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Gottes Liebe gibt „volles Genüge“ und macht reich

Der Konfirmationsspruch einer nach schwerer Krankheit allzu früh verstorbenen Frau spricht vom Trost durch Liebe, die Gott gibt und die Menschen einander zuwenden können.

Gottes Liebe gibt "volles Genüge": Ein Herz aus Holz und ein kleines Kreuz liegen zusammen auf einem Holztisch
Gottes Liebe ist stärker als der Tod (Bild: kalhhPixabay)

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.

Bestürzt und betroffen, voller Trauer und Mitgefühl, sind wir auf dem Friedhof versammelt. Frau D. ist im Alter von [über 40] Jahren durch eine grausame Krankheit aus der Mitte der Lebenden gerissen worden. Wir müssen heute von ihr Abschied nehmen, gemeinsam mit den Angehörigen. Wir nehmen Abschied, indem wir uns erinnern an die Verstorbene, indem wir uns auch der Frage stellen: Was soll nun werden ohne sie? In all dem fragen und suchen wir nach dem Trost von Gott.

Wenn uns selbst die Worte fehlen, um auszudrücken, was wir fühlen, was uns bewegt, dann können uns manchmal die Psalmen der Bibel helfen, um ein Gebet zu formulieren. So beten wir mit Worten aus Psalm 73 (Verse 2-4+11 GNB):

1 Gott ist dennoch [unser] Trost für alle, die reines Herzens sind.

2 Doch beinahe wäre ich irre geworden, ich wäre um ein Haar zu Fall gekommen.

3 Ich war eifersüchtig auf die Menschen, die nicht nach dem Willen Gottes fragen; denn ich sah, wie gut es ihnen geht.

4 Sie kennen keine Krankheit bis zu ihrem Tod.

5 Sie führen ein sorgenfreies Leben.

7 Sie tun, was ihnen einfällt.

8 Sie achten alles für nichts und reden böse.

11 »Gott merkt ja doch nichts!« sagen sie. »Was weiß der da oben von dem, was hier vorgeht?«

13 Soll es denn umsonst sein, dass ich mein Herz rein hielt und meine Hände in Unschuld wasche?

16 So sann ich nach, ob ich‘s begreifen könnte, aber es war mir zu schwer.

23 Dennoch bleibe ich stets an dir; denn du hältst mich bei meiner rechten Hand,

24 du leitest mich nach deinem Rat und nimmst mich am Ende mit Ehren an.

25 Wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde.

26 Wenn mir gleich Leib und Seele verschmachtet, so bist du doch, Gott, allezeit meines Herzens Trost und mein Teil.

28 Das ist meine Freude, dass ich mich zu Gott halte und meine Zuversicht setze auf Gott, den HERRN, dass ich verkündige all dein Tun.

EG 365, 1-3:

1. Von Gott will ich nicht lassen, denn er lässt nicht von mir, führt mich durch alle Straßen, da ich sonst irrte sehr. Er reicht mir seine Hand; den Abend und den Morgen tut er mich wohl versorgen, wo ich auch sei im Land.

2. Wenn sich der Menschen Hulde und Wohltat all verkehrt, so findt sich Gott gar balde, sein Macht und Gnad bewährt. Er hilft aus aller Not, errett‘ von Sünd und Schanden, von Ketten und von Banden, und wenns auch wär der Tod.

3. Auf ihn will ich vertrauen in meiner schweren Zeit; es kann mich nicht gereuen, er wendet alles Leid. Ihm sei es heimgestellt; mein Leib, mein Seel, mein Leben sei Gott dem Herrn ergeben, er schaffs, wies ihm gefällt.

Liebe Familie D., liebe Trauergemeinde!

Viele Menschen sind hier zusammengekommen, die traurig sind, weil Frau D. gestorben ist. Nicht nur die Familie, der Kreis der engsten Freunde und Verwandten, sondern das ganze Dorf ist betroffen, und noch darüber hinaus viele andere, die mit ihr oder mit ihrer Familie verbunden waren.

Erinnerungen an das Leben und Leiden der Verstorbenen

Traurig sind alle, die Frau D. gekannt haben, doch in der Familie wird die Ehefrau, die Mutter natürlich am meisten fehlen. Wir können den Kindern, dem Ehemann, der Mutter den Schmerz der Trauer nicht abnehmen. Außenstehende können nur versuchen, Sie nicht allein zu lassen, nicht wegzulaufen vor eigener Hilflosigkeit. Manchmal kann ein Gespräch oder auch ein gemeinsames Schweigen hilfreich sein.

Und wie ist es mit dem Trost durch Gott?

Vielleicht hat mancher von Ihnen in den letzten Monaten gebetet und sich gewünscht: Lass sie doch wieder gesund werden! Lass sie doch nicht so früh sterben!

Dieser Wunsch ist nicht in Erfüllung gegangen. Und wir wissen keine Antwort darauf, warum es nicht Gottes Wille war, sie am Leben zu erhalten. Einfacher wäre es vielleicht, wenn wir wüssten: gute Menschen leben lange, nur die bösen sterben früh. Aber das ist nicht so, manchmal ist es gerade umgekehrt, das haben wir schon im Psalm gehört.

Gott greift offensichtlich nicht auf so einfache Weise in die Welt ein, wie wir es uns manchmal erträumen, wenn wir Hilfe brauchen, wie es manche Menschen aber auch regelrecht befürchten, wenn sie an sein gerechtes Urteil über ihr Leben denken. Greift Gott dann überhaupt in die Welt ein? Die Bibel sagt: Ja. Im Buch Jesaja 66, 13 sagt Gott selber:

Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.

Gott ist unsichtbar bei uns mit seiner Liebe, er gibt uns Mut, zu fühlen, was uns bewegt, und unsere Tränen wirklich zu weinen. Und durch die in der Bibel aufgezeichneten Erfahrungen, die Menschen mit diesem Gott gemacht haben, lässt er uns darauf aufmerksam werden, was unser Leben sinnvoll macht.

Auf einen Vers aus der Bibel möchte ich etwas näher eingehen. Das war damals Ihr Trauspruch gewesen, den der Pfarrer Ihnen für Ihre Ehe mitgegeben hat (2. Korinther 9, 8):

Gott aber kann machen, dass alle Gnade unter euch reichlich sei, damit ihr in allen Dingen allezeit volles Genüge habt und noch reich seid zu jedem guten Werk.

Gedacht war dieser Vers als Zuspruch für Ihre Ehe, und sozusagen als Verheißung für Ihr Leben als Christen in der Welt. Es wird dort eine ganze Menge mit starken Worten versprochen. Zweimal kommt in diesem Vers das Wort „reich“ bzw. „reichlich“ vor, und dann ist davon die Rede, dass man „volles Genüge“ hat, und zwar sogar „allezeit“, „in allen Dingen“.

Auf den ersten Blick besteht ein Widerspruch zwischen diesem Bibelspruch und dem, was jetzt geschehen ist, in der schweren Krankheit und dem frühen Tod von Frau B. Ich kann mir vorstellen, dass Sie sich im Augenblick innerlich nicht „reich“ fühlen, sondern eher das Gefühl haben, arm dran zu sein, geschwächt, traurig und manchmal verzweifelt. Und was soll das heißen: „allezeit volles Genüge haben“? Sie denken sicherlich nicht, dass die Zeit, die Sie mit Frau B. verbringen konnten, nun schon „genügt“ hätte, nein, es war lange nicht genug, es tut weh und ist traurig, dass so früh alles vorbei sein muss.

Schwierig ist es manchmal, die Sprache der Bibel zu verstehen, zu übersetzen in die Art, wie wir heute denken und fühlen.

„Gott kann machen, dass alle Gnade unter euch reichlich sei.“ Da steckt ein Wort drin, ein schwieriges Wort, dieses Wort „Gnade“, das wir vielleicht besser übersetzen sollten mit: „Liebe“. „Gott kann machen, dass es reichlich Liebe unter uns gibt.“ Das ist wichtig. Darum geht es. Das war schon wichtig im Leben von Frau B., das hat auch letzten Endes ihr Leben sinnvoll gemacht, diese Liebe von Gott her, diese Liebe, die es einfach im Alltag zwischen Menschen gibt, und das ist auch jetzt wichtig, wo Frau B. nicht mehr da ist.

Wenn Liebe da ist – also: wenn wir uns im tiefsten Innern geliebt fühlen, wenn wir einen inneren Halt haben, wenn wir wissen, was Geborgenheit ist – dann wird auch das andere wahr, was in dem Bibelspruch steht: dann haben wir „allezeit in allen Dingen volles Genüge“. Mit anderen Worten: dann wissen wir, worauf es ankommt, was wir wirklich brauchen, um „genug“ gelebt zu haben und für unser Sterben gerüstet zu sein. Liebe macht ein Leben sinnvoll, ganz gleich, wie lang oder wie kurz dieses Leben ist.

Je mehr man einander allerdings geliebt hat, desto größer ist auch die Trauer um den geliebten Menschen, das ist unausweichlich, und es gehört zu einem erfüllten Leben dazu, solche Trauer zu tragen. Gut ist es, wenn man sie nicht allein tragen muss, wenn man Tränen und Gefühle nicht immer herunterschlucken muss. Man darf als von Gott und von Menschen geliebter Mensch auch einmal schwach sein, darf sich gehen lassen, darf sich trösten lassen wie von einer Mutter – das ist wichtig, gerade wenn so schnell auch wieder die Pflicht ruft, wenn die Arbeit getan sein will, wenn man zu früh ohne die weitere Unterstützung und das lebendige Vorbild der Mutter allein da steht.

„Gott kann machen, dass es reichlich Liebe unter uns gibt.“ Und wenn das so ist, dann macht er uns auch „reich zu jedem guten Werk“. Dann geht die Arbeit segensreich weiter. Aber nicht nur das, man findet vielleicht auch den richtigen Weg, sich menschlich zu unterstützen, so dass die Seele nicht zu kurz kommt, das, was einen innerlich bewegt, und was einen auf Dauer sehr belasten kann.

Das Schwierige dabei ist: Wir können oft gar nicht viel tun. Wir müssen zuweilen damit fertig werden, dass wir machtlos sind, dass wir etwas nicht ändern können, dass wir einen Schmerz einfach durchstehen müssen. Und gerade dann ist es gut, wenn wir Menschen finden, die uns Zeit und Raum geben, auch einmal schwach zu sein, uns gehen zu lassen, unser Herz auszuschütten. Wirklich stark sind wir nur, wenn wir auch zu unserer Schwäche stehen können; einmal hört der Apostel Paulus Jesus so zu sich sprechen (2. Korinther 12, 9):

Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.

Wenn Gottes Gnade, Gottes Liebe genug für uns ist, dann macht sie uns innerlich stark, sogar wenn wir am Ende sind.

Und in der Offenbarung des Johannes lesen wir (Offenbarung 21, 4):

Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein.

Das ist Zukunftsmusik, wie wir manchmal etwas abfällig sagen, aber eine Musik, die herüberklingt in unsere Welt, die noch von Leid und Tod, von Schmerz und Tränen gezeichnet ist. Tröstlich ist, dass wir uns vor dem Jenseits nicht zu fürchten brauchen, denn jenseits dieser uns vertrauten Welt erwartet uns Gottes neue Schöpfung, in der der Tod überwunden ist und in der alle Tränen abgewischt werden. Wir dürfen darauf vertrauen: im Tod hält uns Gott mit seinen Händen fest und lässt uns nicht verlorengehen. Auch Frau B. vertrauen wir heute der Liebe Gottes an.

Und außerdem ist es tröstlich, dass wir hier, diesseits der Grenze des Todes, uns unserer Tränen nicht zu schämen brauchen, denn noch leben wir in der Spannung zwischen Tod und Leben, zwischen Gut und Böse, zwischen Freude und Leid. Noch gibt es Tränen, die geweint sein wollen. Besser ist es, wir wischen einander die Tränen ab, als dass wir unser Weinen immer unterdrücken. Wir können einem andern Menschen eine große Hilfe sein, wenn wir es einfach zulassen, dass er da ist, wie er ist, ohne sich immer zusammennehmen zu müssen. Amen.

EKG 276, 1+8+9 (nicht im EG):

1) Geht hin, ihr gläubigen Gedanken, ins weite Feld der Ewigkeit, erhebt euch über alle Schranken der alten und der neuen Zeit; erwägt, dass Gott die Liebe sei, die ewig alt und ewig neu!

8) Im sichern Schatten deiner Flügel find ich die ungestörte Ruh. Der feste Grund hat dieses Siegel: „Wer dein ist, Herr, den kennest du.“ Lass Erde und Himmel untergehn, dies Wort der Wahrheit bleibet stehn!

9) Wenn in dem Kampfe schwerer Leiden der Seele Mut und Kraft gebricht, so salbest du mein Haupt mit Freuden, so tröstet mich dein Angesicht; da spür ich deines Geistes Kraft, die in der Schwachheit alles schafft.

Gott, du scheinst manchmal weit weg zu sein. Oder bist du ein grausamer Gott, ein allmächtiger Tyrann, der mit den Menschen macht, was er will? Wir verstehen nicht, warum du Menschen sterben lässt, die wir so lieb gehabt haben. Dennoch hoffen wir auf dich. Wir sehnen uns nach deiner Hilfe.

Wenn etwas Schlimmes passiert, dann wäre es uns am liebsten, du würdest es ungeschehen machen. Doch das ist nicht die Art, wie du uns hilfst. Du wirkst oft nur wie ein Beobachter des Geschehens in der Welt, der nicht eingreift, wenn Menschen Leid und Unrecht geschieht – du, der du doch alles geschaffen hast, du, ohne den die Welt nicht wäre.

Dennoch bist du ein Helfer und Tröster. Du hilfst auf unscheinbare, scheinbar schwache, ganz menschliche Art. Du tröstest uns, wie uns die Mutter trösten konnte. Du vertraust uns einander an, damit wir uns nicht allein lassen und uns Zeit geben, zu weinen, den Schmerz zu fühlen, die Spannung zu lösen, auch wieder auf andere Gedanken zu kommen.

Du, Gott, bist Liebe. Schwach erscheint die Liebe, machtlos erscheinst du in unserer Welt. Als du deinen Geist wohnen ließest in Jesus, deinem geliebten Sohn, da erfuhrst du die Freude und die Last unseres menschlichen Lebens. Du wurdest geliebt, du wurdest abgelehnt, du warst für andere da, und musstest Leiden ertragen. Zum Schluss bist du für uns gestorben. Was uns niederdrückt, was uns zur Verzweiflung treibt – du weißt, wie das ist, du bist ein Gott, der das Leiden kennt. Und darum hilfst du uns auch, zu tun, was wir können, um Leiden zu verhindern, zu lindern, oder aber, wenn unsere Macht am Ende ist, das Schwere zu ertragen. Amen.

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