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Die Europawahl des Paulus

Paulus wählt Europa als Missions­land und legt mit der Taufe der Purpur­händlerin Lydia und ihrer Familie in Philippi den Grundstein für die erste christliche Gemeinde auf europä­ischem Boden. Nachdem sie wegen der Heilung einer Sklavin ins Gefängnis kommen, ist der Gefängnisaufseher der erste europäische Mann, den Paulus und Silas für Christus gewinnen.

Das Standbild der Europa auf dem Stier, in den sich der Gott Zeus verwandelte, um sie zu verführen
Auf Kreta steht das Denkmal der Europa auf dem Stier, in den sich Zeus verwandelte, um sie zu verführen – der Erdteil Europa ist durch und durch heidnisches Land, als Paulus ihn zum ersten Mal betritt (Bildausschnitt: Alexandra und Franz KinaderPixabay)

#predigtTaufgottesdienst für am 1. Sonntag nach Trinitatis, den 13. Juni 2004, 10.00 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen
Orgelmusik und Einzug der Taufkinder mit Eltern und Paten

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Heute ist Europawahl. Gestern hat die Fußballeuropameisterschaft angefangen. Darum soll heute das Thema „Europa“ im Mittelpunkt des Gottesdienstes stehen.

Herr Pfarrer Schütz und ich erzählen die Geschichte von einer Europawahl, die in der Bibel steht. Natürlich gab es damals noch kein demokratisch gewähltes Europaparlament. Wir meinen etwas anderes: Auf seiner 2. Missionsreise in der heutigen Türkei verlässt Paulus überraschend sein bisheriges Missionsgebiet Asien und geht nach Europa. Paulus wählt Europa als sein neues Missionsfeld.

Und wir fragen uns: Hat diese Geschichte vielleicht auch etwas mit unserer heutigen Europawahl zu tun?

In der ersten Geschichte der Bibel, die in Europa spielt, kommen auch mehrere Taufen vor. Darum passt sie gut in einen Taufgottesdienst.

Wir begrüßen besonders herzlich … und …, die heute getauft werden und mit ihren Familien und Paten feierlich in die Pauluskirche eingezogen sind. …s Vater, einer seiner Paten und einige seiner Freunde sind Amerikaner, für sie werde ich hier und da ein paar Dinge auf Englisch sagen.

Welcome at Paul’s Church in Gießen! During this service, we will baptize two children. And on the day of the Election to the European parliament we will hear the first story of Christian mission in Europe by St. Paul and his companions – if you want the story of „St. Paul’s European choice“. Now let’s sing the song number 264; you may sing it in English, because there is an English version next page.

Wir singen das Lied 264, das im Gesangbuch auf Deutsch und Englisch abgedruckt ist:

1. Die Kirche steht gegründet allein auf Jesus Christ, sie, die des großen Gottes erneute Schöpfung ist. Vom Himmel kam er nieder und wählte sie zur Braut, hat sich mit seinem Blute ihr ewig angetraut.

2. Erkorn aus allen Völkern, doch als ein Volk gezählt, ein Herr ist’s und ein Glaube, ein Geist, der sie beseelt, und einen heilgen Namen ehrt sie, ein heilges Mahl, und eine Hoffnung teilt sie kraft seiner Gnadenwahl.

3. Schon hier ist sie verbunden mit dem, der ist und war, hat selige Gemeinschaft mit der Erlösten Schar, mit denen, die vollendet. Zu dir, Herr, rufen wir: Verleih, dass wir mit ihnen dich preisen für und für.

1. The Church’s one foundation is Jesus Christ her Lord; she is his new creation by water and the word: From heaven he came and sought her to be his holy bride; with his own blood he bought her, and for her life he died.

2. Elect from every nation, yet one o’er all the earth, her charter of salvation: one Lord, one faith, one birth. One holy name she blesses, partakes one holy food, and to one hope she presses with every grace endued.

3. Yet she in earth hath union with God the Three in One, and mystic sweet communion with those whose rest is won. O happy ones and holy! Lord, give us grace that we like them, the meek and lowly, on high may dwell with Thee.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. „Amen.“

We are here together in the Name of the Lord, the Father and the Son and the Holy Spirit.

Von der Europawahl des Paulus erzählt der Arzt Lukas in der Apostelgeschichte, Kapitel 16.

↑ While Mrs. Burk will read the Bible text from the Book of the Apostles‘ Acts, you may read it in English in the paper I handed to you (look here at the end of this page).

Die Geschichte beginnt damit, dass Paulus und andere Christen im Osten der heutigen Türkei gute Arbeit leisten (Apostelgeschichte 16):

5 Da wurden die Gemeinden im Glauben gefestigt und nahmen täglich zu an Zahl.

Kommt, lasst uns anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Paulus und seine Begleiter ruhen sich nicht auf Erfolgen aus. Sie wollen Jesu Botschaft weitertragen, in den Westteil der heutigen Türkei, die Provinz Asien. Aber das geht nicht, wir wissen nicht, aus welchem Grund, und sie wenden sich nach Norden, in die Provinz Bithynien.

6 Sie zogen aber durch Phrygien und das Land Galatien, da ihnen vom heiligen Geist verwehrt wurde, das Wort zu predigen in der Provinz Asien.

7 Als sie aber bis nach Mysien gekommen waren, versuchten sie, nach Bithynien zu reisen; doch der Geist Jesu ließ es ihnen nicht zu.

Die Missionare um Paulus sind nicht überall willkommen. Das erleben sie nicht als persönliches Versagen, sondern so, dass Gott selber Einspruch erhebt: Er hat etwas anderes mit ihnen vor! Der Geist Jesu, ohne den sie seine Botschaft nicht weitertragen können, erlaubt ihnen nicht, den geplanten Weg zu gehen. Sie können nur abwarten und darum bitten, dass Gott sich erbarmt und ihnen einen neuen Weg zeigt.

Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

Scheinbar ziellos reist Paulus mit seinen Missionaren weiter bis nach Troas; das liegt im Nordwesten der heutigen Türkei, direkt am Mittelmeer, gegenüber von Europa.

8 Da zogen sie durch Mysien und kamen hinab nach Troas.

9 Und Paulus sah eine Erscheinung bei Nacht: ein Mann aus Mazedonien stand da und bat ihn: Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns!

Ein Mazedonier steht dem Paulus vor Augen, in einem Traumbild, in einer Erscheinung: ein Europäer ruft ihn zu sich herüber. Dort drüben, das ist für Paulus ein völlig unberührtes Missionsgebiet. In Europa ist vorher noch kein Christ gewesen. Dort liegt die Zentrale der Weltmacht Rom, wo viele Götter bis hin zum Kaiser angebetet werden. Da ist außerdem das barbarische Europa, nördlich von Mazedonien fängt es an, der Balkan und die Weiten Germaniens, damals ein unerschlossenes, gefährliches Land.

St. Paul has never been in Europe before; but in Troas, he just knows that it is his job to bring Christian faith to the European peoples. That is a dangerous task in Roman Empire with so many Gods and Goddesses. And wide parts of Europe are barbarian contries at that time. But St. Paul follows the vision that God has given to him.

Trotzdem zögern Paulus und seine Missionare nicht, das Wagnis einzugehen. Sie hören auf die Eingebung Gottes:

10 Als er aber die Erscheinung gesehen hatte, da suchten wir sogleich nach Mazedonien zu reisen, gewiss, dass uns Gott dahin berufen hatte, ihnen das Evangelium zu predigen.

Lukas erzählt auf einmal in der Wir-Form; vielleicht gehört er selbst zur Reisegruppe des Paulus. Gemeinsam kommen sie zur Überzeugung: Dieser Traum ist kein Schaum. Hier setzt uns Gott auf eine neue Spur. Darum:

Lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist groß Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende.

The Lord be with you!

Der Herr sei mit euch! „Und mit deinem Geist!“

Gott, wir bitten dich, schenke auch uns das Vertrauen zu dir. Lass uns deinem Sohn Jesus Christus nachfolgen, setze uns auf seine Spur. Lenke uns durch deinen guten Geist – im persönlichen und im öffentlichen Leben, in Deutschland, in Europa und in der Welt.

God, help us to trust in you and lead our lives – personally and publicly – according to your peace and your justice and your love.

Darum bitten wir dich im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Wir hören, was Lukas in der Apostelgeschichte 16 vom Beginn der christlichen Mission in Europa erzählt:

11 Da fuhren wir von Troas ab und kamen geradewegs nach Samothrake, am nächsten Tag nach Neapolis

12 und von da nach Philippi, das ist eine Stadt des ersten Bezirks von Mazedonien, eine römische Kolonie. Wir blieben aber einige Tage in dieser Stadt.

13 Am Sabbattag gingen wir hinaus vor die Stadt an den Fluss, wo wir dachten, dass man zu beten pflegte, und wir setzten uns und redeten mit den Frauen, die dort zusammenkamen.

14 Und eine gottesfürchtige Frau mit Namen Lydia, eine Purpurhändlerin aus der Stadt Thyatira, hörte zu; der tat der Herr das Herz auf, so dass sie darauf achthatte, was von Paulus geredet wurde.

15 Als sie aber mit ihrem Hause getauft war, bat sie uns und sprach: Wenn ihr anerkennt, dass ich an den Herrn glaube, so kommt in mein Haus und bleibt da. Und sie nötigte uns.

Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren. Halleluja. „Halleluja, Halleluja, Halleluja!“

Liebe Eltern, liebe Paten, liebe Gemeinde! Als die ersten Missionare nach Europa kommen, da scheint es zunächst, als sei die Vision des Paulus doch ein Hirngespinst gewesen. Sie durchqueren Landstriche und Ortschaften, aber da ist kein Mazedonier, der Hilfe sucht. Schließlich finden sie an einem Fluss außerhalb von Philippi eine Gebetsstätte, und hier lassen sich die ersten Europäer – nein, Europäerinnen! – von Paulus ansprechen. Eine von ihnen nennt Lukas beim Namen: die Geschäftsfrau Lydia lässt sich als erste europäische Christin taufen.

Damals ist das normal: erwachsene Menschen werden getauft, d. h. untergetaucht in einem Fluss, zum Zeichen, dass sie ihr altes Leben ohne Christus hinter sich lassen und durch Gottes Geist wie neugeboren aus dem Wasser wieder auftauchen.

We heard the story of the first European person to be baptized by St. Paul. It was a business woman called Lydia in a Roman colony named Philippi. She and her household were baptized, that means it was the first time to baptize not only grown-up people but also children together with their parents.

Im Falle der Lydia erzählt die Bibel zum ersten Mal, dass außer ihr auch alle getauft werden, die zu ihrem Haus gehören, auch die Kinder.

Mit der Mission des Paulus in Europa beginnt also auch die Sitte, dass nicht nur Erwachsene, sondern schon kleine Kinder getauft werden.

Heute taufen wir … und … . Wir gehen nicht zur Lahn und tauchen sie nicht ganz im Wasser unter; wir gießen drei Handvoll Wasser über ihren Kopf und erklären damit: Diese Kinder sind Geschöpfe Gottes, des Vaters, sie gehören zu Jesus Christus, sie werden beschenkt mit Gottes Heiligem Geist.

Today we baptize … and … . Wir don’t do that in the Lahn river, no, we take three hands full of water and pour them over the heads of the children and thus declare: these children are created by God who is our Father in heaven, they belong to Jesus Christ, and God’s Holy Spirit will be strong in them.

Die Taufe gibt es nur einmal. Sie gilt für das ganze Leben und macht deutlich: Gott sagt Ja zu diesem einmaligen Menschen. Was auch immer geschieht, Gott gibt ihn nicht auf, lässt ihn nicht im Stich.

Lieber Herr und liebe Frau …, Sie haben für Ihren dritten Sohn … als Taufspruch Psalm 91, 11 ausgewählt:

[Gott] hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen.

Der kleine … ist ein ruhiger und lieber kleiner Mensch, der von seinen großen Brüdern … und … manchmal ganz schön verwöhnt wird. Er erfährt in seiner Familie, was es bedeutet, rundum versorgt zu sein mit allem, was ein Kind braucht; gut ist es, wenn er auch als Heranwachsender und Erwachsener nie das Gefühl verliert, auf allen Wegen behütet zu sein. Wer auf Gott und seine guten Engelmächte vertrauen kann, muss diese Welt nicht für einen bösen Ort halten, sondern kann sich willkommen fühlen unter Menschen, für die er auch mitverantwortlich ist.

Der Name … stammt übrigens aus der Bibel; einer der Propheten hat so geheißen.

Auch das andere Kind, das wir taufen, trägt den Namen eines biblischen Propheten: …, das ist der Name … auf Englisch.

Both children that are baptized today are named according the names of Biblical prophets: … and … .

Dear Mr. … und liebe Frau …, Sie haben für Ihren Sohn einen Taufspruch ausgewählt, der vom Propheten Jesaja 41, 10 stammt – you chose a verse from Isaiah the prophet for your son. Gott spricht:

Fürchte dich nicht, ich bin mit dir; weiche nicht, denn ich bin dein Gott. Ich stärke dich.

Fear not, for I am with thee: turn not aside, for I am thy God: I have strengthened thee.

Um sich nicht fürchten zu müssen in dieser Welt, ist es wichtig, nicht allein zu sein. Um Angst zu überwinden und Mut zum Leben zu gewinnen und zu bewahren, braucht jeder Mensch viel Kraft. Gott ist zuverlässig und stark genug, um uns die Kraft zu geben, die wir brauchen.

God is strong and reliable enough to give us the strength we need. He gives us the power of love that helps us to get a feeling for the real needs of others and of our own soul.

Besondere Stärke schenkt uns Gott – keine brutale Gewalt, mit der man Menschen beiseitedrängt oder verletzt, sondern die Macht der Liebe, die uns zu spüren hilft, was im Kontakt zu anderen Menschen dem andern und auch der eigenen Seele gut tut.

Now we sing the song number 619 – changing between the German verse number 1, then the english verse number 1 and so on.

Von Gott, der alles in der Hand hält, singen wir nun das Lied 619, abwechselnd eine Strophe deutsch und englisch:

1) Er hält die ganze Welt in seiner Hand, er hält die ganze Welt in seiner Hand, er hält die ganze Welt in seiner Hand, Gott hält die Welt in seiner Hand. He’s got the whole world in his hands…

2) Er hält das winzigkleine Baby in seiner Hand… He’s got the tiny little baby in his hands…

3) Er hält die Sonne und den Mond in seiner Hand… He’s got the sun and the moon…

4) Er hält auch dich und mich in seiner Hand… He’s got you and me brother in his hands, he’s got you and me sister in his hands, he’s got you and me children, in his hands, he’s got the whole world in his hands.

Now we profess our faith in the old words of The Apostles‘ Creed – you may do it in English as well as we do it in German.

Gemeinsam bekennen wir unseren christlichen Glauben, stellvertretend auch für die Kinder, die wir taufen:

Glaubensbekenntnis und Taufen

Wir singen das Lied 321; auch dieses Lied können wir gleichzeitig auf Deutsch und auf Englisch singen. In the hymn book there is the English version of song number 321 – let’s sing it together:

1. Nun danket alle Gott mit Herzen, Mund und Händen, der große Dinge tut an uns und allen Enden, der uns von Mutterleib und Kindesbeinen an unzählig viel zugut bis hierher hat getan.

2. Der ewigreiche Gott woll uns bei unserm Leben ein immer fröhlich Herz und edlen Frieden geben und uns in seiner Gnad erhalten fort und fort und uns aus aller Not erlösen hier und dort.

3. Lob, Ehr und Preis sei Gott dem Vater und dem Sohne und Gott dem Heilgen Geist im höchsten Himmelsthrone, ihm, dem dreiein’gen Gott, wie es im Anfang war und ist und bleiben wird so jetzt und immerdar.

1. Now thank we all our God with hearts and hands and voices, who wondrous things has done, in whom his world rejoices; who from our mother’s arms has blest us on our way with countless gifts of love, and still is ours today.

2. O may this bounteous God through all our life be near us, with ever joyful hearts and blessed peace to cheer us; and keep us in his grace, and guide us when perplex’d, and free us from all ills, in this world and the next.

3. All praise and thanks to God the Father now be given, the Son, and him who reigns with them in highest heaven: the one eternal God, whom earth and heav’n adore; for thus it was, is now, and shall be evermore.

Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Liebe Gemeinde! Paulus wählt Europa als Missionsland und legt mit der Taufe der Purpurhändlerin Lydia und ihrer Familie in Philippi den Grundstein für die erste christliche Gemeinde auf europäischem Boden. Doch was passiert nach dieser Europawahl des Paulus? Hat das, was damals um das Jahr 50 in Europa geschieht, irgendetwas zu tun mit unserer heutigen Europawahl im Jahr 2004?

Is there any connection between the European choice of St. Paul in the year 50 after the Birth of Christ and the Election for the European Parliament today?

Schauen wir, was Lukas weiter vom Aufenthalt des Paulus und seiner Begleiter in Philippi erzählt:

16 Es geschah aber, als wir zum Gebet gingen, da begegnete uns eine Magd, die hatte einen Wahrsagegeist und brachte ihren Herren viel Gewinn ein mit ihrem Wahrsagen.

17 Die folgte Paulus und uns überall hin und schrie: Diese Menschen sind Knechte des allerhöchsten Gottes, die euch den Weg des Heils verkündigen.

18 Das tat sie viele Tage lang. Paulus war darüber so aufgebracht, daß er sich umwandte und zu dem Geist sprach: Ich gebiete dir im Namen Jesu Christi, dass du von ihr ausfährst. Und er fuhr aus zu derselben Stunde.

Auch die zweite Person auf europäischem Boden, von der die Bibel ausführlich erzählt, ist eine Frau: eine Sklavin, die die Gabe der Wahrsagerei hat. Paulus wird hier sehr menschlich dargestellt: er zeigt Nerven. Die Wahrsagerin hat zwar Recht mit dem, was sie sagt, aber Paulus fühlt sich von ihr belästigt. Er spürt auch, dass die Frau nicht Herrin im Haus ihres eigenen Bewusstseins ist, sondern besessen ist von dem Zwang, wahrsagen zu müssen, egal ob jemand das hören will oder nicht. So vollbringt Paulus eine erste Wundertat in Europa: Ohne ihre Herren zu fragen, befreit er die Sklavin von ihrer Besessenheit, das heißt, er schenkt ihr innere Freiheit.

St. Paul gives freedom to a slave girl – inner freedom in her soul, he takes a demon away from her. But now she can no longer tell the future to people and is of no use for her slave owners. St. Paul and his companion Silas are accused as Troublemakers and are thrown into jail, flogged and chained.

Diese Aktion bleibt aber nicht ohne Folgen, denn was für die Sklavin gut ist, macht den Profit ihrer Besitzer kaputt:

19 Als aber ihre Herren sahen, dass damit ihre Hoffnung auf Gewinn ausgefahren war, ergriffen sie Paulus und Silas, schleppten sie auf den Markt vor die Oberen

20 und führten sie den Stadtrichtern vor und sprachen: Diese Menschen bringen unsre Stadt in Aufruhr; sie sind Juden

21 und verkünden Ordnungen, die wir weder annehmen noch einhalten dürfen, weil wir Römer sind.

Die Sklavenbesitzer greifen sich zwei der Missionare heraus, Paulus und Silas, und zerren sie vor Gericht. Ihre Anklage gegen Paulus und Silas lautet: Unruhestiftung und Einführung antirömischer Sitten und Bräuche in Europa. Interessant ist: Man nimmt sie noch nicht als Christen wahr, nicht als Vertreter einer eigenständigen Religion, sondern beschimpft sie als Juden.

Wie urteilt das Gericht? Es ist nicht unabhängig im heutigen Sinne, sondern es besteht aus den Strategen, wie sie auf Griechisch heißen, das sind die Befehlshaber der römischen Kolonie in Philippi, am Rand des europäischen Festlands. Und diese Strategen fühlen sich offenbar abhängig von der Stimmung im Volk; sie lassen sich durch eine aufgewiegelte fremdenfeindliche Masse dazu hinreißen, hart gegen die christlichen Missionare vorzugehen:

22 Und das Volk wandte sich gegen sie; und die Stadtrichter ließen ihnen die Kleider herunterreißen und befahlen, sie mit Stöcken zu schlagen.

23 Nachdem man sie hart geschlagen hatte, warf man sie ins Gefängnis und befahl dem Aufseher, sie gut zu bewachen.

24 Als er diesen Befehl empfangen hatte, warf er sie in das innerste Gefängnis und legte ihre Füße in den Block.

Kaum sind Paulus und Silas ein paar Tage in Europa, schon sitzen sie im Knast, im härtesten Vollzug. Mich beeindruckt, dass sie trotzdem nicht den Mut verlieren. Sie wissen, dass Gott bei ihnen ist, dass seine Engel sie auch im Gefängnis behüten.

25 Um Mitternacht aber beteten Paulus und Silas und lobten Gott. Und die Gefangenen hörten sie.

26 Plötzlich aber geschah ein großes Erdbeben, so dass die Grundmauern des Gefängnisses wankten. Und sogleich öffneten sich alle Türen, und von allen fielen die Fesseln ab.

27 Als aber der Aufseher aus dem Schlaf auffuhr und sah die Türen des Gefängnisses offenstehen, zog er das Schwert und wollte sich selbst töten; denn er meinte, die Gefangenen wären entflohen.

Die Geschichte geht dramatisch weiter: Ein Erdbeben befreit die Gefangenen, sie haben Grund zum Jubeln. Aber der Gefängniswärter ist verzweifelt. Plötzlich gerät er in den Mittelpunkt der Geschichte. Er hat seine Pflicht vernachlässigt, sein Leben steht auf dem Spiel. Das könnte dem Paulus ja egal sein, aber…

28 Paulus aber rief laut: Tu dir nichts an; denn wir sind alle hier!

29 Da forderte der Aufseher ein Licht und stürzte hinein und fiel zitternd Paulus und Silas zu Füßen.

30 Und er führte sie heraus und sprach: Liebe Herren, was muss ich tun, dass ich gerettet werde?

Der Gefängnisdirektor ist überwältigt von dem, was er erlebt. Eben noch denkt er, sein Leben ist verwirkt, will er sich lieber selbst umbringen, als eine schreckliche Strafe erleiden zu müssen. Jetzt haben ihm diese Fremden aus Asien sozusagen sein Leben zurückgeschenkt.

Da fängt er an, noch viel grundsätzlicher zu fragen: Wie rette ich mein Leben? Was muss ich tun, um mit einer solchen Zuversicht leben zu können wie diese Männer?

31 Sie sprachen: Glaube an den Herrn Jesus, so wirst du und dein Haus selig!

32 Und sie sagten ihm das Wort des Herrn und allen, die in seinem Hause waren.

33 Und er nahm sie zu sich in derselben Stunde der Nacht und wusch ihnen die Striemen. Und er ließ sich und alle die Seinen sogleich taufen

34 und führte sie in sein Haus und deckte ihnen den Tisch und freute sich mit seinem ganzen Hause, dass er zum Glauben an Gott gekommen war.

Nach der Geschäftsfrau Lydia und einer Sklavin ist ein Gefängnisaufseher der erste europäische Mann, den Paulus und Silas durch ihr Verhalten im Gefängnis für Christus gewinnen.

St. Paul and Silas don’t lose their Faith in God when being in jail. They even sing Christian songs, and they experience an miracle: an earthquake destroys the walls of the jail, and the prisoners are free. But St. Paul doesn’t flee, in order not to bring the jailer into trouble. For the jailer, this is an even greater miracle: So he becomes the first European man to be baptized.

Am nächsten Morgen erfahren die Strategen von Philippi, was passiert ist. Sie wollen die Angelegenheit heimlich bereinigen. Offenbar ist ihnen nicht wohl bei der Sache.

35 Als es aber Tag geworden war, sandten die Stadtrichter die Amtsdiener und ließen sagen: Lass diese Männer frei!

36 Und der Aufseher überbrachte Paulus diese Botschaft: Die Stadtrichter haben hergesandt, dass ihr frei sein sollt. Nun kommt heraus und geht hin in Frieden!

Aber jetzt auf einmal pocht Paulus auf seine Rechte.

37 Paulus aber sprach zu ihnen: Sie haben uns ohne Recht und Urteil öffentlich geschlagen, die wir doch römische Bürger sind, und in das Gefängnis geworfen, und sollten uns nun heimlich fortschicken? Nein! Sie sollen selbst kommen und uns hinausführen!

Was nimmt sich Paulus hier heraus? Europa ist zwar für ihn ein fremder Erdteil, doch auch als Nicht-Europäer war er ein freier Bürger mit römischen Bürgerrechten. Darauf beruft sich Paulus. Das finde ich gerade heute interessant, am Tag unserer Europawahl. Dem Apostel Paulus war es nicht egal, welche Gesetze im Römischen Reich und speziell in Europa galten. Mit einem römischen Bürger durfte man nicht so umspringen wie mit einem Sklaven oder Barbaren.

Next morning, the town officials want to let St. Paul free, secretly, knowing not having done right. But St. Paul publicly confronts them with their guilt: they let him chain and torture and throw into jail although he is a Roman citizen. That is interesting especially on the day of the Election for the European Parliament – St. Paul insists on his civil rights – so should we do with our right to vote.

Paulus konnte damals noch nicht zur Wahl gehen und eine Partei wählen, die vielleicht auch den Sklaven mehr Rechte gegeben oder unabhängige Richter eingesetzt hätte. Ihm blieb nichts anderes übrig, als auf seine Rechte hinzuweisen und ansonsten die Willkür des Staates zu ertragen.

Aber ich finde, für uns kann das Beispiel des Paulus ein Ansporn sein, dass auch wir nicht freiwillig auf unsere Bürgerrechte verzichten. Ist unser Wahlrecht denn so wenig wert? Wir können und sollten heute zur Wahl gehen, gerade weil Politiker, heute wie damals, nur Menschen sind und Kontrolle durch Wähler ihnen gut tut. Wir können Paulus darin nacheifern, indem wir Parteien stärken, die für Bürgerrechte und Bürgerfreiheiten in Europa eintreten. Wer nicht wählen geht, stärkt Splittergruppen, von denen manche am liebsten die ganze Demokratie abschaffen würden.

Wie ist denn damals die Sache mit Paulus ausgegangen? Hat er Erfolg mit seiner mutigen Beschwerde bei den Strategen von Philippi?

38 Die Amtsdiener berichteten diese Worte den Stadtrichtern. Da fürchteten sie sich, als sie hörten, dass sie römische Bürger seien,

39 und kamen und redeten ihnen zu, führten sie heraus und baten sie, die Stadt zu verlassen.

Nicht immer läuft es so glimpflich ab. Hier führt christliche Zuversicht und Zivilcourage zu einem glücklichen Ende. Paulus und Silas verlassen die Stadt mit heiler Haut, keiner redet mehr von den gegen sie erhobenen Anklagen.

 40 Da gingen sie aus dem Gefängnis und gingen zu der Lydia. Und als sie die Brüder gesehen und sie getröstet hatten, zogen sie fort.

Wie sieht die Bilanz am Ende der ersten Europageschichte in der Bibel aus? Paulus und Silas haben in Europa viel erlebt, Herzen bewegt, Schicksale verändert, neue christliche Geschwister gewonnen. Der Glaube an Jesus hat in Europa Fuß gefasst.

When leaving Philippi as free men, St. Paul and his companions look back on good experiences. They moved hearts, changed fates, baptized men, women and children, brought Christian faith to Europe.

Ob Europa auch in Zukunft von christlichem Geist mitbestimmt wird, liegt noch heute an Menschen, die sich vom Geist Gottes leiten lassen. Amen.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.
Lied 269: Christus ist König, jubelt laut!

Barmherziger Gott, wir vertrauen dir die Kinder an, die wir getauft haben. Lass sie in unserer Mitte erfahren, dass sie auf dieser Welt willkommen sind und dass Liebe unter den Menchen kein leeres Wort sein muss.

Father in heaven, we pray for these children whom we have brought to you in their baptism. Let them feel that they are welcome in our world and that charity and love are not empty words.

Wir beten zu dir für uns selbst. Zeige uns den Platz, an dem unser Einsatz notwendig und sinnvoll ist und gib uns die Kraft und die Ausdauer, damit wir nicht aufgeben.

Show us the tasks for us to do and give us strength enough to do our job good.

Dir vertrauen wir uns an – auch mit Fragen, auf die wir keine Antwort finden. Denn du bist allein der Ewige, von dem unser irdisches Leben ausgegangen ist und zu dem es zurückkehrt. Du kennst unsere Freude und unsere Tränen; Gott, behüte uns und lass uns niemals verloren gehen! Amen.

God, you know our happiness and our sadness and our guilt. God, be with us every day.

In der Stille bringen wir vor Gott, was wir außerdem auf dem Herzen haben:

Gebetsstille und Vater unser
Lied 634 – Earth belongs to God – Die Erde ist des Herrn
Abkündigungen

Geht mit Gottes Segen:

Der Herr segne euch und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

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The Text of the Bible – Acts, Chapter 16:

5 And the churches were confirmed in faith, and increased in number daily.

6 And when they had passed through Phrygia, and the country of Galatia, they were forbidden by the Holy Ghost to preach the word in Asia.

7 And when they were come into Mysia, they attempted to go into Bythynia, and the Spirit of Jesus suffered them not.

8 And when they had passed through Mysia, they went down to Troas. And a vision was shewed to Paul in the night, which was a man of Macedonia standing and beseeching him, and saying: Pass over into Macedonia, and help us.

10 And as soon as he had seen the vision, immediately we sought to go into Macedonia, being assured that God had called us to preach the gospel to them.

11 And sailing from Troas, we came with a straight course to Samothracia, and the day following to Neapolis;

12 And from thence to Philippi, which is the chief city of part of Macedonia, a colony. And we were in this city some days conferring together.

13 And upon the sabbath day, we went forth without the gate by a river side, where it seemed that there was prayer; and sitting down, we spoke to the women that were assembled.

14 And a certain woman named Lydia, a seller of purple, of the city of Thyatira, one that worshipped God, did hear: whose heart the Lord opened to attend to those things which were said by Paul.

15 And when she was baptized, and her household, she besought us, saying: If you have judged me to be faithful to the Lord, come into my house, and abide there. And she constrained us.

16 And it came to pass, as we went to prayer, a certain girl, having a pythonical spirit, met us, who brought to her masters much gain by divining.

17 This same following Paul and us, cried out, saying: These men are the servants of the most high God, who preach unto you the way of salvation.

18 And this she did many days. But Paul being grieved, turned, and said to the spirit: I command thee, in the name of Jesus Christ, to go out from her. And he went out the same hour.

19 But her masters, seeing that the hope of their gain was gone, apprehending Paul and Silas, brought them into the marketplace to the rulers.

20 And presenting them to the magistrates, they said: These men disturb our city, being Jews;

21 And preach a fashion which it is not lawful for us to receive nor observe, being Romans.

22 And the people ran together against them; and the magistrates rending off their clothes, commanded them to be beaten with rods.

23 And when they had laid many stripes upon them, they cast them into prison, charging the gaoler to keep them diligently.

24 Who having received such a charge, thrust them into the inner prison, and made their feet fast in the stocks.

25 And at midnight, Paul and Silas praying, praised God. And they that were in prison, heard them.

26 And suddenly there was a great earthquake, so that the foundations of the prison were shaken. And immediately all the doors were opened, and the bands of all were loosed.

27 And the keeper of the prison, awaking out of his sleep, and seeing the doors of the prison open, drawing his sword, would have killed himself, supposing that the prisoners had been fled.

28 But Paul cried with a loud voice, saying: Do thyself no harm, for we all are here.

29 Then calling for a light, he went in, and trembling, fell down at the feet of Paul and Silas.

30 And bringing them out, he said: Masters, what must I do, that I may be saved?

31 But they said: Believe in the Lord Jesus, and thou shalt be saved, and thy house.

32 And they preached the word of the Lord to him and to all that were in his house.

33 And he, taking them the same hour of the night, washed their stripes, and himself was baptized, and all his house immediately.

34 And when he had brought them into his own house, he laid the table for them, and rejoiced with all his house, believing God.

35 And when the day was come, the magistrates sent the serjeants, saying, Let those men go.

36 And the keeper of the prison told these words to Paul: The magistrates have sent to let you go; now therefore depart, and go in peace.

37 But Paul said to them: They have beaten us publicly, uncondemned, men that are Romans, and have cast us into prison: and now do they thrust us out privately? Not so; but let them come,

38 And let us out themselves. And the serjeants told these words to the magistrates. And they were afraid, hearing that they were Romans.

39 And coming, they besought them; and bringing them out, they desired them to depart out of the city.

40 And they went out of the prison, and entered into the house of Lydia; and having seen the brethren, they comforted them, and departed.

 

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