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Das Vaterunser verstehen

Gottes Reich, Gottes Wille, Gottes Name setzen sich nicht widerstandslos durch in unserer Welt. Wir selbst sind nicht immer bereit zu teilen, fair zu streiten, zufrieden zu sein, mit dem, was Gott uns zugedacht hat. Wir bitten den Vater, dass wir nicht erdrückt werden von den Folgen unserer Fehler.

Ein roter Apfel, auf dem das Vaterunser auf Englisch draufsteht
Das englische Vaterunser auf einem roten Apfel (Bild: Richard BrownPixabay)

#predigtGottesdienst am Sonntag Rogate, 5. Mai 2013, um 10.00 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Ich begrüße alle mit dem Bibelvers für den heutigen Sonntag Rogate aus dem Psalm 66, 22:

Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet!

Während wir hier in der Pauluskirche Gießen unseren Gottesdienst feiern, geht in Hamburg der Deutsche Evangelische Kirchentag ebenfalls mit einem Gottesdienst zu Ende, an dem allerdings ein paar Tausend mehr Menschen teilnehmen. Herr Pfarrer Schütz hat sich für diesen Gottesdienst vom Motto des Kirchentages – „Soviel du brauchst“ – inspirieren lassen und wird in der Predigt das Vaterunser auslegen.

Lied 371, 1+7-9:

1. Gib dich zufrieden und sei stille in dem Gotte deines Lebens! In ihm ruht aller Freuden Fülle, ohn ihn mühst du dich vergebens; er ist dein Quell und deine Sonne, scheint täglich hell zu deiner Wonne. Gib dich zufrieden!

7. Was sorgst du für dein armes Leben, wie du’s halten wollst und nähren? Der dir das Leben hat gegeben, wird auch Unterhalt bescheren. Er hat ein Hand, voll aller Gaben, da See und Land sich muss von laben. Gib dich zufrieden!

8. Der allen Vöglein in den Wäldern ihr bescheidnes Körnlein weiset, der Schaf und Rinder in den Feldern alle Tage tränkt und speiset, der wird viel mehr dich einz’gen füllen und dein Begehr und Notdurft stillen. Gib dich zufrieden!

9. Sprich nicht: »Ich sehe keine Mittel, wo ich such, ist nichts zum besten.« Denn das ist Gottes Ehrentitel: helfen, wenn die Not am größten. Wenn ich und du ihn nicht mehr spüren, tritt er herzu, uns wohl zu führen. Gib dich zufrieden!

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. „Amen.“

Ein Lied vom Zufriedensein haben wir gesungen. Wir können so singen, wenn wir wissen, dass Gott für uns sorgt. Gott hat uns geschaffen, er sorgt auch dafür, dass wir unseren Unterhalt bekommen, er hilft in Notzeiten, er gibt, soviel wir brauchen. Wenn das so ist, können wir dankbar sein!

Kommt, lasst uns Gott anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Aber ist wirklich für jeden gesorgt? Was ist mit Jugendlichen, die keine Lehrstelle finden? Was ist mit der alleinerziehenden Mutter, die sich und ihr Kind mit schlechtbezahlten Teilzeitjobs über Wasser hält? Wie kann ein Mensch zufrieden sein, der sich in seiner Arbeit ständig überlastet fühlt oder auch der, der beim besten Willen keine Arbeitsstelle mehr findet?

Gott, du bist gerecht, so steht es in der Bibel. Du willst nicht, dass Menschen stillhalten, wenn sie ungerecht behandelt werden. Du willst nicht, dass jemand nur so tut, als sei er zufrieden. Darum beten wir zu dir um dein Erbarmen, wir wünschen uns, dass du uns mit dem ernst nimmst, was wir brauchen, wonach wir uns sehnen. Und wir dürfen dich auch um Orientierung bitten, wenn wir gar nicht genau wissen, was uns gut tut, wann wir genug haben, wenn wir verlernt haben, zufrieden zu sein, weil die Werbung uns beibringt, immer mehr haben zu müssen. Ja, Gott, wir rufen zu dir, weil wir dein Erbarmen brauchen:

Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

Danken können wir dem Gott, der eine Welt will, in der alle genug haben, in der niemand hungern muss, in der Chancen gerecht geteilt werden. Danken können wir dem Gott, der sein Reich der Gerechtigkeit und des Friedens mitten unter uns entstehen lassen will. Danken können wir dem Gott, der unsere Hilfe in Anspruch nehmen will, damit sein Reich auch wirklich wächst, Schritt für Schritt.

Lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist groß Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende.

Der Herr sei mit euch! „Und mit deinem Geist!“

Gerechter und barmherziger Gott, lass uns lernen, zufrieden zu sein, wenn wir haben, was wir brauchen. Lass uns lernen, zu teilen, was wir haben, damit nicht nur wir zufrieden sein können. Lass uns lernen, an deinem Reich zu bauen. Darum bitten wir dich im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Wir hören die Schriftlesung aus dem Evangelium nach Matthäus 6, 5-15. Jesus Christus spricht:

5 Wenn ihr betet, sollt ihr nicht sein wie die Heuchler, die gern in den Synagogen und an den Straßenecken stehen und beten, damit sie von den Leuten gesehen werden. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt.

6 Wenn du aber betest, so geh in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten.

7 Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört, wenn sie viele Worte machen.

8 Darum sollt ihr ihnen nicht gleichen. Denn euer Vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet.

9 Darum sollt ihr so beten: Unser Vater im Himmel! Dein Name werde geheiligt.

10 Dein Reich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.

11 Unser tägliches Brot gib uns heute.

12 Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

13 Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.

14 Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, so wird euch euer himmlischer Vater auch vergeben.

15 Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben.

Herr, dein Wort ist unseres Fußes Leuchte und ein Licht auf unserem Wege. Halleluja. „Halleluja, Halleluja, Halleluja!“

Glaubensbekenntnis

Wie gesagt, gleich predige ich über das Vaterunser. Es gibt ein ausführliches Lied zum Vaterunser, das Martin Luther gedichtet hat, das Lied 344, davon singen wir vor der Predigt die ersten fünf Strophen:

1. Vater unser im Himmelreich, der du uns alle heißest gleich Brüder sein und dich rufen an und willst das Beten von uns han: gib, dass nicht bet allein der Mund, hilf, dass es geh von Herzensgrund.

2. Geheiligt werd der Name dein, dein Wort bei uns hilf halten rein, dass auch wir leben heiliglich, nach deinem Namen würdiglich. Behüt uns, Herr, vor falscher Lehr, das arm verführet Volk bekehr.

3. Es komm dein Reich zu dieser Zeit und dort hernach in Ewigkeit. Der Heilig Geist uns wohne bei mit seinen Gaben mancherlei; des Satans Zorn und groß Gewalt zerbrich, vor ihm dein Kirch erhalt.

4. Dein Will gescheh, Herr Gott, zugleich auf Erden wie im Himmelreich. Gib uns Geduld in Leidenszeit, gehorsam sein in Lieb und Leid; wehr und steu’r allem Fleisch und Blut, das wider deinen Willen tut.

5. Gib uns heut unser täglich Brot und was man b’darf zur Leibesnot; behüt uns, Herr, vor Unfried, Streit, vor Seuchen und vor teurer Zeit, dass wir in gutem Frieden stehn, der Sorg und Geizens müßig gehn.

Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Liebe Gemeinde,

wir haben den heutigen Predigttext bereits gehört. Es ist das Vaterunser. Wir beten es in jedem Gottesdienst. Es ist das erste Lernstück, das unsere Konfis auswendig lernen. Und doch habe ich, wenn ich richtig nachgeschaut habe, in meinen ganzen Vikars- und Pfarrerjahren seit 1977 noch nie über das Vaterunser gepredigt.

Die meisten von uns haben das Vaterunser schon unzählige Male gebetet. Hin und wieder kommt es vor, dass es mir plötzlich so fremd vorkommt, als hätte ich es nie verstanden, als sei es ein völlig neuer Text für mich.

Ich beginne mit meiner genaueren Betrachtung in der Mitte des Vaterunsers. Sieben Bitten hat das Vaterunser, und die mittlere Bitte, die vierte, lautet (Matthäus 6):

11 Unser tägliches Brot gib uns heute.

Letztes Jahr las ich im Internet eine Bemerkung von Ulrich Strunz, den manche für einen Fitness- und Ernährungspapst halten und der sich dafür einsetzt, dass die Menschen nicht zu viele Kohlenhydrate essen. Er meinte:

„Diese Bitte im Vaterunser ist falsch übersetzt. Da steht nicht Brot.“

Ich mailte ihm, wie er darauf käme, denn das griechische Wort „artos“ heißt nach meinem Lexikon eben doch „Brot“. Er mailte mir zurück:

„Tatsächlich mag einem altgriechischen Bauern bei dem Wort Artos vor dem geistigen Auge ein Fladenbrot erschienen sein. Und dem heutigen Schulkind eine Scheibe Vollkornbrot. Aber dem Eskimo doch wohl zwangsläufig ein Stück Robbe. Der kennt kein Brot. Und einem Mexikaner Tapioka, einem Indianer Büffelfleisch und einem Pygmäen ein paar fette Maden.“

Damit hat er Recht. Ich habe übrigens dann noch einmal im Griechisch-Lexikon nachgeschaut, und da fand ich: „Artos“ stammt von einem Wort, das „zubereiten“ heißt, wörtlich meint es also „das Zubereitete“, die „Speise“.

Das Vaterunser werden wir trotzdem nicht ändern. Aber wir sollten uns bewusst machen, dass mit „Brot“ im Vaterunser jedenfalls nicht nur dieses ganz bestimmte Lebensmittel gemeint ist, sondern alles, was wir zum Leben brauchen: Nahrung, die uns satt macht und gesund erhält, sauberes Wasser und gute Luft, Wohnung und Kleidung, und nicht zuletzt Anerkennung, Respekt, Freundschaft und Liebe.

Es gibt ja auch die Aktion „Brot für die Welt“ von unserer evangelischen Kirche, in der es genau darum geht, dass alle Menschen auf der Welt genug zum Leben haben, auch die Menschen in den ärmeren Ländern. Die Aktion „Brot für die Welt“ schickt also nicht buchstäblich Brote nach Afrika oder Südamerika, sondern sie setzt sich zum Beispiel dafür ein, dass Straßenkinder eine Ausbildung bekommen; unsere letztjährigen Konfis haben solche Aktionen unterstützt. „Brot für die Welt“ versucht auch dagegen einzuschreiten, wenn armen Bauern ihr Land geraubt wird, damit reiche Grundbesitzer und Konzerne noch mehr verdienen.

Wir merken vielleicht: Es ist kein Zufall, dass wir um „unser“ Brot bitten, nicht um „mein“ Brot. Gott will, dass alle Menschen genug zum Leben haben, und das hängt damit zusammen, wie wir diesen Gott anreden dürfen: Er ist zwar im Himmel, also unsichtbar, aber trotzdem will er „unser Vater“ sein. Wir dürfen uns alle wie Kinder Gottes fühlen, der es gut mit uns meint, der uns wie eine Mutter tröstet und wie ein Vater für uns sorgt.

Und warum leitet uns Jesus an, bewusst um unser „tägliches“ Brot zu bitten? Das Wort, das da im Griechischen steht, ist sehr selten, man weiß gar nicht, was es genau bedeutet, am wahrscheinlichsten ist die Übersetzung das „notwendige“ Brot. Jesus will nicht, dass wir um Luxus bitten, also um mehr, als wir brauchen. Oh Mann, Jesus, dein Gebet hat es wirklich in sich, es fordert uns heraus, Wege zu finden, wie alle Menschen auf dieser Welt satt und glücklich werden können, wie wir lernen können, zu teilen, wie wir spüren können, wie viel wir selber und andere eigentlich brauchen, um glücklich zu sein.

Wenn wir das Vaterunser ernstnehmen, dann zeigt es uns Möglichkeiten, wie wir auf diesem Weg gehen können. Jesus führt uns ja zur vierten Bitte hin, indem er uns zunächst drei Bitten an Gott richten lässt, die sich scheinbar nur um Gott selber drehen:

Dein Name werde geheiligt.

10 Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.

Drei Mal bitten wir, dass etwas mit Gott geschieht. Es geht um seinen Namen. Der soll nicht in den Dreck gezogen werden. Es geht um sein Reich, das kommen soll. Und es geht um seinen Willen. Der soll nicht nur im Himmel, sondern auch bei uns auf der Erde geschehen.

Warum geht es hier nur um Gott und nicht um uns? Er will Respekt, er will herrschen, er will seinen Willen durchsetzen, basta!

Aber so missverstehen wir Jesus und sein Vaterunser gründlich. Denn was ist denn Gottes Name? Wie sieht sein Reich aus? Was will Gott wirklich?

Als Mose Gott einmal fragt: „Wie heißt du?“, da sagt Gott (2. Buch Mose – Exodus 3, 14):

Ich werde sein, der ich sein werde.

Diese Übersetzung ist nur annäherungsweise richtig. Man kann den Namen Gottes auch so verstehen: „Ich bin, der ich bin. Ich bin für euch da. Ich bin der Gott, der euch in die Freiheit führt.“ Das ist Gottes Name. Dieser Name bedeutet: Gott will, dass wir frei sind, dass wir einander gerecht behandeln, dass wir im Frieden leben, dass wir Liebe erfahren.

Mit all dem ist schon das Reich und der Wille Gottes beschrieben. Gottes Reich wächst dort, wo Menschen sich auf Gott einlassen, der die Freiheit und ein zufriedenes Leben aller Menschen will. Eine gerechte und friedliche Welt müssen wir nicht allein auf uns gestellt schaffen, sondern wir bitten Gott darum, dass er uns diese Welt sozusagen entgegen sendet. Sein Reich kommt, sein Wille geschieht schon im Himmel, sein Name steht dafür, dass Gott Partei für die Menschen ergreift, die unten sind, die ihn besonders brauchen. Und wir lassen uns mit Jesu Gebet darauf ein. Wir sind offen für Gottes Reich, offen für seinen guten Willen, offen für den befreienden Namen Gottes.

Aber nun setzt sich Gottes Reich, Gottes Wille, Gottes Name nicht widerstandslos in unserer Welt durch. Wir selbst sind nicht immer bereit zu teilen, beharren auf unserem Recht, statt fair zu streiten, wollen immer mehr, statt mit dem zufrieden zu sein, was Gott uns zugedacht hat. Da kommen die letzten drei Bitten des Vaterunser ins Spiel. In ihnen dreht sich alles um „uns“: um unsere Schuld, um Versuchungen, denen wir ausgesetzt sind, um das Böse, das uns bedroht, weil wir uns in dieses Böse selber hinein verstricken lassen. Wir bitten Gott, dass er uns unsere Schuldigkeiten erlässt, dass wir nicht erdrückt werden von den Folgen der Fehler, die wir gemacht haben:

12 Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Diese Bitte um Barmherzigkeit setzt voraus, dass wir auch barmherzig waren mit denen, die uns Böses getan haben. Wörtlich steht da „wie auch wir vergaben“. Mit dieser Vergebungsbereitschaft wird keineswegs Schuld verharmlost. Jesus will aber, dass wir dem, der uns Böses tut, nicht auch Böses wünschen oder ihm gar Böses antun. Das Böse, das ein anderer uns antut, soll uns nicht selber infizieren, so dass wir so ähnlich handeln wie dieser Täter.

Aber warum richten wir Gott die nächste Bitte?

13 Und führe uns nicht in Versuchung.

Am vorletzten Samstag, bei der ökumenischen Wallfahrt auf den Christenberg, unterhielten wir uns darüber, ob der barmherzige Gott uns überhaupt in Versuchung führen wollen kann. Wir erinnerten uns dann an Hiob. In seinem Fall hat Gott es zugelassen, dass Satan ihn in Versuchung führt. Und mir kam der Gedanke: Vielleicht will Jesus es uns erlauben, von Gott auch einmal schlecht zu denken. „Mag sein, dass ihr denkt, Gott selber führt euch in Versuchung. Vielleicht denkt ihr oft: Gott ist ungerecht. Hiob hat das auch gedacht, und Gott fand, Hiob tat damit nichts Unrechtes. Also – egal ob tatsächlich Gott selbst uns in Versuchung führt oder nicht – bittet ihn ruhig darum, dass er das nicht tun soll. Ihr braucht jedenfalls Kraft, um Versuchungen zu widerstehen, egal woher sie kommen. Damit bewältigt ihr die Seite des Bösen, für die ihr verantwortlich seid.“

Jesus leitet uns aber auch dazu an, vom dem Bösen befreit zu werden, an dem wir nicht selber schuld sind:

Sondern erlöse uns von dem Bösen.

Früher stand hier im Vaterunser das Wort „Übel“. Gemeint ist alles Böse, alles, was von Übel ist, egal ob es von Menschen verschuldet ist oder ob uns „höhere Gewalt“ trifft. Ja, wir dürfen Gott auch darum bitten, dass er etwas Böses von uns nimmt, das wir als Strafe von ihm empfinden, sei es als gerechte oder auch ungerechte Strafe. Letzten Endes will Gott für uns das Gute, und auch seine Strafen sollen unser Leben zum Guten wenden.

Damit endet im Evangelium das Vaterunser. Später wurde noch der Schluss angefügt, der heute zu jedem Vaterunser dazugehört:

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Hier bekräftigen wird noch einmal, dass das gute Reich der Barmherzigkeit, Gerechtigkeit, des Friedens, der Liebe, nicht auf unserem eigenen Mist allein gedeihen kann, sondern alle Rechte an diesem Reich gehören Gott.

Er hat die Kraft, die Macht, die Power, es durchzusetzen, indem er uns Menschen dazu bewegt, es aufzubauen.

Schließlich gehört ihm die Herrlichkeit, damit ist die ganze Wucht gemeint, mit der sich Gott und seine Liebe gegen alles Böse dieser Welt durchsetzt, auch wenn es scheinbar gar nicht danach aussieht.

Aber Gott hat langen Atem. Das meint das Wort Ewigkeit. Gott überblickt alle Zeit der ganzen Welt, die Lebenszeit aller Menschen bewahrt er sorgsam auf, und so ist mit unserer kurzen Lebenszeit hier auf der Erde längst nicht alles aus, was Gott mit uns vorhat.

Dazu kann man am Ende des Jesusgebets von Herzen „Amen“ sagen, denn dieses Wort heißt auf Deutsch: „So soll es sein!“ Amen.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.
Lied 344, 6-9:

6. All unsre Schuld vergib uns, Herr, dass sie uns nicht betrübe mehr, wie wir auch unsern Schuldigern ihr Schuld und Fehl vergeben gern. Zu dienen mach uns all bereit in rechter Lieb und Einigkeit.

7. Führ uns, Herr, in Versuchung nicht, wenn uns der böse Geist anficht; zur linken und zur rechten Hand hilf uns tun starken Widerstand im Glauben fest und wohlgerüst‘ und durch des Heilgen Geistes Trost.

8. Von allem Übel uns erlös; es sind die Zeit und Tage bös. Erlös uns vom ewigen Tod und tröst uns in der letzten Not. Bescher uns auch ein seligs End, nimm unsre Seel in deine Händ.

9. Amen, das ist: es werde wahr. Stärk unsern Glauben immerdar, auf dass wir ja nicht zweifeln dran, was wir hiermit gebeten han auf dein Wort, in dem Namen dein. So sprechen wir das Amen fein.

Fürbitten

Was wir außerdem auf dem Herzen haben, vertrauen wir dir, Gott, in der Stille an.

Stille und Vater unser
Lied 640: Lass uns den Weg der Gerechtigkeit gehn
Abkündigungen

Geht mit Gottes Segen:

Der Herr segne euch und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

Ein Kommentar zu „Das Vaterunser verstehen“

  1. Ein sehr schöner Gottesdienst. Ich suche allerdings einen Gottesdienst für ca. 30 Minuten für das Pflegeheim. Mach alles ehrenamtlich und würde gerne mal das Vater unser etwas näher beleuchten und gleichzeitig auch die lieben Verstorbenen gedenken, da der Gottesdienst im November ist. Ob sie mir etwas helfen können

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