Bild: Helmut Schütz

Zweckfreie Musik

Zweckfreies Lied oder Orgelspiel kann ein Sinnbild sein für uns Menschen, die auch vor Gott so gelten, wie wir sind, und auch nicht Mittel zum Zweck füreinander sein sollen. Die Musik kann uns helfen, sensibler zu werden für eigene Gefühle, die Gefühle anderer Menschen, für eigene Schwächen und fremdes Leiden, sensibler auch für das, was Gott für unser Leben bedeutet.

Die im Jahr 1981 von der Licher Orgelbaufirma Förster & Nicolaus restaurierte Orgel in der Kirche von Heuchelheim/Wetterau
Die 1981 von Förster & Nicolaus (Lich) restaurierte Orgel in der Kirche von Heuchelheim/Wetterau

#predigtOrgeleinweihungskonzert in gottesdienstlichem Rahmen am 13. Sonntag nach Trinitatis, 13. September 1981, um 15.00 Uhr in der Heuchelheimer Kirche mit Kantor Werner Jahr
Orgelvorspiel

Ich begrüße Sie heute alle herzlich zur Einweihungsfeier für unsere neu restaurierte Orgel, die wir mit einem Konzert in gottesdienstlichem Rahmen begehen wollen. Besonders dankbar bin ich heute als Pfarrer dieser Kirchengemeinde Heuchelheim, dass wir heute Herrn Kantor Jahr aus Friedberg und seine Tochter unter uns haben, die uns mit ihrem musikalischen Können heute einen Eindruck von dem vermitteln werden, was auch in einer so kleinen Orgel wie der unseren an Möglichkeiten steckt. Sie haben alle zwei Dinge in die Hand bekommen: das Programm dieses Konzerts zum einen, außerdem ein Kleines Heuchelheimer Orgelbüchlein, das unser Organist Ralf Schäfer zusammengestellt und der Kirchenvorstand als lesenswerte Information über unsere Orgel hat drucken lassen. Dieses Büchlein legen wir Ihnen besonders ans Herz; es hängt ein Stück Heuchelheimer Geschichte darin, und wir bitten Sie, es mit nach Haus zu nehmen und als Erinnerung aufzubewahren.

Der Anlass der Wiederherrichtung unserer Orgel hat auch über unsere Gemeinde hinaus Interesse gefunden; unser Herr Dekan Galter ist zwar heute leider verhindert und lässt sich entschuldigen, aber Herr Präses Weber, der Vorsitzende unserer Dekanatssynode, ist heute bei uns und möchte uns nun anlässlich unseres Orgeleinweihungskonzerts ein Grußwort des Dekanats überbringen.

Grußwort des Präses
EKG 214, 1-3 (EG 250): Ich lobe dich von ganzer Seelen

1. Ich lobe dich von ganzer Seelen, dass du auf diesem Erdenkreis dir wollen eine Kirch erwählen zu deines Namens Lob und Preis, darinnen sich viel Menschen finden in einer heiligen Gemein, die da von allen ihren Sünden durch Christi Blut gewaschen sein.

2. Du rufest auch noch heutzutage, dass jedermann erscheinen soll; man höret immer deine Klage, dass nicht dein Haus will werden voll. Deswegen schickst du auf die Straßen, zu laden alle, die man find’t; du willst auch die berufen lassen, die blind und lahm und elend sind.

3. Du, Gott, hast dir aus vielen Zungen der Völker eine Kirch gemacht, darin dein Lob dir wird gesungen in einer wunderschönen Pracht, die sämtlich unter Christus stehen als ihrem königlichen Haupt und in Gemeinschaft dies begehen, was jeder Christ von Herzen glaubt.

Unser guter Gott, du hast uns erwählt als deine Kirche – lass uns auch als deine Gemeinde zueinander stehen. Du kennst die vielen, die ihren Glauben haben – lass uns auch alle zueinander finden und uns mit unseren vielen kleinen Möglichkeiten gegenseitig ermutigen und aufrichten. Du kennst die, die gehetzt sind von Terminen und harter Arbeit und kaum Zeit für sich und die Familie finden – lass uns erkennen, dass wir angenommen werden, dass wir Liebe bekommen, ohne etwas dafür tun zu müssen. Du kennst die, die traurig sind, dass die Kirche nicht oft so voll ist wie heute – lass uns Kirche weniger als Pflicht und mehr als Kirche für uns ansehen – wo wir gemeint sind mit unseren Problemen und wo es Spaß machen kann, mitzumachen, und wir uns begeistern lassen können. Dankbar sind wir für die Musik, die dazu beiträgt, dass es uns Spaß macht im Gottesdienst, dass wir zu Hause sind im Gottesdienst, nicht nur mit unserem Verstand, sondern auch mit unserem Empfinden und Gefühl. Amen.

Konzertteil 1

Liebe Gemeinde!

Das „alte Mädchen“, wie unsere kürzlich verstorbene langjährige Organistin, Frau Hilda Dauth, unsere Heuchelheimer Orgel liebevoll genannt hat, ist wieder gut hergerichtet worden, und wir haben gehört, was alles in ihr steckt. Viel an Erspartem musste die Kirchengemeinde für die Restaurierung aufbringen, und Sie haben sich auch alle mit Spenden beteiligt, so dass wohl klar ist: wir alle haben diese Instandsetzung gewünscht. Was steckt hinter diesem Wunsch? Ich bin ein musikalischer Laie, verstehe von Orgeln wenig. Ich verstehe andererseits, wenn mancher an Orgelmusik nichts Besonderes findet, oder wenn einer an einer bestimmten Richtung der Musik kein Gefallen finden kann – denn mir ging es in früheren Jahren selber so. Aber mehr und mehr wird mir die Musik im Gottesdienst oder in einem Konzert wichtig; sie sagt manchmal mehr als Worte, vermittelt Trost oder Aufmunterung oder Begeisterung auf ihre eigene Weise, lässt zur Ruhe kommen oder setzt in innere Bewegung, vermittelt jedenfalls ein unmittelbares Erlebnis der Betroffenheit, des unbedingten Ernstes, oder auch der Freude, des Vergnügens, der Begeisterung. Auch textlich werden in Liedern oft weitere Bereiche abgesteckt oder wird in tiefere Schichten vorgedrungen, als das in einer Predigtsprache möglich ist – und wenn dann Text und Melodie und Spielweise und Rhythmus zueinander stimmen, wird manches Lied zu einem Erlebnis der Vergewisserung oder der Beunruhigung oder der Begeisterung, in dem etwas von einer Veränderung in uns selbst spürbar wird, von einer Bewegung und Veränderung, die auch auf unseren Alltag übergreifen kann. Nicht umsonst sind es oft mehr Melodien als Worte, die uns noch lange im Kopf herumgehen und uns in den Nachmittag hinein oder in den nächsten Tag hinein begleiten.

Sie sehen, mir kommt es darauf an, dass Musik mit unserem Leben zu tun hat. Nicht auf eine so direkte Weise, wie z. B. die Marschmusik zum Kriegführen gehört hat. Orgelmusik soll auch nicht lediglich ein Hilfsmittel sein, damit die Gemeinde besser den Ton zum Singen findet. Doch gerade in einem Orgelspiel, das seinen Zweck nur in seiner eigenen Schönheit zu haben scheint, kann man noch ein darüber hinausweisendes Ziel entdecken: nämlich das Lob Gottes, von dem die Psalmen- und Gesangbücher voll sind. Zweckfreies, unmittelbar das Empfinden ansprechendes Lied oder Orgelspiel kann ein Sinnbild sein für uns Menschen, die auch vor Gott so gelten, wie wir sind, die auch nicht Mittel zum Zweck füreinander sein sollen, die auch zur unmittelbaren Freiheit und zur Freude berufen sind, genauer gesagt, zur Fähigkeit, mit den Fröhlichen zu lachen und mit den Traurigen zu weinen. Die Musik kann uns helfen, sensibler zu werden für eigene Gefühle, die Gefühle anderer Menschen, für eigene Schwächen und fremdes Leiden, sensibler auch für das, was Gott eigentlich für unser Leben bedeutet. Denn im Loblied können wir gemeinsam ausdrücken, was uns Gott gegenüber bewegt, was wir im einzelnen Gebet oft gar nicht so sagen können, wie wir es empfinden.

Ein solches Lied, den Psalm 146, lese ich zum Abschluss meiner Ansprache:

1 Halleluja! Lobe den HERRN, meine Seele!

2 Ich will den HERRN loben, solange ich lebe, und meinem Gott lobsingen, solange ich bin.

3 Verlasset euch nicht auf Fürsten; sie sind Menschen, die können ja nicht helfen.

4 Denn des Menschen Geist muss davon, und er muss wieder zu Erde werden; dann sind verloren alle seine Pläne.

5 Wohl dem, dessen Hilfe der Gott Jakobs ist, der seine Hoffnung setzt auf den HERRN, seinen Gott,

6 der Himmel und Erde gemacht hat, das Meer und alles, was darinnen ist; der Treue hält ewiglich,

7 der Recht schafft denen, die Gewalt leiden, der die Hungrigen speiset. Der HERR macht die Gefangenen frei.

8 Der HERR macht die Blinden sehend. Der HERR richtet auf, die niedergeschlagen sind. Der HERR liebt die Gerechten.

9 Der HERR behütet die Fremdlinge und erhält Waisen und Witwen; aber die Gottlosen führt er in die Irre.

10 Der HERR ist König ewiglich, dein Gott, Zion, für und für. Halleluja!

Amen.

Konzertteil 2

Ich danke im Namen aller Konzertbesucher Herrn Kantor Jahr und seiner Tochter ganz herzlich für das eindrucksvolle Orgelspiel in dieser Feierstunde!

Für heute möchte ich noch sagen, dass Sie im Anschluss an das Konzert hier im Altarraum eine Reihe von Fotos besichtigen können, über die Restaurierungsarbeiten, über die Wirkweise einer Orgel und über andere Orgeln in Hessen. Wir danken Ralf Schäfer für die Mühe, die er sich damit gemacht hat. Wer sich für eine der ausgebauten Orgelpfeifen interessiert, mag sich an mich oder einen Kirchenvorsteher wenden. Für etwa 10 bis 20 Mark pro Stück können wir sie als Erinnerungsstück abgeben.

Wir wollen beten:

Herr, unser Gott, setze uns in Bewegung, wenn wir erstarrt sind in festgefahrenen Gewohnheiten und Denkabläufen, Herr, lass uns zur Ruhe kommen, wenn wir selber nicht Zeit finden für uns selbst; wir danken dir für das Geschenk der Musik, die ein Sinnbild des Lebens ist, vom Zusammenspiel aus Ruhe und Bewegung geprägt, vom Wechsel zwischen Ernst und Spaß, Trauer und Freude. Wir beten für unsere Kirche, für unsere Gemeinde, dass Menschen hier etwas von dem Geist der Liebe Jesu finden, vom gegenseitigen Annehmen, so wie man ist, vom Lasten tragen füreinander, vom Zusammenstehen in frohen und in traurigen Tagen. Wir beten heute insbesondere für unsere langjährige Organistin, Frau Hilda Dauth, die im Alter von 72 Jahren gestorben und in der vorvergangenen Woche kirchlich bestattet worden ist, deren Leben etwas von deiner Liebe widergespiegelt hat und die auch gezeigt hat, wie ein Leben im Dienst des Orgelspiels ein Leben im treuen Dienst für dich, unseren Herrn, sein kann. Amen.

Vater unser und Segen
EKG 205, 1+5+6 (EG 243):

1. Lob Gott getrost mit Singen, frohlock, du christlich Schar! Dir soll es nicht misslingen, Gott hilft dir immerdar. Ob du gleich hier musst tragen viel Widerwärtigkeit, sollst du doch nicht verzagen; er hilft aus allem Leid.

5. Es tut ihn nicht gereuen, was er vorlängst gedeut’, sein Kirche zu erneuen in dieser fährlichn Zeit. Er wird herzlich anschauen dein’ Jammer und Elend, dich herrlich auferbauen durch Wort und Sakrament.

6. Gott solln wir fröhlich loben, der sich aus großer Gnad durch seine milden Gaben uns kundgegeben hat. Er wird uns auch erhalten in Lieb und Einigkeit und uns

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