Gestaltung der ART-Bank: Ingrid Walpert

Dick aufgetragen

Verherrlichung ist kein Personenkult für Jesus. Sein Ich bleibt bewahrt, gerade wenn er es loslassen kann. Merkwürdig, dieser Jesus. Kaum hat er die Menschen aufgefordert, ihm, dem Licht zu folgen, da lässt er sie alleine im Dunkeln stehen. Er ist nicht pausenlos verfügbar. Auch uns steht er nicht für alle Zwecke ständig zur Verfügung.

Die von Ingrid Walpert gestaltete ART-Bank in der Pauluskirche mit dem segnenden Jesus rechts und einer Palme links
Die von Ingrid Walpert gestaltete ART-Bank in der Pauluskirche
direkt-predigtGottesdienst um „halb 6 in Paulus“ am Sonntag Laetare, den 30. März 2003, um 17.30 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen

Guten Abend, liebe Gemeinde!

Herzlich willkommen im Gottesdienst um „halb 6 in Paulus“ mit dem Thema: „Dick aufgetragen. Ein Superstar muss sterben.“

Dick aufgetragen wurde erstens Farbe, und zwar auf die ART-Bank der Paulusgemeinde, die hier vorn steht. Bei der Aktion „ART Bank 2003“ stellt der Gießener Arbeitskreis Handel künstlerisch gestaltete Holzbänke in der Innenstadt aus. Auch Kirchengemeinden machen mit und plazieren Ende April Kirchenbänke auf dem Kirchenplatz.

Vorher soll unsere Paulus-Bank für einen Monat hier in der Kirche stehen, und heute enthüllen wir sie.

Frau Ingrid Walpert hat die Bank gestaltet, und der Kirchenvorstand dankt ihr herzlich dafür!

Der Titel „dick aufgetragen“ bezieht sich außerdem auf das Evangelium, über das Pfarrer Schütz heute predigt. Man lässt Jesus hochleben wie einen Superstar – und dann stirbt dieser Superstar – man hängt ihn hoch hinauf ans Kreuz.

Was das für ein Superstar war, dieser Jesus, davon singen wir das erste Lied: „Der Gammler“:

Man sagt, er war ein Gammler
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. „Amen.“

Deutschland suchte den Superstar. Zehntausend hatten sich beworben, zum Schluss wählte das Fernsehpublikum den besten jungen Sänger aus.

Israel, vor 2000 Jahren, suchte den Messias, auch eine Art Superstar. Er sollte ewigen Frieden bringen. Hatte man ihn gefunden, als Jesus in Jerusalem einzog? Man breitete Palmenzweige vor ihm aus und jubelte ihm zu: Hoch lebe der Sohn Davids!

Kommt, lasst auch uns Gott anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Warum erwartete das Volk Israel den Messias? Er sollte alles zum Guten wenden, denn vom Anfang der Menschengeschichte an war alles falsch gelaufen.

Menschen naschen vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse, setzen das Urvertrauen zu Gott aufs Spiel, verlieren den Zugang zum Baum des Lebens in einem immergrünen Paradies. Menschen erfahren Katastrophen als Strafe für Bosheit und fragen sich, ob Gott nicht Recht damit hätte, in einer Sintflut alles Leben wieder auszulöschen. Menschen sehnen sich nach dem Erbarmen Gottes.

Lasst uns zu Gott rufen: Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

Warum erwartete das Volk Israel den Messias? Man litt darunter, dass die Welt schlecht war. Seit Jahrhunderten herrschten fremde Mächte über das Volk Israel: Assyrer, Babylonier, Perser, Griechen und zuletzt die Römer. Fast noch mehr litt man darunter, dass man selber auch nicht besser war: Ihr seid selber schuld an eurem Schicksal, hatten Israels Propheten dem eigenen Volk gesagt, denn ihr habt falsche Götter angebetet und die Gebote nicht gehalten. Alle Menschen sind böse von Jugend auf. Wie sollte das enden? Es war und ist ein Wunder, dass die Welt nicht noch einmal zerstört worden ist wie bei der Sintflut.

Darum lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist groß Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende.

Der Herr sei mit euch! „Und mit deinem Geist!“

Gott, die Welt ist nicht besser geworden seit der Zeit Jesu, doch du gibst sie nicht auf. Wo wir resignieren, in Angst versinken – schenke uns Glauben! Wo wir nicht mehr auf ein Ende der Gewalt zu hoffen wagen – gib uns Mut zum Frieden! Wo der Egoismus uns im Griff hat – rühre uns an mit deiner Liebe! Darum bitten wir dich im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Das Volk Israel wartete auf den Messias. Er sollte das Böse bekämpfen und die Menschen versöhnen – miteinander, mit sich selbst, mit Gott. Als Jesus im Volk Israel auftrat, sagte man: Ja, der ist es! Der ist der Messias! Hosianna! Er lebe hoch! Der vertreibt das Unrecht aus dem Land. Der schafft Frieden für immer. Der schließt das Paradies wieder auf. Der baut eine Brücke zwischen Gott und den Menschen – wie damals, als Gott nach der Flut den Regenbogen in die Wolken malte.

Mit Bildern dieser Hoffnung auf Christus hat Frau Walpert die Art-Bank der Paulusgemeinde bemalt. Die hintere Seite, die jetzt für Sie nicht sichtbar ist, zeigt die Pauluskirche inmitten der Nordstadt. Von unserem Altarfenster übernommen wurde die Gestalt des segnenden Christus.

Enthüllung der Art Bank
Die Rückseite der ART-Bank mit der Pauluskirche inmitten von Wohnbau-Häusern der Nordstadt Gießen
Die Rückseite der ART-Bank mit der Pauluskirche inmitten von Wohnbau-Häusern der Nordstadt Gießen

Wir hören die Lesung vom Regenbogen der Hoffnung aus dem 1. Buch Mose – Genesis 9, 8-16 (Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift © 1980 by Katholische Bibelanstalt GmbH, Stuttgart):

8 Gott sprach zu Noah und seinen Söhnen:

9 Hiermit schließe ich meinen Bund mit euch und mit euren Nachkommen

10 und mit allen Lebewesen, die mit euch aus der Arche gekommen sind.

11 Ich habe meinen Bund mit euch geschlossen: Nie wieder sollen alle Lebewesen vom Wasser der Flut ausgerottet werden; nie wieder soll eine Flut kommen und die Erde verderben.

12 Und Gott sprach: Das ist das Zeichen des Bundes, den ich stifte zwischen mir und euch und allen lebendigen Wesen für alle kommenden Generationen:

13 Meinen Bogen setze ich in die Wolken; er soll das Bundeszeichen sein zwischen mir und der Erde.

14 Balle ich Wolken über der Erde zusammen und erscheint der Bogen in den Wolken,

15 dann gedenke ich des Bundes, der besteht zwischen mir und euch und allen Lebewesen, und das Wasser wird nie wieder zur Flut werden, die alle Wesen aus Fleisch vernichtet.

16 Steht der Bogen in den Wolken, so werde ich auf ihn sehen und des ewigen Bundes gedenken zwischen Gott und allen lebenden Wesen auf der Erde.

Herr, dein Wort ist unseres Fußes Leuchte und ein Licht auf unserem Wege. Amen. „Amen.“

Glaubensbekenntnis

Wir singen ein zweites Lied von Jesus, diesmal aus dem Gesangbuch, Nr. 552:

Einer ist unser Leben
Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Liebe Gemeinde, in der Predigt erzähle ich heute eine Geschichte aus dem Evangelium nach Johannes 12, 20-36, nach. Sie spielt nach dem Einzug Jesu in Jerusalem. Man hat Jesus als Messias begrüßt. Einen grünen Teppich aus Palmenzweigen hat man für ihn ausgebreitet. Man lässt ihn hochleben – „Jesus Christ Superstar!“ Nicht nur Menschen aus dem Volk der Juden fragen nach ihm, sondern auch Griechen, die Weltbürger der damaligen Zeit.

An dieser Stelle tauchen wir ein in die Erzählung des Johannes:

20 Es waren aber einige Griechen unter denen, die heraufgekommen waren, um anzubeten auf dem Fest.

21 Die traten zu Philippus, der von Betsaida aus Galiläa war, und baten ihn und sprachen: Herr, wir wollten Jesus gerne sehen.

22 Philippus kommt und sagt es Andreas, und Philippus und Andreas sagen’s Jesus weiter.

23 Jesus aber antwortete ihnen und sprach: Die Zeit ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht werde.

24 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.

25 Wer sein Leben lieb hat, der wird’s verlieren; und wer sein Leben auf dieser Welt hasst, der wird’s erhalten zum ewigen Leben.

26 Wer mir dienen will, der folge mir nach; und wo ich bin, da soll mein Diener auch sein. Und wer mir dienen wird, den wird mein Vater ehren.

27 Jetzt ist meine Seele betrübt. Und was soll ich sagen? Vater, hilf mir aus dieser Stunde? Doch darum bin ich in diese Stunde gekommen.

28 Vater, verherrliche deinen Namen! Da kam eine Stimme vom Himmel: Ich habe ihn verherrlicht und will ihn abermals verherrlichen.

29 Da sprach das Volk, das dabeistand und zuhörte: Es hat gedonnert. Die andern sprachen: Ein Engel hat mit ihm geredet.

30 Jesus antwortete und sprach: Diese Stimme ist nicht um meinetwillen geschehen, sondern um euretwillen.

31 Jetzt ergeht das Gericht über diese Welt; nun wird der Fürst dieser Welt ausgestoßen werden.

32 Und ich, wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen.

33 Das sagte er aber, um anzuzeigen, welchen Todes er sterben würde.

34 Da antwortete ihm das Volk: Wir haben aus dem Gesetz gehört, dass der Christus in Ewigkeit bleibt; wieso sagst du dann: Der Menschensohn muss erhöht werden? Wer ist dieser Menschensohn?

35 Da sprach Jesus zu ihnen: Es ist das Licht noch eine kleine Zeit bei euch. Wandelt, solange ihr das Licht habt, damit euch die Finsternis nicht überfalle. Wer in der Finsternis wandelt, der weiß nicht, wo er hingeht.

36 Glaubt an das Licht, solange ihr’s habt, damit ihr Kinder des Lichtes werdet. Das redete Jesus und ging weg und verbarg sich vor ihnen.

Wer versteht diesen Text auf Anhieb? Im Bibelkreis hatten wir noch nach einer Stunde Probleme damit. Wie sollte unser Verstand auch die bilderreiche Sprache des Johannesevangeliums so einfach fassen! Auch ich kann nicht alles erklären, was da gesagt ist.

Doch ich versuche, den Spannungsbogen der Erzählung nachzuempfinden. Vielleicht merken wir dann – diese Worte sind an uns gerichtet – ich, du, wir alle sind gefragt: Wie stehst du zu diesem Jesus?

Dass Johannes ausdrücklich nicht nur Juden anspricht, sondern Menschen aus aller Welt, zeigt die Einleitung:

20 Es waren aber einige Griechen unter denen, die heraufgekommen waren, um anzubeten auf dem Fest.

Sie steigen hinauf, diese griechischen Weltbürger aus dem weiten Römischen Reich, hinauf auf den Berg, auf dem Jerusalem liegt, hinauf zum Tempelberg, sie wollen hoch hinaus, am liebsten hoch hinauf in den Himmel, zu Gott.

21 Die traten zu Philippus, der von Betsaida aus Galiläa war, und baten ihn und sprachen: Herr, wir wollten Jesus gerne sehen.

Anscheinend ist es nicht so einfach, zu Jesus vorzudringen in der Menschenmenge, vielleicht haben sie auch Mühe, ihn zu erkennen. Mag sein, sie stellen sich unter einem Messias von vornherein etwas anderes vor – einen Superstar mit Format, ehrwürdig und erhaben. Man müsste ihm schon von weitem seine Macht ansehen! Es ist ähnlich wie heute: Auch für uns ist es nicht einfach, zum wahren Jesus vorzudringen hinter all den unterschiedlichen Meinungen und Bildern, die es von ihm gibt.

Dann aber ist es doch wieder ganz einfach. Zugang zu Jesus findet, wer die fragt, die Jesus schon kennen. Sogar über kulturelle Schranken hinweg, wenn der griechische Jünger Philippus den jüdischen Jünger Andreas zu Hilfe ruft.

22 Philippus kommt und sagt es Andreas, und Philippus und Andreas sagen’s Jesus weiter.

Dann sind sie da, bei Jesus, und weiter wird von den Griechen nichts erzählt. Offenbar sind sie nun einfach seine Zuhörer. Finden sie denn wenigstens, was sie bei ihm suchen – den Gottessohn, der Frieden für die Welt bringt?

23 Jesus aber antwortete ihnen und sprach: Die Zeit ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht werde.

Aha, das hört sich so an, als ob sie genau zur richtigen Zeit gekommen seien. Sie werden mitbekommen, wie dieser Mann es allen zeigen wird. Natürlich ist er bescheiden, er nennt sich nur den „Menschensohn“, aber der Menschensohn, das wissen die Zuhörer, der würde am Ende der Zeiten auf dem Thron des Weltenrichters sitzen.

Aber ob sie die folgenden Worte aus dem Mund Jesu erwartet hätten, weiß ich nicht. Übertreibt Jesus hier nicht die Bescheidenheit?

24 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.

Wieso spricht Jesus vom Sterben, wenn es doch um seine Verherrlichung geht? Wieso vergleicht er sich mit einem Weizenkorn, das nur Frucht bringt, wenn es begraben wird und stirbt? Im nächsten Satz wird klar, was Jesus meint.

25 Wer sein Leben lieb hat, der wird’s verlieren; und wer sein Leben auf dieser Welt hasst, der wird’s erhalten zum ewigen Leben.

Verherrlichung, das ist kein Personenkult für Jesus. Es geht nicht um sein Ego. Er muss es nicht allen recht machen, damit ihn alle mögen. Er muss sein Leben nicht um jeden Preis bewahren. Er muss nicht die Macht seiner Feinde mit Gewalt brechen. Sein Ich bleibt bewahrt, gerade wenn er es loslassen kann.

Ist das die Botschaft, die wir von Jesus hören wollen – passt auf, dass ihr euch nicht auf falsche Weise lieb habt! Egoistisch, in uns selbst verliebt, verderben wir unser Ich; es will nicht in die Erde fallen und sterben, aber am Ende verdirbt es und verfault sozusagen in uns, ohne irgendwelche Frucht zu bringen. Ganz anders ein Ich, das sich öffnet zum Du, das verletzbar wird und das man ausnutzen kann – rein äußerlich verfault es auch wie das Weizenkorn in der Erde, aber es ist gesegnet, es erntet Liebe, Hoffnung, ewiges Leben, Ehre bei Gott.

26 Wer mir dienen will, der folge mir nach; und wo ich bin, da soll mein Diener auch sein. Und wer mir dienen wird, den wird mein Vater ehren.

Mit dem Bild vom Weizenkorn hat Jesus bereits von sich geredet. Dann ruft er zur Nachfolge auf: Glaubt nicht an euer Ego! Folgt mir nach auf meinem Weg!

Aber seine Zuhörer wissen nicht, wohin Jesu Weg schon sehr schnell führt. Seine Liebe zu den Sündern macht ihn bei den selbstgerechten Frommen verhasst. Schon bald wird er buchstäblich sterben, und das macht auch ihm Angst. Darum wird Jesus jetzt sehr persönlich:

27 Jetzt ist meine Seele betrübt.

Die anderen Evangelien schildern ausführlich Jesu Todesangst im Garten Gethsemane. Das tut der Evangelist Johannes nicht. Er fasst, was der Mensch Jesus fühlt, in einem einzigen Satz zusammen: Mein Ich ist erschüttert, meine Seele, mein innerstes Denken und Fühlen ist erregt, erschreckt, aufgewühlt.

Jesus geht diesen Weg freiwillig, obwohl er nicht sterben will. Er kann nicht anders, als den Weg der Liebe zu gehen, darum gibt es für ihn kein Ausweichen vor dem Tod.

Und was soll ich sagen? Vater, hilf mir aus dieser Stunde? Doch darum bin ich in diese Stunde gekommen.

Dennoch richtet Jesus eine Bitte an seinen Vater im Himmel:

28 Vater, verherrliche deinen Namen!

Hier bestätigt es sich: Jesus will nicht selbst verherrlicht werden, will nicht, dass mit seinem Namen ein Personenkult getrieben wird. Der Name des Höchsten, des Einen Gottes, soll verherrlicht werden, und das kann Gott letzten Endes nur selber tun.

Da kam eine Stimme vom Himmel: Ich habe ihn verherrlicht und will ihn abermals verherrlichen.

Eben war es, als ob Jesus ganz allein mit Gott ins Gespräch versunken wäre. Aber nein, er ist nicht allein, die umstehenden Menschen haben die Stimme auch gehört.

29 Da sprach das Volk, das dabeistand und zuhörte: Es hat gedonnert. Die andern sprachen: Ein Engel hat mit ihm geredet.

Drei Möglichkeiten gibt es, wenn Gott uns Menschen anspricht. Die einen halten das gar nicht für möglich. „Es hat nur gedonnert.“ Die anderen fühlen sich nicht selber angesprochen. „Es war ein Engel, aber er hat nur zu Jesus geredet.“

Jesus weist uns auf die dritte Möglichkeit hin:

30 Jesus antwortete und sprach: Diese Stimme ist nicht um meinetwillen geschehen, sondern um euretwillen.

Für diese Möglichkeit können wir uns also entscheiden: Ein Wort von Gott so hören, als ob wir selbst gemeint wären. Aber was meint Gott mit diesem geheimnisvollen Wort: „Ich habe verherrlicht und werde noch einmal verherrlichen“?

Wird es klarer durch das, was Jesus erläutert?

 31 Jetzt ergeht das Gericht über diese Welt; nun wird der Fürst dieser Welt ausgestoßen werden.

32 Und ich, wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen.

33 Das sagte er aber, um anzuzeigen, welchen Todes er sterben würde.

Jesus redet davon, dass jetzt Gericht gehalten wird. Wörtlich steht da das Wort „krisis“. Es geht um eine Entscheidung, die Gott trifft – und zwar genau in dem Augenblick, in dem die Menschen seinen Sohn ans Kreuz nageln. Der Führer dieser Welt, damit ist der Teufel gemeint, die Macht es Bösen. Er verliert seinen Wohnsitz, Satan wird obdachlos. Die böse Macht tötet Jesus und beißt sich an ihm die Zähne aus. Sie kann nur seinen Leib töten, nicht seine Liebe. Sie verliert die Macht über die Menschen.

Und Jesus? Er wird von Gott genau dort oben am Kreuz verherrlicht, wohin ihn die Menschen – vom Teufel geritten – hinaufgehängt haben. Paradox ist das. Jesus stirbt aus Liebe, und in seinem Sterben stirbt der Tod selbst, verliert er die Macht, die uns im Bösen festhält, die uns verzweifeln lässt. Dort oben am Kreuz gewinnt Jesus die Macht, mit der er alle Menschen zu sich zieht.

Wer kann das begreifen? Eine Kreuzigung soll eine Erhöhung sein?

34 Da antwortete ihm das Volk: Wir haben aus dem Gesetz gehört, dass der Christus in Ewigkeit bleibt; wieso sagst du dann: Der Menschensohn muss erhöht werden? Wer ist dieser Menschensohn?

Hier sprechen nicht mehr die Griechen, hier melden sich bibelkundige fromme Menschen zu Wort. Sie verstehen nicht, was das für ein Messias sein soll. Sie erwarten einen Messias, der ewig bleibt, der nicht getötet wird, der übermenschlich ist und nicht ein bloßer Menschensohn. Im Johannesevangelium sieht es so aus, als ob es nur Juden wären, die die Botschaft Jesu nicht begreifen. Aber wir Christen sind nicht weniger gemeint. Gerade im gegenwärtigen Krieg christlicher Nationen gegen den Irak zeigt sich, wie wenig die christlich geprägte Welt den Weg Jesu zu gehen bereit ist, wie sehr sie stattdessen auf den Weg zum Sieg durch Waffen und Einschüchterung setzt.

35 Da sprach Jesus zu ihnen: Es ist das Licht noch eine kleine Zeit bei euch. Wandelt, solange ihr das Licht habt, damit euch die Finsternis nicht überfalle. Wer in der Finsternis wandelt, der weiß nicht, wo er hingeht.

36 Glaubt an das Licht, solange ihr’s habt, damit ihr Kinder des Lichtes werdet.

Jesus antwortet nicht direkt – wahrscheinlich, weil alles gesagt ist. Sie haben ja Jesus erlebt: er ist der wahre Menschensohn, in ihm offenbart sich Gottes Liebe. Das ist die Verherrlichung des Menschensohnes. In Jesus ist Gottes Liebe mitten unter uns persönlich anwesend. Sie leuchtet hell wie der Tag.

Jesus weiß, dass wir von dieser Liebe auf Erden oft nichts spüren. Dass wir oft im Dunkeln tappen, weil wir nur Egoismus erfahren um uns und in uns. Das war schon damals so, das ist erst recht so nach seinem irdischen Tod. Wenn wir aber einen Lichtstrahl auffangen von seiner Liebe, dort, wo einer den andern ernstnimmt, wo einer für einen Augenblick wirklich Mensch ist, so wie Gott uns gemeint hat, da sollen wir uns auf den Weg machen, weiter auf dem Weg des Lichts gehen, an das Licht der Liebe glauben, als Kinder des Lichts leben.

Das redete Jesus und ging weg und verbarg sich vor ihnen.

Merkwürdig, dieser Jesus. Kaum hat er die Menschen aufgefordert, ihm, dem Licht zu folgen, da lässt er sie alleine im Dunkeln stehen. Hätten sie ihm schnell nachrennen sollen?

Er ist nicht pausenlos verfügbar. Auch nach seiner Erhöhung ans Kreuz und in den Himmel steht er uns nicht für alle Zwecke ständig zur Verfügung. Jesus entzieht sich uns, wenn wir in seinem Namen egoistische Ziele verfolgen, wenn wir besser sein wollen als andere Menschen, wenn wir uns konfirmieren lassen, nur um viel Kohle abzusahnen, wenn wir in seinem Namen Krieg führen.

Das Licht Jesu leuchtet für uns, wo uns seine Liebe anrührt – vielleicht in einer unscheinbaren Begegnung, in einem Wort, das tröstet, in einem Sonnenstrahl, der uns an einem trüben Tag trifft. Wir können nicht im voraus sagen, wo und wann und wie lange das Licht uns leuchten wird. Wie Gottes Geist weht, wo er will, so leuchtet auch das Licht Jesu, wo wir es nicht erwarten. Amen.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.

Wir singen das Lied 74:

Du Morgenstern, du Licht vom Licht, das durch die Finsternisse bricht, du gingst vor aller Zeiten Lauf in unerschaffner Klarheit auf.

Du Lebensquell, wir danken dir, auf dich, Lebend’ger, hoffen wir; denn du durchdrangst des Todes Nacht, hast Sieg und Leben uns gebracht.

Du ewge Wahrheit, Gottes Bild, der du den Vater uns enthüllt, du kamst herab ins Erdental mit deiner Gotterkenntnis Strahl.

Bleib bei uns, Herr, verlass uns nicht, führ uns durch Finsternis zum Licht, bleib auch am Abend dieser Welt als Hilf und Hort uns zugesellt.

Gott, lass uns dein Licht leuchten, wenn wir Orientierung brauchen, wenn wir wissen wollen, was gut und böse ist. Hilf uns dabei, uns an deine Gebote zu halten, auch wenn das unmodern ist.

Gott, lass uns dein Licht leuchten, wenn alles in uns dunkel ist und wir den Boden unter den Füßen verlieren. Dass wir neue Zuversicht gewinnen und mutig bewältigen, was unsere Aufgabe ist. Dass wir uns nur das aufladen, was wir tragen können, und alle anderen Sorgen auf dich werfen.

Gott, lass uns dein Licht leuchten, wenn wir im Dunkeln tappen und über unsere eigenen Füße stolpern. Lass uns einsehen, dass es besser ist, nicht immer Recht behalten zu müssen. Hilf uns, dass wir an uns heranlassen, was fremd ist, und uns einfühlen in den, der uns mit feindseligen Gefühlen erfüllt. Leite unsere Füße auf den Weg des Friedens. Amen.

In der Stille bringen wir vor Gott, was wir außerdem auf dem Herzen haben:

Gebetsstille und Vater unser

Wir singen zum Schluss das zweite Lied auf dem Liedblatt: „Halluja!“

Hallelu-, Hallelu-, Hallelu-, Halleluja, preiset den Herrn!

Wir hören noch der Musik zu, dann gehen wir durch den Saal aus der Kirche. Wer möchte, darf im Saal noch ein wenig verweilen.

Der Gott Abrahams und Saras behüte dich. Das Angesicht Jesu Christi blicke dich an mit liebevollen Augen. Der Segen Gottes leuchte wie die Sonne in dein Leben. „Amen, Amen, Amen.“

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