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Jesus ist Brot für unsere Seele

Jede menschliche Seele braucht Aufmerksamkeit, Anerkennung. Das fängt mit einem Blick an, der erwidert wird. Das geht weiter, wenn ich einem Menschen ganz geheime Gedanken und Gefühle offenbaren kann. In der Tiefe unserer Seele sehnen wir uns danach, ganz und gar angenommen zu werden, so wie wir sind. Wenn wir geliebt werden, kann unsere Seele mit allen Gefühlen sich entfalten.

Jesus nimmt tröstend ein Kind in den Arm: er ist Brot für unsere Seele
Jesus – als großer Seelsorger – nimmt tröstend ein Kind in den Arm (Bild: MomentmalPixabay)

#predigtGottesdienst am 4. Sonntag der Passionszeit, Laetare, den 26. März 1995, um 9.30 Uhr in der Kapelle der Landesnervenklinik Alzey

Herzlich willkommen am 4. Sonntag der Passionszeit, dem Sonntag Laetare – das heißt auf deutsch: „Freut euch!“ Mitten in der Leidenszeit Christi gibt es diesen Sonntag, der der Freude gewidmet ist. Wenn wir an das Leiden Jesu denken, tun wir das also nicht, weil man als Christ in das Leiden verliebt sein müsste und sich nicht freuen dürfte. Nein, gerade umgekehrt: Aus Liebe zum Leben konnte Jesus sogar den Tod erleiden. Durch Gottes Liebe kann sogar Todesangst und tiefe Trauer und Lebensüberdruss in Freude verwandelt werden. Um diese Themen: „Freude mitten im Leid“ und „Leben entgegen der Herrschaft des Todes“ geht es heute im Gottesdienst.

Lied 398, 1-2:

In dir ist Freude in allem Leide, o du süßer Jesu Christ! Durch dich wir haben himmlische Gaben, du der wahre Heiland bist; hilfest von Schanden, rettest von Banden. Wer dir vertrauet, hat wohl gebauet, wird ewig bleiben, Halleluja. Zu deiner Güte steht unser G’müte, an dir wir kleben im Tod und Leben; nichts kann uns scheiden. Halleluja.

Wenn wir dich haben, kann uns nicht schaden Teufel, Welt, Sünd oder Tod; du hast’s in Händen, kannst alles wenden, wie nur heißen mag die Not. Drum wir dich ehren, dein Lob vermehren mit hellem Schalle, freuen uns alle zu dieser Stunde. Halleluja. Wir jubilieren und triumphieren, lieben und loben dein Macht dort droben mit Herz und Munde. Halleluja.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Wir beten mit Worten aus dem Buch des Propheten Jesaja 54. Jesaja hört Gott so zu ihm sprechen:

7 Ich habe dich einen kleinen Augenblick verlassen, aber mit großer Barmherzigkeit will ich dich sammeln.

8 Ich habe mein Angesicht im Augenblick des Zorns ein wenig vor dir verborgen, aber mit ewiger Gnade will ich mich deiner erbarmen, spricht der HERR, dein Erlöser.

9 Ich halte es wie zur Zeit Noahs, als ich schwor, dass die Wasser Noahs nicht mehr über die Erde gehen sollten. So habe ich geschworen, dass ich nicht mehr über dich zürnen und dich nicht mehr schelten will.

10 Denn es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der HERR, dein Erbarmer.

Kommt, lasst uns anbeten. „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

In dir ist Freude in allem Leide – kann das denn wahr sein, großer Gott? Sollen wir uns freuen, wenn wir eigentlich traurig, zornig oder voller Angst sind? Kannst Du denn wollen, dass wir nicht fühlen, was wir fühlen, sondern dass wir uns zu anderen Gefühlen zwingen? Nein, das kann und will ich nicht glauben! Schließlich nimmst Du uns an, so wie wir sind. Darum, o Gott, lass uns echt sein in unseren Gefühlen! Und zeige uns, wie wir wieder Freude finden können, wenn uns nicht zum Lachen zumute ist! Das erbitten wir von dir im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Wir hören die Lesung aus dem Evangelium nach Johannes 12, 20-24:

20 Es waren aber einige Griechen unter denen, die heraufgekommen waren, um anzubeten auf dem Fest.

21 Die traten zu Philippus, der von Betsaida aus Galiläa war, und baten ihn und sprachen: Herr, wir wollten Jesus gerne sehen.

22 Philippus kommt und sagt es Andreas, und Philippus und Andreas sagen’s Jesus weiter.

23 Jesus aber antwortete ihnen und sprach: Die Zeit ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht werde.

24 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.

Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren. Halleluja! „Halleluja,Halleluja,Halleluja.“

Lied 579: Das Weizenkorn muss sterben, sonst bleibt es ja allein
Gnade und Friede sei mit uns allen von Gott, unserem Vater, und Jesus Christus, unserem Herrn. Amen.

Wir hören den Predigttext aus dem Evangelium nach Johannes 6, 47-51:

47 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer glaubt, der hat das ewige Leben.

48 Ich bin das Brot des Lebens.

49 Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben.

50 Dies ist das Brot, das vom Himmel kommt, damit, wer davon isst, nicht sterbe.

51 Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von diesem Brot isst, der wird leben in Ewigkeit. Und dieses Brot ist mein Fleisch, das ich geben werde für das Leben der Welt.

Liebe Gemeinde!

„Im Tod ist das Leben“, haben wir mehrmals gesungen. Das ist ein Geheimnis, ein Geheimnis des Glaubens, ein Geheimnis, das nur der versteht, der glauben, also auf Gott vertrauen kann.

Wie kann im Tod das Leben sein? Ist der Tod nicht das Gegenteil von Leben, die Beendigung des Lebens? Ist dann nicht alles aus?

Wer lebensmüde ist, würde vielleicht sagen: Ich kann das verstehen. Ich will ja dieses Leben hier auf der Erde nicht mehr leben. Ich wünsche mir den Tod. Der ist besser. Vielleicht komme ich dann ganz schnell zu Gott und habe das ewige Leben. „Im Tod ist das Leben“ – das wäre dann eine Aufforderung, den Tod zu suchen. Aber kann das so gemeint sein? Nein, das kann ganz und gar nicht sein!

Nein, wenn einer in seiner Verzweiflung versucht, sein Leben loszuwerden, dann kann in diesem Tod nicht das Leben sein. Er wirft ja das Leben weg, das Gott ihm geschenkt hat. Er macht sich falsche Vorstellungen über den Tod. Dann habe ich meine Ruhe, denkt er vielleicht. Aber woher weiß er, dass man im Tod Ruhe findet – wer sagt denn, dass im Tod wirklich alles aus ist oder dass der Tod wie ein Schlaf ist? Das kann doch niemand mit Sicherheit wissen. Gott will jedenfalls nicht, dass man ihm ins Handwerk pfuscht und dass man sich selber etwas antut. Ich will damit nicht sagen, dass der, der sich selbst tötet, von Gott verdammt wird, ich denke einfach, dass Gott unendlich traurig ist über einen verzweifelten Menschen, der sich das Leben nimmt.

Aber was ist dann mit dem Satz: „Im Tod ist das Leben?“ Dieser Satz ist gesagt nicht aus Lebensüberdruss, sondern gerade umgekehrt aus Liebe zum Leben. Er findet sich nicht ab mit dem Tod. Weder mit dem biologischen Tod, den wir alle einmal erleiden müssen, noch mit dem seelischen Tod, der uns dann droht, wenn wir verzweifeln, wenn wir innerlich wie in einer Hölle leben, wenn wir keine Liebe kennen.

Wir haben ja heute zur Predigt Worte von dem Evangelisten Johannes gehört. Es sind großartige Worte – Worte, die kaum zu glauben sind. „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch“, so spricht Jesus im Johannesevangelium, „wer glaubt, der hat das ewige Leben.“ Mit dem Wort „Glauben“ ist bei Jesus immer das Vertrauen gemeint.

Wer auf Gott vertraut, der braucht den Tod nicht mehr in der gleichen Weise zu fürchten wie ein anderer, der nicht auf Gott vertraut. Natürlich trauert auch er um einen geliebten Menschen, der ihm genommen wurde. Natürlich schmerzt es auch ihn, wenn er daran denkt, vielleicht einmal ganz plötzlich oder durch eine schwere Krankheit sterben zu müssen. Aber für ihn muss das Leben nicht durch den Tod den ganzen Sinn verlieren. Es gibt etwas, was bleibt, was sogar ewig bleibt, was niemals verloren geht.

Auf jeden Fall ist es genau dieses Vertrauen selbst, was nicht verloren geht, diese persönliche Beziehung zu dem Gott, der uns geschaffen hat und der uns auch vom Tod erlösen will. Er wollte schon immer unser Leben, er will nicht, dass wir es wegwerfen, er will auch nicht, dass wir es im Tod endgültig verlieren.

Jesus hat uns auch das Sterben vorgelebt – wie so vieles andere. Als er sich gefangennehmen und verspotten ließ, als er sich Menschen hilflos auslieferte, die ihm Böses antaten, da hat er das alles getan im Vertrauen auf seinen Vater im Himmel. Er wusste, er würde sterben, das tat auch ihm, dem Sohn Gottes, weh, davor hatte auch er Angst. Und zugleich wusste er, er würde „durchs Kreuz ins Leben gehn“, er würde nicht tiefer fallen können als in die Hände Gottes.

Lied 533: Du kannst nicht tiefer fallen als nur in Gottes Hand

Liebe Gemeinde, nun fragen sich vielleicht manche: Ich möchte ja gerne glauben, aber wie geht das? Ich bin nicht so stark im Glauben, ich habe immer wieder Angst, ich bin oft der Verzweiflung nahe.

Um Menschen den Weg zum Glauben zu zeigen, benutzt Jesus ein Bild. Er sagt: „Ich bin das Brot des Lebens.“ Er vergleicht sich selber mit der Nahrung, die unser Körper braucht, um nicht zu verhungern. Er will damit sagen: Auch die Seele braucht Nahrung, damit sie nicht verkümmert, damit sie leben kann. Vorhin haben wir es im Lied gesungen: Jesus verschenkte sein Leben wie Brot, und jeder Mensch kann für den andern sein wie Brot.

Und dann erinnert Jesus seine Zuhörer erst einmal daran, was sie selber aus ihrer Bibel wussten: „Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben.“ Das Volk der Juden war ja aus der furchtbaren Schreckensherrschaft in Ägypten befreit worden und hatte dann auf dem Weg durch die Wüste immer wieder Angst gehabt: Wir müssen verhungern, wären wir doch in Ägypten geblieben, dort hätten wir genug zu essen gehabt! Dennoch war das Volk immer wieder vor dem Tode errettet worden; es hatte dieses eigentümliche Brot gegeben, das morgens einfach auf dem Boden in der Wüste dalag; sie fragten sich: Was ist das? – diese Frage heißt auf hebräisch „Man hu?“ – und damit hatte dieses vom Himmel geschenkte Brot seinen Namen weg: „Manna“! Zum Überleben war ihnen dieses Brot gegeben, und auch dazu, dass sie auf Gott vertrauen sollten, der ihnen in schwersten Zeiten weiterhelfen würde.

Allerdings: Das Volk Gottes in der Wüste zweifelte auch später immer wieder an Gottes Güte; die Leute murrten lieber über ihr Schicksal anstatt sich der Fürsorge Gottes anzuvertrauen. Und so kam es, dass die Menschen dieser Generation vor lauter Sorgen und Murren nicht aus der Wüste herausfanden und den Weg in das versprochene Land von Gott nicht gezeigt bekamen. Erst die nächste Generation, erst die Kinder des aus Ägypten befreiten Volkes, sollten in das Land Israel kommen. Die anderen mussten in der Wüste sterben, sie fanden nicht das Vertrauen zu Gott, das sie hätte leben lassen. Das alles steckt in dem Satz: „Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben.“

Demgegenüber spricht Jesus jetzt von einem anderen Brot: „Dies ist das Brot, das vom Himmel kommt, damit, wer davon isst, nicht sterbe.“ Mit anderen Worten: Jesus will seine Zuhörer darauf aufmerksam machen – das himmlische Brot ist da, es ist jetzt wieder da. Gott selber ist auf der Erde erschienen; in der Person Jesu schenkt er sich selber mit seiner ganzen Liebe uns Menschen. Das einzige, was wir da noch zu tun haben, ist: – essen! – uns dieser Liebe öffnen! – annehmen, was Gott uns schenken will!

Denken wir, dass wir seelisch verhungern, dass wir in unserem Leben immer zu kurz kommen, dass wir auch von Gott nichts zu erwarten haben? Oder können wir mit diesem Wort von Jesus etwas anfangen: „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von diesem Brot isst, der wird leben in Ewigkeit. Und dieses Brot ist mein Fleisch, das ich geben werde für das Leben der Welt.“

Jesus verschenkt sich. Er gibt sogar sein eigenes Fleisch, das heißt, sein eigenes Leben her, damit andere Menschen leben können. Aus Liebe hat er nicht gestraft: nicht den Judas, der ihn verriet, nicht den Pilatus, der ihn verurteilte, nicht die Soldaten, die ihn verspotteten und kreuzigten, nicht den Petrus, der ihn verleugnete. Nein, über alle sprach er die Worte: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“ In jedem Abendmahl nehmen wir diese Liebe Jesu für uns selber in Anspruch, wir dürfen das, er vergibt auch uns. In Ewigkeit dürfen wir leben, weil der Mensch Jesus, der da am Kreuz stirbt, vom Himmel gekommen ist und uns eine Nahrung für die Seele gibt, die stärker ist als der Tod und alle Schuld.

Passionslied 79:

Wir danken dir, Herr Jesu Christ, dass du für uns gestorben bist und hast uns durch dein teures Blut gemacht vor Gott gerecht und gut,

und bitten dich, wahr‘ Mensch und Gott, durch dein heilig fünf Wunden rot: erlös uns von dem ewgen Tod und tröst uns in der letzten Not.

Behüt uns auch vor Sünd und Schand und reich uns dein allmächtig Hand, dass wir im Kreuz geduldig sein, uns trösten deiner schweren Pein

und schöpfen draus die Zuversicht, dass du uns werdst verlassen nicht, sondern ganz treulich bei uns stehn, dass wir durchs Kreuz ins Leben gehn.

Wie sieht das nun mit dem Brot des Lebens ganz konkret für uns Menschen heute aus, liebe Gemeinde? Was meint Jesus damit, dass wir das Brot des Lebens essen können und dadurch ewig leben werden? Es ist so: Die Ewigkeit fängt nicht erst dann an, wenn wir einmal tot sind. Ewiges Leben ist Leben, das hier schon beginnt und niemals vergeht.

Aber wo finden wir mitten im irdischen Leben das ewige Leben? Ich denke, wir finden es, wenn wir darüber nachdenken, welche Nahrung denn unsere Seele braucht, damit sie nicht stirbt. Jede menschliche Seele braucht zum Beispiel Aufmerksamkeit, Anerkennung. Jeder möchte gern von einem Gegenüber, von einem Du, wahrgenommen und ernstgenommen werden.

Das fängt mit einem Blick an, der erwidert wird, mit einem Händeschütteln bei der Begrüßung und damit, dass der andere zuhört, wenn ich etwas sage.

Das geht weiter, wenn ich so viel Vertrauen zu einem Menschen habe, dass ich ihm ganz geheime Gedanken und Gefühle offenbaren kann, auch Dinge, die mir peinlich sind oder von denen ich nicht möchte, dass man sie weitererzählt.

In der Tiefe unserer Seele sehnen wir uns danach, ganz und gar angenommen und geliebt zu werden, so wie wir sind. Von einem sehr guten Freund, von unseren Eltern, vom Lebenspartner – aber auch von der höchsten Macht, die wir kennen, von Gott.

All das, diese Anerkennung, dieses Ernstnehmen, diese liebevolle Begegnung zwischen Menschen und zwischen Mensch und Gott – all das können wir mit einem Wort: Liebe nennen. Das ist die Nahrung, die unsere Seele braucht: Liebe. Liebe brauchen wir genau so wie das tägliche Brot. Von ihr leben wir; ohne sie verkümmern wir.

Wenn wir geliebt werden, kann unsere Seele sich entfalten. Dann müssen wir nicht alle Gefühle verbergen. Dann ist alles, was wir fühlen, eben einfach da, und es darf da sein, auch unsere Todesangst, auch unsere Schuldgefühle, auch unser Hass und unsere Leidenschaft. Wenn wir jemandem vertrauen, darf der auch wissen, was wir fühlen. Wir können uns ausweinen, wenn wir traurig sind, ohne uns dafür schämen zu müssen. Wir können über unsere Angst reden und brauchen nicht mit ihr allein zu bleiben. Ja, wenn einer sehr viel für uns übrig hat, dann wagen wir es vielleicht sogar, ihm zu sagen: Du, das hat mich jetzt aber geärgert! Ich glaube, richtig fair streiten, ohne sich zu verletzen, das kann man nur, wenn man sich ernst nimmt und respektiert. Auch wenn zwei Partner sich lieben oder wenn Eltern und Kinder einander liebhaben, ist es ganz wichtig, dass man auch ordentlich miteinander streiten kann, dass man die Ärger-, Wut- und Zorngefühle nicht herunterschlucken muss. Sonst kann es sein, dass sie heimlich doch da sind und irgendwie, ohne dass man es merkt, das Zusammenleben bestimmen: Man ist vielleicht gereizter, es gibt oft Missverständnisse, im schlimmsten Fall lebt man sich auseinander.

Das heißt: Gerade wenn man sich ernst nimmt oder sogar liebhat, kann man anderen Menschen durchaus auch zeigen, wie man sich fühlt – auch mit Schmerzen, mit Angst, mit Sorgen, mit Traurigkeit, mit Gereiztheit, sogar mit ärgerlichen Gefühlen. Wenn man dann spürt: Ich darf das ja tun, ich brauche mich nicht zu verstellen, ich brauche nicht ständig etwas in mir unterdrücken, dann wird das Leben leichter. Geteiltes Leid ist halbes Leid, sagt sogar ein Sprichwort. Und so kann es auch dazu kommen, dass man sich eben noch wütend angeschrien hat, und dann plötzlich merkt: Ich bin ja verstanden worden! Der andere hat ja wahrgenommen, wie ich wirklich fühle! Er konnte es ja gar nicht merken, solange ich mir nichts hatte anmerken lassen. Aus Ärger wird gegenseitiges Verstehen und somit Freude!

Oder es kann geschehen, dass man Angst hat oder traurig ist und diese Gefühle jemanden mitteilen kann. Im gleichen Augenblick ist die Angst oder Trauer zwar nicht unbedingt weg. Aber irgendwie fühlt man sich doch getröstet – so wie das Kind, das zur Mutter geht und in den Arm genommen wird und spürt: Ich bin nicht allein! So können Traurigkeit oder Angst in Freude verwandelt werden.

Wie hängt das alles jetzt wieder mit Jesus zusammen? Ich denke, es ist so: In Jesus ist Gott selbst auf der Erde erschienen. Jesus hat die lebendige Liebe Gottes auf der Erde verkörpert. Zu ihm konnten viele Menschen ein unbegrenztes Vertrauen fassen. Von ihm konnten sie lernen, dass auch der Gott im Himmel keine unpersönliche Macht ist, sondern ein liebevoller Vater, für den wir alle wichtig sind. Und unsere Welt ist nicht nur ein großartiges technisches Spielzeug, das durch Zufall und ohne einen höheren Sinn und Zweck entstanden ist – nein, die Welt ist das kostbare Werk unseres Gottes, der sie liebevoll geschaffen hat, von den großen Sternensystemen und Sonnen im Universum bis hin zu den kleinsten Lebewesen auf der Erde. In Jesus begegnen wir keinem brutalen Machthaber der Welt, sondern dem Vater, der auch uns lieb hat, denn auch wir gehören zu seiner Schöpfung, in der alles seinen Platz und seinen Wert hat.

Jesus hat uns diese Liebe des Vaters mit Worten vor Augen gemalt hat und mit Taten vorgelebt. Wie gesagt – bis hin zum Tod und durch den Tod hindurch hat er die Liebe bewährt und durchgehalten. Diese Liebe stammt ja von Gott, deshalb kann der Tod nicht stärker sein.

Das dürfen wir also alle wissen: Jesus liebt uns, er ist zwar unsichtbar bei Gott im Himmel, aber er ist immer bei uns! Wir dürfen davon ausgehen: der Vater im Himmel hat uns alle lieb.

Allerdings – um diese Liebe selber fühlen zu können, reicht es nicht aus, das einfach nur gesagt zu bekommen. Wichtiger ist es, dass wir das erleben im Zusammenleben mit sichtbaren, spürbaren, heute lebenden Menschen: Der hört mir ja zu! Der nimmt mich ja ernst! Der sagt mir ein Wort, das mir gut tut! Und wenn wir so etwas erfahren, dann können wir als Christen diese Liebe auch wieder an andere weitergeben, die genauso hungrig sind nach Liebe, nach Brot für die Seele. Gerade so, wie es Jesus gemacht hat: „Wir leben füreinander, und nur die Liebe zählt.“ Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.
Lied 625, 1-3: Wir strecken uns nach dir

Gott, du verstehst uns in unseren Ängsten und auch in unserer Verschlossenheit – wie viele von uns sind gezeichnet von Verletzungen und Enttäuschungen, die sie erlitten haben. Und doch gibst du uns neue Chancen, uns wieder zu öffnen – für Liebe, für Vertrauen, für neues Leben. Lass uns die Gelegenheit ergreifen, uns auszusprechen, uns Trost und Ermutigung zu holen. Gib, dass wir die Menschen an uns heranlassen, die uns helfen wollen. Und wenn wir selber deine Liebe spüren, dann mach aus uns auch liebevolle Menschen. Amen.

Vater unser

Wir singen zum Schluss das Lied 334, in dem sicherlich jeder etwas finden wird, wofür er dankbar sein kann – vielleicht sogar dafür, dass wir eine Traurigkeit wirklich fühlen können und in dieser Traurigkeit dann getröstet werden:

Danke für diesen guten Morgen
Abkündigungen

Nun geht hin mit Gottes Segen:

Gott, der Herr, segne euch, und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch Frieden. Amen.

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