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Wozu einen Maulbeerbaum ins Meer verpflanzen?

Wenn das Meer für den Tod steht, für Todesmächte, die uns bedrohen, dann steht der Maulbeerbaum für das Leben, das Jesus schenkt, indem er uns in seine Nachfolge ruft. Und der Maulbeerbaum wurzelt sich ein, mitten im Meer des Todes, und verwandelt dieses Meer, so dass es zu einer Quelle der Liebe wird.

Ein Baum mit voller grüner Krone steht im Meer, unterhalb des Meeresspiegels, Fische und Delphine schwimmen um ihn herum
Wozu sollte man einen Maulbeerbaum in ein Meer versetzen wollen? (Bild: 1980supraPixabay)
#predigtGottesdienst am 15. Sonntag nach Trinitatis, den 16. September 2007, um 10.00 Uhr in der Pauluskirche Gießen

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Ich begrüße Sie und Euch in der Pauluskirche mit dem Wort aus 1. Petrus 5, 7:

Alle eure Sorge werft auf Gott, denn er sorgt für euch!

Im Mittelpunkt des Gottesdienstes steht heute das Thema „Glauben“. Was ist wirklich mit diesem Wort gemeint? Was ist ein starker oder ein schwacher Glaube? In der Predigt geht es um eine Bitte, die an Jesus von seinen Jüngern gerichtet wird: „Stärke uns den Glauben!“

Lied 166, 1+2+5+6:

1. Tut mir auf die schöne Pforte, führt in Gottes Haus mich ein; ach wie wird an diesem Orte meine Seele fröhlich sein! Hier ist Gottes Angesicht, hier ist lauter Trost und Licht.

2. Ich bin, Herr, zu dir gekommen, komme du nun auch zu mir. Wo du Wohnung hast genommen, da ist lauter Himmel hier. Zieh in meinem Herzen ein, lass es deinen Tempel sein.

5. Stärk in mir den schwachen Glauben, lass dein teures Kleinod mir nimmer aus dem Herzen rauben, halte mir dein Wort stets für, dass es mir zum Leitstern dient und zum Trost im Herzen grünt.

6. Rede, Herr, so will ich hören, und dein Wille werd erfüllt; nichts lass meine Andacht stören, wenn der Brunn des Lebens quillt; speise mich mit Himmelsbrot, tröste mich in aller Not.

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. „Amen.“

Wir sind in die Kirche gekommen, wir haben im Lied von der schönen Pforte gesungen, durch die wir in Gottes Haus hineingegangen sind, wir sind hier, weil Gott uns im Gottesdienst dienen will. Er ist hier mit seinem Licht, er ist hier mit seinem Wort, er ist hier mit seinem Trost.

Kommt, lasst uns anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Gott, du bist das Licht für uns. Trotzdem bleibt es oft in uns dunkel. Gott, du bist das Wort der Liebe. Und wir lassen es oft nicht an uns heran und erst recht nicht durch uns hindurch. Gott, du bist unser Trost. Und doch bleiben wir oft untröstlich und finden keinen neuen Mut zum Leben. Wir rufen zu dir:

Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

Gemeinsam beten wir mit Worten aus dem Psalm 71. Sie stehen im Gesangbuch unter der Nr. 732. Ich lese die linksbündigen Verse, lesen Sie bitte die eingerückten Teile:

1 HERR, ich traue auf dich, lass mich nimmermehr zuschanden werden.

2 Errette mich durch deine Gerechtigkeit und hilf mir heraus, neige deine Ohren zu mir und hilf mir!

3 Sei mir ein starker Hort, zu dem ich immer fliehen kann, der du zugesagt hast, mir zu helfen.

5 Denn du bist meine Zuversicht, HERR, mein Gott, meine Hoffnung von meiner Jugend an.

9 Verwirf mich nicht in meinem Alter, verlass mich nicht, wenn ich schwach werde.

20 Du lässest mich erfahren viele und große Angst …

21 und tröstest mich wieder.

23 Meine Lippen und meine Seele, die du erlöst hast, sollen fröhlich sein und dir lobsingen.

Lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist groß Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende“.

Der Herr sei mit euch „und mit deinem Geist.“

Um Glauben bitten wir dich, Gott, denn mehr brauchen wir nicht, um getrost leben zu können. Sei du selbst die Kraft des Glaubens in uns. Darum bitten wir dich im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Wir hören die Lesung aus dem Evangelium nach Lukas 17, 5-6:

5 Und die Apostel sprachen zu dem Herrn: Stärke uns den Glauben!

6 Der Herr aber sprach: Wenn ihr Glauben hättet so groß wie ein Senfkorn, dann könntet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Reiß dich aus und versetze dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen.

Herr, dein Wort ist unseres Fußes Leuchte und ein Licht auf unserem Wege. Halleluja. „Halleluja, Halleluja, Halleluja!“

Glaubensbekenntnis

Wir singen das Lied 184, das dem Glaubensbekenntnis nachgedichtet ist:

Wir glauben Gott im höchsten Thron
Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Liebe Gemeinde!

„Stärke uns den Glauben!“

So wird Jesus von seinen engsten Vertrauten bestürmt. Wörtlich steht da im griechischen Urtext der Bibel: „Füge uns Glauben hinzu!“, also: „Gib uns mehr Glauben!“

Würden wir uns dieser Bitte anschließen? Ist das etwas, was wir brauchen, wonach wir uns sehnen: mehr Glauben, ein möglichst starker Glaube? Was wünscht man sich eigentlich, wenn man um Glauben bittet?

Viele wünschen sich eine klare Beweislage. Sie sagen: „Glauben ist nicht genau wissen“, und fänden es schön, wissenschaftlich beweisen zu können, dass es Gott gibt, dass die Bibel Recht hat, dass man sich auf Jesus verlassen kann. Aber so etwas gibt es nicht. Ein starker Glaube ist nicht ein mit Beweisen abgesicherter Glaube.

Vielleicht denkt auch mancher von Ihnen: Beim Glaubensbekenntnis in der Kirche kann ich vieles nicht mit Überzeugung mitsprechen. Ist mein Glaube zu schwach, wenn ich einzelne Aussagen dieses Bekenntnisses anzweifele?

In der letzten Woche haben wir uns im Konfi-Unterricht sehr ausführlich mit dem Glaubensbekenntnis beschäftigt. Wir haben es in viele kleine Stücke aufgeteilt und jedes Mal gefragt: Wer kann Ja dazu sagen? Wer sagt Nein zu diesem Stück? Und wer hat Fragen dazu? Es wurden erstaunlich viele gute Fragen gestellt, zum Beispiel: Warum soll nur Jesus „Gottes Sohn“ sein, sind wir nicht alle Gottes Kinder? Oder: Wieso wird Jesus „Herr“ genannt, ist Gott nicht unser „Herr“? Nicht gewundert hat mich, dass es im einzelnen viele Zweifel an konkreten Glaubensaussagen wie der Jungfrauengeburt oder der Auferstehung gab. Das einzige über Gott, wozu alle Konfis Ja sagen, ist die Aussage: „Gott ist allmächtig.“ Und das einzige, womit alle Schwierigkeiten haben, ist die Vorstellung, dass Gott ein Vater sein soll.

Aber dann hat mich auch etwas sehr überrascht. Alle Konfis glauben an Gott. Alle glauben an Jesus. Und alle glauben an den Heiligen Geist, nur eine fragt sich, welcher Geist das denn ist. Für die meisten ist der Heilige Geist einfach der Geist Jesu oder Gott selber, und damit haben sie Recht: der Heilige Geist ist die Kraft, mit der Gott wirkt, und zwar die Kraft einer unendlich großen, allmächtigen Liebe.

Das heißt also: Man kann vieles bezweifeln im Glaubensbekenntnis und doch an Gott glauben, auf Jesus vertrauen. Viele Probleme, die wir mit dem Glaubensbekenntnis haben, sind Denkprobleme: Passt eine solche Vorstellung in mein Weltbild oder nicht? Aber Glaube ist mehr als Denken: Im Glauben gehören Fühlen und Denken, Wollen und Handeln zusammen. Glaube heißt nämlich in der Bibel immer „Vertrauen“. Es gibt offenbar eine solche Beziehung dieser Jugendlichen zu Gott, zu Jesus, zu seinem Geist der Liebe. In ihrem Leben spielt Gott eine Rolle, in welcher Weise auch immer, auch wenn sie mit einzelnen Aussagen über den Glauben Probleme haben.

Wer sich mehr Glauben wünscht, der muss also nicht alle Zweifel über das Glaubensbekenntnis aus dem Weg räumen. Ein starker Glaube besteht nicht darin, dass man sich zwingt, etwas für wahr zu halten, was man mit dem Verstand nicht einsehen kann. Also: Glaube ist Gottvertrauen. Alles andere ist Zugabe. Wenn ich an die Jungfrauengeburt glaube, aber nicht auf Jesus vertrauen kann, dann vertrete ich eine Meinung, aber das ist kein wirklicher Glaube. Wenn ich mir die Auferstehung Jesu und die Himmelfahrt ausmalen kann, aber ich weiß gar nicht, was dieser Jesus mit mir zu tun hat, dann hat auch das nichts mit einem starken Glauben zu tun. Vielen Menschen, auch mir selber, sind die einzelnen Aussagen des Bekenntnisses eine Hilfe zum Glauben, aber sie sind nicht das Wichtigste. „Gib uns mehr Glauben“, heißt also: „Gib uns mehr Gottvertrauen.“

Aber wer wünscht sich so etwas – Gottvertrauen? Sind das besonders fromme Leute, die jeden Sonntag in die Kirche gehen und mit dem lieben Gott auf Du und Du sind? Wenn es um die geht: Haben sie nicht schon genug Glauben? Warum sollten sie sich noch mehr davon wünschen?

Wenn man einmal abseits der Kirchenmauern ins Gespräch über Lebensfragen kommt, die ans Eingemachte gehen, wie man so sagt, über den Sinn des Lebens, über die Frage, ob man überhaupt jemandem vertrauen kann, ob sich ein Mensch in seinem Charakter ändern kann usw., dann stellt sich heraus: Viele dieser Fragen entpuppen sich als Suche nach dem Glauben, nach Gottvertrauen. Das Vertrauen zu Gott ist nämlich eng verknüpft mit dem Vertrauen, das man überhaupt hat. Ist diese Welt ein guter Ort? Kann mein Leben hier einen Sinn finden? Wohin soll ich gehen mit meiner Angst vor dem Tod, mit meiner Trauer über den Tod eines lieben Menschen? Wer gibt mir Mut, mehr gibt mir Selbstvertrauen, wer hilft mir, meine Angst zu überwinden, dass ich mich einmal ausspreche, ausweine, ungeklärte Fragen kläre? Hinter der Bitte „Gib uns mehr Glauben!“ kann der Hilfeschrei stecken: „Ich will nicht verzweifeln!“

Mancher wird überrascht sein: Auch in der Bibel gibt es erstaunlich viele Menschen, die sich deswegen mehr Glauben wünschen, weil sie zu wenig davon haben. Das gilt zum Beispiel für die Jünger, die Schüler, die Lehrlinge Jesu. Sie werden so genannt, weil sie mit ihm durchs Land ziehen und bei ihm in die Lehre gehen. Und immer wieder wirken sie so, als hätten sie überhaupt nichts gelernt. Wie im richtigen Leben eben.

Allerdings hier, als sie die Bitte um Glauben aussprechen, da nennt Lukas sie nicht „Jünger“, sondern „Apostel“. Apostel sind „Gesandte“, das heißt, Lehrlinge, die nun selber in den Fußstapfen ihres Meisters gehen. Wie es Jesus ihnen vorgelebt hat, ziehen sie auch schon mal ohne ihn durchs Land und kümmern sich um Menschen, die es schwer haben. Sie erzählen den Armen, den Kranken, den von Krieg und Unglück Betroffenen: „Gott hat euch nicht vergessen, ihr habt etwas zu erhoffen.“ Sie reden nicht nur, ihre Worte sind auch heilsam, sie flößen Menschen Vertrauen ein, sie vergeben Schuld im Auftrag Jesu, sie vertreiben böse Geister von Angst und Feindschaft und seelischer Zerrissenheit.

Aber die neuen Mitarbeiter von Jesus fühlen sich doch überfordert. Vielleicht denken sie: Das ist uns alles zu viel. Es gibt zu viel Leid auf dieser Welt. Unüberwindliche Armut. Unrecht, das zum Himmel schreit. Menschen, die verletzen, wenn sie sich schwach fühlen, und gleich draufschlagen, wenn sie etwas als Beleidigung empfinden. Und wenn wir uns einmischen, dann droht uns am Ende ein früher Tod, und was ist dann?

Apostel werden sie genannt. Aber Jünger Jesu, Lehrlinge, bleiben sie doch. Sie üben noch. Und uns würde es nicht anders gehen. Uns geht es nicht anders. Denn wir sind ja in der gleichen Lage wie sie. Auch wir als getaufte Christen sind ja von Jesus in seine Nachfolge gerufen, wir sind Lehrlinge Jesu, wir haben den gleichen Job zu lernen wie damals die Jünger, wir sind zu den Menschen gesandt, die uns anvertraut sind, die uns brauchen. Ein Apostel ist nicht immer einer, der als Missionar nach Afrika geht. Eine Apostelin kann die Schwester sein, die sich für ihren Bruder einsetzt. Ein Apostel kann der Freund sein, der einen Trauernden in den Arm nimmt, so dass er sich ausweinen und aussprechen kann. Ein Apostel ist jeder Mensch, der einem andern Menschen Mut zum Leben macht, der ihn auf den rechten Weg bringt, der ihm hilft, Selbstvertrauen und Gottvertrauen zu finden.

Aber nun sagen wir vielleicht auch: „Das müssen wir noch üben.“ Vielleicht haben wir Selbstvertrauen, aber wenn wir an dieses Selbstvertrauen dranklopfen, dann fühlt es sich hohl an, da steckt nichts dahinter außer einer maßlosen Selbstüberschätzung. Oder wir haben große Angst davor, uns überhaupt irgendjemandem anzuvertrauen. Wir sind zu oft enttäuscht worden. Wie sollen wir da auf Gott vertrauen können? Wir könnten also auch Jesus bitten: „Herr, stärke uns den Glauben! Gib uns mehr Glauben!“

Kommen wir nun zu der Antwort, die Jesus auf diese Frage gibt. Es ist auf den ersten Blick eine unmögliche Antwort:

6 Wenn ihr Glauben hättet so groß wie ein Senfkorn, dann könntet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Reiß dich aus und versetze dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen.

Ist das nicht unmöglich in doppeltem Sinn? Niemand von uns bringt das fertig, einen Baum nur mit Glaubenskraft zu entwurzeln und ihn nicht nur in anderem Erdboden, sondern sogar im Meer wieder neu zu pflanzen. Jesus muss das doch auch wissen! Wieso wirft er seinen Aposteln vor, das Unmögliche nicht zustandezubringen?

Aber auf den zweiten Blick bemerke ich: es ist gar kein Vorwurf. Es ist eine Ermutigung. Sie besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil sagt Jesus: „Ihr müsst euch gar nicht mehr Glauben wünschen. Auch ein kleiner Glaube reicht aus. Ein winziges Stück Vertrauen. Einfach die Einsicht: Allein komme ich nicht zurecht – kannst du, Gott, mir helfen?“

Jesus sagt uns damit: Wir alle hier in der Kirche sitzen im gleichen Boot. Keiner steht vor Gott besser da als ein anderer. Der mit dem kleinsten Glauben kann mit diesem Glauben genau so viel oder sogar mehr bewirken als der andere, dessen Glaube viel größer aussieht. Und keiner kann sich damit herausreden: „Jesus, ich habe von dir zu wenig Glauben mitbekommen, also mach‘s gut, du musst in dieser Welt ohne meine Mithilfe auskommen.“ Unser Gottvertrauen, auch wenn es noch so winzig ist, es reicht aus, um das zu tun, was Gott von uns will. Auch wenn es schwer fällt. Wenn wir uns nur darauf einlassen wollen.

Im zweiten Teil scheint die Ermutigung aber in eine maßlose Übertreibung umzukippen. Ein Gottvertrauen, so winzig wie das kleinste Samenkorn, reicht aus, so sagt Jesus, um Bäume ausreißen zu können. Das kennen wir als Redewendung, aber Jesus scheint uns wirklich zuzutrauen, jedem von uns, einen ganzen Maulbeerbaum auszureißen und sogar mitten im Meer wieder einzupflanzen. Die Bibelgelehrten sagen: Jesus verwendet hier die Redeform der Hyperbel, das ist eine bildhafte Übertreibung, um zu sagen: dem Glaubenden sind Dinge möglich, die ihm unmöglich vorkommen. So weit, so gut, aber hätte Jesus das nicht auch anders sagen können? Wieso benutzt er ausgerechnet dieses Bild?

Um das herauszufinden, habe ich nachgeschaut, wo in der Bibel sonst etwas ausgerissen und gepflanzt wird. Als Jeremia von Gott berufen wird, ein Prophet zu sein (Jeremia 1, 10), da tut Gott das mit diesen Worten:

10 Siehe, ich setze dich heute über Völker und Königreiche, dass du ausreißen und einreißen, zerstören und verderben sollst und bauen und pflanzen.

Das heißt: Wenn in der Bibel jemand ausreißen und pflanzen soll, dann ist nicht immer die Bestellung von Feld und Garten gemeint. Jeremia soll deutliche Worte gegen das Unrecht bestimmter Könige finden, er soll im Miteinander der Menschen Wurzeln der Ungerechtigkeit ausreißen und Frieden und Gerechtigkeit einpflanzen.

Der Prophet Jesaja hört ein Wort von Gott, in dem der Maulbeerbaum sogar wörtlich vorkommt (Jesaja 9, 7-12):

7 Der Herr hat ein Wort gesandt wider Jakob, und es ist in Israel niedergefallen,

8 dass alles Volk es innewerde…, die da sagen in Hochmut und stolzem Sinn:

9 Ziegelsteine sind gefallen, aber wir wollen’s mit Quadern wieder bauen. Man hat Maulbeerbäume abgehauen, aber wir wollen Zedern an ihre Stelle setzen.

10 Doch der HERR macht stark gegen sie ihre Bedränger…, und ihre Feinde stachelt er auf,

11 … dass sie Israel fressen mit vollem Maul. …

12 Aber das Volk kehrt nicht um zu dem, der es schlägt, und fragt nicht nach dem HERRN Zebaoth.

Vielleicht erinnert Jesus mit seinem Wort vom ausgerissenen und verpflanzten Maulbeerbaum an diese Jesajastelle. Als manche in Israel hoch hinaus wollten und etwas Besseres wollten als ein Häuschen aus Ziegelsteinen, als sie Paläste bauten aus Felsquadern, da war die Gerechtigkeit in Israel und auch Israel selbst bedroht: ohne Umkehr zu Gott und zu seiner Gerechtigkeit kann das Volk nicht überleben. Wer Maulbeerbäume ausreißt und stattdessen Zedern anpflanzt, der nimmt dem einfachen Mann seinen Lebensunterhalt, nur damit er mit kostbaren Zedernholz die Wände seiner Villen und Paläste vertäfeln kann.

Will Jesus sagen: Jetzt geschieht das Gleiche wie zur Zeit Jesajas? Tatsächlich war zu seiner Zeit das einfache Volk so verarmt wie nie, während die Reichen im Luxus lebten. Der Evangelist Lukas wusste, wohin das am Ende führte. Als er sein Evangelium schrieb, konnte kein Israelit mehr in Frieden unter seinem Maulbeerbaum wohnen. Im Jüdischen Krieg töteten die Römer am und im See Genezareth so viele Juden, dass sich das Wasser rot färbte. Denken seine Leser an dieses Galiläische Meer, wenn sie Jesus sagen hören, dass der Maulbeerbaum ins Meer eingepflanzt wird?

Dann wäre die Bitte der Jünger erst recht verständlich: „Stärke uns den Glauben, lass uns nicht verzweifeln, wir haben so Schreckliches erlebt!“ Jesus sagt: Gerade dann vertraut auf euren kleinen Glauben. Denn nicht euer Glaube trägt euch, sondern indem ihr euch Gott anvertraut, ist er des, der euch trägt und hält und tröstet. So kann in einem Meer des Todes der Maulbeerbaum des Lebens Wurzeln schlagen.

Wenn das Meer für den Tod steht, für alle Todesmächte, die uns bedrohen, dann steht der Maulbeerbaum für das Leben, das Jesus schenkt, indem er uns schlicht in seine Nachfolge ruft: „Auch wenn dein Vertrauen klein ist: Es reicht aus. Es reicht auf jeden Fall aus, um dir Hilfe zu suchen. Um den kleinen nächsten Schritt zu tun, der für dich dran ist. Dann fängt für dich neues Leben an.“

Und der Maulbeerbaum wurzelt sich ein, mitten im Meer des Todes, und verwandelt dieses Meer, so dass es zu einer Quelle der Liebe wird.

So wird der Maulbeerbaum auch zu einem Bild für Jesus selbst und für seine Auferstehung: Er wird herausgerissen aus dem Leben, er wird hineingeworfen in das Meer des Todes, und er überwindet den Tod, weil Gottes Liebe allmächtig ist – stärker als alle Mächte des Todes. Amen.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.
Lied 137, 1+2+7:

1. Geist des Glaubens, Geist der Stärke, des Gehorsams und der Zucht, Schöpfer aller Gotteswerke, Träger aller Himmelsfrucht; Geist, der einst der heilgen Männer, Kön’ge und Prophetenschar, der Apostel und Bekenner Trieb und Kraft und Zeugnis war:

2. Rüste du mit deinen Gaben auch uns schwache Kinder aus, Kraft und Glaubensmut zu haben, Eifer für des Herren Haus; eine Welt mit ihren Schätzen, Menschengunst und gute Zeit, Leib und Leben dranzusetzen in dem großen, heilgen Streit.

7. Gib uns der Apostel hohen, ungebeugten Zeugenmut, aller Welt trotz Spott und Drohen zu verkünden Christi Blut. Lass die Wahrheit uns bekennen, die uns froh und frei gemacht; gib, dass wir’s nicht lassen können, habe du die Übermacht.

Gott, wir danken dir, dass du mit uns gehst und uns trägst, dass du fest an uns glaubst. Wir danken dir, dass wir unser kleines Vertrauen auf dich richten dürfen – und dass dir kein Glaube zu klein ist. Wir bitten dich für alle Menschen, die sich nach Liebe sehnen, die Trost suchen, die alle Hoffnung aufgegeben haben. Wir bitten dich um Einsatzfreude, um Zivilcourage, um den Mut, für Schwache einzutreten.

Wir danken dir für den Kinderkirchentag gestern im Dekanat Gießen, als 400 Kinder voll Begeisterung miteinander Gottesdienst gefeiert und sich mit der Geschichte von Jesus und der Sturmstillung beschäftigt haben.

Heute beten wir besonders für zwei Mitglieder unserer Paulusgemeinde: für Frau Margot Kersten, geb. Scholz, und für Frau Johanna Strippel, geb. Gleiß, die beide im Alter von 69 Jahren gestorben sind. Lass sie in deiner Liebe für immer geborgen sein und im ewigen Frieden leben. Schenke ihren Angehörigen und Freunden deinen Trost und deine Hilfe, dass sie in der Trauer füreinander da sind und ihren Lebensmut bewahren.

In der Stille bringen wir vor dich, Gott, was wir außerdem auf dem Herzen haben, ungeklärte Fragen, Klagen, Zweifel und Bitten.

Stille und Vater unser
Lied 376:

1. So nimm denn meine Hände und führe mich bis an mein selig Ende und ewiglich. Ich mag allein nicht gehen, nicht einen Schritt: wo du wirst gehn und stehen, da nimm mich mit.

2. In dein Erbarmen hülle mein schwaches Herz und mach es gänzlich stille in Freud und Schmerz. Lass ruhn zu deinen Füßen dein armes Kind: es will die Augen schließen und glauben blind.

3. Wenn ich auch gleich nichts fühle von deiner Macht, du führst mich doch zum Ziele auch durch die Nacht: so nimm denn meine Hände und führe mich bis an mein selig Ende und ewiglich!

Abkündigungen

Und nun lasst uns mit Gottes Segen in den Sonntag gehen – wer möchte, ist im Anschluss noch herzlich zum Beisammensein mit Kaffee oder Tee im Gemeindesaal eingeladen.

Der Herr segne euch und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

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