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Lust am Herrn

Man kann niemandem sagen: „Nun hab doch mal Lust!“ Die Lust kommt von selber oder ist einfach nicht da. Auch Glaube als lästige Pflicht, Kirchgang als Zwang, ist ein Widerspruch in sich selbst. Glaube hat zu tun mit einer Lust an Gott, mit einer Sehnsucht danach, gehalten zu werden, geborgen zu sein, den richtigen Weg für sein Leben zu finden.

Zwei Kinder werfen vor dem Sonnenuntergang die Arme in die Höhe
Zwei Jungs freuen sich über den Sonnenuntergang (Bild: lumix2004Pixabay)

#predigtKonfirmationsgottesdienst am Sonntag Palmarum, den 19. März 1989, um 14.00 Uhr in Heuchelheim/Wetterau

Im Konfirmationsgottesdienst am Palmsonntag 1989 begrüße ich vor allem erst einmal Euch, liebe Konfirmandinnen und liebe Konfirmanden. Wir haben uns eine ganze Zeitlang nicht gesehen, das ist ungewöhnlich für einen Konfirmationsgottesdienst – sonst ist es in vielen Fällen erst nach der Konfirmation so, dass ein Pfarrer seine bisherigen Konfirmanden kaum noch zu Gesicht bekommt… Wie dem auch sei, ich bin aus Alzey noch einmal zurückgekommen, um euch zu „konfirmieren“. „Konfirmieren“ heißt wörtlich „festmachen“. Das heißt: ich möchte ein wenig dazu beitragen, dass ihr euer Leben fest in Gott verankert. Mit eurer Konfirmation soll nicht eure Beziehung zu Gott und Jesus und zur Kirche vorbei sein, sondern eure Sache mit Gott fängt nun eigentlich erst richtig an. Gott kann euch Halt geben, ihr müsst ihn nur an euch heranlassen. Gott kann euch innerlich fest und stark machen, da habt ihr es eigentlich nie mehr nötig, den starken Mann, die starke Frau nur zu spielen. Ihr braucht nicht den coolen Typ herauszukehren, auch wenn es in euch ganz anders aussieht.

Mit der Konfirmandengruppe seien auch Sie herzlich willkommen, liebe Eltern und Paten, Verwandte und Freunde der Konfirmanden, und liebe Gemeinde! In Ihrer Mitte werden heute die Konfirmanden zu selbständigen, eigenverantwortlichen, mündigen Gliedern der Gemeinde erklärt. Darum ist Konfirmation ein feierlicher Anlass, und wir haben Grund, Gott zu loben. Wir beginnen darum diesen Gottesdienst mit einem Loblied – „Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren!“

Lied 234, 1-3:

Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren, meine geliebete Seele, das ist mein Begehren. Kommet zuhauf, Psalter und Harfe, wacht auf, lasset den Lobgesang hören!

Lobe den Herren, der alles so herrlich regieret, der dich auf Adelers Fittichen sicher geführet, der dich erhält, wie es dir selber gefällt; hast du nicht dieses verspüret?

Lobe den Herren, der künstlich und fein dich bereitet der dir Gesundheit verliehen, dich freundlich geleitet. In wieviel Not hat nicht der gnädige Gott über dir Flügel gebreitet.

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. „Amen.“

Gott ist unser Halt im Leben und im Sterben, auch wenn er schwach erscheint, nicht zu sehen ist. Manchmal brauchen wir Gott, manchmal braucht Gott uns – aber nie lässt er uns allein. Wir haben Grund, ihm jeden Tag zu danken.

Kommt, lasst uns anbeten! „Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem heiligen Geiste, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Wir beten mit den Worten eines modernen Psalms, eines Psalms für Konfirmanden:

Manchmal kann ich nicht genug kriegen…
Und manchmal, vielleicht heute in diesem Gottesdienst, höre ich eine Stimme…
Darin entdeck ich etwas von dir, mein Gott…

Wird es heute so sein? Lässt Du Dich entdecken? Werden wir aufmerksam sein auf das, was Du uns sagen willst, trotz all der Aufregung, in all der ungewohnten Feierlichkeit, trotz mancher Gefühle, die nicht hierher zu passen scheinen? Wir bitten Dich darum, sei uns heute nahe, nimm uns an mit allem, was uns bewegt! Darum bitten wir dich im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Unsere Wünsche an Gott

Die Konfirmanden von Reichelsheim und Heuchelheim haben sich einmal ein paar Gedanken darüber gemacht, was sie sich eigentlich von Gott wünschen. Wir hören ihre Texte, wobei allerdings nicht jeder seinen eigenen Text vorliest, und erfahren dabei etwas über den Glauben dieser beiden Konfirmandengruppen drüben und hier. Dabei habe ich die Stellungnahmen aus beiden Orten bunt gemischt.

Wir sollten die Frage beantworten: „Was wünsche ich mir von Gott? Oder: Was kann ich von Gott erwarten?“ Darauf gab es folgende Antworten:

»Ich erhoffe von ihm, dass er mir hilft, wenn ich ihn bitte, dass er mich beschützt. Außerdem erhoffe ich, dass er meinen Geschwistern, Eltern, Großeltern und Verwandten hilft.«

»Dass er mich beschützt und auf mich aufpasst, wenn ich woanders bin und keinen habe.«

»Dass er wie ein Familienmitglied für mich ist.«

»Dass er mir in gefährlichen Situationen hilft.«

»Ich denke eben, dass er mir hilft, eine gute Arbeit zu schreiben.«

»Ich erhoffe nur, dass meine Familie gesund bleibt.«

»Ich erhoffe von Gott, dass er mir, wenn ich in Not bin, hilft und mich beschützt.«

»Von Gott erwarte ich, dass er der Beschützer der Menschen ist und sie vor schrecklichen Sachen bewahrt, z. B. vor Naturkatastrophen.«

»Von Gott erwarte ich Trost, Geborgenheit. Manchmal bete ich, dass er mir in bestimmten Situationen hilft, wenn ich einmal nicht mehr weiter weiß.«

»Ich erwarte von Gott alles mögliche. Geborgenheit, Hilfe.«

»Ich erwarte von Gott sozusagen nichts, weil er eh immer bei mir ist. Na ja, vielleicht erwarte ich von Gott, dass er z. B. den Robben hilft.«

»Ich erhoffe von Gott, dass er die Welt doch wenigstens etwas verbessern soll. Wir sollen zwar selber die Welt verbessern, aber wir können es wohl nicht so gut. Er sollte uns unterstützen.«

»Ich erhoffe mir, dass Gott uns hilft. Aber er kann nicht allen Menschen helfen, weil jeder einen anderen Wunsch hat. Gott soll die Menschen nicht grausam sterben lassen.«

»Ich hoffe, dass Gott mich beschützt und auf dem rechten Weg durchs Leben führt.«

»Dass er mir hilft, mich beschützt, Vertrauen zu mir hat, dass ich ihm alles erzählen kann.«

»Ich erhoffe mir von Gott, in den Himmel zu kommen.«

Das sind Wünsche und Erwartungen an Gott, wie unsere Konfirmandengruppen sie im vergangenen November formuliert haben. Vielleicht hat sich seitdem manches in eurer Einstellung verändert, aber wir lassen das mal als Momentaufnahme aus eurem Gruppenleben so stehen. Da gibt es ein eher kindlich geprägtes Denken und manche sehr erwachsenen Gedankengänge. Da gibt es ausgeprägtes Vertrauen zu Gott, aber auch tiefen Zweifel daran, ob Gott auch alle Wünsche erfüllen kann.

Als Bibeltext hören wir nun Psalm 37, 1-6, die auch von Gott und unseren Wünschen handeln:

1 Entrüste dich nicht über die Bösen, sei nicht neidisch auf die Übeltäter.

2 Denn wie das Gras werden sie bald verdorren, und wie das grüne Kraut werden sie verwelken.

3 Hoffe auf den HERRN und tu Gutes, bleibe im Lande und nähre dich redlich.

4 Habe deine Lust am HERRN; der wird dir geben, was dein Herz wünscht.

5 Befiehl dem HERRN deine Wege und hoffe auf ihn, er wird’s wohl machen

6 und wird deine Gerechtigkeit heraufführen wie das Licht und dein Recht wie den Mittag.

Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren. Halleluja! „Halleluja, Halleluja, Halleluja!“

Nun kommt vor der Predigt das Lied 127, 1-3:

Liebster Jesu, wir sind hier, dich und dein Wort anzuhören; lenke Sinnen und Begier auf die süßen Himmelslehren, dass die Herzen von der Erden ganz zu dir gezogen werden.

Unser Wissen und Verstand ist mit Finsternis verhüllet, wo nicht deines Geistes Hand uns mit hellem Licht erfüllet; Gutes denken, tun und dichten musst du selbst in uns verrichten.

O du Glanz der Herrlichkeit, Licht vom Licht, aus Gott geboren: mach uns allesamt bereit, öffne Herzen, Mund und Ohren; unser Bitten, Flehn und Singen lass, Herr Jesu, wohl gelingen.

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Zur Predigt hören wir noch einmal Psalm 37, 4:

Habe deine Lust am HERRN; der wird dir geben, was dein Herz wünscht.

Liebe Gemeinde, vor allem liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden!

Als ihr eure Wünsche an Gott aufgeschrieben habt, da gab es die unterschiedlichsten Antworten. Von „gar naut“ bis „alles mögliche“ war alles vertreten. Die meisten waren sich einig: Gott ist ein Beschützer, einer, der auf die Menschen aufpassen sollte.

Aber es gab auch Zweifel daran, ob das so einfach stimmt. Ob Gott wirklich der ist, der alle unsere Wünsche einfach erfüllt. Ob er uns wirklich vor jedem Unglück bewahrt und aus allem Bösen herausreißt.

Heute möchte ich den Zweiflern unter euch Mut machen. Ich bin fest davon überzeugt: Der Weg zum Glauben führt über den Zweifel. Und gerade eine Kirchengemeinde sollte ein Platz sein, wo man offen über seine Zweifel an Gott sprechen kann, wo man auch die Kirche selbst offen kritisieren kann. Man hat in der Kirche allzu lange nur das Ja-Sagen erwartet, die Unterdrückung einer eigenen Meinung; heute wird überdeutlich: wir brauchen in der Kirche selbstbewusste, kritische Menschen, die – in fairer Weise – miteinander um die Wahrheit streiten können – und die dann auch hinter der Kirche stehen, in ihr mitarbeiten, sie mit-tragen.

Aber soll denn heute alles nicht mehr gelten, was früher gegolten hat? War nicht früher ein blinder Glaube gefordert, kindliches Vertrauen in die Güte Gottes, der schon alle Probleme lösen würde?

Aber blinder Glaube und kindliches Vertrauen ist nicht dasselbe. Man kann auf kindliche Art vertrauen und doch mit erwachsenen Augen sehen. Die Kinder Gottes werden schließlich auch mal erwachsen, das vergessen wir so leicht, wenn wir das Bildwort von den „Kindern Gottes“ verwenden und wenn wir Gott den „Vater“ nennen. Gott erwartet nicht von uns, dass wir zeitlebens auf der Stufe von Säuglingen oder von unmündigen Kindern verharren. Und zu einem erwachsenen Glauben gehört es gerade, dass wir die Wirklichkeit so sehen, wie sie ist.

Um so erstaunlicher ist es, dass viele Christen freiwillig auf einer Stufe stehenbleiben, die sie bei ihrer Konfirmation erreicht haben. Mit wie vielen Gemeindegliedern habe ich in den letzten zehn Jahren gesprochen, die seit ihrer Konfirmation nichts über den Glauben, über Gott und die Bibel und die Kirche hinzugelernt haben. Viele halten – zum Beispiel – die Geschichte von Adam und Eva immer noch für eine höchst absurde und deshalb überholte Geschichte von der Entstehung der ersten Menschen. Dabei ist gerade diese Geschichte aktueller als je zuvor, weil sie uns bildhaft – unter anderem – auf unsere Verantwortung für den Garten der Schöpfung hinweist, den wir bebauen und bewahren, nicht zerstören sollen. Schade, dass so viele Menschen bei der Bibel nur fragen: „Ist das wirklich so passiert? Wenn nein, dann weg damit!“ Aber die Wahrheit der platten Tatsachen ist nicht die einzige Wahrheit, schon gar nicht die Wahrheit, von der wir leben. Die meisten Geschichten der Bibel sagen auf bildhafte Weise etwas über Liebe und Hoffnung, über das, was dem Leben einen Halt gibt und eine Richtung, über die Stellung des Menschen in der Welt und zu Gott.

In jedem Beruf gibt es heute Fortbildung. Überall heißt es: Man darf nie aufhören, dazuzulernen. Nur im Glauben meinen wir oft, wir sind fertig mit Lernen, wir brauchen nichts mehr dazulernen über Gott, wenn wir einmal konfirmiert sind. Nur deshalb kommt es zu verheerenden Missverständnissen, zum Beispiel wenn Gott nach wie vor für einen Wunscherfüllungsautomaten gehalten wird. Was macht man mit diesem Gott, mit diesem automatischen Beschützer und Helfer in allen Problemlagen? Wenn er nicht funktioniert, wirft man ihn auf den Schrott, bestenfalls lässt man ihn noch als Zierde an irgendeiner Ecke seines Lebens stehen. An Weihnachten, bei Hochzeit, Kindtaufe und Beerdigung spielt er dann noch eine gewisse Rolle.

Da sind einige der Konfirmanden im Denken schon weiter, gerade die, die an der automatischen Wunscherfüllung durch Gott ihre Zweifel haben. Sie haben schon etwas davon gelernt, dass Gott ja nicht alle Wünsche aller Menschen gleichzeitig erfüllen kann. Sie haben kapiert, dass es im Glauben um eine vertrauensvolle Beziehung geht, wie zu einem Familienangehörigen. Und auch in der Familie ist es ja nicht so, dass automatisch alle Wünsche erfüllt werden, da geht es vielmehr um einen liebevollen Umgang miteinander, auch manchmal um harte Auseinandersetzungen über das, was richtig und gut ist, und manchmal geht es darum, dass man Angst und Unglück und Trauer gemeinsam tragen muss, zum Beispiel indem man sich in den Arm nimmt und sein Herz bei einem anderen ausschüttet. „…dass ich Gott alles erzählen kann,“ so hat eine von euch ihren Wunsch an Gott ausgedrückt, und ein anderer hat gemeint, dass er gar nichts besonderes von Gott erwarte, „weil er eh immer bei ihm ist.“

Der Glaube ist eine Chance für jeden. Auch für die, die sich für besonders gottlos halten. Glaube ist ein Offensein für Gott, ein Fragen nach Gott, manchmal auch ein Ringkampf mit Gott. Der Glaube braucht auch das Zusammensein mit anderen Christen, wo man sich gegenseitig anstumpt und befragt und tröstet und weiterhilft.

Das alte Lied aus der Bibel, das ich vor der Predigt vorgelesen habe, ruft so zum Glauben auf: „Habe deine Lust am Herrn!“ Glaube soll Spaß und Freude machen. Glaube ist keine öde Sache, keine saft- und kraftlose Angelegenheit, sondern eine innerliche Erfahrung, so stark wie eine Liebesbeziehung.

Nun kann man eigentlich niemand dazu auffordern: „Nun hab doch mal Lust!“ Die Lust kommt von selber oder sie ist einfach nicht da. Und deshalb bringt es auch nichts, wenn wir sagen: „Du müsstest doch eigentlich mal wieder zur Kirche gehen!“ Nein, Glaube als lästige Pflicht, Kirchgang als Zwang, das ist ein Widerspruch in sich selbst. Glaube hat zu tun mit einer Lust an Gott, mit einer Sehnsucht danach, gehalten zu werden, geborgen zu sein, den richtigen Weg für sein Leben zu finden.

„Habe deine Lust am Herrn“, diesen Satz der Bibel möchte ich euch nahelegen, und auch den nächsten Satz noch: „Der wird dir geben, was dein Herz wünscht.“ Ja, Gott wird Wünsche erfüllen, aber nicht die oberflächlichen Wünsche, die nur noch mehr Hunger und Sehnsucht erzeugen, sondern die Wünsche des Herzens, die Wünsche nach Geborgenheit, nach Liebe, nach Trost und Halt.

In einem alten Märchen werden ein reicher und ein armer Mann gefragt, was sie sich für die Ewigkeit wünschen. Das würden sie dann auch bekommen. Der reiche Mann wünscht sich das schönste Schloss, das beste Essen, ein Leben in Saus und Braus. Aber nach einigen hundert Jahren wird ihm das langweilig, und die Ewigkeit hat doch gerade erst angefangen. Als er anfängt, über diesen blöden Himmel zu schimpfen, macht ihn Petrus darauf aufmerksam: „Du bist nicht im Himmel, du bist in der Hölle! Du hast dir doch selbst die Hölle gewünscht!“ Der arme Mann hat’s anders gemacht. Er hat sich nichts als ein Fußbänkchen gewünscht, um zu Füßen Gottes zu sitzen und immer bei ihm zu sein. Bei Gott bleiben, seine Liebe erfahren, das wird auch eine Ewigkeit hindurch nicht langweilig. „Habe deine Lust an Gott, der wird dir geben, was dein Herz wünscht!“ Amen.

Und der Friede Gottes, der viel größer ist, als unser Denken und Fühlen erfassen kann, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.
Lied 235, 1-2:

Wunderbarer König, Herrscher von uns allen, lass dir unser Lob gefallen. Deine Vatergüte hast du lassen fließen, ob wir schon dich oft verließen. Hilf uns noch, stärk uns doch; lass die Zunge singen, lass die Stimme klingen.

Himmel, lobe prächtig deines Schöpfers Taten mehr als aller Menschen Staaten. Großes Licht der Sonne, schieße deine Strahlen, die das große Rund bemalen. Lobet gern, Mond und Stern, seid bereit, zu ehren einen solchen Herren.

Wie Gott für uns ist…

Nun habe ich gepredigt, habe gesagt, wie ich den Glauben sehe. Aber heute geht es ja um die Konfirmanden, die sehen den Glauben zum Teil auch anders, und haben ein Recht darauf, auf ihre eigene Art zu glauben. Um davon ein Stück mitzubekommen, was im Glaubensleben dieser jungen Christen vorgeht, hören wir jetzt noch einmal Texte, die die Konfirmanden selbst formuliert haben, zur Frage: Was empfinde ich, wenn ich an Gott denke?

Manche haben nur mit einem Wort geantwortet: »Sicherheit«, »Zuneigung«. Einer hat – gut oberhessisch – gemeint: »Gar naut!« Andere haben Sätze formuliert:

»Ich fühle mich beschützt.«

»Ich fühle mich geborgen, sicher. Manchmal stimmt Gott mich nachdenklich. Manchmal frage ich mich, ob es ihn überhaupt gibt.«

»Ich denke, dass Gott über uns steht und dass er unser Vater ist.«

»Ich empfinde, dass er mich eben gerade beschützt und dass er mich sieht.«

»Ich denke: Gott hat den früheren Leuten Leuten geholfen, wenn sie krank waren.«

»Ich denke, dass Gott eine Kraft ist. Ich denke, dass Gott versucht, allen Menschen zu helfen. Wenn etwas Schlimmes passiert, bete ich zu Gott, dass es ungeschehen ist.«

»Ich empfinde eben, dass er bei mir ist. Früher empfand ich immer, dass Gott bei mir ist, in meinem Zimmer.«

»Ich weiß nicht, was ich empfinden soll.«

»Ich denke an Gott wie an einen Vater, der alles sieht. Ich rede dann auch mit ihm.«

»Gibt es Gott? Manchmal meine ich, dass es ihn nicht gibt, aber dann denke ich, die Bibel oder das Evangelium kann doch nicht erfunden sein.«

»Ich fühle mich geborgen. Gott erhört mich und hilft mir. Mit ihm kann ich über alles reden. Gott ist sozusagen mein Tagebuch, mein Freund, mein ständiger Begleiter.«

»Ich empfinde Liebe, und ich fühle mich sicher. Manchmal kann ich aber gar nicht an Gott denken. Warum, weiß ich nicht.«

»Wenn ich an Gott denke oder zu ihm bete, rede ich mit ihm, als sitze er vor mir wie ein anderer Mensch. Er ist für mich wie ein Vater, zu dem ich Vertrauen haben kann.«

Wir hören, wie unterschiedlich sich der Glaube dieser jungen Leute ausprägt. Es ist normal, dass nicht einer wie der andere glaubt. Und daher kann ein Glaubensbekenntnis auch keinen Zwang darstellen: So musst du glauben, zu jedem I-Tüpfelchen musst du Ja sagen! Vielmehr kommt es heute auf einen kritisch nachdenkenden Glauben an.

Wenn wir nun das gemeinsame Glaubensbekenntnis der Kirche miteinander sprechen, dann sagen wir damit: Wir bitten um Glauben. Wir fühlen uns Gott und der Kirche zugehörig, auch wenn wir einzelne Formulierungen des Bekenntnisses nicht verstehen oder nicht akzeptieren können. In diesem Sinne sprechen wir das Apostolische Glaubensbekenntnis:

Glaubensbekenntnis
Gottes Erwartungen an uns

Ihr habt gemeinsam mit der ganzen Gemeinde euren Glauben bekannt. Dieser Glaube hat aber auch Konsequenzen. Gott tut viel für uns, aber er erhofft sich auch etwas von uns. Wir hören nun eure Antworten auf die Frage: Was erwartet Gott von mir, was kann ich für Gott tun?

»Ich kann beten und bei der Predigt mitdenken. Ich kann anderen, nicht normalen Menschen helfen. Und vielleicht etwas spenden.«

»Zu Gottesdiensten gehen, beten, zur Kirche halten, anderen helfen (oder es versuchen).«

»An ihn glauben. Vielleicht sogar durch Gedanken mit ihm reden.«

»Ich kann an Gott denken und seinen Glauben weitervermitteln und beten.«

»Ich kann anderen Leuten von ihm erzählen, an ihn glauben, also ihn nicht verleugnen und Schlechtes, beziehungsweise Falsches über ihn erzählen.«

»In die Kirche gehen, beten, an andere Menschen denken, nicht Gott verleugnen, anderen Menschen helfen.«

»Ich kann anderen Christen helfen, da Jesus sagt: „Wenn du andren Christen hilfst, hilfst du mir.“«

»Immer zu Gott beten und meinen Nächsten lieben.«

»Ich kann vielleicht beten.«

»Gott ist mit uns zufrieden, wenn wir an unsere Mitmenschen denken.«

»Wir können anderen Menschen helfen, die Hilfe brauchen.«

»Ich kann anderen Menschen Gott näherbringen.«

»Ich kann versuchen, gut mit meiner Familie und mit meinen Mitmenschen auszukommen.«

»Ich kann an ihn glauben, in die Kirche gehen und viel beten.«

»Ich denke an Sammlungen, Krankenpflege. Ich kann die Zehn Gebote halten, in die Kirche gehen und auch im Stillen in der Kammer beten. Es ist wichtig, von Herzen zu glauben.«

»Ich kann Werbung für ihn machen und ihm treu sein.«

»Ich bete für ihn, und bin seine Freundin, ich glaube an ihn.«

So, vielen Dank für all eure Texte und auch für das Vorlesen!

Und nun, liebe KonfirmandInnen, nun kommt der eigentliche Augenblick Eurer Konfirmation, Eurer Einsegnung. Ihr seid ab heute selbst verantwortlich für Euer religiöses und kirchliches Leben. Ihr entscheidet selbst über Eure Teilnahme am Gottesdienst oder an anderen Gruppen und Veranstaltungen der Kirchengemeinde. Ihr könnt Pate werden für ein Kind, und die Kirche wird Eure Mithilfe brauchen in vielen Aufgabengebieten.

Und für dieses Euer Leben als Christen spreche ich Euch heute Gottes Segen zu. Segen ist das, was Gott Euch schenken wird. Er wird nicht immer das schenken, was Ihr Euch wünschen werdet. Er gibt das, was aus Eurem Leben ein erfülltes Leben machen wird. Ich sage Euch den Konfirmationsspruch als ein persönliches Segenswort für Euren Lebensweg, und ich segne Euch, wenn Ihr Euch vor Gott hinkniet, mit einem gemeinsamen Segen, der Euch mit der christlichen Gemeinschaft verbindet.

Einsegnung von 3 Konfirmandinnen und 4 Konfirmanden

Gott ist für euch da wie ein guter Vater und wie eine gute Mutter. Jesus macht euch frei zum Leben und sein Geist lässt in euch Glauben, Hoffnung und Liebe wachsen. Amen.

Nach eurer Einsegnung singen wir gemeinsam das Lied 465, 1-2 – als Ermutigung zum Treu-Sein im Glauben:

Sei Gott getreu, halt seinen Bund, o Mensch, in deinem Leben, leg diesen Stein zum ersten Grund, bleib ihm allein ergeben.

Denk an den Kauf in deiner Tauf, da er sich dir verschrieben bei seinem Eid, in Ewigkeit als Vater dich zu lieben.

Sei Gott getreu von Jugend auf, lass dich kein Lust noch Leiden in deinem ganzen Lebenslauf von seiner Liebe scheiden.

Sein alte Treu wird täglich neu, auf sein Wort kannst du bauen; was er verspricht, das bricht er nicht; drauf kannst du kühnlich trauen.

Wir beten nun, Gott, für diese Neukonfirmierten.

Herr, diese Konfirmanden sind keine Kinder mehr, aber sie sind auch noch nicht erwachsen. Es wird nicht leicht sein für sie, einen guten Weg zu finden in dieser Welt, die mit tausend Stimmen auf sie einredet. Sie wollen und sie sollen ihr Glück finden. Und sie brauchen auf dem Weg zum Glück auch weiterhin die Unterstützung und Begleitung der Erwachsenen. Aber was ist das: Glück? Schenke uns und diesen jungen Menschen die Einsicht, dass das wahre Glück nicht darin besteht, viel zu besitzen und immer der Größte und Beste zu sein. Vielmehr hast Du die Barmherzigen und die Sanftmütigen, die Leidtragenden und die Friedensstifter glücklich gepriesen, und Du schenkst uns ein erfülltes Leben, wo wir fröhlich sind mit den Lachenden und wo wir weinen mit den Weinenden. Gib uns Trost, wenn wir traurig sind, schenke uns Zuversicht für den nächsten Tag, eine hilfreiche Hand für den Hilflosen, einen großen Mut für den nächsten Schritt. Lass heute auch die Freude und das Feiern nicht zu kurz kommen bei uns. Du willst, dass wir rundherum lebendige Christenmenschen sind, die mitten im Leben stehen und Dich nicht vergessen. Amen.

Gemeinsam beten wir mit den Worten Jesu:

Vater unser
Abkündigungen

Damit sind wir am Ende des ersten Teils des Konfirmationsgottesdienstes angelangt. Nun schließt sich die Feier des Heiligen Abendmahls an. Wer daran nicht teilnehmen möchte, den entlasse ich mit dem Segen Gottes:

Es segne und behüte Euch Gott, der Allmächtige und Barmherzige, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.

Liebe Neu-Konfirmierte, liebe Abendmahlsgemeinde!

Als Jesus mit seinen Jüngern das Brot brach und den Kelch weitergab, erinnerte er sie an die alten Zeiten des Volkes Israel, an die Sklaverei in Ägypten und an die Befreiung aus Knechtschaft und Abhängigkeit. Und als er sagte: „Brecht auch ihr das Brot und trinkt aus dem Becher!“ – da wollte er, dass auch wir frei werden – von Zwängen und Abhängigkeiten, von Egoismus und Einsamkeit, von Angst und Verbitterung, von Sünde und Schuld. Das Abendmahl stärkt unseren Glauben, schenkt uns Hoffnung, schließt uns zu einer Gemeinschaft zusammen, macht die Liebe in uns stark. Jesus nimmt jeden von uns ernst und wichtig, mit allen Stärken und Schwächen, mit den liebenswerten Seiten und auch mit den Fehlern – wir dürfen es ihm nachmachen: Nehmt einander an, gleichwie Christus uns angenommen hat!

Nun lasst uns in den Wechselgesang nach unserer Abendmahlsliturgie einstimmen.

Der Herr sei mit euch. „Und mit deinem Geiste“.

Erhebet eure Herzen. „Wir erheben sie zum Herren.“

Lasset uns danksagen dem Herren, unserm Gotte. „Das ist würdig und recht.“

Ja, es ist recht, dir unserm Gott, täglich und überall zu danken im Namen unseres Herrn Jesus Christus. Wir danken dir, weil er uns geliebt und sich für uns in den Tod gegeben hat. Wir danken dir, weil er für uns alle gestorben ist, damit auch wir nicht für uns selbst leben. Darum preisen wir dich mit allen, die zu dir gehören, und singen mit ihnen das Lob deiner Herrlichkeit:

„Heilig, heilig, heilig ist Gott, der Herr der Mächte. Voll sind Himmel und Erde seiner Herrlichkeit. Hosianna in der Höhe! Gelobet sei, der da kommt, im Namen des Herren! Hosianna in der Höhe!“

Einsetzungsworte und Austeilung des Abendmahls
Nehmt das Brot – Gabe der Liebe – Grund zur Freude
Nehmt den Wein – Kelch des Heils – Quelle des Lebens

Zum Schluss das Danklied 228, 1-3:

Nun danket alle Gott mit Herzen, Mund und Händen, der große Dinge tut an uns und allen Enden, der uns von Mutterleib und Kindesbeinen an unzählig viel zugut und noch jetzund getan.

Der ewigreiche Gott woll uns bei unserm Leben ein immer fröhlich Herz und edlen Frieden geben und uns in seiner Gnad erhalten fort und fort und uns aus aller Not erlösen hier und dort.

Lob, Ehr und Preis sei Gott, dem Vater und dem Sohne und dem, der beiden gleich im höchsten Himmelsthrone, dem dreimal einen Gott, wie es ursprünglich war und ist und bleiben wird jetzund und immerdar.

Der Herr sei vor dir, um dir den rechten Weg zu zeigen.
Der Herr sei neben dir, um dich in die Arme zu schließen und dich zu schützen.
Der Herr sei hinter dir, um dich zu bewahren vor der Heimtücke böser Menschen.
Der Herr sei unter dir, um dich aufzufangen, wenn du fällst und dich aus der Schlinge zu ziehen.
Der Herr sei in dir, um dich zu trösten, wenn du traurig bist.
Der Herr sei um dich herum, um dich zu verteidigen, wenn andere über dich herfallen.
Der Herr sei über dir, um dich zu segnen. So segne dich der gütige Gott.

Er lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir seinen Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

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