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Gottes Schöpferkraft eröffnet Lebensräume

Wenn wir uns frei machen von der Vorstellung, die Bibel wolle ein naturwissenschaftliches Buch sein und der modernen Evolutionstheorie Konkurrenz machen, dann können wir ihren Anfang wie ein Loblied auf den Schöpfer hören, wie ein Gedicht, das die herrliche Ordnung der Schöpfung preist, wie sie sich unseren Sinnen auf der Erde unter dem Himmel darstellt.

Ein Baum mit Blumenblüten auf einer Wiese in einer durchsichtigen Kugel vor einem blauen Himmel mit weißen Wolken - Symbol für die Schöpferkraft Gottes, die Lebensräume schafft und bevölkert
Ein Loblied auf die Schöpfung darf wunderbare Bilder verwenden (Bild: beate bachmannPixabay)

#gedankeTurmgebet am Dienstag, 4. Januar 2011, um 18.00 Uhr im Stadtkirchenturm Gießen

Herzlich willkommen beim Turmgebet im Stadtkirchenturm Gießen!

Wir sind versammelt im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Wir hören zu Beginn die biblische Tageslese für den heutigen 4. Januar 2011 aus dem 1. Buch Mose – Genesis 1, 14-25:

14 Und Gott sprach: Es werden Lichter an der Feste des Himmels, die da scheiden Tag und Nacht und geben Zeichen, Zeiten, Tage und Jahre

15 und seien Lichter an der Feste des Himmels, dass sie scheinen auf die Erde. Und es geschah so.

16 Und Gott machte zwei große Lichter: ein großes Licht, das den Tag regiere, und ein kleines Licht, das die Nacht regiere, dazu auch die Sterne.

17 Und Gott setzte sie an die Feste des Himmels, dass sie schienen auf die Erde

18 und den Tag und die Nacht regierten und schieden Licht und Finsternis. Und Gott sah, dass es gut war.

19 Da ward aus Abend und Morgen der vierte Tag.

20 Und Gott sprach: Es wimmle das Wasser von lebendigem Getier, und Vögel sollen fliegen auf Erden unter der Feste des Himmels.

21 Und Gott schuf große Walfische und alles Getier, das da lebt und webt, davon das Wasser wimmelt, ein jedes nach seiner Art, und alle gefiederten Vögel, einen jeden nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war.

22 Und Gott segnete sie und sprach: Seid fruchtbar und mehret euch und erfüllet das Wasser im Meer, und die Vögel sollen sich mehren auf Erden.

23 Da ward aus Abend und Morgen der fünfte Tag.

24 Und Gott sprach: Die Erde bringe hervor lebendiges Getier, ein jedes nach seiner Art: Vieh, Gewürm und Tiere des Feldes, ein jedes nach seiner Art. Und es geschah so.

25 Und Gott machte die Tiere des Feldes, ein jedes nach seiner Art, und das Vieh nach seiner Art und alles Gewürm des Erdbodens nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war.

Gott, heute bringen wir vor dich unsere Gedanken am Anfang eines Neuen Jahres. Unsere Vorsätze, manches anders, besser zu machen. Unsere Resignation, dass es wahrscheinlich doch wieder nicht klappen wird. Unsere Hoffnung, dass du uns Kraft und Mut gibst, in den entscheidenden Dingen dir nachzufolgen. Gott, wir rufen zu dir (EG 178.11):

Herr, erbarme dich, erbarme dich. Herr, erbarme dich, Herr, erbarme dich.

Gott, wir bringen vor dich unsere Zweifel an dir und deinem Wort. Wenn wir die Schöpfungsgeschichte hören, wie passt das zusammen mit der modernen Wissenschaft? Wir rufen zu dir, Gott:

Herr, erbarme dich, erbarme dich. Herr, erbarme dich, Herr, erbarme dich.

Wenn wir von Krankheit, Tod und Trauer betroffen sind, wenn Menschen so viel Unrecht und Böses erleiden, wie kannst du, der Gütige und Allmächtige, das alles zulassen? Wir bringen vor dich unseren oft so kleinen Glauben und rufen zu dir:

Herr, erbarme dich, erbarme dich. Herr, erbarme dich, Herr, erbarme dich.

In der Stille denken wir an dich, Gott, dass deine Macht unsere Resignation, Zweifel und Kleingläubigkeit überwindet. Wir können an dir festhalten, denn du hältst uns fest in deiner Hand. Wir können dich im Herzen tragen, denn wir sind von dir getragen. Wir glauben, hilf unserem Unglauben.

Stille

Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat! (Psalm 103, 2)

Ich möchte Ihnen einen Denkanstoß zur heutigen Bibellese geben und zuvor das Lied 305 mit Ihnen singen:

Singt das Lied der Freude über Gott!

Liebe Gemeinde, gestern hat die fortlaufende ökumenische Bibellese mit der Bibel ganz am Anfang begonnen, beim Schöpfungsbericht im 1. Buch Mose – Genesis 1, der die Schöpfung Gottes als ein in sieben Tagen vollendetes Werk beschreibt. Heute haben wir den mittleren Teil dieses Berichtes gehört, von der Erschaffung der Himmelskörper, der Vögel und Fische und der Landtiere. Wenn wir uns frei machen von der Vorstellung, die Bibel wolle ein naturwissenschaftliches Buch sein und der modernen Evolutionstheorie Konkurrenz machen, dann können wir ihren Anfang wie ein Loblied auf den Schöpfer hören, wie ein Gedicht, das die herrliche Ordnung der Schöpfung preist, wie sie sich unseren Sinnen auf der Erde unter dem Himmel darstellt.

Zuvor hatte Gott Lebensräume eröffnet. Am ersten Schöpfungstag überwindet er die Finsternis durch das Licht. Am zweiten Tag erschafft er den Himmel, den man sich damals noch nicht wie wir als die Weite eines Weltalls voller Sterngalaxien vorstellte, sondern als eine feste Kuppel, durch die Gott die Wassermassen der Urflut von der Erde fernhält, die die Erde von allen Seiten, auch von oben, bedroht. Am dritten Tag drängt er auch die Wasser auf der Erde zurück, so dass neben den Meeren fester Boden auf trockenem Land entsteht, aber nicht allzu trocken, damit die Erde grün werden, pflanzliches Leben hervorbringen kann. Zwischen der Himmelskuppel und dem Erdboden entsteht also geordneter Lebensraum für verschiedene Lebewesen, an der Himmelskuppel selbst, in der Luft unter dem Himmel, im Wasser und auf dem Land.

Für uns klingt es merkwürdig, aber Sonne, Mond und Sterne am Himmel versteht die Bibel sozusagen als Bewohner der Himmelskuppel, die bestimmte Aufgaben für uns Menschen erfüllen: sie „scheiden Tag und Nacht und geben Zeichen, Zeiten, Tage und Jahre“. Naturwissenschaftlich betrachtet versorgt uns die Sonne mit Licht und Wärme, aber vom Licht war ja schon am ersten Schöpfungstag die Rede; am vierten Schöpfungstag konzentriert sich der biblische Schöpfungsdichter darauf, dass uns die Himmelskörper Orientierung in Raum und Zeit geben.

Und am fünften Tag? Da werden die Lebensräume im Wasser und unter dem Himmel bevölkert. Es ist, als ob der Schöpfungsdichter doch eine Ahnung davon hatte, dass das Leben zuerst im Wasser entstand. Interessant ist, dass er neben der allgemeinen Darstellung des Gewimmels der Wasserlebewesen und der gefiederten Vögel nur eine Tierart besonders erwähnt, nämlich die großen „Walfische“, wie Martin Luther übersetzt. Hier darf man an drachenartige, urzeitliche Lebewesen denken, die mich an Dinosaurier erinnern und die in der Bibel an anderer Stelle Leviathan und Behemoth genannt werden. Das Loblied will zeigen, dass alles, was es jemals auf Erden gegeben hat, auch die gewaltigsten Lebewesen, auf Gottes Schöpferkraft zurückgeht, selbst wenn wir Menschen nicht alles mit unserem Verstand erfassen können.

Der sechste Tag beginnt mit der Erschaffung der Landtiere. Unterschieden wird nur sehr allgemein zwischen Feldtieren, Nutztieren und Gewürm. Offenbar lobt der Schöpfungsdichter Gott nicht nur für die Erschaffung der in Gemeinschaft mit dem Menschen lebenden und der zur Jagd geeigneten Tiere, sondern auch für alles andere, was „kreucht und fleucht“ und was unsere Lebensumwelt ausmacht, ohne die wir als Menschen nicht leben könnten.

Morgen wird in der Bibellese dann von der Erschaffung des Menschen die Rede sein, männlich und weiblich ohne Über- oder Unterordnung. Menschen und Landtiere sind in den Augen des Schöpfungsliedes so eng verwandt, dass sie an einem Tag erschaffen werden, aber auch so sehr unterschieden, dass nur die Menschen, nicht die Tiere, sich als Ebenbild Gottes zu begreifen haben; nur sie sind mit dieser besonderen Verantwortung vor Gott begabt, die ihnen Freiheit gibt, aber auch die Möglichkeit, ihre eigene Sterblichkeit zu erkennen und schuldig zu werden.

So viel als Gedankenanstoß. Jetzt möchte ich mit Ihnen noch das Lied 642 singen:

Weil Gott die Welt geschaffen hat, lasst uns sie gut bewahren

Schenke uns die Einsicht, Gott, dass die Worte der Bibel uns nicht das Denken abnehmen wollen. Lass uns nachdenken, Wissen erwerben und verarbeiten und verantwortlich mit unserem Wissen umgehen.

Schenke uns die Einsicht, Gott, dass die Schöpfung unermesslich viel größer ist, als wir sie uns vorstellen können und dass alle Erkenntnis, die wir gewinnen können, uns nur immer mehr staunen lässt über die Größe und das Wunder deiner Schöpfermacht.

Schenke uns die Einsicht, Gott, dass unsere Vorstellungen von Gut und Böse nicht ausreichen, um das Wesen der Schöpfung zu durchdringen und zu begreifen. Lass uns von dir lernen, den kleinen Teil der Schöpfung, für den wir Verantwortung tragen, im Sinne deiner Zehn Gebote zu bebauen und zu bewahren.

Vater unser

Empfangt Gottes Segen:

Es segne dich Gott, der Vater. Er sei der Raum, in dem du lebst. Es segne dich Jesus Christus. Er sei der Weg, auf dem du gehst. Es segne dich der Heilige Geist. Er sei das Licht, das dich zur Wahrheit führt. Amen.

EG 483: Herr, bleibe bei uns, denn es will Abend werden

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