Bild: Helmut Schütz

Jamal will Ostern verstehen

Handpuppenszene für die Kinder des Kinder- und Familienzentrums in der evangelischen Pauluskirche Gießen

Wir singen im Stuhlkreis der Paulus-Kita-Kinder das Lied:

„Das wünsch ich sehr“

Lutz: Hallo, Kinder!

Gabi: Schön, dass ihr alle da seid!

Lutz: Heute wollen wir mit euch schon ein bisschen Ostern feiern. Jedenfalls wenn ihr wollt.

Gabi: Ostern ist zwar erst nächsten Sonntag, aber da ist der Kindergarten ja zu.

Lutz: Und darum könnt ihr im Kindergarten heute schon Ostereier suchen.

Jamal: Salaam, ihr alle! Ich wünsche euch Frieden!

Gabi: Danke, Jamal! Was machst du denn in der Kirche?

Jamal: Ich wollte euch fragen, warum ihr Christen Ostern feiert.

Lutz: Ich weiß nicht, ob wir dir das so genau erklären können.

Gabi: Wieso, Lutz? Der Pfarrer Schütz hat uns doch letzte Woche erzählt, wie das mit Ostern war.

Lutz: Ja, aber erst war da doch noch der Karfreitag, und das war alles ganz schrecklich und traurig.

Fischli: Vielleicht kann ich euch ja beim Erklären helfen!

Gabi: Ach, Fischli, dich habe ich gar nicht gesehen.

Fischli: Ja, ja, kleine Leute übersieht man. Aber das bin ich gewohnt.

Der auferstandene Jesus auf dem Altarfensterbild der evangelischen Pauluskirche Gießen mit dem Kreuz, den Nägeln, Dornenkrone, Lanze, Stab mit Essigschwamm und weißem Gewand im Hintergrund
Jesus auf dem Altarfensterbild der Pauluskirche – er ist auferstanden, und im Hintergrund ist sein Kreuz zu sehen

Gabi: Nicht böse sein. Hallo, Fischli! Du kannst uns und dem Jamal bestimmt etwas über Ostern erzählen.

Lutz: Aber erst über den Karfreitag, denn damit hat doch alles angefangen, oder?

Fischli: Das stimmt, Lutz. Am Karfreitag hat man Jesus an ein Kreuz gehängt und getötet.

Lutz: Aber wer war denn so böse, dass er das getan hat?

Fischli: Das waren Leute, die Angst vor Jesus hatten. Der König dachte: „Jesus will bestimmt selber König werden. Das darf er nicht!“ Die Priester sagten: „Jesus will sich zum Sohn Gottes machen.“ Das darf er nicht! Und Pilatus, der Stellvertreter vom Kaiser in Rom, dachte: „Der Jesus hat nichts Böses getan.“

Gabi: Aber warum hat er ihn dann trotzdem verurteilt?

Fischli: Weil die anderen geschrieen haben: „Ans Kreuz mit ihm! Kreuzige ihn!“ Und weil er seine Ruhe haben wollte, hat er gesagt: „Dann kreuzigt ihn. Aber ich bin daran nicht schuld.“

Lutz: Ach ja, er hat ja seine Hände gewaschen, weil er dachte, davon geht die Schuld ab.

Fischli: Aber das geht natürlich nicht. Alle waren sie schuld, dass Jesus gestorben ist. Sogar seine Freunde sind zuletzt weggelaufen.

Gabi: Ich fand das mit dem Judas besonders schlimm. Der war doch ein Freund von Jesus, und er hat ihn mit einem Kuss an seine Feinde verraten.

Fischli: Ja, an all das denken wir Christen am Karfreitag. Dass Jesus am Kreuz gestorben ist. Für die Sünden aller Menschen.

Jamal: Lieber Fischli, ich weiß, dass das so in der Bibel steht. Aber ich bin Muslim, ich kann das nicht so glauben.

Gabi: Warum denn nicht?

Jamal: Vielleicht haben sich die Leute getäuscht? Vielleicht war Jesus nicht wirklich tot?

Fischli: Das sehen wir Christen wirklich ganz anders. Jesus ist am Kreuz gestorben, und er hat sogar denen vergeben, die ihn gekreuzigt haben. Er meinte: „Die wissen gar nicht, was sie tun. Wie schlimm das ist.“

Gabi: Der Jesus muss die Menschen sehr lieb gehabt haben, wenn er sogar so bösen Menschen vergibt.

Jamal: Ich weiß, ihr Christen glaubt, dass Jesus für die Sünden von anderen Menschen sterben musste. Aber das glauben wir Muslime nicht. Wir glauben: „Keiner kann für den anderen eine solche Last tragen.“ (39, 7) Und wenn Gott ihm vergibt, dann kann er das, auch ohne dass Jesus dafür sterben muss.

Lutz: Ich finde das auch schwer zu verstehen, warum Gott Jesus nicht beschützt hat. Konnte er das nicht?

Fischli: Doch. Aber wir Christen glauben wirklich, dass Jesus für die Sünden aller Menschen gestorben ist.

Gabi: Aber er ist nicht für immer gestorben!

Lutz: Richtig, am dritten Tag, Freitag, Samstag, Sonntag, ist er dann ja auferstanden!

Fischli: Und dann ist er zu Gott in den Himmel gekommen, und da lebt er immer noch.

Jamal: Das glauben wir Muslime auch. „Gott hat Jesus zu sich hoch geholt.“ (Sure 4, 158) Gott sagte: „Jesus, ich berufe dich ab, ich hole dich hoch zu mir!“ (Sure 3, 55) Das steht auch im Koran.

Fischli: Dann glaubt ihr Muslime, dass Gott Jesus nicht am Kreuz hat sterben lassen. Und wir Christen glauben, Gott hat Jesus wieder von den Toten auferweckt. Glaubt ihr denn nicht an die Auferstehung?

Jamal: Doch. Im Koran sagt Jesus sogar schon als kleines Kind: „Friede ist über mir am Tage, als ich geboren wurde, am Tag, wenn ich sterbe, und am Tag, wenn ich zum Leben erweckt werde.“ (Sure 19, 33)

Gabi: Dann stirbt Jesus ja doch, und er steht auch vom Tod wieder auf.

Jamal: Aber man hat ihn nicht gekreuzigt. Und am Ende der Welt wird er auf die Erde zurückkehren, „und wenn alle anderen auferstehen, tritt er für die Menschen ein, die an ihn geglaubt haben.“ (Sure 4, 159)

Lutz: Bis dahin ist Jesus aber doch im Himmel, bei uns Christen und bei euch Muslimen, stimmt‘s?

Jamal: Richtig, Lutz, das hast du sehr gut verstanden.

Fischli: Also gibt es doch Sachen, über die wir uns einig sind. Aber Karfreitag und Ostern werdet ihr Muslime dann wohl nicht mit uns feiern.

Jamal: Nein, aber aus Respekt für euch wünschen wir euch gesegnete Feiertage und frohe Ostern! Und Ostereier suchen würde ich auch gerne mit euch…

Gabi: Warum das denn, wenn du gar nicht Ostern feierst?

Jamal: Weil aus Eiern Küken schlüpfen, neues Leben bricht durch die Eierschale durch. Die Ostereier erinnern an das Leben und an die Auferstehung. Und daran glauben ja auch wir Muslime. Wenn auch nicht an die Kreuzigung von Jesus.

Lutz: Von mir aus kannst du gerne mit uns Ostereier suchen. Ich gebe dir gerne ein paar von mir ab.

Jamal: Danke, Lutz, das ist lieb!

Fischli: Würdest du auch ein Lied mit uns singen? Von der Liebe Gottes, die wie die Sonne ist? Bei der 2. Strophe („denn der Herr Jesus Christus steht vom Tode auf“) kannst du ja Pause machen, wenn du willst.

Jamal: OK, das kann ich gerne tun!

Wir singen das Lied:

„Gottes Liebe ist wie die Sonne“

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