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Mose sieht Gottes Herrlichkeit – seinen Namen

Was sieht Mose, als er Gott hinterherschauen darf? Es ist Gottes Name, der ihn am meisten beeindruckt! Zwei Mal ruft er ihn aus: HERR, HERR! Dabei weiß er, das ist kein x-beliebiger Herr, wie es Tausende von Herrschern und Diktatoren unter den Menschen gibt. Gott ist der Herr, der frei macht, der die Menschen liebt. Nur dieser Herr ist Gott.

Der Schriftzug "GOTT" - eingemeißelt auf einem Grabstein
Kann man Gott sehen? Wie konnte Mose Gottes Namen sehen? (Bild: Uwe BaumannPixabay)

#predigtTaufgottesdienst am 19. Sonntag nach Trinitatis, den 26. Oktober 2014, um 10 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen
Musik und Einzug der Tauffamilie

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Zum Taufgottesdienst in der Pauluskirche begrüße ich alle herzlich mit dem Bibelwort zur kommenden Woche aus dem Buch des Propheten Jeremia 17, 14:

Heile du mich, Herr, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen.

Besonders herzlich heißen wir heute … mit seiner Familie und seinen Paten willkommen; er soll heute im Gottesdienst getauft werden.

Mit dem Lied 271 loben wir Gott, der uns unser Leben und Liebe schenkt. Wir singen die ersten 4 Strophen:

Wie herrlich gibst du, Herr, dich zu erkennen
Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. „Amen.“

Wir beten den Psalm 8, von dem wir eben eine Nachdichtung gesungen haben. Im Gesangbuch steht er unter der Nr. 705. Lesen Sie bitte die einrückten Verse:

2 HERR, unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name in allen Landen, der du zeigst deine Hoheit am Himmel!

3 Aus dem Munde der jungen Kinder und Säuglinge hast du eine Macht zugerichtet um deiner Feinde willen…

4 Wenn ich sehe die Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast:

5 was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst?

6 Du hast ihn wenig niedriger gemacht als Gott, mit Ehre und Herrlichkeit hast du ihn gekrönt.

7 Du hast ihn zum Herrn gemacht über deiner Hände Werk, alles hast du unter seine Füße getan:

8 Schafe und Rinder allzumal, dazu auch die wilden Tiere,

9 die Vögel unter dem Himmel und die Fische im Meer und alles, was die Meere durchzieht.

10 HERR, unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name in allen Landen!

Kommt, lasst uns anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Herrlich ist Gott, sagt die Bibel. Er ist uns Menschen eine Hilfe. Er bringt uns Heil. Heilsam, hilfreich, herrlich, lauter Wörter mit „H“. Aber können wir das glauben? Gott ist doch unsichtbar? Ist er überhaupt da? Ist er für uns da? Ist er so mächtig, wie es die Bibel sagt?

Gott, zeige du selbst dich uns in diesem Gottesdienst. Mach uns heil an Leib und Seele. Wir rufen zu dir:

Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“
Psalm 103, 2-5:

2 Lobe den HERRN, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat:

3 der dir alle deine Sünde vergibt und heilet alle deine Gebrechen,

4 der dein Leben vom Verderben erlöst, der dich krönet mit Gnade und Barmherzigkeit,

5 der deinen Mund fröhlich macht, und du wieder jung wirst wie ein Adler.

Lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist gross Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende“.

Der Herr sei mit euch „und mit deinem Geist.“

Guter Gott im Himmel, hilf uns, innerlich heil zu werden, damit wir diese Welt dort, wo wir sind, ein bisschen heiler machen. Hilf uns, unsere Kinder in Liebe zu begleiten und ihnen zu zeigen, woran wir glauben, worauf wir uns im Leben verlassen. Das erbitten wir von dir im Namen deines Sohnes, Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Vor der Taufe von … singen wir aus dem Lied 211 die ersten drei Strophen:

1. Gott, der du alles Leben schufst und uns durch Christus zu dir rufst, wir danken dir für dieses Kind und alles Glück, das nun beginnt.

2. Wir bitten dich, Herr Jesu Christ, weil du ein Freund der Kinder bist, nimm dich des jungen Lebens an, dass es behütet wachsen kann.

3. Eh wir entscheiden Ja und Nein, gilt schon für uns: gerettet sein. Dank sei dir, dass das Heil der Welt nicht mit uns selber steht und fällt.

Liebe Familie …, liebe Paten, liebe Gemeinde!

… Heute soll … getauft werden, zur Kirche Jesu Christi soll er gehören. Aber wir taufen … nicht nur im Namen Jesu. Drei Mal werde ich ihm eine Handvoll Wasser über seinen Kopf laufen lassen, nämlich auch im Namen des Vaters und im Namen des Heiligen Geistes. Jesus hat ja den Menschen aller Völker der Welt Zugang zu dem Gott verschafft, der sich zuerst nur dem kleinen Volk Israel offenbart hatte und der doch schon immer der einzige Gott der ganzen Welt gewesen war. Und dieser große, einzige und einzigartige Gott ist nicht etwa nur groß und unendlich weit weg von uns Menschen. Nein, er ist uns so nahe wie unser eigenes Herz, er will in uns sein mit der Kraft seiner Liebe, mit Hoffnung, mit dem Vertrauen, das er uns einflößt. Das meinen wir, wenn wir vom Heiligen Geist sprechen.

Vom Vertrauen auf den Gott, den wir durch Jesus kennenlernen und durch den Heiligen Geist in uns spüren, redet auch der Taufspruch, den … bekommen soll. Er steht im 5. Buch Mose – Deuteronomium 31, 8 (Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift © 1980 by Katholische Bibelanstalt GmbH, Stuttgart):

Der Herr … ist mit dir. Er lässt dich nicht fallen und verlässt dich nicht.

Dieses Wort sagt sehr einfach, dass Gott für uns da ist. Wir sind nicht allein auf der Welt. Auch wenn wir uns manchmal von Menschen verlassen oder fallengelassen fühlen: Gott bleibt bei uns, Gott steht zu uns, Gott trägt uns mit seiner Liebe. Das Wunderbare daran ist: Er lässt uns nicht einmal im Stich, wenn wir zeitweise nicht an ihn denken, wenn wir an ihm zweifeln, wenn wir meinen, es gebe ihn überhaupt nicht. Gott wartet geduldig, dass wir wieder merken: er ist doch da, er ist für uns da, und er hat uns etwas zu sagen. Davon hören wir nachher in der Predigt noch mehr.

Gott ist auch bei …; er begleitet ihn mit seiner Liebe und schenkt ihm liebevolle Eltern und Paten, die ihn spüren lassen, dass er ein geliebtes Kind ist. Wir wünschen ihm, dass er in seinem ganzen Leben niemals das Gefühl haben muss, fallengelassen oder verlassen zu sein.

Mit dem Glaubensbekenntnis bitten wir nun Gott, dass er uns und diesem Kind genug Gottvertrauen fürs ganze Leben schenkt:

Glaubensbekenntnis und Taufe

Aus dem Tauflied 211 singen wir die letzten beiden Strophen 4 und 5:

4. So segne nun auch dieses Kind und die, die seine Nächsten sind. Wo Schuld belastet, Herr, verzeih. Wo Angst bedrückt, mach Hoffnung frei.

5. Gott, der du durch die Taufe jetzt im Glauben einen Anfang setzt, gib auch den Mut zum nächsten Schritt. Zeig uns den Weg und geh ihn mit.

Nun hören wir die Schriftlesung aus dem Evangelium nach Matthäus 9, 2-8:

2 Und siehe, da brachten sie zu Jesus einen Gelähmten, der lag auf einem Bett. Als nun Jesus ihren Glauben sah, sprach er zu dem Gelähmten: Sei getrost, mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben.

3 Und siehe, einige unter den Schriftgelehrten sprachen bei sich selbst: Dieser lästert Gott.

4 Als aber Jesus ihre Gedanken sah, sprach er: Warum denkt ihr so Böses in euren Herzen?

5 Was ist denn leichter, zu sagen: Dir sind deine Sünden vergeben, oder zu sagen: Steh auf und geh umher?

6 Damit ihr aber wisst, dass der Menschensohn Vollmacht hat, auf Erden die Sünden zu vergeben – sprach er zu dem Gelähmten: Steh auf, hebe dein Bett auf und geh heim!

7 Und er stand auf und ging heim.

8 Als das Volk das sah, fürchtete es sich und pries Gott, der solche Macht den Menschen gegeben hat.

Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren. „Halleluja, Halleluja, Halleluja!“

Jetzt singen wir auch das Lied 271 fertig, das wir am Anfang gesungen haben. In der 5. Strophe geht es darum, wie wichtig Gott uns Menschen nimmt, dass er uns nämlich die ganze Schöpfung anvertraut. Ganz realistisch singen wir in der 6. Strophe aber davon, dass wir Menschen bei unserer Aufgabe, die Schöpfung zu bewahren, oft versagen. Und die letzten beiden Strophen enthalten die Zuversicht, dass wir trotzdem nicht verloren sind, denn Jesus verschafft uns den Zugang zur Gnade und Vergebung des barmherzigen Vaters im Himmel:
Gabst ihm zum Dienst die Schafe und die Stiere
Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Liebe Gemeinde, was ist das für ein Gott, an den wir glauben dürfen? Manche denken ja, der Gott des Alten Testaments sei hart und grausam. Er stelle Gesetze auf, die schwer zu befolgen seien, und verhänge harte Strafen, wenn man die Gebote übertritt. Im Gegensatz dazu sei der Gott, den wir als den Vater Jesu kennen, ein Gott der Liebe und Barmherzigkeit, der Gnade und der Heilung. Aber wer die Bibel genau liest, stellt fest, dass der barmherzige Vater Jesu Christi kein anderer ist als der Gott, den schon das Alte Testament verkündet. Besonders deutlich wird das im heutigen Predigttext. Wir betrachten gemeinsam Worte aus dem 2. Buch Mose – Exodus 33 und 34.

Die Lage damals im Volk Israel sah so aus: Das Volk Israel war aus der Sklavenherrschaft unter dem Pharao in Ägypten befreit worden. Dann hatte das Volk am Berg Sinai die Zehn Gebote von Gott bekommen. Diese Gebote waren sozusagen eine Gebrauchsanweisung für das neue Leben in der Freiheit, damit im Volk Israel nicht wieder einer dem andern das Leben schwer macht und ihm die Freiheit raubt oder ihn sogar umbringt. Vor allem sollte in Israel niemand wieder solche Götter anbeten wie im alten Ägypten, die es mächtigen Menschen im Land erlauben, die Armen und Schwachen zu unterdrücken.

Diese Zehn Freiheitsgebote hatte Gott selber auf Steintafeln eingemeißelt, so wichtig waren sie ihm. Aber als Mose mit den Tafeln der Zehn Gebote vom Berg Sinai herunter gekommen war, da sah er, wie das Volk Israel inzwischen ein Goldenes Kalb gebaut hatte und diesen selbstgemachten Gott anbetete. Die Leute hatten nicht so lange auf einen unsichtbaren Gott und seine Worte warten wollen. Mose war furchtbar zornig geworden und hatte die Steintafeln kaputt geschmissen.

War das Volk Israel überhaupt zu retten? Gab es Hilfe und Heilung für Menschen, die von einem unsichtbaren Gott der Liebe und der Freiheit nichts wissen wollten?

Trotzdem betete Mose zu Gott um Vergebung für die Israeliten. Da gab Gott ihnen tatsächlich eine zweite Chance. Er versprach ihnen seine Begleitung auf dem Weg in eine neue Heimat.

In diesem Augenblick richtet Mose an Gott eine große Bitte:

18 Und Mose sprach: Lass mich deine Herrlichkeit sehen!

Ist diese Bitte nicht sogar unmöglich? Will Mose tatsächlich den unsichtbaren Gott mit eigenen Augen sehen? Zwar sagt er nicht: „Lass mich dich sehen“, sondern er will einen Blick auf Gottes Herrlichkeit werfen. Aber ist das nicht dasselbe? Herrlichkeit, auf Hebräisch „kawod“ – mein Hebräischlehrer meinte dazu, das hätte mit dem deutschen Wort „kawumm“ zu tun und würde die ganze gewaltige Wucht und Macht Gottes ausdrücken. Allerdings eine Macht, die deswegen eine Wucht ist, weil sie nicht willkürlich zerstört und tötet, sondern gerade den Zerstörern des Lebens in den Arm fällt und benachteiligte und schwache Menschen aufrichtet. Diese wuchtige Macht Gottes, diese „kawod“, will Mose sehen.

19 Und er sprach: Ich will vor deinem Angesicht all meine Güte vorübergehen lassen und will vor dir kundtun den Namen des HERRN: Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig, und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich.

Hier lernen wir etwas über Gottes Wucht und Macht: Gott selber spricht von seiner Güte und von seinem Namen. Es gibt nichts Mächtigeres in der Welt als die Güte Gottes. Gott ist gut, darum hat das Böse letztendlich nichts zu melden, egal wie stark es auftritt, wie viel Angst böse Menschen verbreiten. Und der Name Gottes ist mit dieser Güte eng verbunden. Dieser Name ist nämlich ein Programm: „Ich bin für dich da“, so hatte Gott bei seiner ersten persönlichen Begegnung mit Mose diesen Namen umschrieben. Hier sagt er es ganz ähnlich: „Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig, und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich.“ Verteilt Gott seine Gnade und Liebe also willkürlich und ungerecht? Nein. Aber dass er uns liebt, darauf haben wir keinen Anspruch, das können wir uns nicht verdienen. Er tut es einfach, weil er selber die Liebe ist. Liebe ist die stärkste Macht der Welt; darin besteht die ganze herrliche Wucht der Allmacht Gottes.

20 Und er sprach weiter: Mein Angesicht kannst du nicht sehen; denn kein Mensch wird leben, der mich sieht.

Hier betont Gott, was wir im Grunde wissen: Ihn selber kann kein Mensch sehen, so lange er hier auf Erden lebt.

Gott strahlt ein Licht aus, das unsere menschlichen Augen blind machen würde. Gottes Allmacht unmittelbar ausgesetzt zu sein, das könnte unsere menschliche Natur nicht verkraften. Aber Gott will dem Mose trotzdem seine Bitte erfüllen:

21 Und der HERR sprach weiter: Siehe, es ist ein Raum bei mir, da sollst du auf dem Fels stehen.

22 Wenn dann meine Herrlichkeit vorübergeht, will ich dich in die Felskluft stellen und meine Hand über dir halten, bis ich vorübergegangen bin.

23 Dann will ich meine Hand von dir tun, und du darfst hinter mir her sehen; aber mein Angesicht kann man nicht sehen.

Mose wird Gott nicht sehen können, aber Gott selber malt ihm in wunderbaren Bildern aus, wie er doch etwas von Gottes Herrlichkeit wahrnehmen kann. Da gibt es nämlich einen Raum bei Gott, ganz in seiner Nähe. Mose darf sich vorstellen, da auf einem Felsen zu stehen und sich in eine Höhlung dieses Felsens hineinzukauern, während Gott in seiner ganzen Herrlichkeit vorbeigeht. Mit eigener Hand will Gott den Mose in dieser Situation davor bewahren, blind zu werden oder gar zu sterben, denn noch einmal betont Gott: „mein Angesicht kann man nicht sehen“. Nur hinter ihm her sehen, das wird Mose dürfen. Vielleicht liegt hier eine Erklärung dafür, dass wir Gott oft nicht dann erkennen, wenn er mit uns etwas macht. Aber im Nachhinein spüren wir zuweilen: da hat Gott auf seine Weise in unser Leben eingegriffen.

An dieser Stelle scheint die Bibel den Erzählfaden zu unterbrechen, in dem es um Moses Wunsch geht, Gottes Herrlichkeit zu sehen. Auf einmal geht es wieder um die Tafeln der Gebote (2. Buch Mose – Exodus 34):

1 Und der HERR sprach zu Mose: Haue dir zwei steinerne Tafeln zu, wie die ersten waren, dass ich die Worte darauf schreibe, die auf den ersten Tafeln standen, welche du zerbrochen hast.

Es macht Sinn, dass Gott zwar Moses Wunsch erfüllen will, dass er ihm aber zunächst den Auftrag erteilt, Steintafeln zu meißeln. Gottes Herrlichkeit, die ganze Wucht und Macht seiner Liebe, ist nämlich eng verbunden mit den Geboten, die Gott den Menschen geschenkt hat. Und wenn Mose die Steintafeln auch aus guten Gründen zerstört hatte, soll er sie nun selber wiederherstellen, damit Gott die Zehn Gebote ein zweites Mal darauf schreiben kann.

2 Und sei morgen bereit, dass du früh auf den Berg Sinai steigest und dort zu mir tretest auf dem Gipfel des Berges.

3 Und lass niemand mit dir hinaufsteigen; es soll auch niemand gesehen werden auf dem ganzen Berge. Auch kein Schaf und Rind lass weiden gegen diesen Berg hin.

Warum erscheint der Gott der Liebe hier auf einmal so unnahbar? Warum darf sich niemand außer Mose auch nur in die Nähe des heiligen Berges wagen? Nicht einmal Viehhirten dürfen sich mit ihren Herden scheinbar zufällig dorthin verirren, wo Gott sich ein zweites Mal mit Mose treffen will. Ich denke, Gott will die Menschen davor bewahren, von ihm bestraft zu werden, wenn sie so bleiben, wie sie sind. Bisher sind sie ja nicht sehr aufgeschlossen gewesen für den Willen Gottes. Sie hatten immer wieder über Gott gemurrt. Vielleicht achtet Gott darum zunächst auf eine heilsame Distanz zwischen ihm und denen, die noch wenig von ihm wissen wollen.

4 Und Mose hieb zwei steinerne Tafeln zu, wie die ersten waren, und stand am Morgen früh auf und stieg auf den Berg Sinai, wie ihm der HERR geboten hatte, und nahm die zwei steinernen Tafeln in seine Hand.

Mose macht sich also daran, Steintafeln zu meißeln. Wie Fred Feuerstein im Trickfilm über die Steinzeitmenschen. Warum sollen die Gebote ausgerechnet auf so altertümliche Weise aufgeschrieben werden? Nicht weil diese Gebote jemals aus der Mode kommen könnten. Nein, gerade weil sie ewig gelten. Steintafeln halten nun mal erheblich länger als Papier oder erst recht moderne Datenspeichersysteme. Wer erinnert sich noch an Tonbänder, Videokassetten und Disketten für den PC? Mit den Steintafeln in der Hand wartet Mose auf die Begegnung mit Gott.

5 Da kam der HERR hernieder in einer Wolke, und Mose trat daselbst zu ihm und rief den Namen des HERRN an.

Stellen wir uns das Bild vor, das hier von Mose und Gott gemalt wird. Immer noch steht Mose da auf dem Berg, mit den unbeschriebenen Steintafeln in seiner Hand. Und Gott kommt aus der Höhe seines unsichtbaren Himmels zu ihm herunter. Wichtig ist, dass wir diesen unsichtbaren Himmel nicht mit dem sichtbaren Himmel über uns verwechseln. Und wichtig ist ebenfalls, dass Gott in einer Wolke zu Mose kommt. Mose kann zwar näher treten, aber sehen kann er ihn nicht. Stattdessen ruft er seinen Namen, wir hatten gehört, was dieser Name bedeutet, dass Gott die Menschen liebt, dass er für uns da ist. Mose steht also da mit den Steintafeln in der Hand und betet zu dem Gott, der die Menschen liebt.

6 Und der HERR ging vor seinem Angesicht vorüber.

Hier erfüllt endlich Gott den Wunsch des Mose. In diesem einzigen Satz fasst die Bibel zusammen, dass nun in allen Einzelheiten geschieht, was sich Gott vorher ausgedacht hat, damit Mose beim Anblick seiner gewaltigen Wucht und Macht keinen Schaden erleidet: Auf dem Felsen, in der Höhle, beschirmt von Gottes eigener Hand, darf Mose der Herrlichkeit Gottes hinterhersehen:

Und er rief aus: HERR, HERR, Gott, barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue,

7 der da Tausenden Gnade bewahrt und vergibt Missetat, Übertretung und Sünde, aber ungestraft lässt er niemand, sondern sucht die Missetat der Väter heim an Kindern und Kindeskindern bis ins dritte und vierte Glied!

Was fällt dem Mose auf, als er Gott hinterherschauen darf? Es ist Gottes Name, der ihn am meisten beeindruckt! Zwei Mal ruft er ihn aus: HERR, HERR! Dabei weiß er, das ist nicht ein x-beliebiger Herr, wie es Tausende von Herrschern und Diktatoren unter den Menschen gegeben hat und gibt. Gott ist der Herr, der frei macht, der die Menschen liebt. Nur dieser Herr ist Gott.

Und noch einmal spricht Mose überschwänglich aus, wie dieser Gott für uns Menschen da ist: barmherzig, gnädig, geduldig, treu. Es ist ein Gott, der vergibt; im Hebräischen steht da wörtlich: Gott hebt und trägt, was wir an Schuld auf uns laden, was wir verbocken und wodurch wir uns in Gottes Augen unmöglich machen. Zur Vergebung, zu diesem Heben und Tragen der Sünde, gehört allerdings auch die realistische Einsicht, dass jede Sünde ihre Strafe bereits in sich trägt; diese Folgen muss nicht nur der Täter selber, sondern seine ganze Familie, Kinder, Enkel, Urenkel, mit ausbaden. Die Barmherzigkeit Gottes ist aber tausend Mal stärker als Sünde und Strafe; Gott hilft auch die Folgen der Sünde tragen, so dass wir es wagen können, zu dem zu stehen, was wir falsch gemacht haben, und den Mut finden können, von einem Weg in die falsche Richtung umzukehren.

8 Und Mose neigte sich eilends zur Erde und betete an

9 und sprach: Hab ich, HERR, Gnade vor deinen Augen gefunden, so gehe der Herr in unserer Mitte, denn es ist ein halsstarriges Volk; und vergib uns unsere Missetat und Sünde und lass uns dein Erbbesitz sein.

Obwohl Mose dem herrlichen Gott nur hinterhergeschaut hat, wendet er sogleich seinen Blick ab und beugt sich zur Erde, ja, er wirft sich sogar vor Gott auf den Boden nieder. Und er hat mehrere Bitten auf dem Herzen. Für das Volk Israel bittet er, nicht weil es vorbildlich oder besonders gut wäre, sondern gerade weil es „halsstarrig“ und bockig ist. „Geh doch in unserer Mitte mit, begleite uns, lass uns nicht allein!“, so lautet seine Fürbitte. „Hebe und trage, was wir falsch machen, vergib unsere Sünde und lass uns immer zu dir gehören!“

10 Und der HERR sprach: Siehe, ich will einen Bund schließen: Vor deinem ganzen Volk will ich Wunder tun, wie sie nicht geschehen sind in allen Landen und unter allen Völkern, und das ganze Volk, in dessen Mitte du bist, soll des HERRN Werk sehen; denn wunderbar wird sein, was ich an dir tun werde.

Gott antwortet auf die Fürbitte des Mose mit einem erstaunlichen Versprechen. Er verspricht dem Volk Israel, dass es Wunder erleben wird. Diese Wunder bestehen aber nicht in übernatürlichen Ereignissen, sondern darin, dass Gott ein Bündnis mit dem Volk schließt. Gott ist bei uns, so wie wir es vorhin im Taufspruch für David gehört haben. Das ist das wunderbarste Wunder, das wir Menschen erleben dürfen. Wir sind nicht verlassen, wir werden nicht fallengelassen, wir sind begleitet und getragen von Gott, der uns liebt.

Und dann folgt ein Satz, der sich in unserem Ohren gar nicht so wunderbar anhört:

11 Halte, was ich dir heute gebiete. …

Jetzt folgen im Text jede Menge Gebote Gottes, die wir jetzt nicht aufzählen wollen. Im Kern sind es die Zehn Gebote, die wir kennen. Zur wunderbaren Begleitung durch Gott gehört es, dass er uns Regeln an die Hand gibt und in unser Herz schreiben will, damit unser Leben in der Gemeinschaft mit Gott und mit anderen Menschen gelingt.

27 Und der HERR sprach zu Mose: Schreib dir diese Worte auf; denn auf Grund dieser Worte habe ich mit dir und mit Israel einen Bund geschlossen.

Wer aufmerksam zugehört hat, wird hier vielleicht stutzen. Hatte Gott nicht gesagt, er selber würde die Gebote auch auf die zweiten, von Mose hergestellten Steintafeln schreiben? Jetzt soll doch Mose selber sie aufschreiben. Ob es sich Gott anders überlegt hat, weil es manchmal gut ist, Dinge eigenhändig abzuschreiben, um sie sich genau einzuprägen?

28 Und er war allda bei dem HERRN vierzig Tage und vierzig Nächte und aß kein Brot und trank kein Wasser. Und er schrieb auf die Tafeln die Worte des Bundes, die Zehn Worte.

Mose hört auf Gott. Vierzig Tage lang lebt er nur von Gottes Wort. Und von Gott bekommt er die Kraft, die Zehn Gebote in die Tafeln einzumeißeln, damit sein Volk die Gebote bekommt und als Wegweiser zum Leben in Freiheit und Liebe, in Gerechtigkeit und Frieden nutzen kann. Später sind die Gebote durch Jesus Christus auch zu uns gekommen, nicht als unerfüllbare harte Gesetze, sondern als Geschenke des barmherzigen Gottes, aus dessen Liebe wir leben. Amen.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.

Wir singen aus dem Lied 146 die Strophen 1 bis 4:

1. Nimm von uns, Herr, du treuer Gott, die schwere Straf und große Not, die wir mit Sünden ohne Zahl verdienet haben allzumal. Behüt vor Krieg und teurer Zeit, vor Seuchen, Feu’r und großem Leid.

2. Erbarm dich deiner bösen Knecht, wir flehn um Gnad und nicht um Recht; denn so du, Herr, den rechten Lohn uns geben wolltst nach unserm Tun, so müsst die ganze Welt vergehn und könnt kein Mensch vor dir bestehn.

3. Ach Herr Gott, durch die Treue dein mit Trost und Rettung uns erschein. Beweis an uns dein große Gnad und straf uns nicht auf frischer Tat, wohn uns mit deiner Güte bei, dein Zorn und Grimm fern von uns sei.

4. Gedenk an deines Sohnes Tod, sieh an sein heilig Wunden rot. Die sind ja für die ganze Welt die Zahlung und das Lösegeld. Des trösten wir uns allezeit und hoffen auf Barmherzigkeit.

Lasst uns beten.

Barmherziger Gott, wir beten für …, den wir getauft haben: lass ihn deine Liebe spüren und weitergeben, lass ihn behütet aufwachsen in seiner Familie, lass ihn nie vergessen, dass du ihn begleitest und durch sein Leben trägst.

Gerechter Gott, lass uns deine Liebe spüren in den Zehn Worten deiner Wegweisung. Mach unser Leben heil, schenke uns Zufriedenheit und Glück und lass uns auch anderen ihr Glück gönnen und ihnen helfen, wenn sie Hilfe brauchen.

Gott des Friedens, wir beten zu dir für die Menschen in den Kriegs- und Krisengebieten dieser Erde. Hilf ihnen, ihren Streit zu überwinden und einander mit ihren unterschiedlichen Interessen zu respektieren und einen Weg des friedlichen Zusammenlebens zu finden. Vor allem erschrecken wir vor der Gewalt von Menschen, die andere Menschen zu einem bestimmten Glauben zwingen wollen oder sie gar aus religiösen Gründen quälen, vertreiben oder töten. Hilf du den Völkern der Welt und den besonnenen Menschen in allen Religionsgemeinschaften, den Gewalttätern Einhalt zu gebieten. Und hilf uns in unserem Land dabei, dass wir als Menschen verschiedener Kulturen, Religionen und Konfessionen weiterhin im Frieden zusammenleben und noch offener aufeinanderzugehen – als Mitbürger, als gute Nachbarn und hier und da sogar als Freunde.

In der Stille bringen wir vor Gott, was wir persönlich auf dem Herzen haben:

Gebetsstille und Vater unser

Wir singen zum Schluss noch die Liedstrophe 160:

Gott Vater, dir sei Dank gesagt und Ehre; Herr Jesu Christ, den Glauben in uns mehre; o Heilger Geist, erneu uns Herz und Mund, dass wir dein Lob ausbreiten alle Stund.

Abkündigungen

Geht mit Gottes Segen:

Der Herr segne euch und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

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