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Wie sieht Gott aus?

In der Kindergartenandacht fragten mich einmal ein türkisches und zwei deutsche Kinder, wie Gott denn ein Gewitter und den Regen macht. Ich habe ihnen gesagt: Gott macht das so, dass es wie von selber passiert, er macht die Regeln, und die Natur richtet sich danach. Im Psalm wird das so ausgedrückt, dass Gott die Natur in seinen Dienst nimmt.

Wunderschöne hell-dunkle Wolke, hinter der die Sonne scheint
Der Psalm 104 malt Gottes Schönheit nach Naturphänomenen aus (Bild: Fritz_the_CatPixabay)

#gedankeTurmgebet am Dienstag, 4. August 2009, um 18.00 Uhr im Stadtkirchenturm Gießen

Herzlich willkommen beim Turmgebet im Stadtkirchenturm Gießen!

Wir sind versammelt im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Wir hören zu Beginn die biblische Tageslese für den heutigen 4. August 2009 aus der Apostelgeschichte 21, 15-26:

15 Und nach diesen Tagen machten wir uns fertig und zogen hinauf nach Jerusalem.

16 Es kamen aber mit uns auch einige Jünger aus Cäsarea und führten uns zu einem alten Jünger mit Namen Mnason aus Zypern, bei dem wir zu Gast sein sollten.

17 Als wir nun nach Jerusalem kamen, nahmen uns die Brüder gerne auf.

18 Am nächsten Tag aber ging Paulus mit uns zu Jakobus, und es kamen die Ältesten alle dorthin.

19 Und als er sie begrüßt hatte, erzählte er eins nach dem andern, was Gott unter den Heiden durch seinen Dienst getan hatte.

20 Als sie aber das hörten, lobten sie Gott und sprachen zu ihm: Bruder, du siehst, wieviel tausend Juden gläubig geworden sind, und alle sind Eiferer für das Gesetz.

21 Ihnen ist aber berichtet worden über dich, dass du alle Juden, die unter den Heiden wohnen, den Abfall von Mose lehrst und sagst, sie sollen ihre Kinder nicht beschneiden und auch nicht nach den Ordnungen leben.

22 Was nun? Auf jeden Fall werden sie hören, daß du gekommen bist.

23 So tu nun das, was wir dir sagen. Wir haben vier Männer, die haben ein Gelübde auf sich genommen;

24 die nimm zu dir und lass dich reinigen mit ihnen und trage die Kosten für sie, dass sie ihr Haupt scheren können; so werden alle erkennen, dass es nicht so ist, wie man ihnen über dich berichtet hat, sondern dass du selber auch nach dem Gesetz lebst und es hältst.

25 Wegen der gläubig gewordenen Heiden aber haben wir beschlossen und geschrieben, dass sie sich hüten sollen vor dem Götzenopfer, vor Blut, vor Ersticktem und vor Unzucht.

26 Da nahm Paulus die Männer zu sich und reinigte sich am nächsten Tag mit ihnen und ging in den Tempel und zeigte an, dass die Tage der Reinigung beendet sein sollten, sobald für jeden von ihnen das Opfer dargebracht wäre.

Gott, wir bringen vor dich, was uns bewegt an diesem Abend. Vielleicht geht es uns manchmal wie Paulus, sich rechtfertigen zu müssen für die eigene Überzeugung, zeigen zu müssen, dass man der Überlieferung der Vorfahren nicht untreu geworden ist, obwohl man selber einen neuen Zugang zum Glauben gefunden hat. Gott, wir rufen zu dir (EG 178.11):

Herr, erbarme dich, erbarme dich. Herr, erbarme dich, Herr, erbarme dich.

Vielleicht zweifeln wir auch manchmal am Glauben. Ist es wirklich so, wie wir es immer gehört haben: Gott ist allmächtig, Gott ist gütig? Wie kann das wahr sein, wenn wir so viel von Leid und Unrecht hören, von zerstörtem Familienglück und zerbrochenen Kinderseelen. Wir rufen zu dir, Gott:

Herr, erbarme dich, erbarme dich. Herr, erbarme dich, Herr, erbarme dich.

Und wir bringen vor dich auch unsere Selbstzweifel und unsere Niedergeschlagenheit. Wenn wir ausgebrannt und erschöpft sind. Wenn uns alles, was wir tun, unsagbar große Kraft abfordert. Wir rufen zu dir:

Herr, erbarme dich, erbarme dich. Herr, erbarme dich, Herr, erbarme dich.

Doch wir denken in der Stille auch an alles, was uns Kraft verleiht. Das Lächeln eines Menschen, den wir im Bus treffen. Das Gespräch mit einem Menschen, dem wir volles Vertrauen entgegenbringen und der uns Mut macht. Wenn wir von Menschen hören, die ein schweres Schicksal haben und die dennoch nicht verzweifeln, sondern ihr Leben meistern.

Stille

Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat!

EG Lied 333, 1-2+6: Danket dem Herrn!

Nach dunklen und trüben Gedanken des Zweifels und Selbstzweifels haben wir ein Loblied gesungen, und ich will Ihnen noch ein paar Gedanken zu einem Loblied der Bibel sagen. Und zwar zu einem Psalm, in dem beschrieben wird, wie Gott aussieht. Ja, das gibt es tatsächlich, obwohl man Gott nicht sehen kann. Und zwar in den ersten Versen des Psalms 104. Der beginnt mit den Worten:

1 Lobe den HERRN, meine Seele!

So beginnt auch der etwas bekanntere Psalm 103, der dann im zweiten Vers weitergeht: „… und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.“ Aber der 104. Psalm geht anders weiter:

HERR, mein Gott, du bist sehr herrlich; du bist schön und prächtig geschmückt.

So rede ich Gott direkt an und nenne ihn herrlich, schön, prächtig. So würde ein schwärmendes Mädchen einen gutaussehenden Mann beschreiben, einen König vielleicht oder einen strahlenden Helden. Aber Gott kann man nicht sehen, wie kann ich von ihm so überschwenglich reden?

2 Licht ist dein Kleid, das du anhast.

Das hellste und strahlendste, was es gibt, das Licht selbst, dient Gott als Bekleidung. Natürlich ist das bildliche, übertragene Redeweise, weil ich Gott nicht so beschreiben kann, wie er wirklich ist. Dazu müsste ich ihn sehen können, und das kann ich mit diesen irdischen Augen nicht. Aber ich kann mir nicht Helleres vorstellen als das Licht selbst. Wenn es kein Licht gäbe, wäre alles dunkel, alles kalt, ich könnte nichts erkennen, ja, es gäbe nicht einmal eine Spur von Leben in dieser Welt. Von diesem Licht, von allem Licht des ganzen weiten Weltalls, sage ich: es ist der Schmuck Gottes, es ist sein Kleid, er verbirgt sich vor meinen Augen mit dem Licht, das er geschaffen hat. Andere verstecken sich im Dunkeln, Gott hüllt sich ein in Licht.

Weiter geht es im Psalm:

Du breitest den Himmel aus wie einen Teppich;

3 du baust deine Gemächer über den Wassern.

Der Himmel ist für die Menschen aller Zeiten das größte, was man sich vorstellen kann, das heißt, wir modernen Menschen ahnen sogar etwas von einem unvorstellbar großen Weltall mit Milliarden von Galaxien und Sternensystemen. Und doch ist dieser Himmel für Gott nicht mehr als ein Teppich, den er für uns kleine Menschenkinder ausbreitet.

Wasser bedrohte nach dem Weltbild der Bibel die Erde von unten und oben, wie wir aus der Erzählung von der Schöpfung und von der Sintflut wissen, aber für Gott ist das Wasser keine Bedrohung; er baut sogar seine Wohnung über den oberen Wassern, die durch die Himmelskuppel hindurchscheinen.

All das ist bildliche Sprache, der Himmel ist ja nicht wirklich ein Teppich, Gott bewohnt nicht wirklich Wohn-, Schlaf- und Arbeitszimmer, wie wir das tun, und der Himmel besteht auch nicht wirklich aus einer festen Kuppel. Wenn ich Gott anbete, ist mir bewusst, dass ich ihn nicht wirklich erfassen und begreifen kann, und ich benutze die großartigsten Bilder, um anzudeuten, dass seine Größe alle unsere Vorstellungen übersteigt.

So auch im nächsten Vers des Psalms:

Du fährst auf den Wolken wie auf einem Wagen und kommst daher auf den Fittichen des Windes,

4 der du machst Winde zu deinen Boten und Feuerflammen zu deinen Dienern.

Manche stellen sich Gott noch heute wie einen alten Mann mit langem Bart vor, der auf einem Thron in den Wolken sitzt. Die Vorstellung hier gefällt mir besser: Gott sitzt nicht einfach still, sondern er benutzt die Wolken und Winde sozusagen als schnelle Transport- und Kommunikationsmittel. Gott interessiert sich für alles in seiner Schöpfung und erteilt den Elementen der Schöpfung, Luft und Feuer, seine Aufträge.

In der Kindergartenandacht fragten mich einmal ein türkisches und zwei deutsche Kinder, wie Gott denn ein Gewitter und den Regen macht. Ich habe ihnen gesagt: Gott macht das so, dass es wie von selber passiert, er macht die Regeln, und die Natur richtet sich danach. Im Psalm wird das so ausgedrückt, dass Gott die Natur sozusagen in seinen Dienst nimmt.

Wie genau diese Regeln, diese Naturgesetze, aussehen, das erforschen Naturwissenschaftler und schreiben dicke Bücher darüber. Im Loblied für Gott geht es um etwas anderes: Ich staune, wie wunderbar Gott die Welt geschaffen und eingerichtet hat, so dass sie sich nach komplizierten Gesetzen entfaltet, und dafür darf und will ich Gott danken und loben.

EG 305: Singt das Lied der Freude über Gott

Schenke uns die Einsicht, Gott, dass wir von dir Trost und Kraft bekommen. Und manchmal nimmst du uns die Kraft, damit wir spüren: Es ist nicht selbstverständlich, stark zu sein. Schenke uns deine Liebe, damit wir wissen: Wir sind nicht allein auf der Welt. Unser Leben hat seinen Sinn in dir. In dir finden wir Ruhe und die Erfüllung, nach der wir uns sehnen. Und wenn wir sterben müssen, dann lass uns selig sterben und getrost Abschied nehmen von dieser Welt. Zeige uns die Aufgabe, die du für uns vorgesehen hast. Und lass uns nicht unzufrieden sein, wenn es nur eine bescheidene Rolle ist, die wir spielen sollen. Du ersparst uns nicht Leid und Tränen – aber lass uns in allen Sorgen und Nöten nicht allein! Amen.

Vater unser

Es segne dich Gott, der Vater. Er sei der Raum, in dem du lebst. Es segne dich Jesus Christus. Er sei der Weg, auf dem du gehst. Es segne dich der Heilige Geist. Er sei das Licht, das dich zur Wahrheit führt. Amen.

EG 483: Herr, bleibe bei uns, denn es will Abend werden

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