen, und das letzte Wort über ihr Leben steht nur dem zu, in dessen Hand unser aller Leben gehalten und geborgen ist.

Was für ein Mensch sie gewesen ist, schlicht und bescheiden, eine stille, zarte Person, die sich aber dennoch durchzusetzen wusste, wenn es darauf ankam, das wissen Sie besser als ich. Sie haben mir erzählt von ihrer Herzensgüte, mit der sie bemüht war, alles zum Besten zu lenken. Wie sehr Ihnen dieser Mensch fehlen wird, das können Sie im Augenblick nur erahnen; Abschied zu nehmen von einem Menschen, den wir geliebt haben, ist jedenfalls ein langer Weg, voller Tränen, voller gemischter Gefühle.

Trauer braucht Zeit, braucht zum Teil das Alleinsein, die Möglichkeit, sich zurückzuziehen, braucht dann auch wieder die Gemeinschaft, die Möglichkeit, sich aussprechen, vielleicht sogar ausweinen zu können. Es ist gut, auch in Gegenwart anderer traurig sein zu dürfen, fühlen zu dürfen, was wirklich in einem ist, und dann auch wieder auf andere Gedanken zu kommen. Allgemein wirksame Rezepte gibt es nicht für die Trauer – jedenfalls nicht dafür, wie man ihr ausweichen könnte. Sie muss durchlebt werden, durchgestanden werden auf einem Weg, der auf und ab führen kann. Lachen und Weinen können noch lange Zeit nahe beieinanderliegen, wenn einen plötzliche Erinnerungen überfallen und einem die Lücke bewusst wird, die nicht gefüllt werden kann.

Rezepte gibt es auch nicht dafür, wie man sein Leben weiterhin gestaltet ohne die Hilfe, die man durch die Verstorbene erfahren hatte. Manches wird neu werden, Vertrautes hat sich verändert und wird sich verändern. Anderes, was sich bewährt hat, mag bleiben. Manches wird man auf sich zukommen lassen, in manchen Dingen vielleicht erst allmählich neue Entscheidungen treffen, über manches erst einmal in Gelassenheit und Ruhe eine Aussprache suchen. Denn da fehlt eine wichtige Person im Haus, und ohne sie sieht vieles anders aus. An diese neue Situation müssen sich alle erst einmal gewöhnen, und es erfordert Behutsamkeit von jeder Seite, um jetzt gut miteinander umzugehen in der Zeit der Trauer und darüber hinaus.

Es ist ein guter Brauch, in einer Trauerfeier nicht nur auf den Abschied von der Verstorbenen und nicht nur auf die Trauer der Hinterbliebenen einzugehen, sondern in den Abschied und die Trauer hinein Gottes Wort hineinsprechen zu lassen. Neben den beiden Psalmgebeten am Anfang und am Schluss dieser Feier lege ich Ihnen Worte des Apostels Paulus ans Herz, die mir eingefallen sind, als ich über das Gespräch mit Ihnen nachdachte und über das, was Sie mir über Frau N. erzählt haben. Es sind Worte über die Liebe, die uns trägt, wenn wir zusammenleben und auch, wenn wir einen geliebten Angehörigen verlieren. In 1. Korinther 13 schreibt Paulus:

1 Wenn ich mit Menschen- und mit Engelszungen redete und hätte die Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle.

2 Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, so dass ich Berge versetzen könnte, und hätte die Liebe nicht, so wäre ich nichts.

3 Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib verbrennen, und hätte die Liebe nicht, so wäre mir’s nichts nütze.

4 Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf,

5 sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu,

6 sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit,

7 sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.

8 Die Liebe hört niemals auf, wo doch das prophetische Reden aufhören wird und das Zungenreden aufhören wird und die Erkenntnis aufhören wird.

9 Denn unser Wissen ist Stückwerk, und unser prophetisches Reden ist Stückwerk.

10 Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören.

11 Als ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und dachte wie ein Kind und war klug wie ein Kind; als ich aber ein Mann wurde, tat ich ab; was kindlich war.

12 Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin.

13 Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.

Liebe ist das, was über den Tod hinaus bleibt. Liebe ist das, wofür wir einem Verstorbenen am meisten dankbar sind. Liebe ist es auch, was wir immer wieder neu lernen müssen – so wie Paulus die Liebe von seinem Herrn Jesus lernte, nachdem er sich zu ihm bekehrt hatte.

Denn unsere menschliche Liebe ist unvollkommen, ist Stückwerk, wie Paulus schreibt. Auch die bestgemeinte menschliche Liebe engt manchmal ein – sie braucht die Ergänzung durch eine liebevolle Ermutigung zur Freiheit, wie sie Jesus den Menschen geschenkt hat.

Manchmal verwechseln wir Menschen auch Liebe mit Harmonie – die Harmonie ist eine Gleichgestimmtheit, eine Übereinstimmung, die es zwischen verschiedenen Menschen nur in den allerseltensten Glücksfällen gibt. Liebe dagegen ist eine Haltung, die sozusagen überall gelebt werden kann, nach dem Beispiel Jesu, ganz normal im Alltag, ganz normal mit uns ganz normalen Menschen. Liebe steht nicht im Widerspruch dazu, dass wir Menschen manchmal auch Konflikte miteinander austragen müssen, denn Liebe ist ja gerade die Fähigkeit, auch Gegensätze zu überbrücken. In Liebe achten wir das Anderssein des anderen, respektieren wir auch Wünsche nach Distanz und Fürsichsein, wir geben und wir nehmen nur dann, wenn der andere das auch will.

Gerade wenn man trauert, kann es schwerfallen, mit der eigenen Sehnsucht nach Liebe umzugehen. Die geliebte Person, an der man gehangen hat, von der man Unterstützung bekommen hat, mit der man in einer intensiven Beziehung zusammengelebt hat, die fehlt nun für immer. Was man versäumt hatte, zu sagen oder zu tun, kann nun nicht mehr nachgeholt werden. Wohin soll man nun gehen, um zu bekommen, wonach man sich sehnt?

Es ist normal, sich nach dem Verlust einer geliebten Person zunächst einmal zurückzuziehen und zu verschließen. Wann und für wen man sich irgendwann wieder öffnen wird oder wem man sich auf dem schweren Weg der Trauer spontan anvertrauen kann, das bleibt der Entscheidung des einzelnen und der Zeit überlassen. Ich wünsche Ihnen allerdings in all dem, dass Sie auch in der Liebe Gottes zu Ihnen einen Halt finden. Seine Liebe ist es ja, die auch unserer menschlichen Liebe erst ihren Grund und ihre Echtheit verleiht.

Zu diesem Gott bete ich nun abschließend mit dem Psalm 131. Es sind Worte des Vertrauens, mit denen ich die Verstorbene unserem Herrn im Himmel anvertraue und in denen wir uns vielleicht auch entweder bereits heute oder erst später einmal selber wiederfinden können:

1 HERR, mein Herz ist nicht hoffärtig, und meine Augen sind nicht stolz. Ich gehe nicht um mit großen Dingen, die mir zu wunderbar sind.

2 Fürwahr, meine Seele ist still und ruhig geworden wie ein kleines Kind bei seiner Mutter; wie ein kleines Kind, so ist meine Seele in mir.

3 [Kind Gottes], hoffe auf den HERRN von nun an bis in Ewigkeit!

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