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„Du Freund der Menschen“

Im Adventsgottesdienst wird der Text eines Liedes von Eugen Eckert ausgelegt – herzlichen Dank für die Erlaubnis, es hier zu veröffentlichen! Es stellt Fragen an Gott, die im Grunde selbstkritische Anfragen an uns Menschen sind:

Du, Freund der Menschen, guter Hirt,
verstehst du, dass wir unbeirrt
den Weg ins eigne Unglück geh‛n
und nicht dein Licht, dein Kommen sehn?

Straße einer Großstadt mit gleißenden Lichtstrahlen am Himmel und sternförmigem Lichtschein der Straßenbeleuchtung
Machen unsere Licht-Strahler dem Weihnachts-Licht Konkurrenz? (Bild: Jan-Marco GessingerPixabay)
direkt-predigtTaufgottesdienst am 4. Adventssonntag, 18. Dezember 2011, 10.00 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Ich begrüße alle herzlich am 4. Advent zum Taufgottesdienst in der Pauluskirche mit dem Wort zur kommenden Woche aus dem Brief des Paulus an die Philipper 4, 4-5:

Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Der Herr ist nahe!

Ein freudiges Ereignis ist nicht nur das Weihnachtsfest in sechs Tagen, sondern auch die Taufe zweier Kinder, die wir heute im Gottesdienst feiern. Wir begrüßen …, zwei kleine Jungen, die wir nachher taufen wollen, und heißen auch ihre Familien und Paten herzlich willkommen!

Auch über besondere Musik dürfen wir uns freuen, die der Gaudete-Chor heute als Terzett zu diesem Gottesdienst beiträgt; vielen Dank dafür!

Auch wenn der Barbara-Tag schon zwei Wochen her ist, singt der Chor jetzt ein Lied über den Barbara-Zweig. Stellt man Zweige mit Knospen drei Wochen vor Weihnachten in Wasser, dann blühen sie zu Weihnachten; macht man es heute, müssten sich an Epiphanias die Blüten öffnen. An dieses Blumenwunder knüpft das Lied an und führt uns auf diese Weise ein in den Gottesdienst zum 4. Advent.

Wir messen mit knospenden Zweigen die Zeit
Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. „Amen.“

Nur noch eine Woche, dann ist Weihnachten. Wie schön, denken viele Kinder, endlich kommt das Christkind. Endlich hat das Warten ein Ende. O Schreck, denken viele Erwachsene. So viel ist noch zu erledigen, die Zeit vergeht viel zu schnell. Ich persönlich habe noch nie mit einem Barbara-Zweig die Zeit gemessen, aber ich lasse mich von diesem Bild anregen zum Innehalten, zum Langsamwerden, zum Durchatmen. Auch als Gott in die Welt kommt im Jesuskind, da wächst dieses Kind langsam im Bauch seiner Mutter. Auch was Jesus in die Welt bringt: Liebe und Frieden, das braucht Zeit zum Wachsen. Gelobt sei der Gott, dessen Kraft in und bei uns wächst!

Kommt, lasst uns ihn anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Stress, Überlastung, Streit – viele Menschen erleben keine besinnliche Zeit vor Weihnachten. Gott, sende einen Engel bei uns vorbei, der uns anstupst, wenn wir nicht merken, wie sehr wir uns unter Druck setzen oder wie wenig Zeit wir uns für die wirklich wichtigen Menschen in unserem Leben nehmen. Schick uns einen Engel, der Stopp sagt, wenn wir ungeduldig sind oder gedankenlos oder unvorsichtig. Und schenke uns Ohren, um auf diesen Engel zu hören. Wir rufen zu dir, Gott:

Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

Ohne den Engel, der zu Maria kam, hätte sie vielleicht nicht genug Kraft gehabt, ihr Kind anzunehmen und großzuziehen. Ohne den Engel, der zu Josef kam, hätte er seine Verlobte und sein Kind verstoßen. Ohne die Engel auf dem Feld von Bethlehem wäre es den Hirten verborgen geblieben, was für ein Kind in ihrer Nähe geboren wird. Nicht immer nehmen wir die Engel Gottes wahr; nicht immer greifen sie in gleicher Weise ein; aber wir dürfen wissen, dass wir nie verlassen sind von Gottes guten Mächten, die uns umgeben.

Lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist gross Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende“.

Der Herr sei mit euch „und mit deinem Geist.“

Danke, Gott, wenn wir es spüren, dass deine starken Engel uns und unsere Kinder begleiten. Danke, dass du uns Kinder schenkst mit ihrer grenzenlosen Neugier, ihren großen Augen und ihrem Vertrauen, das sie in uns Erwachsene setzen. Steh uns mit deinen guten Mächten zur Seite, um genug Kraft zu haben, für unsere Kinder auch dann da zu sein, wenn es anstrengend mit ihnen ist oder wenn sie es anstrengend mit uns finden. Darum bitten wir dich Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Wir hören das Taufevangelium nach Matthäus 28, 16-20:

16 Aber die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, wohin Jesus sie beschieden hatte.

17 Und als sie ihn sahen, fielen sie vor ihm nieder; einige aber zweifelten.

18 Und Jesus trat herzu und sprach zu ihnen: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.

19 Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes

20 und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.

Wir singen das Tauflied 203:

1. Ach lieber Herre Jesu Christ, der du ein Kindlein worden bist, von einer Jungfrau rein geborn, dass wir nicht möchten sein verlorn,

2. du hast die Kinder nicht veracht‘, da sie sind worden zu dir bracht, du hast dein Händ auf sie gelegt, sie schön umfangen und gesagt:

3. »Die Kinder lasset kommen her zu mir, ihn‘ niemand solches wehr, denn solcher ist das Himmelreich, die man mir bringt, beid, arm und reich.«

4. Ich bitt, lass dir befohlen sein, ach lieber Herr, dies Kindelein, behüte es vor allem Leid und alle in der Christenheit.

5. Durch deine Engel es bewahr vor Unfall, Schaden und Gefahr; erbarm dich seiner gnädiglich, gib deinen Segen mildiglich.

6. Gib Gnad, dass es gerate wohl zu deinen Ehrn und Wohlgefalln, auf dass es hier gottseliglich, hernach auch lebe ewiglich.

Liebe Familie … und liebe Familie …, liebe Paten, liebe Gemeinde!

Wir haben schon viel von Gottes Engeln gehört, die gerade in der Weihnachtszeit eine große Rolle in der Kirche spielen. Um Gottes Engel geht es auch in dem Bibelvers, der unsere beiden Taufkinder als Taufspruch durch ihr Leben begleiten soll:

„Gott hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen.“ (Psalm 91, 11)

Warum ist gerade dieser Taufspruch so beliebt? Warum möchten viele Menschen ihre kleinen Kinder so gern den Engeln Gottes anvertrauen? Kann es sein, dass Engel alltagstauglicher erscheinen als der große Gott selbst, der weit weg in seinem Himmel zu thronen scheint? Gott ist ja auch unsichtbar und nicht zu greifen, es sei denn, man benutzt veraltete Bilder und stellt ihn sich vor wie einen alten Mann mit langem Bart, der auf einer Wolke sitzt. Gott selber scheint dem Wunsch entgegenzukommen, dass man etwas mehr von ihm spüren möchte, nicht nur, wenn man sich in die Kirche aufmacht, sondern jeden Tag, im kleinen alltäglichen Ärger ebenso wie in der Freude, die uns gerade die kleinen Kinder so oft machen. Gott beauftragt seine Engel, dass sie auf Schritt und Tritt unsere Kinder und uns selbst begleiten und behüten. Wir wissen aus schmerzlicher Erfahrung: das ist nicht ein garantierter Schutz vor jeder Krankheit und jedem Unglück, das uns und unsere Kinder treffen kann. Aber zu wissen, dass wir in allem, was geschieht, niemals aus Gottes Hand herausfallen, kann uns mit Zuversicht und Stärke erfüllen, so dass wir Schmerz und Trauer auch wieder durchstehen und überwinden und unser Leben ganz neu anpacken. Unsichtbar umgeben uns die Engel Gottes und machen uns darauf aufmerksam: Diese Kinder sind von Gott geliebt, sie sind uns von ihm anvertraut, sie brauchen uns, unsere Zeit, unser Verständnis, unsere Liebe, unser Vorbild. Die beste Erziehung nützt nichts, wenn die Kinder sich bei uns die falschen Sachen abkucken, denn sie machen uns alles nach, sogar wenn sie nie so werden wollen wie wir.

Wichtig ist, glaube ich, dass wir den Engel-Spruch nicht nur auf unsere Kinder beziehen, sondern auch auf uns selbst: Gerade als Eltern oder Großeltern brauchen wir auch Engel, die uns begleiten, denn es ist eine so große Verantwortung, die wir für einen so kleinen Menschen tragen, dass man sich manchmal fragt, warum es dafür keinen Führerschein gibt, als ob es so viel einfacher sei, in dieser komplizierten Welt für ein Kind da zu sein als ein Auto durch den Verkehr zu steuern. Wenn wir uns bewusst machen, dass wir von Gottes Engeln bei allem begleitet sind, was wir mit unseren Kindern tun, gewinnen wir vielleicht hier und da die nötige Extra-Portion Geduld oder Stresstoleranz, um ihnen das zu geben, was sie jeden Tag von uns brauchen.

Unser Vertrauen auf Gott, der uns segnet und behütet und uns durch seine guten Mächte begleitet, sprechen wir nun gemeinsam aus, stellvertretend auch für die Taufkinder, mit den Worten unseres christlichen Glaubensbekenntnisses:

Glaubensbekenntnis und Taufen

Vor der Predigt singt der Gaudete-Chor das Lied 19:

O komm, o komm, du Morgenstern
Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Liebe Gemeinde, vorhin habe ich gesagt, dass die Engel vielleicht darum bei vielen Christen als Ansprechpartner beliebter sind als Gott selbst, weil man sich Gott so weit weg vorstellt, oben auf seinem Thron im Himmel. Aber ist uns Gott wirklich so fern? Wir hören den Text zur Predigt aus dem Buch Jesaja 63, 15 bis 64, 3. Da ruft der Prophet zu Gott:

15 So schau nun vom Himmel und sieh herab von deiner heiligen, herrlichen Wohnung! Wo ist nun dein Eifer und deine Macht? Deine große, herzliche Barmherzigkeit hält sich hart gegen mich.

16 Bist du doch unser Vater… „Unser Erlöser“, das ist von alters her dein Name.

19 Ach dass du den Himmel zerrissest und führest herab, dass die Berge vor dir zerflössen,

1 … dass dein Name kund würde unter deinen Feinden und die Völker vor dir zittern müssten, …

3 … Kein Ohr hat gehört, kein Auge hat gesehen einen Gott außer dir, der so wohl tut denen, die auf ihn harren.

Der Chor singt den Kanon:

Ach, dass du den Himmel zerrissest und führest herab

Starke Bilder stellt der Prophet Jesaja uns vor Augen. Nicht in leiser Demut, sondern lautstark schimpfend ruft er Gott an: „Wo ist dein Eifer und deine Macht? Warum kümmerst du dich nicht um uns? Bist du doch nicht stark genug? Ich weiß, du bist barmherzig. Aber von deiner angeblichen Barmherzigkeit spüre ich nur Härte. Eine harte Barmherzigkeit ist aber doch ein Widerspruch in sich selbst!“ Große Wünsche richtet Jesaja an Gott: „He, bleib nicht oben im Himmel. Schau herunter, hier sind wir! Du bist doch unser Vater, unser Erlöser, ein Wohltäter für alle, die auf dich warten. Also nun komm endlich und hilf uns!“

Ein besonders starkes Bild mitten in dieser Bibelstelle wird uns der Chor noch einmal vor die Ohren singen:

Ach, dass du den Himmel zerrissest und führest herab.

Gott soll den Himmel zerreißen, wie man ein Stück Stoff zerreißt, soll zu uns auf die Erde kommen und endlich Frieden, Gerechtigkeit, Liebe und Heilung der Krankheiten zu uns bringen.

Allerdings ist das nicht für alle nur ein Grund zur Freude. Wenn die Himmel zerreißen und Gott auf die Erde kommt, dann zerfließen die Berge, wer unter uns Menschen hoch ist, hat nichts mehr zu melden, Gottes Feinde müssen zittern, und nur die, die auf einen gerechten Gott warten, haben Grund, sich zu freuen. Sie singen von Herzen das Lied, das der Chor zum dritten Mal erklingen lässt:

Ach, dass du den Himmel zerrissest und führest herab.

Aber, liebe Gemeinde, würden wir das alle so gern wollen, dass der Himmel über uns aufreißt und Gott kommt herunter, lässt Berge zerfließen und macht allen Angst, die schon mal Böses getan haben? Hilfe wollen wir ja schon gerne, aber haben wir diese Hilfe verdient? Könnten wir Gott überhaupt vor die Augen treten, wenn er so gewaltig zu uns käme?

Tatsache ist, dass wir uns gar nicht mehr weiter ausmalen müssen, wie das wohl wäre. Wir wissen ja: Gott kommt anders zu uns auf die Erde! Gewaltig zwar, aber anders gewaltig, als sich viele das denken. Gott kommt in einem Kind. Gott kommt in Jesus, mit gewaltiger Barmherzigkeit! Der Himmel reißt auf – in Bethlehem, als Engel über den Hirten singen, im Osten, als Magier einem Stern folgen.

Davon singen wir jetzt zwei Lieder, die Gemeinde das Lied Nr. 7 von Friedrich Spee aus dem Jahr 1622, das auch auf dem Liedblatt links steht, im Wechsel mit dem Chor, der ein neueres Lied von Eugen Eckert singt: „Du Freund der Menschen, guter Hirt“ (Text: Eugen Eckert, Alle Rechte beim Urheber).

Wir beginnen mit der Strophe 1 aus dem Lied 7:

1. O Heiland, reiß die Himmel auf, herab, herab vom Himmel lauf. Reiß ab vom Himmel Tor und Tür, reiß ab, wo Schloß und Riegel für.

So singen wir Jesus als Heiland an. Er soll von Gott her zu uns Menschen kommen, uns Liebe, Frieden, Gerechtigkeit bringen, alles, was uns heil macht an Leib und Seele. Der Himmel bleibt nicht fest verschlossen, reserviert nur für Gott, wo kein Mensch hineinkommt. Durch Jesus kommt der Himmel zu uns auf die Erde.

Eugen Eckert richtet in seinem Lied Fragen an diesen Gott, der zu uns kommt. Eigentlich sind es selbstkritische Anfragen an uns Menschen. Ich lese jeweils eine Strophe und kommentiere sie, dann singt der Chor diese Strophe, und wir antworten mit der jeweils nächsten Strophe aus dem Lied 7, auf die ein Pfeil zeigt.

Du, Freund der Menschen, guter Hirt,
verstehst du, dass wir unbeirrt
den Weg ins eigne Unglück geh‛n
und nicht dein Licht, dein Kommen sehn?

So befragt Eugen Eckert den Heiland Jesus. Der Gott, der den Himmel aufreißt, ist unser Freund und Guter Hirte, aber wir Menschen achten nicht auf ihn. Wir sehen nicht, dass in Jesus Gott selber mit seinem Licht zu uns kommt, und machen uns unglücklich.

Ist das wirklich so? Soll das so bleiben? Mit der Strophe 2 aus Lied 7 werden wir gleich auf den Chor antworten und Gott bitten, dass die Liebe und der Friede Jesu sich wie Tau und Regen vom Himmel auf uns ergießt:

Du, Freund der Menschen, guter Hirt, verstehst du, dass wir unbeirrt den Weg ins eigne Unglück geh‛n und nicht dein Licht, dein Kommen sehn?

2. O Gott, ein Tau vom Himmel gieß, im Tau herab, o Heiland, fließ. Ihr Wolken, brecht und regnet aus den König über Jakobs Haus.

Dass der Friedenskönig Jesus über Jakobs Haus herunterregnet, erinnert uns daran, dass Jesus ins jüdische Volk hineingeboren wurde, mit dem wir Christen, ob wir wollen oder nicht, untrennbar verbunden bleiben.

Aber brauchen wir einen solchen Gott? Kommen wir nicht auch ohne Gott aus?

Mein Gott, wir sind uns selbst genug,
wir halten uns für stark und klug.
Du hast uns groß herausgebracht,
nun spielen wir mit unsrer Macht.

Auf den Chor antworten wir gleich mit Lied 7, Strophe 3:

Mein Gott, wir sind uns selbst genug, wir halten uns für stark und klug. Du hast uns groß herausgebracht, nun spielen wir mit unsrer Macht.

3. O Erd, schlag aus, schlag aus, o Erd, dass Berg und Tal grün alles werd. O Erd, herfür dies Blümlein bring, o Heiland, aus der Erden spring.

Wo wir Menschen auf unsere eigene Großartigkeit und Macht pochen, kommt Gott zu uns wie eine Blume, die uns erfreut, wie frisches Grün, das im Frühjahr langsam sprießt. Er kommt in Jesus als Mensch in unsere Welt, und wir singen an Weihnachten: „Es ist ein Ros entsprungen“. Aber immer wieder scheint Jesus doch noch nicht da, nicht bei uns angekommen zu sein.

Nur manchmal schwant uns schon der Preis
für unsern rücksichtslosen Fleiß.
Und machmal schreckt uns all das Leid
von Menschenhand in unsrer Zeit.

Eigentlich ist Fleiß etwas Gutes, aber wenn sich Fleiß auf falsche Ziele richtet, auf immer mehr Einfluss und eigene Macht, auf eigenes Wohlergehen zu Lasten sozial Schwacher und auf Kosten der Umwelt, dann wird Fleiß zur Rücksichtslosigkeit mit bösen Folgen, vom persönlichen Burn-out oder einer zerstörten Ehe bis hin zu vermehrter Armut, Umweltzerstörung und Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft. Gegen von Menschen verursachtes Leid singen wir an mit Lied 7, Strophe 4, und bitten um Gottes Trost und Hoffnung. Aber erst ist wieder der Chor dran:

Nur manchmal schwant uns schon der Preis für unsern rücksichtslosen Fleiß. Und machmal schreckt uns all das Leid von Menschenhand in unsrer Zeit.

4. Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt, darauf sie all ihr Hoffnung stellt? O komm, ach komm vom höchsten Saal, komm, tröst uns hier im Jammertal.

Die Erde ist natürlich nicht nur ein Jammertal. Sie ist uns Menschen gegeben als der Teil von Gottes wunderbarer Schöpfung, der uns Menschen anvertraut ist. Im Lied von Eugen Eckert hört sich allerdings die nächste Strophe so an, als ob wir Menschen eine schöne Welt allein hinkriegen würden:

Wir schaffen schon die „schöne Welt“
mit Arbeit und mit ganz viel Geld.
Wir leuchten selbst. Dein kleines Licht
besteht vor unsern Strahlern nicht.

Aber, wie gesagt, wenn die Arbeit und das ganz viele Geld für egoistische Zwecke eingesetzt wird, kann die Erde zum Jammertal für diejenigen werden, die beim Wettlauf um gute Chancen zu kurz kommen.

Ein Beispiel dazu hat uns das Zentrum Ökumene unserer Landeskirche mitgeteilt. Die eingesessene indianische Bevölkerung in Argentinien leidet unter Landraub im großen Stil. Diese Menschen leben von dem, was der Wald ihnen bietet: Honig, Wild und Pflanzen. Aber große Firmen roden illegal immer mehr Waldfläche, verkaufen wertvolle Hölzer, verarbeiten minderwertige zu Kohle, bauen dann auf der gewonnenen Ackerfläche Soja oder Zuckerrohr an und machen damit gute Geschäfte in Europa und den USA, während die eigentlichen Besitzer des Landes hungern müssen. Die anglikanische Kirche versucht den Indianern mit dem Projekt „Mutig gegen Landraub“ zu ihrem Recht zu verhelfen und braucht dazu auch Unterstützung. Wer Informationen dazu möchte, kann sie sich nachher bei mir holen. Hören wir die Strophe mit der nur scheinbar schönen Welt vom Chor und antworten darauf mit der Bitte, dass uns Gottes Licht der Gerechtigkeit aufgeht!

Wir schaffen schon die „schöne Welt“ mit Arbeit und mit ganz viel Geld. Wir leuchten selbst. Dein kleines Licht besteht vor unsern Strahlern nicht.

5. O klare Sonn, du schöner Stern, dich wollten wir anschauen gern; o Sonn, geh auf! Ohn deinen Schein in Finsternis wir alle sein.

Wie ist das gemeint? Ohne den Glauben an Jesus stecken wir fest in der Finsternis? Sind dann alle, die den Glauben an Jesus nicht mit uns teilen, verloren? Ich denke: nein, unser Gott ist kein so leicht zu beleidigender Gott, der jedem das Licht ausknipst, der nicht an ihn glaubt. Aber in der Finsternis stecken wir fest, wenn wir so leben, als könne man nichts tun gegen das Böse in der Welt.

Sicher fällt es heute nicht immer leicht, zu erkennen, was gut und was böse ist, aber genau dabei will uns der Gute Hirte Jesus helfen, wenn wir auf ihn hören:

Du, Freund der Menschen, guter Hirt,
du weißt, wie leicht man sich verirrt,
wie oft man sich verschätzt, falsch wählt,
das Maß verliert, das Ziel verfehlt.

Wenn der Chor das gesungen hat, antworten wir mit der Strophe 6 aus dem Lied 7. Harte Worte erklingen da von Not und Elend und vom ewigen Tod. Gemeint ist eine Hölle, die wir uns und anderen selber bereiten, indem wir der Unmenschlichkeit nicht entgegentreten, sondern gedankenlos oder absichtlich mitmachen. Wir bitten Gott, dass er uns aus dieser selbstgemachten Hölle befreit und uns mitnimmt auf dem Weg zu unserem wahren Vaterland, zum Reich Gottes, das hier auf der Erde beginnt und nach unserem Tod noch lange nicht aufhören muss.

Du, Freund der Menschen, guter Hirt, du weißt, wie leicht man sich verirrt, wie oft man sich verschätzt, falsch wählt, das Maß verliert, das Ziel verfehlt.

6. Hier leiden wir die größte Not, vor Augen steht der ewig Tod. Ach komm, führ uns mit starker Hand vom Elend zu dem Vaterland.

Zuletzt scheint der moderne Liederdichter keine eigenen Worte mehr zu haben; er greift auf schlichte Worte des Liedes 7 zurück und bittet so Jesus um seine Hilfe:

Komm uns zu Hilfe, schöner Stern.
Dich wollen wir anschauen gern.
O Sonn‛, geh auf, ohn‛ deinen Schein
in Finsternis wir alle sein.

Auf diese Bitte werden wir, wenn der Chor sie nach dieser Predigt gesungen hat, mit einer letzten Dankstrophe an Gott antworten. Der Himmel reißt auf, Jesus ist bei uns, wenn wir erlöst sind von Ängsten und vom Egoismus, wenn unser Leben erfüllt ist von Liebe und Zuversicht, wenn wir zum Beispiel wie gute Engel für unsere Kinder da sind und ihnen die Liebe und alle guten Grenzen geben, die sie brauchen. Amen.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.

Komm uns zu Hilfe, schöner Stern. Dich wollen wir anschauen gern. O Sonn‛, geh auf, ohn‛ deinen Schein in Finsternis wir alle sein.

7. Da wollen wir all danken dir, unserm Erlöser, für und für; da wollen wir all loben dich zu aller Zeit und ewiglich.

Lasst uns beten!

Danke, heiliger Gott, für alles, was du uns schenkst: für dein Licht in dunkler Nacht, für Trost in der Trauer, für Hoffnung in auswegloser Lage, für Engel, die uns begleiten, für Orientierung in einer komplizierten Welt! Lass uns gestärkt hinausgehen in unser Leben an den Feiertage und im Alltag und lass uns jeden Tag die guten Schritte tun, die uns möglich sind. Lass uns nie vergessen: Dein Himmel ist offen, er ist aufgerissen, du bist auf dem Weg zu uns, jeden Tag neu, alle Jahre wieder. Wie schön ist es, zu wissen: Du lässt uns nicht allein! In der Stille bringen wir vor dich, was wir persönlich auf dem Herzen haben:

Gebetsstille und Vater unser

Zum Schluss singen wir das Lied vom Liedblatt:

Wann fängt Weihnachten an?
Abkündigungen

Empfangt Gottes Segen:

Der Herr segne euch und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

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