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„In Demut achte einer den andern höher als sich selbst“

Im zweiten Kapitel des Philipperbriefs ermutigt Paulus die Menschen in seiner Lieblingsgemeinde zu einer einmütigen, einträchtigen Liebe. Seine Worte können einem Ehepaar Mut machen zu dem, was er Demut nennt: Ich nehme mich so, wie ich bin, weil Gott mich so liebt, wie ich bin. Dann kann ich auch den andern Menschen neben mir so gelten lassen, wie er ist.

Zwei herzförmige Pfannkuchen liegen nebeneinander, ein sehr großer und ein kleiner.
Demut macht mich nicht klein, Demut macht mich groß (Bild: jamesjppearce auf Pixabay)
Orgelvorspiel

Nachdem die Braut von ihrem Vater dem Bräutigam zugeführt worden ist, begrüße ich Sie beide hier vorn vor dem Traualtar und Sie alle als Hochzeitsgäste in der Pauluskirche zur kirchlichen Trauung von … und …!

Wir freuen uns an diesem Tag und wünschen uns, dass auch die kommenden Tage Freude mit sich bringen. Was brauchen wir dazu? Dass unsere Liebe nie aufhört. Dass man sich auf unser Wort verlassen kann. Dass unser Vertrauen zueinander immer größer wird.

Dankbar sind wir dafür, dass zwei sich gefunden und liebgewonnen haben. Dankbar sind wir dafür, dass Familie und Freunde uns begleiten, nicht nur heute am Feiertag, sondern auch im Alltag, wenn‘s drauf ankommt. Dankbar sind wir dafür, dass Gott uns das Leben und die Liebe schenkt.

Lied 334, 1-4: Danke für diese Hochzeitsfeier
Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Gottes Liebe, seine Freundlichkeit, sein Friede sei mit uns heute und alle Tage unseres Lebens. Freude und Leid teilen, ein Leben lang: das ist schön, aber auch schwer. Wir brauchen dich, Gott; du willst uns helfen. Wir bringen dir unsere Liebe und bitten um deinen Segen, um deine Nähe, um deinen Geist, der uns lebendig macht, heute und in den Jahren, die kommen. Amen.

Liebe … und lieber …!

Wenn man in der Kirche heiraten will, dann spricht man vorher mit dem Pfarrer und der fragt einen dann so merkwürdige Dinge wie: Warum wollen Sie eigentlich in der Kirche heiraten? Und man weiß gar nicht so recht, was man sagen soll, es gehört doch einfach dazu und es soll nicht nur so bürokratisch wie auf dem Standesamt zugehen. Da ist etwas dabei, was sich gar nicht leicht in Worte fassen lässt. Es ist mehr das ganze Geschehen – der Vater führt seine Tochter in die Kirche, übergibt sie in die Obhut eines anderen Mannes. Die Glocken läuten, die Orgel spielt, der Pfarrer predigt.

Ja, warum predigt der Pfarrer? Will er eine Standpauke halten? „Macht nur ja keinen Fehler, macht ja alles richtig, ihr werdet schon sehen!“ Nein, der Pfarrer, ich, hier und heute, will einfach ein bisschen Mut machen, damit Sie den Spaß an der Ehe nicht verlieren und Ihr gemeinsames Leben durchhalten für immer.

Der Apostel Paulus musste oft seinen Mitchristen eine Standpauke halten. Da gab es Streit – der eine sagte: Du glaubst falsch! und der andere: Nein, du glaubst falsch! Da gab es Heuchler – sie gingen zum Gottesdienst, aber sie betrogen ihre Frau.

Aber eine Gemeinde, die in Philippi, die war seine Lieblingsgemeinde. Die Leute dort hatten fast nie Streit, sie verstanden sich gut, sie halfen den Armen. Sie machten dem Paulus viel Freude.

Und einmal hat Paulus auch an diese Lieblingsgemeinde einen Brief geschrieben. Er hat erst einmal aufgezählt, worüber er sich freut (Philipper 2, 1):

Ihr sagt einander die Meinung, so dass ihr wisst, wo es lang geht. Ihr tröstet euch, weil ihr euch lieb habt. Ihr seid gern zusammen, ja ihr liebt euch.

Wenn Menschen zusammenleben, sollte es so sein. So kann man sich wohlfühlen, wo man sich freundschaftlich die Meinung sagt und tröstet und lieb hat.

Und genau so kann ich auch meine Predigt an Sie anfangen: Schön, dass Sie sich gefunden haben, dass Sie zueinander Ja sagen, dass Sie ihr Leben teilen wollen, egal was kommt. Und weiter sagt Paulus (Philipper 2, 2):

Macht meine Freude dadurch vollkommen, dass ihr eines Sinnes seid, gleiche Liebe habt, einmütig und einträchtig seid.

Das hört sich fast so an, als ob zwei Menschen, die sich lieben, nur noch ein Mensch sind und nicht mehr zwei. Ein Sinn, gleiche Liebe, Einmütigkeit, Eintracht.

Aber – so schön sich das anhört – ist das nicht doch ein bißchen eng? Was ist, wenn er mal etwas anderes im Sinn hat als sie? Was ist, wenn die Liebe mal ein bißchen Pause macht und bei ihr schwächer ist als bei ihm? Die Wirklichkeit ist ja nicht immer ideal. Von einem Frankfurter Fußballverein wissen wir: Nicht überall, wo Eintracht draufsteht, ist auch immer Eintracht drin…

Paulus weiß das auch. Er weiß genau, wie zerbrechlich die Liebe ist. Und zugleich weiß er, wie kostbar diese Liebe ist. Es geht nichts über diese Erfahrung, den einen Menschen gefunden zu haben, mit dem man vieles teilt, was man erlebt, dem man alles erzählen kann, mit dem man streiten kann und sich trotzdem jedesmal versöhnt, mit dem man alle Probleme meistert!

Seid eines Sinnes: Versperrt euch jedes Hintertürchen, als ob ein anderer Mensch vielleicht noch besser zu euch passen würde. Mit dieser Frau bist du eins, Mann. Mit diesem Mann bist du eins, Frau. Und das nicht nur wie bei Adam und Eva, wenn sie sich „erkennen“, wie die Bibel sagt, und ein Fleisch sind, sondern im Fühlen, im Denken, im Alltag, am Feiertag.

Habt die gleiche Liebe – also prüft euch immer gut, was für eine Liebe das ist. Manches nennt sich Liebe, was eigentlich nur Egoismus ist. Ich liebe dich – weil ich dich besitzen will. Ich liebe dich – weil ich stolz mit dir angeben kann. Paulus sagt (Philipper 2, 3a):

Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen!

Das wäre doch keine Liebe. Eine Liebe, die für immer halten soll, denkt an den anderen zuerst. Was habe ich davon, wenn mein Ego befriedigt ist – aber meine Frau, mein Mann ist enttäuscht, in seinen Gefühlen verletzt?

Liebe ist, wenn ich mit ihm, mit ihr darüber rede, was mich verletzt und belastet.

Liebe ist erst recht, wenn ich mich einfühle in das, was in ihr, in ihm wohl vorgeht.

Manchmal ist einem gerade der allernächste Mensch so furchtbar fremd, das ist ganz normal. Und dann kommt es darauf an, daß man es nicht aufgibt, sich immer besser kennenzulernen.
So rauft man sich zusammen, dabei können auch die Fetzen fliegen, aber – man haut nicht ab! Man ergreift nicht die Flucht vor dem, was manchmal auch in der schönsten Ehe weh tut und worüber man trotzdem – gerade deshalb reden muß:

  • Über das, was mich am anderen stört und noch mehr über die eigenen Macken.
  • Über Angewohnheiten und Kleinigkeiten, die im Alltag nerven.
  • Über das liebe Geld, das oft Anlass zum Streit ist.
  • Über die Frage, ob man Kinder will und wie viele.
  • Über Eifersucht und über Erziehung und vieles, vieles mehr.

Wann klappt es denn mit der Liebe? Paulus sagt es mit einem sehr alten, sehr schwierigen Wort: Demut. Er sagt (Philipper 2, 3b):

In Demut achte einer den andern höher als sich selbst.

Am letzten Sonntag hat mein Kollege über die Demut gepredigt. Er hat gesagt: Demut macht mich nicht klein, Demut macht mich groß. Demut ist das Gegenteil von Demütigung.

Was ist denn Demut? Demut ist das Gefühl, sehr viel geschenkt bekommen zu haben. Ich bin ein wertvoller Mensch, Gott hat mich unendlich lieb, ich bin einfach jemand. Ich bin groß, egal ob ich 1,69 bin oder 1,96. Ich brauche mich nicht größer zu machen, als ich bin. Ich brauche mich auch nicht zu schämen, weil ich nicht so bin wie andere. So empfinde ich, wenn ich Demut habe. Ich nehme mich so, wie ich bin, weil Gott mich so liebt, wie ich bin.

Wenn ich das kann, kann ich auch den andern Menschen neben mir so gelten lassen, wie er ist. Ich kann ihn sogar ein wenig höher achten als mich selbst, weil ich über meine eigenen Fehler besser Bescheid weiß als über seine. Jedenfalls, wenn ich ehrlich bin.

In guten Zeiten fällt das leichter in einer Ehe: Ich liebe dich – du bist mein Leben – du bist für mich wichtiger als ich selbst.

In schlechteren Zeiten müssen wir uns daran erinnern, was wir einmal versprochen haben, was Sie beide heute versprechen: Freude und Leid miteinander teilen, die Treue halten, egal was oder wer mir über den Weg läuft, meine Frau, meinen Mann höher achten als mich selbst.

Das ist nicht immer leicht, aber nur so bewahren wir uns das Geheimnis unserer Liebe – von ihr haben wir um so mehr, je mehr wir geben, je mehr wir unser engstirniges Ego aufgeben, je mehr wir unseren Stolz loslassen.

Um diese Liebe wagen zu können, brauchen wir viel Mut – und das Gefühl, dass immer genug Liebe für uns da ist. Und ich kann Ihnen versprechen: Liebe hängt nicht von uns allein ab. Liebe ist genug da in der Welt. Denn wir sind umgeben und getragen von dem Gott, der die Liebe ist.

Heute bitten wir diesen Gott um seinen Segen für Ihre Ehe. Das heißt: wir zapfen seine Liebe an, damit unsere Liebe gelingt. Wir trauen uns, aufeinander zu vertrauen, weil Gott uns eine Menge Liebe zutraut. Dann klappt es mit der Liebe. Amen.

Lied 619, 1-4: Er hält die ganze Welt in seiner Hand

Lieber …, liebe …! Im Vertrauen auf Gottes Liebe können Sie Ihre Ehe wagen, um einander glücklich zu machen – Ihr Leben lang.

Vor Gott und dieser Gemeinde frage ich Sie:

…, wollen Sie … als Ihre Ehefrau aus Gottes Hand annehmen, sie lieben und ehren, Freude und Leid mit ihr teilen und ihr die Treue halten, bis der Tod euch scheidet, so antworten Sie: Ja!

…, wollen Sie … als Ihren Ehemann aus Gottes Hand annehmen, ihn lieben und ehren, Freude und Leid mit ihm teilen und ihm die Treue halten, bis der Tod euch scheidet, so antworten Sie: Ja!

Der kleine … bringt uns Ihre Eheringe.

Nun stecken Sie einander Ihre Ringe an. Der Ring hat kein Ende, so soll auch Ihre Liebe ohne Ende sein. Tragen Sie diesen Ring als Zeichen Ihrer Treue!

Geben Sie einander Ihre rechte Hand. Was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden. Gott segne Sie und bewahre Sie in seiner Liebe.

Sie lieben einander, Sie sagen zueinander Ja, Sie tragen Ihre Ringe. Und nun mögen Sie, wenn Sie Lust haben, einander küssen!

Als kleines Geschenk Ihrer Kirchengemeinde überreiche ich Ihnen Ihre Traubibel! Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Trauung!

Lied 170, 1-2: Komm, Herr, segne uns, dass wir uns nicht trennen

Gott, es ist schön, zu lieben und geliebt zu werden. Wir fühlen uns wohl, wenn wir einander nahe sind. Dieses Gefühl soll sich nicht abnützen und verbrauchen. Lass es vielmehr wachsen und sich bewähren – in allem, was wir erfahren und erleben.

Gott, wir bitten Dich: Schenke diesem Ehepaar das Glück, das sie sich wünschen. Glück in unbeschwerten Stunden, Glück aber auch im Durchstehen von schweren Zeiten.

Gott, wir danken dir für die Menschen, die den Lebensweg der beiden bisher mitgegangen sind und zu denen sie Vertrauen haben. Schenke ihnen auch weiterhin solche Begleiter, auf die sie sich verlassen können.

Gemeinsam beten wir mit Jesu Worten:

Vater unser

Und nun geht mit Gottes Segen, um fröhlich Hochzeit zu feiern:

Der Herr sei vor dir, um dir den rechten Weg zu zeigen.
Der Herr sei neben dir, um dich in die Arme zu schließen.
Der Herr sei hinter dir, um dich zu bewahren vor der Heimtücke des Bösen.
Der Herr sei unter dir, um dich aufzufangen, wenn du fällst.
Der Herr sei in dir, um dich zu trösten, wenn du traurig bist.
Der Herr sei um dich herum, um dich zu verteidigen, wenn andere über dich herfallen.
Der Herr sei über dir, um dich zu segnen.

So segne uns alle der gütige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.

Orgelnachspiel und Auszug aus der Kirche

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