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„Du hast mich erlöst, HERR, du treuer Gott“

Zur Trauerfeier einer Frau, deren Tod eine Erlösung von schwerem Krankheitsleiden war, denke ich darüber nach, was Erlösung im biblischen Sinne bedeutet.

"Du hast mich erlöst, HERR, du treuer Gott": Christus, der Erlöser, bei Nacht in Rio de Janeiro fotografiert
Christus, der Erlöser, bei Nacht in Rio de Janeiro fotografiert (Bild: Luiz Antonio ToniPixabay)

Wir sind hier versammelt im Namen Gottes des Vaters, des Herrn über Leben und Tod, im Namen des Sohnes Jesus Christus, der alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis verborgen in sich trägt, und im Namen des Heiligen Geistes, der unser Tröster ist.

Liebe Trauergemeinde, gemeinsam nehmen wir heute Abschied von Frau R., die im Alter von [über 70] Jahren gestorben ist.

Wir sind traurig, weil dieser Mensch uns fehlt, diese Frau, die wir geliebt haben. Und doch sind wir dankbar für ihr Leben, und wir gönnen ihr die Erlösung von dem Kampf ihres Sterbens.

Mit allem, was wir empfinden, vertrauen wir uns Gott an. Wir beten mit Worten aus dem Psalm 31:

2 HERR, auf dich traue ich, lass mich nimmermehr zuschanden werden, errette mich durch deine Gerechtigkeit!

3 Neige deine Ohren zu mir, hilf mir eilends! Sei mir ein starker Fels und eine Burg, dass du mir helfest!

4 Denn du bist mein Fels und meine Burg, und um deines Namens willen wollest du mich leiten und führen.

6 In deine Hände befehle ich meinen Geist; du hast mich erlöst, HERR, du treuer Gott.

8 Ich freue mich und bin fröhlich über deine Güte, dass du mein Elend ansiehst und nimmst dich meiner an in Not

9 und übergibst mich nicht in die Hände des Feindes; du stellst meine Füße auf weiten Raum.

22 Gelobt sei der HERR; denn er hat seine wunderbare Güte mir erwiesen in einer festen Stadt.

Liebe Trauergemeinde!

Wir trauern um Frau R. Wir blicken zurück auf die Jahre ihres Lebens.

Erinnerungen an das Leben der Verstorbenen

Wir können sagen, dass ihre Familie ihr alles bedeutete. Sie war dankbar für so viele glückliche Ehe- und Familienjahre, und die drei Friedenstauben auf der Trauerkarte sollten andeuten, wie wichtig ihr das harmonische Zusammenleben im friedlichen Einklang miteinander gerade in ihrer Familie war.

Die letzten Wochen ihres Lebens waren hart für sie und ihre Familie. Es waren Tage zwischen Hoffen und Bangen. Sie mussten das Elend der Sterbenden mit ansehen und konnten es nicht ändern. Eine Entscheidung allerdings konnten Sie gemeinsam treffen, auch wenn es nicht leicht war: nämlich ihr Leiden nicht durch eine sinnlose Operation noch zu verlängern. Am Ende war der Tod dann doch eine Erlösung für sie; und auch Ihnen, die Sie bei ihr ausgeharrt haben, wurde eine Last von den Schultern genommen.

Das ist angesichts Ihres großen Verlustes nur ein kleiner Trost; die Trauer um einen Menschen, den man so sehr geliebt hat, tut trotzdem weh; Trauer ist ein Weg, der gegangen werden muss und den man sich nicht ersparen kann. Wie sehr Ihnen Ihre Frau, Ihre Mutter und Großmutter fehlen wird, das wird erst in der Zukunft deutlich werden.

Dennoch möchte ich mit Ihnen heute noch ein wenig über das Thema „Erlösung“ nachdenken. In der Bibel ist oft von Erlösung die Rede, dort aber heißt es nirgends, dass der Tod selbst eine Erlösung von Qualen darstellt, sondern der Erlöser ist immer Gott oder in seinem Auftrag der Sohn Gottes, Jesus Christus. Und von Gott heißt es, dass er die Menschen vom Tode erlöst.

Wo in unseren deutschen Bibel das Wort „erlösen“ steht, kann man oft für das hebräische oder griechische Wort im Urtext der Bibel auch etwas anderes sagen: „befreien“, „retten“, „eine Last von den Schultern nehmen“. Das Wort wird benutzt für die Befreiung des Volkes Israel aus dem Sklavendienst in Ägypten, ebenso wie für die Rettung aus allen Mächten der Sünde, die für die Bibel Todesmächte sind. Erlöst ist das Volk, das in Freiheit und Frieden leben kann und das nach innen und außen kein Unrecht duldet. Erlöst sind die Menschen, die im Einklang mit Gott und ihren Mitmenschen und so auch mit sich selbst leben.

Das heißt also: schon mitten im Leben sind wir bedroht von Todesmächten, wo Unfrieden herrscht, wo Unrecht getan und geduldet wird, vielleicht auch da, wo man menschliches Leid verlängert, um Gelegenheit zu experimentellem Lernen zu haben.

Das heißt aber auch: Genau hier, mitten in unserem Leben diesseits des Todes, der uns alle einmal treffen wird, erringen wir kleine Siege gegen den Tod, wo die Liebe stärker ist als Gleichgültigkeit und angebliche Sachzwänge, wo wir mutig Angst überwinden, wo wir gemeinsam Trauer bewältigen.

Im Hohenlied der Liebe Salomos heißt es (Hohelied 8, 6):

Liebe ist stark wie der Tod.

Und in SEINEM Hohenlied der Liebe sagt Paulus, was über den Tod hinaus bleibt (1. Korinther 13, 13):

Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung und Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.

Das ist, denke ich, ein noch größerer Trost als der, dass der Tod für Frau R. eine Erlösung aus Elend und Schmerzen war. Denn wer sich mit Liebe an einen geliebten Menschen erinnert, dessen Schmerz ist groß, aber er muss sich nicht vorwerfen, zu wenig geliebt zu haben. Wer geliebt hat und Liebe empfangen hat, kann mit dankbarem Herzen zurückblicken.

Im Psalm 31, 6 haben wir vorhin gebetet:

In deine Hände befehle ich meinen Geist; du hast mich erlöst, HERR, du treuer Gott.

Wenn wir es so formulieren, dann ist es nicht die dunkle Macht des Todes selbst, die uns erlöst, sondern Gott erlöst uns. Gott, der die Liebe selbst ist, er begegnet uns sogar im tiefsten Elend, in der dunkelsten Nacht, sogar im Sterben, sogar im Tod. Es ist wohl wahr (Psalm 68, 20):

Gott legt uns eine Last auf.

Aber nicht weniger wahr ist der folgende Satz:

Aber er hilft uns auch.

Diese Welt ist nicht ein sinnloser Ort, sondern hier soll Liebe empfangen, gegeben, gelebt werden, dazu hat Gott sie geschaffen, dazu hat Gott uns geschaffen. Und so, wie Gott uns unseren Geist, unseren Atem, unsere Seele gegeben hat, so kehren unsere Lebensgeister am Ende in seine Hände zurück (Psalm 31, 6):

In deine Hände befehle ich meinen Geist.

Was damals der Psalmbeter getan hat, dass er seinen Geist der Treue Gottes anbefiehlt, anvertraut, das tun wir heute auch im Blick auf Frau R. Wir vertrauen sie dem Gott an, der sie am Ende ihres Lebens in Liebe und mit Ehren annimmt.

Gott hat sie erlöst in doppeltem Sinn: Durch ihren Tod zu diesem Zeitpunkt hat er sie bewahrt vor weiterem sinnlosen Leiden hier in diesem Leben. Und nach ihrem Durchgang durch das Tor des Todes ist sie erlöst von allen Mächten des Todes – er wischt alle ihre Tränen ab, er schenkt ihr ewig Freude und Frieden in seinem Himmelreich. Wie das aussieht, wissen wir nicht. Aber wir dürfen zuversichtlich sein: Gott ist treu und lässt uns im Tode nicht verloren gehen.

In deine Hände befehle ich meinen Geist; du hast mich erlöst, HERR, du treuer Gott.

Amen.

Wir singen aus dem Lied 361 des Liederdichters Paul Gerhardt die Strophen 1 und 12:

1. Befiehl du deine Wege und was dein Herze kränkt der allertreusten Pflege des, der den Himmel lenkt. Der Wolken, Luft und Winden gibt Wege, Lauf und Bahn, der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann.

12. Mach End, o Herr, mach Ende mit aller unsrer Not; stärk unsre Füß und Hände und lass bis in den Tod uns allzeit deiner Pflege und Treu empfohlen sein, so gehen unsre Wege gewiss zum Himmel ein.

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