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Passionsfreude

Paulus freut sich darüber, auch im Gefängnis für Jesus eintreten zu können. Indem er ungerecht leiden muss, macht er „in aller Öffentlichkeit sichtbar“, wie groß Christus ist, wie stark die Feindesliebe Jesu ist, wie sehr Paulus sich von diesem Christus getragen fühlt. Lasst uns von ihm lernen: Gott und Christus zu loben in allem, was uns widerfährt.

Ein vergittertes Fenster im Torre de Belem in Lissabon
Ob Paulus in seinem Gefängnis ein Fenster mit Blick nach draußen hatte? (Bild: Nuno LopesPixabay)

direkt-predigtGottesdienst am Sonntag Laetare, 18. März 2012, um 10.00 Uhr in der Pauluskirche Gießen

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Ich begrüße alle herzlich mit dem Wort zur Woche aus dem Evangelium nach Johannes 12, 24:

„Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.“

Heute ist der 4. Sonntag in der Passionszeit. Er trägt den Namen „Laetare“, das heißt „Freut euch!“ Also: mitten in der traurigen Zeit, in der man über den Weg Jesu in sein Leiden nachdenkt, gibt es einen Sonntag der Freude. Damit wird deutlich: Die Passionszeit will nicht niederdrücken, ist keine Einladung zur Depression. Sie lädt vielmehr dazu ein, sich dem Leben zu stellen, das aus Höhen und Tiefen besteht, die im Vertrauen auf Gott bewältigt werden können.

Wir singen das Lied 398:

1. In dir ist Freude in allem Leide, o du süßer Jesu Christ! Durch dich wir haben himmlische Gaben, du der wahre Heiland bist; hilfest von Schanden, rettest von Banden. Wer dir vertrauet, hat wohl gebauet, wird ewig bleiben. Halleluja. Zu deiner Güte steht unser G’müte, an dir wir kleben im Tod und Leben; nichts kann uns scheiden. Halleluja.

2. Wenn wir dich haben, kann uns nicht schaden Teufel, Welt, Sünd oder Tod; du hast’s in Händen, kannst alles wenden, wie nur heißen mag die Not. Drum wir dich ehren, dein Lob vermehren mit hellem Schalle, freuen uns alle zu dieser Stunde. Halleluja. Wir jubilieren und triumphieren, lieben und loben dein Macht dort droben mit Herz und Munde. Halleluja.

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. „Amen.“

Wir beten mit Worten aus dem Psalm 13, im Gesangbuch schlagen wir dazu die Nr. 706 auf. Ich lese die eingerückten Teile, Sie bitte die linksbündigen Verse:

Wie lange soll ich mich ängsten?

2 Herr, wie lange willst du mich so ganz vergessen? Wie lange verbirgst du dein Antlitz vor mir?

3 Wie lange soll ich sorgen in meiner Seele und mich ängsten in meinem Herzen täglich? Wie lange soll sich mein Feind über mich erheben?

4 Schaue doch und erhöre mich, Herr, mein Gott! Erleuchte meine Augen, dass ich nicht im Tode entschlafe,

5 dass nicht mein Feind sich rühme, er sei meiner mächtig geworden, und meine Widersacher sich freuen, dass ich wanke.

6 Ich aber traue darauf, dass du so gnädig bist; mein Herz freut sich, dass du so gerne hilfst. Ich will dem Herrn singen, dass er so wohl an mir tut.

Kommt, lasst uns anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Leid ist oft erschütternd und schockierend, Angst kann die Seele aufessen, Trauer kann Menschen an den Rand der Verzweiflung bringen. Aber gerade wer weinen kann, kann schon bald auch wieder lachen, da oft beides zum Leben gehört, Schweres erfahren und getröstet zu werden, in ein tiefes Loch zu fallen und gleichzeitig die Herausforderung zu bewältigen, eine Familie zu versorgen.

Glück, Liebe und Freundschaft zu erfahren, ist die größte Freude vieler Menschen; doch manchmal nehmen wir all diese Geschenke viel zu selbstverständlich hin. Mitten in Glück und Freude rufen wir dankbar zu dir, um dich nicht zu vergessen. Mitten in Trauer, Angst und Leid, rufen wir zu dir, dass du uns nicht vergisst.

Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

Gott, du verwandelst unsere Trauer, so dass wir unter Tränen neue Freude empfinden. Gott, du verwandelst unsere Angst, dass wir in Ängsten doch neuen Mut gewinnen. Gott, du verwandelst unser Glück, dass wir bewusster leben, voller Dankbarkeit und mit deiner Liebe im Herzen.

Lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist groß Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende“.

Der Herr sei mit euch „und mit deinem Geist.“

Wir bitten dich, Gott, um Worte, die unser Herz anrühren, unseren Verstand zum Denken anregen und unseren Willen prägen, so dass wir im Vertrauen auf dich nach deinem Willen leben. Darum bitten wir dich im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Wir hören die Schriftlesung aus dem Evangelium nach Johannes 12, 20-26:

20 Es waren aber einige Griechen unter denen, die heraufgekommen waren, um anzubeten auf dem Fest.

21 Die traten zu Philippus, der von Betsaida aus Galiläa war, und baten ihn und sprachen: Herr, wir wollten Jesus gerne sehen.

22 Philippus kommt und sagt es Andreas, und Philippus und Andreas sagen’s Jesus weiter.

23 Jesus aber antwortete ihnen und sprach: Die Zeit ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht werde.

24 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.

25 Wer sein Leben lieb hat, der wird’s verlieren; und wer sein Leben auf dieser Welt hasst, der wird’s erhalten zum ewigen Leben.

26 Wer mir dienen will, der folge mir nach; und wo ich bin, da soll mein Diener auch sein. Und wer mir dienen wird, den wird mein Vater ehren.

Herr, dein Wort ist unseres Fußes Leuchte und ein Licht auf unserem Wege. Amen. „Amen.“

Glaubensbekenntnis

Wir singen das Lied 579, 1-4:

Das Weizenkorn muss sterben, sonst bleibt es ja allein
Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Liebe Gemeinde,

manchmal gibt es Meldungen in den Nachrichten, die wühlen uns so auf, dass wir sie kaum an uns heranlassen möchten. Am Mittwoch hatte ich einen Tag voller Sitzungen, von morgens bis abends, und zwischen drin sagte eine unserer muslimischen Mütter im Kindergarten-Ausschuss: Haben Sie von dem Busunglück gehört, das kam in den Nachrichten? Ein ganzer Bus voller Schüler verunglückt, und so viele tot. Man mag sich nicht vorstellen, wie es den Eltern dieser Kinder ergeht. Man hofft, niemals in eine solche Situation zu geraten.

Im Fernsehen, in der Zeitung oder in persönlichen Gesprächen sprechen Menschen über ihre Betroffenheit. Manche möchten das ganz bewusst nicht tun, weil sie das zu sehr belastet. Ich kann das gut verstehen, zumal, wenn man mit seinen Kräften haushalten muss und seine Energie braucht, um sein eigenes Leben zu bewältigen und für die Menschen da zu sein, die einem anvertraut sind. Andere sagen: Ich kann die Gedanken an so etwas Schreckliches sowieso nicht einfach abschütteln. Dann ist es gut, diese Gedanken in eine gute Richtung zu lenken. Zum Beispiel können wir uns ins Bewusstsein rufen, wie kostbar unser kurzes Leben ist und dass unser Glück sich nicht von selbst versteht. Es ist ein Geschenk an uns, jeden Tag neu. Manch einer denkt vielleicht konkret darüber nach, wie er es persönlich mit der Sicherheit im Straßenverkehr hält. Gebe ich nur meinen Kindern einen Helm beim Fahrradfahren, aber selber trage ich keinen? Welche Risiken kann man ausschließen, wenn man Gemeindeausflüge organisiert oder Fahrten mit den Konfirmanden, und mit welchen Restrisiken muss man einfach leben?

Ein Gedanke lässt sich gerade in einer Kirche, wenn man mit Gott in Kontakt ist oder kommen möchte, kaum abschütteln. Es ist die Frage nach Gott und dem Leid. Wie kann ich voll Vertrauen auf Gott leben – und dann passiert solch ein Unglück. Kinder sterben, die eben noch über Facebook ihren Freunden die baldige Heimkehr angekündigt haben. Unfassbar, man möchte den Gedanken nicht weiterdenken. Gott, wo bist du gewesen, wo waren deine Schutzengel, haben sie weggeschaut?

Es ist ja eine Frage, die uns immer wieder heimsucht. Wenn Krankheit und Tod in das Leben einer glücklichen Familie einbricht. Vater oder Mutter sterben, vielleicht sogar beide; wie sollen die Kinder die Trauer bewältigen, wie ohne elterliche Begleitung zurechtkommen? Manch einer zerbricht seelisch an einem solchen Schicksalsschlag, ist nicht offen für Hilfe. Andere reifen und wachsen gerade durch das Leid, lassen der Trauer ihren Raum, öffnen sich für Menschen, die Beistand leisten.

Mit diesen Gedanken im Sinn möchte ich zunächst einen Blick auf die Lesung aus dem Johannesevangelium werfen, die wir eben gehört haben. Menschen kommen auf ein Fest in Jerusalem, wollen Jesus sehen, haben Schwierigkeiten, überhaupt zu ihm vorzudringen, und dann erzählt Jesus ihnen das Gleichnis vom Weizenkorn. Es muss sterben, um Frucht zu bringen. So ist es auch mit Jesus. Seine Zeit ist gekommen, um zu sterben. Und dieses Sterben ist nur scheinbar sinnlos. Es bringt Frucht.

Das ist ein Gedanke, der will uns nicht in den Kopf. Wir möchten doch leben und alles tun, um den Tod hinauszuzögern. Und wenn schon sterben, dann in hohem Alter und möglichst ohne Schmerzen, vielleicht friedlich im Schlaf, einfach nicht mehr aufwachen. Ein Tod, wie ihn Jesus erlitten hat, mit Anfang 30, nach brutaler Folter, unter grausamen Schmerzen, der soll Frucht bringen? Aber dieser Gedanke gehört, so schwierig er ist, mitten hinein in den christlichen Glauben.

Für den Apostel Paulus war dieser Gedanke so wichtig, dass er fast gar nichts anderes von Jesus erzählt hat als nur dieses eine: er ist für uns gestorben und auferstanden. Wie das Weizenkorn, das stirbt, um Frucht zu bringen. Ich denke, das war dem Paulus deswegen so wichtig, weil er selber oft dem Tod nahe war. Darüber geriet Paulus aber nicht in Angst und Depressionen, sondern er konnte sich vorstellen, dass auch die Härte seines Lebens und sein Sterben einen Sinn haben könnte.

Darauf läuft unser heutiger Predigttext hinaus, der im ersten Kapitel des Briefes steht, den Paulus aus dem Gefängnis an die Gemeinde in Philippi in Griechenland schreibt; ich lese die Verse 12 bis 21 nach der Bibelübersetzung in gerechter Sprache (Philipper 1):

12 Ich will euch aber wissen lassen, Schwestern und Brüder, dass meine schwierige Lage Fortschritte für die Sache des Evangeliums mit sich gebracht hat.

13 Denn dass ich um Christi willen in Ketten liege, ist dem Beamtenstab des Statthalters und allen Übrigen deutlich geworden

14 und die meisten der Glaubensgeschwister haben durch meine Gefangenschaft Zuversicht gewonnen und wagen umso furchtloser, das Wort zu verkündigen.

15 Einige zwar, die sich jetzt der Christusverkündigung widmen, tun das aus Neid und Streitsucht, andere aber in guter Absicht.

16 Die einen tun es aus Liebe, weil sie wissen, dass ich zur Verteidigung der guten Botschaft hier liege,

17 die anderen verkündigen Christus aus Ehrgeiz, nicht ohne Hintergedanken, denn sie meinen, mir in meiner Gefangenschaft zusätzlich das Herz schwer machen zu können.

18 Aber was tut das schon? Jedenfalls wird in jeder Weise, unter einem Vorwand oder aus ehrlichem Herzen, Christus gepredigt. Darüber freue ich mich und werde mich auch in Zukunft darüber freuen.

19 Denn ich weiß, dass mir das alles, was ich jetzt erleide, zum Heil dienen wird durch eurer Gebet und die Unterstützung der Geistkraft Jesu Christi.

20 So harre ich aus und hoffe, dass meine Erwartungen nicht zerschlagen werden, sondern dass – wie bisher so auch jetzt – in aller Öffentlichkeit an meiner Person Christus in seiner Größe sichtbar wird, sei es durch mein Leben oder durch meinen Tod.

21 Für mich nämlich bedeutet Christus das Leben und Sterben bedeutet Gewinn.

An wen Paulus seinen Brief schreibt, ist klar: es ist die christliche Gemeinde in Philippi, die er selbst gegründet hat. Lydia mit ihren Leuten hat er dort getauft und den örtlichen Gefängniswärter mit seiner Familie; auch in Philippi hatte Paulus in Haft gesessen.

Immer wieder hatte Paulus Widerstand erfahren, wenn er in den Städten und Dörfern, durch die er kam, den gekreuzigten Jesus als den Messias Israels und den Retter der Welt verkündete. Juden hielten ihn für einen Gotteslästerer, Griechen für einen, der Unsinn redet, und Römer hatten den Verdacht, dass Paulus wie damals bereits Jesus einen Umsturz der Verhältnisse herbeiführen könnte. Nun liegt Paulus da angekettet im Gefängnis, in Fesseln, wie er schreibt. Wo genau, das wissen wir nicht, vielleicht in Rom, wo ihn eventuell die Todesstrafe für die Missachtung der römischen Staatsgötter erwartet.

Und das Merkwürdige ist: Paulus freut sich! Dabei hat er überhaupt keinen Grund zur Freude. Ich stelle mir seine Situation grauenhaft vor. Im Gefängnis zu sein, ist auch heute in Deutschland nicht angenehm; damals war es furchtbar. Mit Hals und Händen in einen Block eingeschlossen, an die Wand gekettet, vielleicht in der Gesellschaft von Ratten im Feuchten und Kalten liegen zu müssen, nur schimmeliges Brot und ekliges Wasser zu bekommen. Auf menschenwürdige Behandlung gab es für Gefangene keinen Anspruch. Warum also freut sich Paulus?

Weil seine „schwierige Lage Fortschritte für die Sache des Evangeliums mit sich gebracht hat“! Die Römer, die ihn eingesperrt haben, hochgestellte Persönlichkeiten und ihre Beamten, sie sind durch die Inhaftierung des Paulus mit dem Evangelium von Jesus konfrontiert worden. Sie haben Paulus als einen Menschen kennengelernt, der keine Angst vor Demütigung, Gefangenschaft und Tod hatte. Oder wenn doch – dann sahen sie an ihm, dass man im Vertrauen auf Jesus die eigene Angst durchstehen und überwinden kann.

Und die Freundinnen und Freunde des Paulus? Die hätten nach seiner Gefangennahme aus lauter Angst die Flucht ergreifen können, so wie es Jesu Jünger getan hatten, damals im Garten Gethsemane. Paulus freut sich, dass Jesu Nachfolger inzwischen dazugelernt haben: viele gewinnen durch die Verfolgung sogar mehr Vertrauen und Zuversicht als zuvor und „wagen umso furchtloser, das Wort zu verkündigen.“

Dann kommt im Predigttext etwas sehr Merkwürdiges. Paulus beklagt, dass nur ein Teil der Christen das Wort von Jesus „in guter Absicht“, nämlich „aus Liebe“ verkündet. Andere tun es „aus Neid und Streitsucht“, „aus Ehrgeiz“, mit bösen „Hintergedanken“, um dem Paulus in seiner „Gefangenschaft zusätzlich das Herz schwer zu machen“. So etwas zu lesen, scheint zunächst unfassbar. Gab es so etwas damals tatsächlich? Da liegt der größte Missionar der Christenheit in Europa im Gefängnis, und andere Missionare Christi suchen darin ihren Vorteil? Denken sie etwa: endlich ist Paulus aus dem Verkehr gezogen, jetzt werden die Leute auch einmal auf uns hören? Sind sie insgeheim froh, dass der einflussreiche Paulus weg ist und sie sich selber in den Mittelpunkt stellen können? Wenn wir genauer darüber nachdenken, ist das gar nicht verwunderlich, denn bis heute geht es immer wieder auch in der Kirche sehr menschlich zu; es gibt Streit und Missverständnisse, und es fällt immer wieder schwer, mit Menschen gut auszukommen, die ganz anders über bestimmte Dinge denken als man selbst.

Aber denken wir an den Anfang der Predigt: Ist es nicht schlimm genug, dass viele Menschen, auch unter uns, immer wieder Leid, Trauer und große Probleme zu bewältigen haben? Warum machen sich sogar Christen zusätzlich das Leben noch schwerer – durch unnützen Streit und persönliche Hintergedanken?

Bemerkenswert ist, wie Paulus damit umgeht. Er sagt einfach: „Aber was tut das schon? Jedenfalls wird in jeder Weise, unter einem Vorwand oder aus ehrlichem Herzen, Christus gepredigt. Darüber freue ich mich und werde mich auch in Zukunft darüber freuen.“ Bestimmt hat es den Paulus verletzt und gekränkt, was er von manchen Mitchristen erfahren hat. Trotzdem sagt er: „Das sind Kleinigkeiten, peanuts, wie man heute sagt. Darüber will ich mich nicht aufregen. Die mir Böses wollen, predigen auf ihre Weise auch Jesus Christus, das ist die Hauptsache.“

Das finde ich stark von dem Paulus. Ob wir uns davon eine Scheibe abschneiden können? Wenn jemand mit einem anderen eine Enttäuschung erlebt hat, wenn ich mit einem Vorwurf nicht zurecht komme, wenn vielleicht die Chemie zwischen dem einen oder anderen überhaupt nicht stimmt – kann es nicht trotzdem gelingen zu sagen: Wir sind Mitglieder einer Gemeinde und tragen auf verschiedene Weise zum Aufbau dieser Gemeinde bei? Vielleicht schafft man es nicht immer, alle Probleme anzusprechen und aus der Welt zu schaffen, aber mit dem Blick auf Christus können wir gelassener werden und über unwichtige Dinge hinwegzusehen.

OK, wenn es dann doch nicht unwichtig war, sondern uns dauerhaft auf der Seele liegt, dann sollten wir lieber doch ein klärendes Gespräch suchen, manchmal wirken offene Worte wahre Wunder.

Tröstlich finde ich es, dass Paulus nicht nur große Probleme zu erleiden hat. Lebensbedrohliche Anfeindungen im Konflikt mit der jüdischen Gemeinschaft, von der sich die junge Christengemeinde abgespalten hat, die Inhaftierung durch die römischen Behörden, die drohende Todesstrafe, damit verglichen sind unsere eigenen Probleme in der Regel klein oder wenigstens alltäglich. Sie scheinen kaum der Rede wert.

Paulus macht uns klar: Doch, auch die banalen, blöden, nervigen kleinen Alltagsärgernisse, die uns manchmal mehr runterziehen als schwerwiegende Herausforderungen, sie sind sehr wohl der Rede wert! Er bringt auch sie zur Sprache. Der kleine neidische Blick, das vorwurfsvolle Wort, das Gefühl, vergessen worden zu sein, auch das kann uns belasten. Solche Dinge lagen auch dem Paulus auf der Seele. Aber er ging gelassen damit um.

Das konnte er, weil er wusste: Wir stehen in Gottes Hand. Wir sind durch Jesus von aller Schuld und Scham erlöst. Wir können dazu stehen, dass wir Fehler machen, manchmal ohne, dass wir es groß merken. Und wir können auch mit anderen Menschen fehlerfreundlich umgehen.

Zum Schluss findet Paulus große Worte zu den Problemen, mit denen er zu kämpfen hat. Egal ob kleine oder große Probleme, er ist davon überzeugt: alles, was ihm zu schaffen macht, wird ihm letzten Endes „zum Heil dienen durch euer Gebet und die Unterstützung der Geistkraft Jesu Christi“. Jesu Geist und das Gebet seiner Mitchristen hilft ihm, dass letzten Endes für ihn alles gut und heil wird. Alles wird ihm „zum Heil“ dienen. Paulus meint mit diesem „Heil“ nicht, dass er auf jeden Fall aus dem Gefängnis kommt und vor dem Tod bewahrt bleibt. Er weiß aber: selbst wenn er weiter gequält wird und sogar sterben muss, er bleibt mit Jesus und durch ihn mit Gott verbunden, und das ist für ihn die Hauptsache. So kann er gar nicht zugrundegehen. Paulus hält im Gefängnis durch, weil er sich darüber freut, auch dort für Jesus eintreten zu können. Indem er ungerecht leiden muss, macht er „in aller Öffentlichkeit sichtbar“, wie groß Christus ist, wie stark die Feindesliebe Jesu ist, wie sehr Paulus sich von diesem Christus getragen fühlt. Ob er überleben oder getötet werden wird, ist dem Paulus fast unwichtig; wichtig ist ihm nur Jesus Christus. „Für mich nämlich bedeutet Christus das Leben“, sagt er, und er fügt noch den Satz hinzu: „und Sterben bedeutet Gewinn.“ Ja, manchmal hätte Paulus, wie er selber sagt, wirklich „Lust, von hier aufzubrechen und ganz bei Christus zu sein, das wäre das Allerbeste.“ Zugleich weiß er aber auch, dass er hier auf Erden noch eine Aufgabe hat. „Daher bin ich zuversichtlich und weiß, dass ich bleiben und mit euch ausharren werde, um euch im Glauben voranzubringen und euch mit Freude zu erfüllen. Dann könnt ihr“, so sagt Paulus, „wenn ich wieder zu euch komme, um meinetwillen ein umso lauteres Loblied anstimmen von dem, was Jesus Christus tut“.

Wir wissen nicht, ob Paulus damals überlebt hat und die Gemeinde in Philippi noch einmal sehen konnte. Aber wenn Paulus sein Leben und sein Sterben in Gottes Hand gestellt sieht, dann ist zu begreifen, dass er in allen Lebenslagen Gott und Christus loben kann, sogar angesichts großer Schicksalsschläge und kleiner alltäglicher Ärgernisse. Lasst uns von ihm lernen: Gott und Christus zu loben in allem, was uns widerfährt. Amen.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.

Wir singen das Lied 305:

Singt das Lied der Freude über Gott!
Fürbitten – Stille – Vater unser

Wir singen das Lied 590:

Herr, wir bitten: Komm und segne uns
Abkündigungen

Empfangt Gottes Segen:

Der Herr segne euch und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

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