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Weihnachtslicht und Weihnachtskunst

Das Weihnachtslicht ist nicht nur etwas für Romantiker und gemütliche Stunden. Das Weihnachtslicht nimmt es mit den Härten des Lebens auf. In diesem Lichte kannst du sehen… du bist nicht mehr blind, verbohrt, benebelt. Was ist Weihnachtskunst? Ich lasse mich ein auf Gott, der in mir mein eigenes „Glaubens- und Liebeslicht“ anzündet.

Künstlerisch gestaltete Weihnachtskugeln
Geheimnisvolle Kugeln (Bild: Dieter_GPixabay)
direkt-predigtGottesdienst mit Carolin Kalbhenn, Barbara Görich-Reinel und Helmut Schütz am 2. Weihnachtsfeiertag, 26. Dezember 2005, um 10.00 Uhr in der evangelischen Michaelskirche Gießen-Wieseck
Orgelvorspiel
Begrüßung (Carolin)
Lied 557: Ein Licht geht uns auf in der Dunkelheit
Eingangsliturgie wie üblich mit Johannes 8, 12 als Leitmotiv (Carolin Kalbhenn)
Lied 33: Brich an, du schönes Morgenlicht
Schriftlesung: Johannes 1, 1-5.9-14 (Helmut)

1 Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.

2 Dasselbe war im Anfang bei Gott.

3 Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist.

4 In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.

5 Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat’s nicht ergriffen.

9 Das war das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen.

10 Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn gemacht; aber die Welt erkannte ihn nicht.

11 Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf.

12 Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden, denen, die an seinen Namen glauben,

13 die nicht aus dem Blut noch aus dem Willen des Fleisches noch aus dem Willen eines Mannes, sondern von Gott geboren sind.

14 Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.

Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren. Halleluja!

Lied 40, 1

1. Dies ist die Nacht, da mir erschienen des großen Gottes Freundlichkeit; das Kind, dem alle Engel dienen, bringt Licht in meine Dunkelheit, und dieses Welt- und Himmelslicht weicht hunderttausend Sonnen nicht.

Liedpredigt zu 40, 1 (Carolin Kalbhenn)
Lied 40, 2-3

2. Lass dich erleuchten, meine Seele, versäume nicht den Gnadenschein; der Glanz in dieser kleinen Höhle streckt sich in alle Welt hinein; er treibet weg der Höllen Macht, der Sünden und des Kreuzes Nacht.

3. In diesem Lichte kannst du sehen das Licht der klaren Seligkeit; wenn Sonne, Mond und Stern vergehen, vielleicht noch in gar kurzer Zeit, wird dieses Licht mit seinem Schein dein Himmel und dein Alles sein.

Liedpredigt zu 40, 2-3 (Barbara Görich-Reinel)

Das Kind bringt Licht ins Dunkel. Sein Licht reicht überall hin. Sein Licht erleuchtet den Himmel und erhellt jeden Winkel der Welt. Es ist das Licht von Weihnachten.

Was kann ich mit diesem Licht anfangen? In dieses Licht soll ich mich hinein stellen, mich von ihm bescheinen und erleuchten lassen. Den Gnadenschein nicht versäumen, heißt es im Lied. Ich bin aufgefordert, dieses wärmende Licht zu suchen und mich von ihm umgeben zu lassen. Mich erinnert dies an ein Sonnenbad oder eine Lichttherapie. Der ganze Mensch taucht in Licht ein.

Wenn wir in diesen Tagen vor dem Christbaum sitzen und uns an seinen Kerzen erfreuen, ruht das Licht von Weihnachten auf uns. Das Licht aus der Krippe hat sich im Baum festgemacht. Es bescheint uns. Ob es uns im innersten erreicht und von innen zum Strahlen bringt, ist die Frage. Eingetaucht sind wir nicht wirklich, oder!? Dabei hält uns Matthäus vor: Ihr seid das Licht der Welt! Wir sollen das göttliche Licht spiegeln!

Das Weihnachtslicht ist nicht nur etwas für Romantiker und gemütliche Stunden. Das Weihnachtslicht nimmt es mit den Härten des Lebens auf. Es überbrückt jede Entfernung und vertreibt die Macht der Hölle, der Sünde und des Kreuzes. Hier kommt mir das Licht eher wie ein Suchscheinwerfer vor, eine OP-Lampe oder doch nur noch wie ein glimmender Docht. Denke ich das Weihnachtslicht als Laserstrahl, als gebündelte Energie, kann es durchaus eine scharfe und heftige Wirkung erzielen. Mit Laserstrahlen wird zum Beispiel Hautkrebs weggebrannt oder die Netzhaut angeklebt, es wird damit abgetastet, gekämpft und zerstört. Das Weihnachtslicht kann Gewaltiges vollbringen. Trauen wir ihm das zu?

Wir sind versucht, es nach Epiphanias mit unseren Lichterketten wieder abzuhängen. Aber das Weihnachtslicht wird sich nicht wegräumen oder konservieren lassen! Es wird bleiben und uns Schlimmes und Böses vom Leib halten; mehr, als wir erahnen.

Was kann das Weihnachtslicht noch? Das Weihnachtslicht öffnet uns die Augen, die Scheuklappen verschwinden. In diesem Lichte kannst du sehen… du bist nicht mehr blind, verbohrt, benebelt. Du siehst die klare Seligkeit. Wenn Kinder das Weihnachtszimmer betreten, ist das häufig so: ihre Augen strahlen, der Mund ist halb geöffnet, ihre Aufregung weicht dem Staunen, sie sind selig. In einer geborgenen Atmosphäre, in Momenten des Vertrauens und Loslassens ist dieses Weihnachtslicht zu spüren.

Unser Lied stammt aus der Zeit der Orthodoxie, einer Epoche der Rechtgläubigkeit in der protestantischen Kirchengeschichte. Die Einigkeit des Gläubigen mit Jesus bis hin zur innerlichen Verschmelzung wird demonstriert und proklamiert. In diesem Lichte kannst du sehen… hier habe ich den Verdacht, dass Jesus sozusagen zur Taschenlampe wird, die ich dicht neben mich halte, um mich im Dunkeln zurecht zu finden. Vielleicht wird er auch zu meiner Brille, durch die ich hindurch sehe, oder noch näher, er wird zu meinem eigenen Augenlicht, mit dem ich sehe. Das ist mir zuviel.

Mir reicht, dass das Weihnachtslicht mich überall berührt und mir die Augen für die Seligkeit öffnet.

Lied 40, 4-5

4. Lass nur indessen helle scheinen dein Glaubens- und dein Liebeslicht; mit Gott musst du es treulich meinen, sonst hilft dir diese Sonne nicht; willst du genießen diesen Schein, so darfst du nicht mehr dunkel sein.

5. Drum, Jesu, schöne Weihnachtssonne, bestrahle mich mit deiner Gunst; dein Licht sei meine Weihnachtswonne und lehre mich die Weihnachtskunst, wie ich im Lichte wandeln soll und sei des Weihnachtsglanzes voll.

Liedpredigt zu 40, 4-5 (Helmut Schütz)

Liebe Gemeinde! Was ist Weihnachtskunst? Meint unser Lied damit Künstler, die Bilder von der Heiligen Familie malen, das Ave Maria singen, Krippendarstellungen in wunderbarer Vollendung schaffen? Nein, das Wort bezieht sich auf uns alle. Dass wir im Licht wandeln sollen. Das ist eine Kunst: etwas, was man können muss.

Aber gibt es fröhliche Weihnachten auf Bestellung? Kann man sich freuen auf Kommando? Unser Lied formuliert Befehle: Du musst, du darfst nicht! „Mit Gott musst du es treulich meinen, sonst hilft dir diese Sonne nicht; willst du genießen diesen Schein, so darfst du nicht mehr dunkel sein.“ Ist der Glaube eine Leistung, die wir für Gott erbringen müssen, um von seinem Licht erreicht zu werden? Das macht Druck; das kann es doch wohl nicht sein.

Allerdings haben wir ja nun am 2. Weihnachtsfeiertag das Feiern sowieso schon fast hinter uns. War es für uns eine Kunst, dieses Fest zu feiern?

Niemand muss uns extra beibringen, dass es in den letzten Wochen des Jahres weihnachtlich zugeht. Jeder kennt Weihnachtsgebäck, Weihnachtsmänner, Christbaumschmuck und Weihnachtslieder, und die meisten geraten an Weihnachten, ob sie wollen oder nicht, in eine andere Stimmungslage, freudig, wehmütig, depressiv oder sentimental.

Wer am 2. Feiertag in die Kirche kommt, hat vom Weihnachtenfeiern mehr begriffen: das Weihnachtsbrauchtum ist nur Nebensache. Wer die Geburt des Jesuskindes in Bethlehem übersieht, verpasst das eigentliche Weihnachten. Zur Weihnachtskunst gehört die schlichte Freude darüber, dass Gott Mensch geworden ist.

Diese Freude ist dem einen selbstverständlich, dem andern ist sie ein Problem. Ich sprach kürzlich mit einer jungen Frau, die im vergangenen Jahr ganz plötzlich ihren Mann verloren hat und die eigentlich nur ihren Kindern zuliebe ihre Wohnung weihnachtlich geschmückt hat. Ihr fällt es unsagbar schwer, das Fest der Liebe zu feiern, es zerreißt ihr das Herz.

Weihnachtskunst kann darin bestehen, genau diese Traurigkeit, alle Sehnsucht, alle Verzweiflung, dem Kind in der Krippe anzuvertrauen. Denn wenn wir genau hinschauen, dann war die Welt in der Heiligen Weihnachtsnacht schon damals keine „heile Welt“. Es war ein Wunder, dass das Jesuskind überleben konnte, ohne Platz in der Herberge, verfolgt von Herodes. Und nicht alle durften jubeln; als Josef, Maria und Jesus mit knapper Not nach Ägypten entkamen, brachen hinter ihnen die Eltern der ermordeten Kinder von Bethlehem in Tränen aus. Und dass Jesus von Mutter und Vater umsorgt wurde, war auch ein Wunder, denn ohne das Eingreifen eines geschickten Engels hätte Josef seine Frau und das Kind schlicht im Stich gelassen. Das Kind von Bethlehem, der Mann aus Nazareth kennt die Zerrissenheit unserer Welt und unserer Seele nur zu gut. Es ist eine Kunst, das Jesuskind jenseits einer oberflächlichen Weihnachtsidylle in unserer realen Welt wahrzunehmen; denn in diese reale Welt scheint das Licht der Weihnacht hinein.

Verstehen wir die Weihnachtskunst so, dann hört sie am 2. Feiertag noch längst nicht auf. Es geht nicht darum, den Weihnachtsbaum am Nadeln zu hindern und Festtagsstimmung noch möglichst lange zu konservieren. Aber vielleicht gelingt es uns, das Licht der Weihnacht auch in unseren Alltag hineinscheinen zu lassen!

Die Weihnachtskunst im Alltag einzuüben, ist kein Muss, sondern eine Erlaubnis! Weihnachten ist längst geschehen. Dass Weihnachten gelingt, hängt nicht von mir ab. Zur Weihnachtsfreude komme ich wie die Jungfrau zum Kind, sie ist ein Geschenk. Das ist Weihnachtskunst: Ich lasse mich ein auf Gott, der in mir mein eigenes „Glaubens- und Liebeslicht“ anzündet. Er verwandelt mich, indem er mich erst einmal annimmt, so wie ich bin. Amen.

Lied 35

1. Nun singet und seid froh, jauchzt alle und sagt so: Unsers Herzens Wonne liegt in der Krippen bloß und leucht‘ doch wie die Sonne in seiner Mutter Schoß. Du bist A und O, du bist A und O.

2. Sohn Gottes in der Höh, nach dir ist mir so weh. Tröst mir mein Gemüte, o Kindlein zart und rein, durch alle deine Güte, o liebstes Jesulein. Zieh mich hin zu dir, zieh mich hin zu dir.

3. Groß ist des Vaters Huld, der Sohn tilgt unsre Schuld. Wir warn all verdorben durch Sünd und Eitelkeit, so hat er uns erworben die ewig Himmelsfreud. O welch große Gnad, o welch große Gnad!

4. Wo ist der Freuden Ort? Nirgends mehr denn dort, da die Engel singen mit den Heilgen all und die Psalmen klingen im hohen Himmelssaal. Eia, wärn wir da, eia, wärn wir da!

Fürbitten und Vaterunser (Barbara)
Abkündigungen (Kollekte für Indien / Kaschmir-Hilfe)
Segen (Carolin)
Lied 44

1. O du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit! Welt ging verloren, Christ ist geboren: Freue, freue dich, o Christenheit!

2. O du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit! Christ ist erschienen, uns zu versühnen: Freue, freue dich, o Christenheit!

3. O du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit! Himmlische Heere jauchzen dir Ehre: Freue, freue dich, o Christenheit!

Orgelnachspiel

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