Bild: Werkstattkirche Gießen

Hallo – wir stellen uns vor!

„Grüßen, das ist nicht nur einfach Hallo sagen“, sagt Pfarrer Tim Fink in der Predigt zur Vorstellung der Konfirmanden. „Es ist viel mehr. Ein Gruß ist eine Möglichkeit, sich auf ein Abenteuer einzulassen. Es ist die Chance, dass Fremde Freunde werden. Ein Gruß ist die Möglichkeit, die Welt zu verändern im ganz Kleinen, immer mehr und hoffentlich immer zum Guten.“

Logo der Aktion "Hallo Nordstadt - Netz"
Das Logo zur Grußkampagne „Hallo Nordstadt“ auf dem Gemeindebrief „Evangelisch in der Nordstadt“

Konfi-Gottesdienst am Sonntag Misericordias Domini, den 10. April 2016, um 10.00 Uhr in der evangelischen Thomasgemeinde Gießen
Orgelvorspiel
Begrüßung: Kirchenvorsteherin
Lied 209: Ich möcht’, dass einer mit mir geht
Einführung und Begrüßungsszenen der Konfis (mit Christoph Geist und Bärbel Weigand)

Wir sind ja alle schon von Frau Anders begrüßt worden. Aber weil die Gemeinden Pankratius, Paulus und Thomas gemeinsam mit der Werkstattkirche der Jugendwerkstatt gerade ein Projekt zum Grüßen vorbereiten, werden wir gleich noch einige Grüße und Begrüßungen erleben.

Die Konfis haben dazu einiges überlegt und vorbereitet:

So begrüßen sich Jugendliche heute:

Zwei Mädchen begegnen sich
Begrüßung mit einer Umarmung

Es gibt aber auch Begrüßungen durch Menschen mit besonders herausgehobener Funktion oder Stellung. Sie werden erkennen, wen … spielt.

Gruß mit jovialem Winken als Queen

Wer war das wohl?

Lehrerin steht vor der Klasse und fordert mit einer Geste zum Aufstehen auf

Wir haben bemerkt, wen … gespielt hat.

Jetzt noch eine besondere Begrüßung ohne Worte

La Ola (Gemeinde macht mit)

Aus dem Grüßen oder Begrüßen wird ja manchmal eine Begegnung. Den Konfis sind dazu ein paar spannungsvolle, aber durchaus realistische Begebenheiten eingefallen, die sie uns jetzt vorspielen:

Zwei Ex-Knackies begegnen einander
Schuldnerin, Gläubigerin und zufälliger Passant
Szene „Anfixen“
Lesung: Kirchenvorsteherin (Johannes 20, 19-23):

19 Am Abend aber dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger versammelt und die Türen verschlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat mitten unter sie und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch!

20 Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. Da wurden die Jünger froh, dass sie den Herrn sahen.

21 Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.

22 Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den heiligen Geist!

23 Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.

Lied: Wir wollen aufstehn
Konfi-Gedanken zur Grußkampagne „Hallo Nordstadt“ (moderiert von Pfarrer Helmut Schütz)

Liebe Gemeinde,

zur Vorbereitung auf diesen Gottesdienst haben unsere Konfis in ihren letzten beiden Konfi-Stunden auch noch zehn Fragen zur Grußkampagne beantwortet, die in diesem Frühjahr von der Werkstattkirche der Jugendwerkstatt und den evangelischen Kirchengemeinden Pankratius, Paulus und Thomas initiiert worden ist. Die Ergebnisse dieser Befragung stellen uns einige der Konfirmandinnen nun vor.

Die erste Frage lautete: Was löse ich aus, wenn ich einen mir unbekannten Menschen grüße?

Vor allem ältere Leute würden sich freuen.

Manche Menschen könnten aber auch irritiert reagieren.

Wenn der andere sich angegriffen fühlt, kann ich durch meinen Gruß evtl. auch Aggression auslösen.

Einen traurigen Menschen kann ich durch einen Gruß vielleicht zum Lächeln bringen.

Es könnte eine Möglichkeit zum Gespräch entstehen.

Vielleicht findet man dadurch sogar neue Freunde.

Nun kann es aber auch vorkommen, dass mein Gruß nicht erwidert wird. Was geht dann in mir vor?

Ich frage mich: Warum?

Ich fühle mich beleidigt.

Ich werde auch schon mal aggressiv.

Ich denke: Vielleicht fühlt er oder sie sich nicht gemeint.

Wenn es einer meiner Freunde ist, finde ich es manchmal witzig, manchmal auch unhöflich.

Eine dritte Frage war: Was bewirke ich, wenn ich einen Gruß nicht erwidere?

Dann wird der andere sauer.

Der fühlt sich gemobbt.

Dem ist das doch egal.

Viertens haben sich Konfis gefragt: Was denke ich, wenn mich ein Unbekannter auf der Straße grüßt?

Ich finde es komisch, wenn ein Obdachloser mich grüßt.

Es ist unangenehm, wenn es mit Betteln verbunden ist.

Manchmal denke ich mir gar nichts dann.

Wenn ich freundlich gegrüßt werde, dann antworte ich auch nett.

Wir kommen zur 5. Frage: Wie grüßt ihr euch eigentlich untereinander?

Wenn sich zwei Jungs begrüßen, sagen sie meistens „Hi“, „Hallo“ oder „Hey“.

Manche rufen auch „Hi five“ mit Abklatschen.

Auch Mädchen machen das so, und wenn wir eng miteinander befreundet sind, umarmen wir uns.

Wie Mädchen Jungs begrüßen und umgekehrt, das kann ganz unterschiedlich sein.

Als wir darüber sprachen, sagten die anwesenden Jungs: Sie begrüßen Mädchen mit „Hi“, „Hallo“ oder „Hey“ ohne Abklatschen.

Die Mädchen, die dabei waren, umarmen auch befreundete Jungs.

Manchmal geht das Umarmen der Mädchen auch von Jungs aus.

Einige wollen vielleicht auch mehr, als nur freundschaftlich zu grüßen.

Was bedeutet es denn, wenn man sich auf verschiedene Weise grüßt?

Man drückt dadurch mehr oder weniger Nähe aus.

Und wie grüßt ihr Erwachsene?

Mit Händeschütteln.

Wir sagen „Moin“ oder „Guten Tag“ usw.

Das ist für uns ein Zeichen des Respekts.

Weiter zur 6. Frage: Welche Gruß-Zeichen, -Gesten oder -Bewegungen kennt ihr? Teilweise habt ihr das bereits erwähnt:

High Five

Zwinkern

Aufstehen (in der Schule)

Umarmen

Begrüßungskuss

Handkombinationen zur Begrüßung

Händereichen

Winken

Anlächeln

Was sollen diese Zeichen, Gesten und Bewegungen jeweils ausdrücken?

Einerseits eine gewisse Nähe oder Verbundenheit.

Andererseits auch Respekt.

Die Frage Nr. 7 war: Was kann ein Gruß – auch unausgesprochen – mit ausdrücken?

Ich freue mich, dich wiederzusehen.

Ich habe ein gutes Gefühl, wenn ich dich sehe.

Schließlich haben die Konfis sich auch mit der Frage beschäftigt, woher das Grüßen wohl überhaupt kommt? Wie kann das Grüßen entstanden sein? Wo hat es wohl seinen Ursprung?

Früher gab es ja noch viel weniger Menschen, und sie trafen sich selten.

Da war das Grüßen vielleicht auch ein Zeichen für: „Ich habe keine Angst vor dir.“

Vorletzte Frage Nr. 9: Welche anderen Mittel und Wege gibt es neben der direkten Begegnung, Menschen einen Gruß zukommen zu lassen?

Wir verwenden dafür meistens so genannte Social Media, die meisten WhatsApp, einige Instagram.

Aber aus dem Urlaub verschicken oder kriegen wir auch Ansichtskarten.

Auch die Oma kriegt schon mal eine Postkarte von der Enkelin.

Briefe per Post werden geschrieben für Einladungen zu feierlichen Anlässen, zum Beispiel zur Konfirmation.

Eine von uns Konfirmandinnen sagte, dass sie Briefe an ihre Bank schreibt wegen ihrer Aktien.

Die 10. und letzte Frage war nicht ganz einfach zu beantworten: Was könnte wohl Gott mit dem Grüßen zu tun haben?

Bei den Antworten auf diese Frage habe ich – ich gebe es zu – den Konfis ein wenig geholfen.

Das Grüßen ist eine Form des Respekts, die Gott von uns erwartet.

Wenn Engel Botschaften zu den Menschen bringen, grüßen sie sie zuerst.

Auch in manchen Grußformeln kommt Gott vor.

In Süddeutschland grüßt man sich zum Beispiel mit „Grüezi“ oder „Grüß Gott“.

Das heißt eigentlich: „Grüß dich Gott“.

Damit wünscht man dem Begrüßten also etwas Gutes von Gott.

Und wenn man sich verabschiedet, sagt man oft einfach „Tschüss“.

Dieser Gruß kommt ursprünglich von „à Dios“.

Damit ist gemeint: „auf Gott“ oder „Geh mit Gott!“

So wünscht man dem, von dem man sich verabschiedet, Gottes Segen.

Vielen Dank, liebe Konfis, für eure Antworten und, liebe Konfirmandinnen, fürs Lesen!

Kurzpredigt (Pfarrer Tim Fink)

Liebe Gemeinde!

Mit unseren Konfirmandinnen und Konfirmanden haben wir uns – in den letzten Unterrichtsstunden – intensiv mit dem Thema „Grüßen“ beschäftigt. Wie soeben gehört, haben wir uns damit auseinandergesetzt, was Grüßen bei uns und bei anderen bewirken kann. Wir haben auch darüber nachgedacht, was das in uns für Gefühle auslöst. Schnell haben wir festgestellt, dass ein Gruß uns oft gut tut. Wir haben aber auch gemerkt, dass manchmal ein Gruß alles andere als wohltuend sein kann.

Grüßen, so haben die Konfirmandinnen und Konfirmanden gelernt, ist Begegnung. Es ist ein Aufeinander-zu-Gehen. Wer grüßt, nimmt den Anderen wahr. Wenn ich jemanden auf der Straße grüße, dann erkenne ich ihn als mein Gegenüber an. Ich muss dafür die Person, die ich grüße, noch nicht einmal kennen.

Meist ist das sogar die spannendste Form des Grüßens. Ich werde mutig und spreche jemanden an und kann nicht absehen, wie er oder sie reagieren wird. Da schießen dann die verschiedensten Gedanken durch den Kopf. Wird er mich freundlich zurück grüßen? Wird der oder die Andere irritiert reagieren? Wird die Person mich vielleicht sogar anfeinden? All diese Reaktionen kennen wir. Wir haben sie selbst schon erlebt. Auf beiden Seiten des Grüßens. Als Grüßende und Begrüßte. In den Gruppengesprächen hatten unsere Konfirmandinnen und Konfirmanden eindrücklich davon erzählt. Was sie schon alles erlebt haben. Da gab es Erzählungen von tollen Begegnungen, aber auch Erlebnisse, die verunsichert haben.

Noch größer muss die Unsicherheit vor vielen tausend Jahren gewesen sein, als die Menschen noch keine festen Behausungen hatten, sondern als Nomaden in Zelten lebten. Nie konnten sie sich sicher sein, ob die Fremden, die in die Nähe des Zelts kamen Freunde oder Feinde waren. Sie mussten immer auf alles gefasst sein. Vielleicht kommt es daher, dass in vielen alten Sprachen das Grußwort gleichzeitig ein Segenswort und ein Friedensversprechen ist. Im Hebräischen ist es das Wort Schalom. Was man mit „Frieden“ oder „Friede sei mit dir“ ganz grob übersetzen kann.

Der Gruß war damals also zeitgleich ein Hinweis an den Fremden, dass ich keinen Streit mit ihm haben will. Ganz im Gegenteil: die Leute wollten beim Grüßen den Fremden als Freund gewinnen. So behandelten sie damals die Fremden, die sie grüßten, wie wahre Könige. Sie wuschen ihnen die Füße, sie luden sie ins Zelt ein. Sie aßen miteinander und tauschten den neuesten Klatsch und Tratsch aus. Eindrücklich wird dies aus meiner Sicht in der biblischen Geschichte der drei Männer in Mamre wiedergegeben (Genesis 18).

1 Und der HERR erschien ihm [Abraham] im Hain Mamre, während er an der Tür seines Zeltes saß, als der Tag am heißesten war.

2 Und als er seine Augen aufhob und sah, siehe, da standen drei Männer vor ihm. Und als er sie sah, lief er ihnen entgegen von der Tür seines Zeltes und neigte sich zur Erde

3 und sprach: Herr, hab ich Gnade gefunden vor deinen Augen, so geh nicht an deinem Knecht vorüber.

4 Man soll euch ein wenig Wasser bringen, eure Füße zu waschen, und lasst euch nieder unter dem Baum.

5 Und ich will euch einen Bissen Brot bringen, dass ihr euer Herz labt; danach mögt ihr weiterziehen. Denn darum seid ihr bei eurem Knecht vorübergekommen. Sie sprachen: Tu, wie du gesagt hast.

6 Abraham eilte in das Zelt zu Sara und sprach: Eile und menge drei Maß feinstes Mehl, knete und backe Kuchen.

7 Er aber lief zu den Rindern und holte ein zartes, gutes Kalb und gab‘s dem Knechte; der eilte und bereitete es zu.

8 Und er trug Butter und Milch auf und von dem Kalbe, das er zubereitet hatte, und setzte es ihnen vor und blieb stehen vor ihnen unter dem Baum und sie aßen.

Abraham betreibt hier ganz schön viel Aufwand für drei Fremde, die ihm begegnen. Selbst ein teures Zuchtvieh schlachtet er, um bei den drei Fremden einen guten und friedlichen Eindruck zu hinterlassen. Er betrachtet diese drei fremden Männer als Boten Gottes, die ihm Gutes bringen würden, wenn er ihnen auch Gutes gegenüberbrächte. Gesegnet sei, wer mit Herzen grüßt, um Fremde zu Freunden zu machen.

Aber nicht nur die gute Seite des Grüßens haben wir mit den Konfirmandinnen und Konfirmanden besprochen. Auch die dunkle Seite des Grüßens wurde nicht vergessen. Schnell kamen wir an den Punkt, wo wir bei Arten und Möglichkeiten zu Grüßen auf den sogenannten „deutschen Gruß“ kamen. Eine aus meiner Sicht elendige Perversion eines Grußes. Es war eine Art zu grüßen, die keinen Frieden, sondern nur Leid brachte, weil sie nur bestimmten Menschen vorbehalten war. Andere wurden unter diesem Gruß unterdrückt. Dies kam nicht von der Form des Grußes her, sondern daher, was dieser Gruß vermitteln sollte. Einen Anspruch, etwas Besseres zu sein. Auserwählt zu sein, nur weil das Geburtsglück einem dies zugespielt hat. Dieser Gruß vermittelte Hass und Abscheu gegen Menschen, die anders waren. Wir können Gott dafür danken, dass diese Botschaft des Grußes nicht mehr die Mehrheitsmeinung ist und wir müssen Gott dafür bitten, dass sie es nicht wieder wird.

In den Gesprächen kamen wir dann aber auch noch schnell auf einen Gruß, der wohl einer der schönsten ist. Der „überraschende Gruß“. Ein Gruß, mit dem ich nicht rechne. Der überraschend von hinten angeschlichen kommt, wenn ich im Supermarkt gerade nach den fehlenden Centstücken suche oder ganz gedankenvergessen im Seltersweg die Schaufenster begucke. Ein Gruß und auf einmal die Erkenntnis, dass da ein Freund oder eine Freundin ist, die ich schon lange nicht mehr gesehen habe. Das ist ein Gruß, der angenehm wie ein lauwarmer Sommerregen die Seele erfrischen kann. Glücklich kann sich derjenige schätzen, der so etwas erlebt.

Wir merken, Grüßen, das ist nicht nur einfach Hallo sagen. Es ist viel mehr. Ein Gruß ist eine Möglichkeit, sich auf ein Abenteuer einzulassen. Es ist die Chance, dass Fremde Freunde werden. Ein Gruß ist die Möglichkeit, die Welt zu verändern im ganz Kleinen, immer mehr und hoffentlich immer zum Guten. Wäre es von daher nicht schön, wenn wir uns auf der Straße immer wieder freundlich grüßend begegnen würden und einfach schauen, wie wir vielleicht angenehm überrascht werden, wenn ein „Friede sei mit dir“ durch ein „Hallo“ uns entgegengebracht wird?

Für mich ist das eine wunderbare Vision für unsere Nordstadt. Eine Nordstadt, die sich grüßt, die füreinander da ist und in der verschiedene politische Meinungen und kulturelle Unterschiede nicht trennend, sondern gegenseitig friedlich bereichernd sind. Amen!

Lied 628: Herr, gib mir Mut zum Brückenbauen
Fürbitten (Konfirmandinnen und Konfirmanden mit Pfarrer Tim Fink)
Vater unser
Lied 334: Danke für diesen guten Morgen
Abkündigungen: Kirchenvorsteherin
Zur Grußkampagne (Pfarrer Christoph Geist)
Drei Konfirmandinnen verteilen von ihnen gefertigte Buttons an die Gemeinde.
Segen
Orgelnachspiel

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