Bild: Helmut Schütz

Gott hat etwas mit uns vor

Gott wählt nicht perfekte Menschen für seine Pläne aus, sondern Menschen wie dich und mich. Als ich jung war, hätte ich auch nicht gedacht, später einmal predigen zu können. Als Schüler hatte ich in meinen Zeugnissen immer stehen: „zu zaghaft“, „mündliche Beteiligung zu gering“. Doch irgendwann wusste ich: Seelsorge und Predigt ist die Aufgabe, die Gott für mich bestimmt hat.

Ein Zeugnis mit Kopfnoten, u. a.: "Er war zu zaghaft"
Die Kopfnoten eines Schulzeugnisses sagen nicht alles über die Entfaltungsmöglichkeiten eines Schülers

#predigtTaufgottesdienst am 9. Sonntag nach Trinitatis, den 13. August 2006, um 10.00 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen
Orgelvorspiel und Einzug der Täuflinge

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Im Taufgottesdienst taufen wir heute zwei Kinder: …; sie sind Cousine und Cousin, ihre Mütter sind Schwestern. Und wir taufen eine erwachsene Frau: … . Herzlich willkommen in der Pauluskirche!

Lied 322, 1-7:

1. Nun danket all und bringet Ehr, ihr Menschen in der Welt, dem, dessen Lob der Engel Heer im Himmel stets vermeld’t.

2. Ermuntert euch und singt mit Schall Gott, unserm höchsten Gut, der seine Wunder überall und gro­ße Dinge tut;

3. der uns von Mutterleibe an frisch und gesund erhält und, wo kein Mensch nicht helfen kann, sich selbst zum Helfer stellt;

4. der, ob wir ihn gleich hoch betrübt, doch bleibet guten Muts, die Straf erlässt, die Schuld vergibt und tut uns alles Guts.

5. Er gebe uns ein fröhlich Herz, erfrische Geist und Sinn und werf all Angst, Furcht, Sorg und Schmerz ins Meeres Tiefe hin.

6. Er lasse seinen Frieden ruhn auf unserm Volk und Land; er gebe Glück zu unserm Tun und Heil zu allem Stand.

7. Er lasse seine Lieb und Güt um, bei und mit uns gehn, was aber ängstet und bemüht, gar ferne von uns stehn.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. „Amen.“

Wir taufen heute ein Mädchen, einen Jungen, eine erwachsene Frau. Wir bezeugen damit, dass Gott sie liebt und dass sie zum Leib Jesu Christi, das heißt zu seiner Gemeinde gehören. Wir nehmen sie als Mitglied in die evangelische Kirche auf.

Der Taufspruch von …, Psalm 91, 11 macht uns darauf aufmerksam, dass wir von Gottes guten Mächten wunderbar geborgen sind:

[Gott] hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen.

Kommt, lasst uns Gott anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

…s Taufspruch im Evangelium nach Johannes 8, 12 weist uns darauf hin, dass es ein großer Unterschied ist, ob wir Jesus nachfolgen oder nicht. Denn wer das nicht tut, läuft Gefahr, in dieser Welt im Dunkeln zu tappen, vom rechten Weg abzukommen und sich selbst und andere unglücklich zu machen. Jesus spricht:

Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.

Wir rufen zu Gott: Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

Der Taufspruch, den sich … ausgesucht hat, ist ein großartiger Zuspruch von Gott an uns Menschen. Der Prophet Hesekiel sagt, dass Gott selbst an uns arbeitet und uns innerlich verwandelt (Hesekiel 36, 26 – eigene Übertragung):

Gott spricht: Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.

Lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefal­len. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist groß Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende.

Der Herr sei mit euch! „Und mit deinem Geist!“

Gott, lass deine Engel um uns sein und uns behüten! Lass uns dem Licht Jesu Christi nachfolgen und nicht in die Irre gehen! Verwandle unser hartes oder verzagtes Herz durch deinen starken Geist der Liebe. Darum bitten wir dich im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Wir taufen heute eine Frau und zwei Kinder. Wir taufen sie, weil Jesus dazu den Auftrag gibt. Wir hören aus dem Evangelium nach Matthäus 28, 16-20:

16 Aber die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, wohin Jesus sie beschieden hatte.

17 Und als sie ihn sahen, fielen sie vor ihm nieder; einige aber zweifelten.

18 Und Jesus trat herzu und sprach zu ihnen: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.

19 Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes

20 und lehrt sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.

Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren. Halleluja. „Halleluja, Halleluja, Halleluja!“

Liebe Gemeinde, wir haben gehört: Jesus selbst gibt denen, die ihm nachfolgen, den Auftrag, auch andere in seine Nachfolge zu rufen und zu taufen. Obwohl sie ihn am Kreuz haben sterben sehen, obwohl einige immer noch zweifeln, dürfen sie gewiss sein: Er hat den Tod überwunden, er spricht als der Auferstandene zu ihnen und will selbst ihren Glauben stark machen. Und da erkennen sie, was Jesus für einer ist. Er hat die Macht im Himmel und auf Erden. Auf ihn ist Verlass im Leben und sogar im Sterben.

Es ist ein Unterschied, ob man im Erwachsenenalter getauft wird oder ob man seine Kinder taufen lässt. Heute passiert in unserem Taufgottesdienst beides.

Zuerst möchte ich mit Ihnen überlegen, was es bedeutet, wenn Eltern ihre Kinder im Namen von diesem Jesus taufen lassen. Als Einstimmung darauf singen wir das Tauflied 577:

Kind, du bist uns anvertraut. Wozu werden wir dich bringen?

Sie, liebe Eltern, …, geben gemeinsam mit den Patinnen und Paten ein Versprechen ab: Diese Kinder sollen erfahren, dass man sich auf Jesus verlassen kann und dass es gut ist, auf ihn zu hören.

Von Jesus handelt …s Taufspruch, wir haben ihn vorhin bereits gehört:

Jesus spricht: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.

Aber wie bringt man das Kindern bei? Man kann ihnen, wenn sie alt genug dafür sind, von Jesus erzählen. Man kann mit ihnen in der Kinderbibel lesen, mit ihnen beten und sie zum Kindersonntag oder in die Kirche begleiten. Wichtiger als alles Reden ist jedoch, dass man es die Kinder auch spüren lässt: Du bist ein geliebtes Kind! Wir als Erwachsene haben eine große Verantwortung für die uns anvertrauten Kinder: Wir sind damit beauftragt, unseren Kindern Geborgenheit und Liebe zu geben. Wir sind es auch, die ihnen zeigen, was gut und böse, was richtig und falsch ist. Kinder brauchen gute Grenzen, sie müssen wissen, wo es lang geht, sonst kommen sie auf dumme Gedanken. Das Licht des Lebens lernen Kinder zuerst durch gute Eltern und auch durch gute Paten kennen.

Dass wir bei dieser Aufgabe nicht alleingelassen sind, drückt der Taufspruch von … aus:

Gott hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf all deinen Wegen.

Dass Gottes Engel unsere Kinder, lässt uns aufatmen. Wir müssen uns nicht überfordern. Wir sind nicht für alles verantwortlich. Wir können unsere Kinder, gerade wenn sie größer werden, ja nicht vor allem bewahren.

Wichtig ist aber auch, dass wir als Erwachsene die Engel an uns heranlassen. Engel sind ja nicht nur Beschützer, sie sind in erster Linie Gottes Boten. Sie ermutigen uns, auf Gott zu vertrauen, auf Gott zu hören. Sie ermahnen uns, unsere Verantwortung nicht zu vergessen und uns auch Hilfe zu suchen, wenn wir allein nicht weiterwissen. Es ist gut, wenn wir uns gegenseitig unterstützen. So, wie Sie als Schwestern im gleichen Gottesdienst ihre Kinder … taufen lassen, werden Sie auch sonst füreinander da sein. Auch Sie als …s Vater spielen eine wichtige Rolle; Kinder brauchen auch ein väterliches Gegenüber in ihrer Entwicklung. Und die Paten können ebenfalls wichtige erwachsene Ansprechpersonen für ihre Patenkinder sein.

Aber nun taufen wir heute nicht nur kleine Kinder, sondern auch Sie, liebe …, wollen getauft werden. Sie machen es wie die ersten Christen damals, als Jesus gerade erst gestorben und auferstanden war. Damals war es das Normale, dass sich Erwachsene taufen ließen. Sie entscheiden selber, dass Sie zu Gott, zu Jesus, zu seiner Gemeinde gehören wollen.

Damit werden Sie nicht einfach nur Mitglied in einer Vereinigung von Menschen, wie wenn man einem Gesangverein oder Sportclub beitritt, sondern indem Sie sich taufen lassen, bekennen Sie sich dazu, dass mit Ihnen etwas Besonderes geschieht. Ihr Taufspruch macht das sehr schön deutlich:

Gott spricht: Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.

Wer getauft ist und seine Taufe ernst nimmt, bleibt also nicht einfach der gleiche Mensch. Gott selbst arbeitet an uns, macht uns ein großes Geschenk, gibt uns ein Herz voll Liebe, voll Vertrauen, voll Hoffnung. Es ist sein eigener Geist, der uns erfüllt, den er in uns legt, damit wir Kraft und Mut gewinnen, als liebevolle Menschen zu leben.

Lasst uns nun unser Vertrauen ausdrücken:

  • dass Gott uns mit seinen Engeln umgibt und behütet;
  • dass Gott uns in Jesus das Licht der Welt geschenkt hat;
  • dass Gott mit seinem Geist der Liebe in unserem Herzen wohnen will.
Glaubensbekenntnis und Taufen
Lied 389:

1. Ein reines Herz, Herr, schaff in mir, schließ zu der Sünde Tor und Tür; vertreibe sie und lass nicht zu, dass sie in meinem Herzen ruh.

2. Dir öffn ich, Jesu, meine Tür, ach komm und wohne du bei mir; treib all Unreinigkeit hinaus aus deinem Tempel, deinem Haus.

3. Lass deines guten Geistes Licht und dein hell glänzend Angesicht erleuchten mein Herz und Gemüt, o Brunnen unerschöpfter Güt,

4. und mache dann mein Herz zugleich an Himmelsgut und Segen reich; gib Weisheit, Stärke, Rat, Verstand aus deiner milden Gnadenhand.

Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Liebe Gemeinde!

Heute dreht sich in unserem Gottesdienst alles um die Taufe. Und wir haben im Blick auf drei Taufsprüche darüber nachgedacht, was die Taufe bedeutet. Ein einzelner Mensch wird in der Taufe konkret von Gott angesprochen: Du bist behütet. Du musst nicht im Dunkeln tappen, sondern darfst im Licht leben! Du bekommst durch Gottes Geist ein neues Herz!

Aber wie passiert das konkret, dieses Angesprochenwerden von Gott? In der Bibel wird von einzelnen Menschen berichtet, dass Gott sie ganz besonders ins Gebet nimmt. Bei ihnen ist Beten nicht nur ein Sprechen zu Gott, sondern ein Hören von Gottes Stimme. Sie erleben konkret: Gott legt seinen Geist in mich, ich verstehe, was er von mir will, er gibt mir einen Auftrag, den ich erfüllen muss. Solche Menschen heißen in der Bibel Propheten. Und was die Propheten gehört haben, können wir noch heute so hören, als ob Gott es direkt uns selber sagt. Gott legt seinen Geist auch in unser Herz, indem seine Worte in uns lebendig werden, uns anrühren, bewegen, trösten, stark und mutig machen, uns den Weg in die Zukunft zeigen.

Ein Prophet der Bibel war Jeremia, ein noch sehr junger Mann, der im Buch Jeremia 1, 4-10, aufgeschrieben hat, wie es war, als Gott ihn angesprochen hat:

4 Und des HERRN Wort geschah zu mir:

5 Ich kannte dich, ehe ich dich im Mutterleibe bereitete, und sonderte dich aus, ehe du von der Mutter geboren wurdest, und bestellte dich zum Propheten für die Völker.

6 Ich aber sprach: Ach, Herr HERR, ich tauge nicht zu predigen; denn ich bin zu jung.

7 Der HERR sprach aber zu mir: Sage nicht: „Ich bin zu jung“, sondern du sollst gehen, wohin ich dich sende, und predigen alles, was ich dir gebiete.

8 Fürchte dich nicht vor ihnen; denn ich bin bei dir und will dich erretten, spricht der HERR.

9 Und der HERR streckte seine Hand aus und rührte meinen Mund an und sprach zu mir: Siehe, ich lege meine Worte in deinen Mund.

10 Siehe, ich setze dich heute über Völker und Königreiche, dass du ausreißen und einreißen, zerstören und niederreißen sollst und bauen und pflanzen.

Gewaltige Worte, die der junge Jeremia da hört. Und so etwas soll uns jetzt auch etwas zu sagen haben?

„Des HERRN Wort geschah zu mir“, so fängt Jeremia an. Wenn Gott zu uns redet, sind das keine leeren Worte, da passiert etwas mit uns. Darum ist es auch nicht wichtig, wie Jeremia Gottes Stimme gehört hat, ob das wie eine Eingebung bei ihm ankam oder ob die Stimme sozusagen „aus dem Off“, von außerhalb zu hören war. Gottes Wort ist zugleich seine Tat, er verändert uns, indem er uns anspricht.

„Ich kannte dich, ehe ich dich im Mutterleibe bereitete“, so kann nur einer zu uns sprechen, nämlich unser Schöpfer. „Ich sonderte dich aus, ehe du von der Mutter geboren wurdest“, so erfährt Jeremia von dem Plan, den Gott mit ihm bereits vor seiner Geburt hatte. Seine Aufgabe ist sehr groß: „Ich bestellte dich zum Propheten für die Völker“. In unserem Fall werden die Aufgaben kleiner sein, aber ich finde es ermutigend, sich vorzustellen, wie Gott schon vor unserer Geburt seine Pläne mit uns macht. Er hat etwas mit uns vor, er will, dass unser Leben erfüllt sein wird. Und da er es gut mit uns meint, verlangt er nichts von uns, was über unsere Kräfte geht. So wie Gott den Jeremia als Propheten beauftragt, so gibt er auch uns Aufträge, die genau so wichtig sind wie der Auftrag an Jeremia. Als Mutter gut für ein Kind zu sorgen. Ein Vater zu sein, auf den sich ein Kind verlassen kann. Als Pfarrer ein offenes Ohr zu haben für Ratsuchende und für die Mitarbeiter der Gemeinde. Als Gemeindemitglied den Ort finden, wo man sich ehrenamtlich einsetzen kann, ohne sich zu überlasten.

Aber können wir selbst einschätzen, was wir wirklich leisten können? Der eine lädt sich zu viel auf und geht auf dem Zahnfleisch, weil er nicht Nein sagen kann und will. Der andere traut sich nichts zu und macht lieber gar nichts, weil er Angst hat, etwas falsch zu machen. Oder schiebt er das nur vor, weil er nur keine Lust hat, sich freiwillig für andere einzusetzen? Jeremia gehört jedenfalls zu denen, die sich erst einmal dem Plan Gottes widersetzen: „Ich aber sprach: Ach, Herr HERR, ich tauge nicht zu predigen; denn ich bin zu jung.“

In der Bibel kommt es häufig vor, dass Menschen auf Gott so reagieren. Wieso wählst du gerade mich aus? Ich bin unfähig. Ich habe zu wenig Erfahrung. Ich bin zu jung. Ich bin zu alt. Ich kann nicht reden. Ich bin ein Feigling. Was du von mir willst, wird mich belasten, vielleicht sogar überlasten, in Gefahr bringen. Ich habe keine Lust, mich so festzulegen, so viel Kraft, so viel Zeit einzusetzen.

Aber Gott lässt Jeremias Einwand nicht gelten. „Der HERR sprach aber zu mir“, so hört Jeremia sein Wort: „Sage nicht: ‚Ich bin zu jung‘, sondern du sollst gehen, wohin ich dich sende, und predigen alles, was ich dir gebiete.“ Gott wählt nicht perfekte Menschen für seine Pläne aus, sondern Menschen wie dich und mich. Denen gibt er dann auch, was sie zur Bewältigung ihrer Aufgabe brauchen. Als ich jung war, hätte ich auch nicht gedacht, später einmal predigen zu können. Als Schüler hatte ich in meinen Zeugnissen immer stehen: „Geht nicht aus sich heraus“, „zu zaghaft“, „mündliche Beteiligung zu gering“. Doch irgendwann wusste ich: Seelsorger und Prediger sein, ist genau die Aufgabe, die Gott für mich bestimmt hat. „Du sollst predigen, was ich dir gebiete“, so hört es Jeremia, so höre ich es. Wer Gottes Wort weiterzusagen hat, muss sich nichts aus den Fingern saugen, er muss vor allem gut hören können und sich auf das von Gott Gehörte auch einlassen wollen.

Das ist ein Gehorsam, der auch heute noch aktuell ist; man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen. Auch Jeremia hört Gottes Zuspruch: „Fürchte dich nicht vor ihnen“, vor Menschen, die dir Angst machen; „denn ich bin bei dir und will dich erretten, spricht der HERR“. Was Gott uns zu sagen hat, damit will er uns nicht schikanieren und niederdrücken, sondern auf den richtigen Weg bringen. Auf diesem Weg begleitet er uns, steht er uns bei, richtet er uns auf, wenn wir niedergeschlagen sind, lässt er uns aufrechtdurchs Leben gehen, lässt er uns überwinden, was uns Angst macht.

Was da geschieht, wenn Gott etwas mit uns vorhat, ist etwas Wunderbares. Es ist nicht selbstverständlich, wenn ich als Pfarrer die richtigen Worte finde, wenn wir als Kirchenvorstand richtige Entscheidungen treffen, wenn Menschen bereit sind, ihre Freizeit für eine Aufgabe in der Gemeinde zu opfern.

Welches Wunder überall da geschieht, wo Gott selber in und mit uns am Werk ist, das drückt Jeremia so aus: „Und der HERR streckte seine Hand aus und rührte meinen Mund an und sprach zu mir: Siehe, ich lege meine Worte in deinen Mund.“

Wie soll man sich das vorstellen? Gott hat eine Hand, die er ausstrecken kann, mit der er Jeremias Mund berühren kann? Gott ist doch unsichtbar, er hat keine menschliche Gestalt.

Aber was Jeremia erfährt, ist etwas ganz Reales. Von sich aus hätte er keine Worte, wäre sein Mund verschlossen und versiegelt. Gott selbst muss seinen Mund verwandeln, damit er Gottes Worte weitersagen kann. Im Grunde ist das bei jedem Prediger so. Ich kann auch nur Gottes Wort sagen, wenn Gott mir seine Worte in den Mund legt. Das ändert nichts daran, dass die Vorbereitung einer Predigt anstrengende Arbeit ist. Aber letzten Endes muss Gott selbst, sein Heiliger Geist mir helfen, die richtigen Worte zu finden. Wenigstens hoffe und bete ich, dass ich seine Eingebungen nicht überhöre und dass ich wirklich nur das ausspreche, was Gott mir auf die Zunge legt.

Genau so ist es mit jeder Aufgabe, die irgendjemand von Gott bekommt. Ich erwähnte schon: Vatersein, Muttersein. Es kann auch eine Aufgabe sein, an sich selbst zu arbeiten, eine seelische Last zu bewältigen, loszulassen, was belastet. Oder mit dem Abschied von einem geliebten Menschen umzugehen, Trauer zuzulassen und durchzustehen. Gerade wenn man an den Punkt kommt, wo man denkt: Ich schaffe das nicht, ich versage auf der ganzen Linie, es ist einfach unmöglich, was da von mir verlangt wird, kann es sein, dass Gott uns neue Wege zeigt, uns einen neuen Geist ins Herz legt, uns eine Hilfe zur Seite stellt, so dass wir spüren: Es geht doch weiter, wir müssen nicht alles hinwerfen, Gott legt zwar eine Last auf, aber er hilft uns auch.

Jeremia bekam eine außerordentlich schwere Last auferlegt, nämlich den Auftrag: „Siehe, ich setze dich heute über Völker und Königreiche, dass du ausreißen und einreißen, zerstören und niederreißen sollst und bauen und pflanzen.“ Seine Aufgabe erinnert an das, was zur Zeit unser Außenminister und andere Politiker im Nahen Osten zu tun versuchen, um niederzureißen, was Krieg verursacht, und aufzubauen, was dem Frieden dient. Seine Aufgabe erinnert mich auch an das, was die Polizei in England geschafft hat, als sie die Pläne der Terroristen zerstört hat, die so viele Menschen den Tod bringen wollten. Ich bin dankbar, dass Menschen sich verantwortungsvoll solchen schweren Aufgaben stellen, und danke Gott, wo er dazu gutes Gelingen gibt.

Im Kleinen gibt es aber auch für uns genug Aufgaben, die dem ähnlich sind, was Jeremia tun soll. Ausreißen sollten wir Wurzeln für Zank und Streit. Einreißen sollten wir Mauern zwischen Menschen, die auf Vorurteilen beruhen. Zerstören sollten wir die Waffen, mit denen wir Menschen verletzen und tödlich treffen können, auch wenn es sich bei diesen Waffen nur um böse Worte handelt. Niederreißen sollten wir Lügengebäude aus Gerüchten und Klatschgeschichten. Und wie viel es zu bauen und zu pflanzen gibt, nicht nur zu Hause und im Garten, sondern auch in der Erziehung der Kinder oder im Aufbau der Gemeinde, im Verein oder in der Stadtteilarbeit, das muss ich wohl nicht alles aufzählen. Wir haben nicht alle die gleichen Aufgaben, aber ich denke, dass Gott mit jedem von uns etwas vor hat. Hören wir gut auf ihn, hören wir in uns hinein, was er uns in uns hineingelegt hat, dann werden wir erkennen, wozu wir konkret von Gott herausgefordert sind. Und er wird uns dabei nicht alleinlassen. Amen.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.
Lied 430: Gib Frieden, Herr, gib Frieden

Vater im Himmel, wir beten für die drei, die wir getauft haben, für …, die sich selbst dafür entschieden hat, und für …, die von ihren Eltern und Paten zur Taufe gebracht wurden. Begleite sie auf ihrem Weg durchs Leben und schenke ihnen eine Antenne für das, was du ihnen sagen willst.

Vater im Himmel, wir beten für Israel und Libanon, für die Menschen, die im Einsatz gegen Krieg und Terror stehen, die unermüdlich verhandeln, die dem Hass zwischen Völkern und Religionen entgegentreten. Lass unser Herz in einer gefährdeten Welt nicht hart werden.

Vater im Himmel, wir beten für Kranke und Trauernde, für Belastete und Verzweifelte. Schenke ihnen neuen Mut und lass sie Hilfe finden und annehmen, wenn sie Hilfe brauchen.

Vater im Himmel, insbesondere schließen wir heute Herrn … in unser Gebet ein, der im Alter von … Jahren nach kurzer schwerer Krankheit gestorben ist. Nimm ihn in Gnaden auf in deiner Ewigkeit und steh den Angehörigen bei mit deinem Trost auf dem schweren Weg ihrer Trauer, der vor ihnen liegt.

In der Stille bringen wir vor dich, was wir außerdem auf dem Herzen haben:

Gebetsstille und Vater unser
Lied 590: Herr, wir bitten: Komm und segne uns

Der Herr segne euch und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. Amen.

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