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„Ob mich der Heiland nicht bald holt?“

Trauerfeier für eine Frau, die mit viel Humor und Dankbarkeit bis zuletzt ihr Leben aus Gottes Hand empfangen und geführt hat, in guten und in schweren Zeiten.

Eine alte Frau, die Zeitung lesend auf einer Parkbank sitzt
Diese alte Frau liest mir Interesse in der Zeitung (Bild: Harald TrauePixabay)

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.

Wir sind hier versammelt, um von Frau J. Abschied zu nehmen, die im Alter von [über 80] Jahren gestorben ist. Wir tun dies im Vertrauen auf Gott, von dem der Psalmbeter der Bibel sagt (Psalm 130):

6 Meine Seele wartet auf den HERRN mehr als die Wächter auf den Morgen.

7 Denn bei dem HERRN ist die Gnade und viel Erlösung bei ihm.

Klagen möchten wir um sie, die wir geliebt haben; nach schwerer Krankheit ist sie von uns gegangen. Es war eine Erlösung für sie, doch Traurigkeit stellt sich trotzdem ein. Niemand soll Tränen einfach unterdrücken; und es ist gut, im Trauern nicht allein zu bleiben.

In Psalmen der Bibel finden wir Möglichkeiten, um ausdrücken, was uns bewegt – was uns belastet und was uns aufrichtet, Trauer und Dankbarkeit, Angst und Zuversicht. Lasst uns beten mit den Worten aus Psalm 23:

1 Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.

2 Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser.

3 Er erquicket meine Seele. Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.

4 Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.

5 Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.

6 Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar.

Liebe Trauergemeinde!

Ein langes Leben ist zu Ende gegangen; Frau J.s Gebet ist erhört worden, die in den letzten Tagen immer wieder gefragt hatte: „Wie lang muss ich denn noch aushalten? Ob mich der Heiland nicht bald holt?“

Wir können nicht über einen Menschen urteilen, der sein Leben gelebt hat, aber wir können doch dankbar zurückblicken, wenn ein Leben nach unserem Ermessen erfüllt gewesen ist. So denke ich, dass der letzte Vers aus dem Psalm 23 eine gute Überschrift ist für das nun vollendete Leben von Frau J.:

Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.

Erinnerungen an das Leben der Verstorbenen

Sie war ein treues Mitglied der Evangelischen Frauenhilfe und prägte diesen Kreis mit ihrem Humor mit; sie nahm an vielen Fahrten und Ausflügen teil und war überhaupt für Geselligkeit sehr aufgeschlossen.

Frau J. hat am Leben gehangen, war lebensbejahend eingestellt. Auch nachdem ihr Mann gestorben war, ging sie bald wieder auf die Menschen zu und suchte sich ihren Kreis von Menschen, in dem sie sich wohlfühlte. Und so war es wirklich nicht einfach für sie, zu entdecken, wie seit einem halben Jahr ihre Kräfte nachließen, und sich dann darauf einzustellen, dass ihre Krankheit nicht zu heilen war. Aber sie ist diesen Weg gegangen, und wie Frau J. das Gute dankbar aus Gottes Hand genommen hat, so konnte sie nun auch ihre Krankheit und ihr Sterben hinnehmen. Dankbarkeit – das war ihr Lebensgefühl bis zuletzt. In einem meiner letzten Gespräche mit ihr erinnerte sie mich an ihre Lieblingslieder. Dazu gehörte das Lied „Danke“, das sie in der Kirche und in der Frauenhilfe so oft und so gern gesungen hatte:

Danke für jeden neuen Morgen

Bis in ihre letzten Tage hinein blieb Frau J. bei klarem Verstand; sie behielt auch ihren Humor. Sie machte ihre kleinen Scherze mit dem Arzt und mit dem Pfarrer; und sie spürte genau, welcher Besucher es gut mit ihr meinte, wer an sie dachte in ihrer Krankheit. „Die brauchen mir doch gar nichts mitzubringen, nur mal gucken“, das war ihr Wunsch gewesen, und er wurde ihr auch vielfach erfüllt.

Frau J. wusste seit einiger Zeit, dass sie sterben musste, und es war bestimmt nicht leicht für sie, damit fertig zu werden. Schwerer wäre es aber gewesen, wenn sie sich der Wahrheit ganz verschlossen hätte und man mit ihr nur sehr vorsichtig, nicht so offen und vertrauensvoll hätte sprechen können. Frau J. konnte sich auf den Tod vorbereiten und einen Weg zurücklegen, auf dem sie lernte, ihr Sterben anzunehmen. Erleichtert wurde ihr dieser Weg, weil sie ihn nicht allein gehen musste; sie wurde von ihren Töchtern gepflegt und umsorgt, die ganze Familie schaute immer wieder bei ihr herein, und auch andere kamen zu Besuch. Und in allem, was ihr geschah, wusste sie sich getragen und begleitet von Gott, von ihrem Heiland. „Gutes und Barmherzigkeit“ gab es für Frau J. also nicht nur in den schönen glücklichen Tagen, sondern auch, wenn es galt, schwere Zeiten durchzustehen.

In einem Gedicht von Friedrich Traub ist vom Geleit durch Gott die Rede:

Wie er mich durchbringt, weiß ich nicht

Zum Schluss hat sich Frau J. ein leichtes Sterben gewünscht; das ist ihr erfüllt worden; im Beisein beider Töchter ist sie sanft entschlafen.

Nun bleibt uns nichts weiter zu tun, als dass wir Frau J. loslassen, die Trennung besiegeln, die der Tod für uns in dieser Welt darstellt. Wir geben sie aber in die Hände des liebenden und gnädigen Gottes hinein, der die ganze Welt in seiner Hand hält und der niemanden verloren gehen lässt. So lange wir unser irdisches Leben führen, so lange uns diese Lebenszeit geschenkt ist, sind wir verantwortlich dafür, was wir hier tun oder lassen. Aber am Ende können wir nichts mitnehmen, nichts vorweisen, wenn wir in die neue Welt Gottes hineinkommen. Dort zählt nur eins: die Liebe wird nicht vergehen – die Liebe, mit der Gott uns liebt, und auch die Liebe, die wir einander weitergeben. Amen.

Lasst uns beten mit dem Lied EG 376:

So nimm denn meine Hände und führe mich bis an mein selig Ende und ewiglich. Ich mag allein nicht gehen, nicht einen Schritt; wo du wirst gehn und stehen, da nimm mich mit.

In dein Erbarmen hülle mein schwaches Herz und mach es gänzlich stille in Freud und Schmerz; lass ruhn zu deinen Füßen dein armes Kind, es will die Augen schließen und glauben blind.

Wenn ich auch gleich nichts fühle von deiner Macht, du führst mich doch zum Ziele auch durch die Nacht; so nimm denn meine Hände und führe mich bis an mein selig Ende und ewiglich. Amen.

Allmächtiger und barmherziger Gott, wir Menschen sind immer auf dem Weg zu dir. Wir sind auf dem Weg, den du uns zeigst. Wir wollen immer wieder neu suchen nach deinem Weg. Dein Licht soll uns dabei leuchten. Ich glaube, es muss ganz wunderschön sein, wenn man am Ende sagen kann: Jetzt bin ich dort, wo Gottes Wege enden, jetzt habe ich den dunklen Tunnel des Lebens durchschritten, jetzt geht mir das große Licht auf. Guter Gott, ich denke, es ist sehr schön, wenn man sagen kann: Nun bin ich endlich bei dir! Dafür danke ich dir von Herzen! Amen.

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