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Menschen fangen für den Gott, der frei macht

Simon Petrus soll Menschen fangen. Die Formulierung klingt paradox, denn er soll doch Menschen gewinnen für den Gott, der frei macht. Diese Art des Menschenfangs geschieht ja auch nicht mit Netzen oder einem Lasso, sondern allein mit dem Wort Gottes, das Jesus unter uns Menschen ausstreut, und diejenigen, die Jesus mit dem Menschenfang beauftragt, folgen ihm darin nach.

Der Fischer, der über Jesus staunt, wird zum Menschenfänger (Bild: falcoPixabay)

#gedankeTurmgebet am Freitag, 11. Januar 2013, um 18.00 Uhr im Stadtkirchenturm Gießen

Herzlich willkommen beim Turmgebet im Stadtkirchenturm Gießen!

Wir sind versammelt im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Wir hören zu Beginn die biblische Tageslese für den heutigen 11. Januar 2013 aus dem Evangelium nach Lukas 5, 1-11:

1 Es begab sich aber, als sich die Menge zu ihm drängte, um das Wort Gottes zu hören, da stand er am See Genezareth

2 und sah zwei Boote am Ufer liegen; die Fischer aber waren ausgestiegen und wuschen ihre Netze.

3 Da stieg er in eins der Boote, das Simon gehörte, und bat ihn, ein wenig vom Land wegzufahren. Und er setzte sich und lehrte die Menge vom Boot aus.

4 Und als er aufgehört hatte zu reden, sprach er zu Simon: Fahre hinaus, wo es tief ist, und werft eure Netze zum Fang aus!

5 Und Simon antwortete und sprach: Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen; aber auf dein Wort will ich die Netze auswerfen.

6 Und als sie das taten, fingen sie eine große Menge Fische, und ihre Netze begannen zu reißen.

7 Und sie winkten ihren Gefährten, die im andern Boot waren, sie sollten kommen und mit ihnen ziehen. Und sie kamen und füllten beide Boote voll, so dass sie fast sanken.

8 Als das Simon Petrus sah, fiel er Jesus zu Füßen und sprach: Herr, geh weg von mir! Ich bin ein sündiger Mensch.

9 Denn ein Schrecken hatte ihn erfasst und alle, die bei ihm waren, über diesen Fang, den sie miteinander getan hatten,

10 ebenso auch Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, Simons Gefährten. Und Jesus sprach zu Simon: Fürchte dich nicht! Von nun an wirst du Menschen fangen.

11 Und sie brachten die Boote ans Land und verließen alles und folgten ihm nach.

Gott, wir wundern uns, dass sich damals um Jesus eine ganze Menschenmenge schart, um Gottes Wort zu hören. Wer hört heute noch auf dein Wort, deine Wegweisung, wer will sich an deine Gebote halten, die Worte der Bibel verstehen? Gott, wir rufen zu dir (EG 178.11):

Herr, erbarme dich, erbarme dich. Herr, erbarme dich, Herr, erbarme dich.

Gott, wir wundern uns, dass dein Wort an die Fischer damals ihren Alltag so verändern konnte. Dass sie auf dein Wort hin tagsüber einen Fang gemacht haben, der nach menschlichem Ermessen unmöglich war. Können wir glauben, dass du auch unseren Alltag verändern kannst? Wir rufen zu dir, Gott:

Herr, erbarme dich, erbarme dich. Herr, erbarme dich, Herr, erbarme dich.

Wir wundern uns, dass die Fischer, die eben noch mit der Hilfe Jesu so erfolgreich waren in ihrem Beruf, sich so einfach von ihren Netzen und Fischerbooten wegrufen ließen, in deine Nachfolge. Nehmen wir deinen Ruf wahr, wenn er uns persönlich trifft? Ist der Weg, auf dem wir uns bereits bemühen, dir nachzufolgen, tatsächlich dein Weg, oder sind wir davon abgewichen? Wir rufen zu dir:

Herr, erbarme dich, erbarme dich. Herr, erbarme dich, Herr, erbarme dich.

In der Stille denken wir an dich, Gott, der du uns an deiner Hand leitest, damit wir nicht von deinem Weg abweichen. Wir folgen dir, halt uns fest an deiner Hand.

Stille

Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat! (Psalm 103, 2)

Ich möchte Ihnen weitere Denkanstöße zur heutigen Bibellese geben und zuvor das Lied 313 mit Ihnen singen:

Jesus, der zu den Fischern lief

Liebe Gemeinde,

der Anfang eines Neuen Jahres ist die Zeit vieler guter Vorsätze. Man möchte manches anders machen, besser hinkriegen als bisher. Mancher fängt eine neue Arbeitsstelle an und hofft, dass er erfolgreich in einem guten Arbeitsklima arbeiten kann. Jemand anders hat ein schlimmes Jahr hinter sich, in dem etwas nicht gelungen ist, ein Jahr des Scheiterns, oder ein Jahr der Krankheit, der Trauer, des Abschiednehmens, und jetzt ist erst einmal alles offen, was die Zukunft bringen mag. Das macht Angst.

Der Fischer Simon und seine Gefährten sind in einer solchen Stimmung – sie haben die ganze Nacht nichts gefangen, so ist das manchmal auch in diesem Beruf, man müht sich ab, und es ist alles für die Katz. Mehr zufällig hören sie, wie Jesus das Wort Gottes lehrt, wie er die Tora auslegt, wie er erzählt, dass das Reich Gottes mitten unter ihnen anbricht, dass Gott mit ihnen, die Jesus zuhören, anfangen will, sein Reich zu bauen. Staunend hören sie, wie mit den Worten Jesu die alten Schriftworte neu lebendig werden: Wer arm ist, soll nicht im Elend sitzen bleiben, Gefangene sollen frei werden, keiner soll mehr das Recht haben, einen anderen zu versklaven und auszubeuten, wer blind war für das Licht der Wahrheit Gottes, soll Erleuchtung finden, und wer gedemütigt und zerschlagen ist an Leib oder Seele, der soll frei werden und ausgesandt werden, um Gottes Liebe zu verkünden.

Eigentlich sind sie ja nur die Fischer, denen zufällig die Boote gehören, die Jesus als Lehrstuhl benutzt. Vom Boot des Simon aus redet er zu den Leuten. Offenbar hören Simon und die anderen trotzdem zu, ganz nebenbei, sie haben ja nichts anderes zu tun. Und das Wort scheint auf fruchtbaren Boden zu fallen, wie wir nachher sehen werden, es beginnt in ihnen zu arbeiten.

Dann gibt Jesus ihnen einen Rat, der ihnen unsinnig vorgekommen sein muss: am hellichten Tag ausfahren zu einem Fischfang. Sie tun es trotzdem auf sein Wort hin, irgendwie vertrauen sie ihm mehr als ihrem inneren Zweifel, und am Ende staunen sie über den unerwarteten Erfolg.

Simon mit dem Beinamen Petrus, der im Lukasevangelium nicht näher erklärt wird, reagiert darauf merkwürdig: Er fällt zu Füßen Jesu nieder und bittet ihn, wegzugehen. „Ich bin ein sündiger Mensch“, sagt er. Offenbar hält er sich für nicht würdig, in der Nähe Jesu zu bleiben. Denn der muss ein Mann Gottes sein, das ist ihm jetzt klar geworden.

Auch die anderen Fischer sind von einem Schrecken erfasst worden, denn sie spüren, dass sie es mit dem gewaltigen Gott zu tun bekommen haben. Jesus redet nicht nur von Gott, als würde Gott selbst mit einem reden, er tut auch Dinge, die einem zeigen: hier ist Gott selber am Werk, der Gott, der Israel aus Ägypten befreit hat, der mit Mose geredet hat, der den Zerschlagenen neue Hoffnung gegeben hat, mit dem haben es jetzt hier am See Genezareth diese einfachen Fischer zu tun.

Und so, wie schon im Alten Testament die Stimme Gottes oder Gottes Engelboten den von ihnen angeredeten Menschen Mut zugesprochen haben, geschieht es auch hier. Jesus spricht: zu Simon: „Fürchte dich nicht!“ Und er gibt ihm einen neuen Auftrag: „Von nun an wirst du Menschen fangen.“ Simon Petrus soll seinen alten Beruf an den Nagel hängen, soll wie Jesus von Ort zu Ort ziehen und den Menschen vom Reich Gottes erzählen, das mitten unter ihnen anfängt. Er soll Menschen fangen.

Die Formulierung klingt paradox, denn er soll doch Menschen gewinnen für den Gott, der frei macht. Diese Art des Menschenfangs geschieht ja auch nicht mit Netzen oder einem Lasso, sondern allein mit dem Wort Gottes, das Jesus unter uns Menschen ausstreut, und diejenigen, die Jesus mit dem Menschenfang beauftragt, folgen ihm darin nach.

So wie Gott die Israeliten aus der Sklaverei im Pharaonenreich der Ägypter herausführt und ihnen am Sinai die Gebote vorlegt, an die sie sich halten sollen, damit sie auch frei bleiben, so ruft Jesus uns alle dazu auf, auf Gott zu vertrauen, dessen Wegweisung uns frei macht.

Simon Petrus und seine Gefährten „brachten damals die Boote ans Land und verließen alles und folgten ihm nach“. Einfach so. Jesu Worte rührten in ihnen so viel an, dass sie nicht anders konnten, als ihr Leben von heute auf morgen zu ändern.

Nicht bei jedem findet die Umkehr zu Jesus oder zu Gott so wie bei ihnen statt, in einem einzigen Moment. Mancher wächst in den Glauben schon als Kind hinein und weiß immer wieder einfach, welche Weichenstellungen im Leben für ihn die richtigen sind.

Hin und wieder aber kommt es vor, dass jemand an einem Wendepunkt im Leben angekommen ist, an dem er spürt: Heute fange ich neu an. Jetzt ist der Zeitpunkt für etwas anderes in meinem Leben. Ich sage Ja zu einer Veränderung, vor der ich lange Zeit Angst hatte. Ich mache etwas Neues. Oder: Ich beende endlich etwas, was nicht mehr meine Sache ist, was einfach nicht mehr geht. Ich gebe einen Stolz auf, der durch meine Kräfte, die ich habe, nicht mehr gedeckt ist. Ich traue mich, etwas zu tun, was ich mir selber nicht zutraue, aber was Gott mir zutraut.

Ganz unterschiedlich kann der Ruf zur Nachfolge bei verschiedenen Menschen ankommen. Schon damals hat Jesus nicht von jedem erwartet, hinter ihm herzugehen. Es gab Frauen, Jüngerinnen, die ihn von zu Hause aus unterstützten. Es gab Menschen, die er geheilt hatte, die er wieder nach Hause in ihr persönliches Umfeld zurückschickte. Gott hat mit jedem Menschen seine eigenen Pläne. Amen.

EG 602: Du hast gesagt: »Ich bin der Weg«

Gott, Vater Jesu Christi und unser Vater, wir bitten dich: Mach uns klar, welche Pläne du mit uns hast. Zeige uns die Wege oder die nächsten Schritte auf unserem Weg, die für uns im Neuen Jahr richtig und gut zu gehen sind. Gib uns die Kräfte, die wir brauchen, um auf deinen Wegen zu gehen. Gib uns auch den Mut, innezuhalten, Pausen einzulegen, Kräfte zu sammeln, wenn wir am Ende sind und uns ausgepowert haben.

Vor allem aber: schenke uns die Einsicht, dass dein Evangelium eine frohe, frei machende, erlösende Botschaft ist. Mach uns frei von jedem Druck, auch wenn dieser Druck angeblich von dir und deinem Wort kommt, denn deine Wahrheit macht wirklich frei. Darauf dürfen wir vertrauen.

In der Stille bringen wir vor dich, was wir persönlich auf dem Herzen haben:

Stille und Vater unser

Empfangt Gottes Segen:

Es segne dich Gott, der Vater. Er sei der Raum, in dem du lebst. Es segne dich Jesus Christus. Er sei der Weg, auf dem du gehst. Es segne dich der Heilige Geist. Er sei das Licht, das dich zur Wahrheit führt. Amen.

EG 483: Herr, bleibe bei uns, denn es will Abend werden

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