Bild: Helmut Schütz

Hoffnung: Brauchen wir eigentlich Gott?

Wie viele unserer Konfis haben wohl gesagt, dass Menschen Gott brauchen? Von den 18, die da waren, haben 14 geantwortet, dass Menschen Gott brauchen, und 12, dass Menschen Gott nicht brauchen. Zählt man das zusammen, kommt 26 heraus. Also haben 8 Konfis gemeint, dass beides stimmt. Begründung: es gibt Menschen, die Gott brauchen, und andere, die Gott nicht brauchen.

Das Hoffnungsprofilbild eines Konfirmanden mit dem Kommentar: "Familie und Freunde!"
Was gibt diesem Konfirmanden Hoffnung? Familie und Freunde!

Konfi-Gottesdienst am Sonntag Lätare, den 30. März 2014, um 10.00 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Ich begrüße alle herzlich in der Pauluskirche zu einem Gottesdienst, den unsere Konfirmandengruppe mitgestaltet. Das Thema lautet: „Hoffnung“.

Das Nachdenken über dieses Thema wird unter anderem auch mit der Frage verknüpft sein: Brauchen wir Menschen eigentlich Gott oder brauchen wir ihn nicht? Wir dürfen gespannt sein auf interessante Gedanken unserer Konfis zu diesen Fragen.

Zum Thema „Hoffnung“ singen wir auch das erste Lied 232. Es ist das einzige alte Lied aus der evangelischen Überlieferung, das wir heute zur Begleitung der Orgel singen. Wir singen die Strophen 1 und 3:

1. Allein zu dir, Herr Jesu Christ, mein Hoffnung steht auf Erden. Ich weiß, dass du mein Tröster bist, kein Trost mag mir sonst werden. Von Anbeginn ist nichts erkorn, auf Erden ward kein Mensch geborn, der mir aus Nöten helfen kann; ich ruf dich an, zu dem ich mein Vertrauen han.

3. Gib mir durch dein Barmherzigkeit den wahren Christenglauben, auf dass ich deine Gütigkeit mög inniglich anschauen, vor allen Dingen lieben dich und meinen Nächsten gleich wie mich. Am letzten End dein Hilf mir send, damit behend des Teufels List sich von mir wend.

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. „Amen.“

Ich habe bewusst an den Anfang ein Lied gestellt, mit dem mancher unter uns und vor allem die Konfis wohl ihre Schwierigkeiten haben. Wer unter uns kann so ausschließlich sagen: Ich setze meine ganze Hoffnung auf Jesus? Nur er kann uns aus Nöten helfen?

Unser erstes Lied ist nur sinnvoll, wenn wir es mit weitem Herzen singen. Damit meine ich: Jesus ist darum unsere Hoffnung, weil er uns das Vertrauen zu einem Gott eröffnet, der alle Menschen liebt. Was das bedeutet, so an Jesus zu glauben, das zu lernen, reicht der Konfirmandenunterricht nicht aus, dazu genügt nicht einmal ein ganzes Christenleben.

Aber es lohnt sich, immer wieder neu nach dem zu fragen, was uns Hoffnung im Leben gibt, und dabei auch immer wieder an Jesus zu denken, denn er ist nun einmal der Mittelpunkt unseres christlichen Glaubens – nur durch ihn sind wir verbunden mit dem barmherzigen Gott der Bibel.

Kommt, lasst uns Gott anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Aber noch einmal frage ich skeptisch: Wie ist es möglich, einen weitherzigen Glauben zu haben, wenn wir als Christen zugleich ganz eng und ausschließlich an diese eine Person Jesus Christus gebunden sind?

Mir fällt das alte Kindergebet ein: „Ich bin klein, mein Herz mach rein, soll niemand drin wohnen als Jesus allein.“ Schon als Kind habe ich mich gefragt: Kann das denn sein, dass wir niemand anders lieben sollen als Jesus?

Herr Jesus Christus, schon lange hast du mir die Einsicht geschenkt, dass du gar nicht allein in unseren Herzen wohnen willst. Du hast dort gerne Gesellschaft, allerdings nicht von anderen Göttern, Zwängen oder sündigen Gedanken, die uns abhängig machen und unter Druck setzen. Du wohnst in unserem Herzen gern in der Gemeinschaft mit all denen, die wir lieben und die uns brauchen, mit unseren Eltern und unseren Kindern, mit Freunden und Verwandten, auch mit den Menschen aus anderen Religionen, mit denen wir in gegenseitiger Achtung verbunden sind. Ja, du leitest uns sogar dazu an, Menschen mit Liebe zu begegnen, die uns nerven oder uns verletzen. Um ein weites Herz in diesem Sinne bitten wir dich und rufen zu Gott:

Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

12 Auf Gott hoffe ich und fürchte mich nicht; was können mir Menschen tun? (Psalm 56, 12)

Lasst uns Gott lobsingen: „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist groß Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende“.

Der Herr sei mit euch „und mit deinem Geist.“

Guter, großer Gott, wir sind hier und fragen nach dir, beten zu dir, hören auf Worte von dir. Heute fragen wir, worauf wir hoffen können. Und wir fragen, ob Menschen dich brauchen oder nicht. Lass uns Antworten finden, die uns Hoffnung geben! Darum bitten wir dich im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Wir hören aus dem Prophetenbuch Jesaja 54, 7-10. Dort spricht Gott zu seinem Volk Israel:

7 Ich habe dich einen kleinen Augenblick verlassen, aber mit großer Barmherzigkeit will ich dich sammeln.

8 Ich habe mein Angesicht im Augenblick des Zorns ein wenig vor dir verborgen, aber mit ewiger Gnade will ich mich deiner erbarmen, spricht der HERR, dein Erlöser.

9 Ich halte es wie zur Zeit Noahs, als ich schwor, dass die Wasser Noahs nicht mehr über die Erde gehen sollten. So habe ich geschworen, dass ich nicht mehr über dich zürnen und dich nicht mehr schelten will.

10 Denn es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der HERR, dein Erbarmer.

Herr, dein Wort ist unseres Fußes Leuchte und ein Licht auf unserem Wege. Amen. „Amen.“

Glaubensbekenntnis

Wir singen ein weiteres Hoffnungslied, das auch ein Jesuslied ist, dieses Mal nicht aus dem Jahr 1540, sondern aus dem Jahr 1973, das Lied 552:

Einer ist unser Leben
Gott, gib uns ein Herz für dein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Liebe Gemeinde, dies ist ein wieder einmal ein Gottesdienst, der ohne die Mitwirkung und die Gedanken von euch Konfirmandinnen und Konfirmanden ganz anders aussehen würde. Wir haben in der Paulusgemeinde ja keinen besonderen Vorstellungsgottesdienst in der Woche vor der Konfirmation, wie er in anderen Gemeinden üblich ist. Um so mehr freue ich mich, dass ihr mehrmals im Jahr deutlich macht: Ihr gehört auf eure Weise zur Gemeinde dazu; ihr macht euch eure eigenen Gedanken über den Glauben und über kirchliche Fragen. Und diese Gedanken sind sehr anregend auch für die Erwachsenen in der Gemeinde.

Hoffnung ist heute unser Leitgedanke. Ihr habt euch letzten Donnerstag unter Anleitung von Schülerinnen der Max-Weber-Schule mit Songs von Bushido, Jan Delay und Philipp Poisel auseinandergesetzt.

„Alles wird gut“, sang Bushido, wenn man immer wieder aufsteht, auch wenn man fast am Boden liegt. Ein gutes Rezept; allerdings fragten wir uns auch, was mit den Menschen ist, die ohne Hilfe keine Kraft mehr zum Aufstehen haben.

Jan Delays Song versprach ausdrücklich „Hoffnung“ durch die Musik selbst, die das Beste im Leben sei und Sonne ins Herz schickt und Tränen trocknet. Wahr daran ist, dass Musik tatsächlich traurige Herzen froh machen kann; aber sicher kann Musik auch nicht alle Probleme lösen.

Der dritte Song „Eiserner Steg“ von Philipp Poisel über eine zu Ende gegangene Liebe wirkte eher hoffnungslos; im Liebeskummer ist man wahrscheinlich so sehr mit Schmerz und Abschied beschäftigt, dass man gar nicht offen ist für Zeichen der Hoffnung, sondern nur unerfüllbare Wünsche in sich trägt.

Die Bibel enthält Hoffnung gerade für Menschen, die ganz am Boden zerstört sind. Da ist Jesus, der am Kreuz stirbt und trotzdem Gottes Sohn ist und bleibt. Er sieht aus wie der absolute Verlierer; aber weil er aus Liebe stirbt und von Gott, dem Vater in seiner ewigen Liebe festgehalten wird, ist er in Wirklichkeit ein Gewinner, der im Himmel bei Gott wohnt und von dort aus uns Liebe und Kraft, Mut und Hoffnung schenkt bei allem, was wir in seinem Sinne tun.

Eben in der Lesung haben wir gehört, dass es so aussieht, als ob Gott zeitweise nicht bei uns wäre. Als ob er die Geduld mit Menschen verlieren würde, die immer nur Böses tun oder sich nicht um ihn kümmern. In der Geschichte von der Sintflut malt die Bibel zum Beispiel aus, wie verständlich es doch wäre, wenn Gott die Menschheit in ihren Untergang rennen ließe; wo die Menschen ihre eigenen Lebensgrundlagen zerstören, könnte Gott doch einfach sagen: Es war ein Fehler, sie geschaffen zu haben; das Experiment ist misslungen; sollen sie doch alle ertrinken. Am Ende der Sintflutgeschichte steht aber nicht der totale Untergang der Menschheit, sondern ein neuer Anfang mit Noah; und die Friedenstaube ist das Symbol dafür, dass Gott damals für immer Frieden geschlossen hat mit den Menschen. Also: egal wie es aussieht: Wenn es nach der Bibel geht, steht Gott zu den Menschen; er will nicht unseren Untergang. Und weil die Menschheit von allein den Weg des Friedens nicht gefunden hat, kam Gott in Jesus selbst zur Welt und lebte uns den Frieden und die Liebe vor. So bringt er uns Hoffnung.

Zu diesem Thema „Hoffnung“ habt ihr Konfis am Donnerstag Profilbilder hergestellt. Gegenseitig habt ihr voneinander eure Schatten im Profil abgemalt und in dieses Bild habt ihr hineingemalt, was für euch Hoffnung bedeutet. So sahen diese Bilder am Donnerstag zum Schluss aus:

Die Konfirmandinnen und Konfirmanden haben sich ihre Hoffnungsprofil-Bilder vors Gesicht gehalten
Die Hoffnungsprofil-Bilder der Konfirmandinnen und Konfirmanden

Schauen wir uns nun im einzelnen an, womit sich für euch Hoffnung verbindet.

Hoffnung ist ein guter Gedanke!„Hoffnung ist ein guter Gedanke!“ Also kann Hoffnung in unserem Kopf beginnen, wo wir den Mut haben, selber zu denken.

Hoffnung ist Glauben„Hoffnung ist Glauben.“ Das würde bedeuten: Hoffnung gewinnt der, der an etwas glauben, auf etwas vertrauen kann. Fast genau so formuliert es einer anderer Konfirmand:

Hoffnung ist für mich, dass man an etwas glauben kann, darauf hoffen!!!„Hoffnung ist für mich, dass man an etwas glauben kann, darauf hoffen.“

Hoffnung ist für mich der Glaube an etwas Besseres.„Hoffnung ist für mich der Glaube an etwas Besseres.“ So schlimm eine Lebenslage sein mag, wer hofft, der behält den Glauben, dass es besser werden kann.

Hoffnung ist der Glaube an Gott„Hoffnung ist der Glaube an Gott.“ Hier wird die Hoffnung eng verknüpft mit einem bestimmten Glauben, nämlich dem Glauben an Gott.

Hoffnung ist der Glaube an den lieben GottDas tun mehrere Konfis: „Hoffnung ist der Glaube an den lieben Gott.“

Hoffnung ist der Glaube an den lieben Herr Gott!Oder: „Hoffnung ist der Glaube an den lieben Herrgott.“

Hoffnung ist der Glaube an den lieben HerrgottEtwas konkreter wird ein Konfirmand, der offenbar mit voller Überzeugung an die Hoffnung glaubt und ihr viel zutraut: „Hoffnung ist das Glück des Lebens!“

Hoffnung ist das Glück des Lebens!Ein anderer hegt große Zweifel an der Hoffnung: „Hoffnung existiert nicht, es ist ein Irrglaube, den die Menschen haben, um in schlimmsten Zeiten nicht zu verzweifeln.“

Hoffnung existiert nicht, es ist ein Irrglaube, den die Menschen haben, um in schlimmsten Zeiten nicht zu verzweifeln.Ähnlich haben schon große Philosophen gemeint, die Menschen hätten sich Gott nur ausgedacht, um nicht verzweifeln zu müssen. Beweisen kann aber niemand, ob Hoffnung ein Irrglaube oder doch ein wahrer Glaube ist.

Hoffnung ist der Glaube an etwas, damit die Menschen in Notsituationen nicht verzweifeln.Ein anderer Konfirmand lässt diese Frage offen: „Hoffnung ist der Glaube an etwas, damit die Menschen in Notsituationen nicht verzweifeln.“

Hoffnung ist zum Selbst-Wiederaufbauen, wenn man ganz unten ist.Vielleicht reicht es ja auch, so zu tun, als ob es Hoffnung gäbe. So verstehe ich diese Definition von Hoffnung: „Hoffnung ist zum selbst-Wiederaufbauen, wenn man ganz unten ist.“

Hoffnung ist, wenn in der Angst immer noch ein Licht scheint.Eine Konfirmandin meinte: „Hoffnung ist, wenn in der Angst immer noch ein Licht scheint.“ Ich denke, dieser Satz kann vielleicht manchen traurigen und ängstlichen Menschen wirklich Mut und Hoffnung geben.

Familie & Freunde !Als letztes zeige ich euch und Ihnen ein besonders schön gestaltetes Hoffnungsbild eines Konfirmanden. Er äußert seine Überzeugung: „Hoffnung, das sind meine Familie und meine Freunde!“ Ich denke, dass auch er Recht hat. Ein weitherziger Glaube an Gott geht davon aus, dass Gott seine Hoffnung auf viele Arten und Weisen verschenkt und in uns Menschen weckt. Ein ganz wichtiger Weg der Hoffnung zu uns Menschen ist der Weg über die Menschen, auf die wir uns wirklich verlassen können.

So viel zu euren Bildern – vielen Dank an euch alle!

Das war die erste Hälfte der Predigt. Zur Halbzeit singen wir ein Lied, das wir jetzt oben an der Wand sehen:

Hoffen wider alle Hoffnung

Liebe Gemeinde, im zweiten Teil der Predigt geht es in einem gewissen Sinn um eine Bilanz des vergangenen Konfi-Jahres. Die Konfirmandinnen und Konfirmanden haben sich nämlich eine Reihe von Filmen angeschaut, in denen ging es um junge Menschen mit unterschiedlichem Charakter und verschiedenen Problemen. Diese Jugendlichen bekamen Besuch von dem Engel Holk, und dieser Engel hatte von Gott den Auftrag bekommen, herauszufinden, ob die Menschen auf der Erde Gott überhaupt brauchen. In einer der letzten Konfi-Stunden war es nun die Aufgabe der Konfis, diese Frage stellvertretend für Holk zu beantworten. Sie sollten einen Brief an Gott schreiben und ihm ihre Meinung sagen. „Menschen brauchen dich, denn…“ oder „Menschen brauchen dich nicht, denn…“. Außerdem gab es noch die Möglichkeit, Gott persönlich etwas zu sagen. Das alles sollten sie tun, ohne den Brief zu unterschreiben, denn erstens: Gott kennt ihre Namen ja auch so. Und zweitens: Sie haben mir ihre Briefe anonym anvertraut, und wir werden jetzt gleich hören, was sie geschrieben haben, ohne dass wir wissen, von wem welcher Text stammt.

Vorneweg möchte ich sagen: Ich bin wieder sehr beeindruckt von dem, was die Konfirmanden in ihren Briefen Gott und indirekt auch uns anvertraut haben. Keiner hat irgendetwas von einem anderen abgeschrieben, alle Briefe waren unterschiedlich.

Was meinen Sie, was meint ihr, wie viele unserer Konfis haben wohl gesagt, dass Menschen Gott brauchen oder nicht brauchen? Von den 18, die in der Konfi-Stunde da waren, haben 14 geantwortet, dass Menschen Gott brauchen, und 12 meinten, dass Menschen Gott nicht brauchen. Zählt man beide Zahlen zusammen, kommt 26 heraus. Also haben 8 Konfis gemeint, dass beides stimmt und haben das auch begründet: es gibt Menschen, die Gott brauchen, und andere, die ihn nicht brauchen. Interessant und schön finde ich, dass bis auf eine Ausnahme alle Konfis Gott etwas Persönliches geschrieben haben, und was sie geschrieben haben, halte ich für sehr offen und ehrlich, für sehr ernsthaft, und ich denke, es kann uns sehr zum Nachdenken anregen.

Anfangen möchte ich mit drei der skeptischen Konfis. Sie fragten sich, ob Gott den Menschen wirklich helfen kann. Sehr interessant fand ich zum Beispiel diesen Gedankengang:

Menschen brauchen dich, denn manche kommen miteinander nicht klar, was aber schön wär.

Menschen brauchen dich nicht, denn 25 Prozent glauben nicht an dich, und man sollte versuchen, selbst miteinander auszukommen.

Persönlich möchte ich dir sagen, dass die Menschen selbst Aufgaben meistern sollen. Wenn Du kommst, gibt es zu viel Aufsehen.

Dieser Konfirmand meint offenbar, dass es gar nicht gut wäre, wenn Gott dauernd durch übernatürliche Wunder in den Lauf der Welt eingreifen würde. Es gäbe zu viel Aufsehen, es würde in der Bildzeitung stehen; Facebook und Twitter wären überfordert.

Ein anderer sagte zu Gott:

Ich love U!

Trotz seiner Liebeserklärung an Gott meinte dieser Konfirmand, dass viele Menschen Gott nicht brauchen, denn:

Sie sind der Burner [also sie fühlen sich echt toll] und brauchen Gott nicht, sie schaffen es alleine! Und sie glauben, du kannst ihnen nicht helfen.

Dazu fällt mir ein, dass Jesus einmal etwas ganz Ähnliches gesagt hat (Lukas 5, 31):

Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken.

Eine dritte skeptische Stimme der Konfirmanden hörte sich so an:

Die Menschen glauben, dass du ihnen nicht helfen kannst, da es so viel Elend und Leid auf der Welt gibt.

Und auch selber fragte sich dieselbe Person im Gespräch mit Gott:

Dass ich mir nicht mehr sicher bin, ob ich wegen dem Leid auf dieser Welt an dich glauben kann.

Nur zwei von allen Konfis äußerten sich eindeutig ablehnend gegen Gott. Eine von diesen beiden Stellungnahmen möchte ich hier nicht vollständig vorstellen, weil ich nicht weiß, ob sie tatsächlich ernst gemeint war. Da redet nämlich jemand Gott mit einem Schimpfwort an und dann sagt er unter anderem:

Ich glaube nicht an dich. Ich glaube an Omi. Du hast alles von Omi geklaut.

Auch wenn mir derjenige inzwischen versucht hat, zu erklären, dass er mir das nicht erklären dürfe, weil er sonst Ärger mit Omi kriegt, denke ich immer noch, dass er wohl einen Scherz machen wollte. Wenn es doch ernst gemeint sein sollte, kann er mir ja immer noch erklären, was er gemeint hat.

Den anderen Angriff auf Gott nehme ich ernst. Und ich möchte mich mit ihm auch ernsthaft auseinandersetzen. Da schrieb jemand:

Menschen brauchen Gott nicht, denn du machst eh nix, wenn sie in Schwierigkeiten sind. Auch wenn sie beten, tust du einen Scheiß, um ihnen zu helfen. Du bist nutzlos.

Das klingt hart. „Du machst nix. Du bist nutzlos. Du hilfst nicht, wenn jemand zu dir betet.“ Das klingt, als ob jemand schon diese Erfahrung gemacht hat: Beten, dass Gott hilft, und er hat nicht gehört, nicht geholfen. Es ist etwas Schlimmes passiert, ohne dass Gott eingegriffen hätte.

Wir könnten fragen: Darf man so mit Gott reden? Antwort: Ja, man darf! Manchmal ist so ein Gebet das beste überhaupt, weil es ehrlich ist, weil es Gott ernster nimmt, als würde man fromm tun und ihm nach dem Mund reden.

Übrigens stehen sogar in der Bibel solche Gebete, in denen Gott angegriffen, angeklagt wird. Zum Beispiel hat ein Mann mit dem Namen Hiob, der alle seine Kinder und seine Gesundheit verlor, so mit Gott gesprochen (Hiob 30, 19-21):

Man hat mich in den Dreck geworfen, dass ich gleich bin dem Staub und der Asche. Ich schreie zu dir, aber du antwortest mir nicht; ich stehe da, aber du achtest nicht auf mich. Du hast dich mir verwandelt in einen Grausamen und streitest gegen mich mit der Stärke deiner Hand.

Und als Freunde ihm vorwerfen: So darfst du nicht mit dem heiligen Gott reden, bestimmt bist du selber an deinem Unglück schuld, da entgegnet ihnen Hiob (Hiob 19, 6-7):

So merkt doch endlich, dass Gott mir unrecht getan hat und mich mit seinem Jagdnetz umgeben hat. Siehe, ich schreie »Gewalt!« und werde doch nicht gehört; ich rufe, aber kein Recht ist da.

Das Wunderbare an der Bibel ist: Hiob darf tatsächlich so mit Gott reden! Gott lässt das mit sich machen. Gott will ja der Gerechte sein. Er will sich darauf ansprechen lassen, dass er seine Versprechen hält. Darum sagt Gott selbst am Ende des Buches Hiob zu den Freunden Hiobs (Hiob 42, 7):

Mein Zorn ist entbrannt über [euch]; denn ihr habt nicht recht von mir geredet wie mein Knecht Hiob.

Gott mag es also nicht, wenn man ihn dazu benutzt, um Menschen das Herz noch schwerer zu machen. Da hat einer schon viel Leid zu tragen, und seine Freunde sagen ihm: Gib doch zu, daran bist du selbst schuld! Gott hat dich gestraft! Nein, sagt Gott, Hiob hat Recht, er darf sich beklagen. Es gibt Leid und Not, an dem ein Mensch nicht selber schuld ist. Gott mag es auch nicht, wenn man im Gebet anders redet, als man eigentlich innerlich denkt. Das wäre ja auch unsinnig, denn Gott kennt ja sowieso unsere Gedanken.

Auf jeden Fall ist Gott so groß, so stark, so voller Liebe, dass er es aushält, wenn wir auf ihn zornig sind. Wir dürfen ihm alles sagen, was wir empfinden. Manchmal passiert es dann irgendwann, dass wir uns getröstet fühlen.

Und ein anderes Mal wird uns vielleicht auch bewusst, dass Gott hin und wieder doch mit Recht zornig auf uns ist.

Jetzt habe ich über eine einzige kritische Stimme aus der Gruppe der Konfis sehr ausführlich geredet, weil ich das wichtig finde. Denn es sollte nicht der Eindruck entstehen, als ob jemand, der mit harten Worten gegen Gott streitet, automatisch gottlos oder ungläubig sei. Vielleicht hat er sogar sehr gut verstanden, worum es beim Glauben an Gott wirklich geht.

Noch einmal unterbreche ich die Predigt für das Lied, das oben an der Wand erscheint:

Aus der Tiefe rufe ich zu dir: Herr, höre meine Klagen

Bisher haben wir uns erst mit fünf Stellungnahmen der Konfis zur Frage, ob man Gott braucht oder nicht, beschäftigt. Dreizehn folgen noch, und diese dreizehn sind alle davon überzeugt, dass die Menschen grundsätzlich auf Gott angewiesen sind. Fünf von ihnen, die einen intensiven und durchdachten Glauben ausdrücken, kommen nachher im Fürbittengebet ohne einen Kommentar von mir zu Wort. Innerhalb der Predigt hören wir aber zunächst noch, was acht weitere Konfis Gott ganz persönlich gesagt haben:

Dass ich zufrieden bin mit dem, was ich habe, und dir danke!

Danke dafür, dass du die Welt geschaffen hast.

Es ist schön, dass es dich gab.

Ich bin dir dankbar, dass ich so zufrieden bin, wie ich bin.

Danke, dass du mich behütest vor jeglichem UNGLÜCK!

Danke für jeden einzelnen Tag und dass meine Familie gesund ist!

Danke, dass du da bist und uns zuhörst!

Diese acht Konfis, die Gott gegenüber ihre Dankbarkeit ausgedrückt haben, fanden dementsprechend auch, dass die Menschen wegen ihrer Probleme Gott brauchen, obwohl sie zugleich der Meinung waren, dass man nicht die Lösung aller Probleme von Gott erwarten sollte:

Die Menschen brauchen dich, Gott, denn sie haben viele Macken.

Sie brauchen etwas, an das sie glauben können. Außerdem gibst du ihnen Hoffnung.

Sie brauchen jemanden zum Reden und jemand, der ihnen in allem beisteht.

Du gibst ihnen Kraft.

Menschen brauchen dich, Gott, denn sie haben viele Probleme. Aber viele brauchen dich auch nicht, denn du kannst sowieso nicht immer helfen.

Die Menschen haben oft Probleme mit sich selbst oder mit einer anderen Person oder Gruppe. Man kann dem entgegenwirken, aber es nicht vollends wegbekommen. Und viele Probleme können sie selbst lösen.

Menschen haben viele Probleme, mit denen sie nicht alleine klarkommen. Aber manche Sachen können sie auch selber lösen.

Eine ganz ähnliche Haltung wie bei diesen acht Konfirmanden finde ich bei dem Propheten Daniel in der Bibel, der einmal zu Gott betet (Daniel 2, 23):

Ich danke dir und lobe dich, Gott meiner Väter, dass du mir Weisheit und Stärke verliehen … hast.

Man kann also Gott brauchen und ist doch selber verantwortlich für die Lösung der eigenen Probleme, denn Gott schenkt uns dafür die nötigen Fähigkeiten.

Vieles müssen wir selber bewältigen, oft brauchen wir Hilfe von anderen Menschen. Von Gott können wir bei allem Hoffnung, Kraft, Beistand und ein offenes Ohr erwarten. Und wenn die Bibel von Weisheit spricht, ist durchaus gemeint, dass die Menschen fähig werden, ihre Probleme selber zu lösen. Amen.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.

Wenn so viele Konfis Gott gesagt haben, wie dankbar sie ihm sind, ist es sinnvoll, jetzt auch noch ein Danklied zu singen, Nr. 334:

Danke für diesen guten Morgen

Lasst uns beten.

Du Gott der Hoffnung, du Gott der Liebe, du Gott, auf den wir vertrauen dürfen. Wir beten zu dir mit Worten, die einige unsere Konfirmandinnen und Konfirmanden selber aufgeschrieben haben:

Menschen brauchen dich, Gott, denn sie kommen nicht ohne dich aus und brauchen jemanden, der ihnen beim Lösen ihrer Probleme hilft und ein offenes Ohr hat. Manche meinen dich aber auch nicht zu brauchen, denn sie wollen vielleicht nicht immer alles erzählen, auch wenn es ihnen helfen würde. Persönlich möchte ich dir sagen: Mach weiter so, außerdem könnten dich einige aus unserer Konfi-Gruppe gut brauchen.

Menschen brauchen dich, Gott, wenn sie sonst niemanden haben, dem sie etwas anvertrauen können. Oder sie etwas haben, was sie keinem Menschen sagen wollen. Manche brauchen dich auch nicht, wenn sie zu beschäftigt sind oder einfach nicht an dich denken, weil sie glücklich sind. Persönlich möchte ich dir sagen, dass du alle Menschen lieben sollst, aber es nur denen zeigen sollst, die an dich glauben.

Menschen brauchen dich, Gott, denn du bist derjenige, der ihnen Hoffnung gibt. Du bist derjenige, an den sie glauben. Und sie brauchen meiner Meinung nach etwas, an das sie glauben können. Ich finde es gut, wenn du den Menschen hilfst, auch wenn diese es nicht merken. Und wenn du ihnen nicht hilfst, weiß ich, dass du möchtest, dass sie sich gegenseitig helfen. Doch dazu sage ich dir noch etwas Wichtiges. Nicht alle Menschen haben ein gutes Herz und entsprechen deinen Idealen. Außerdem denken manche Menschen, dass du lieber eingreifen solltest.

Menschen brauchen dich, Gott, denn nicht jeder kann sich einem Menschen anvertrauen aus Angst. Aber du: da weiß man, du verrätst niemanden. Einige glauben nicht an dich, und so brauchen sie dich nicht. Persönlich sage ich dir: Es ist schön, dass du da bist, Menschen leitest, Hoffnung und Liebe schenkst. Ohne dich wären wir nicht viel, aber da du da bist: danke!

Menschen brauchen dich, Gott, denn wenn man zu dir spricht, dann erfüllst du diesen Menschen mit Hoffnung und Freude. Man fühlt sich geborgen und mit Liebe gefüllt. Persönlich möchte ich dir sagen, dass ich dich brauche, denn ich bete abends immer zu dir in meiner Familie. Wenn mir etwas auf dem Herzen liegt, bete ich auch zu dir. Du hast mir und meiner Familie schon geholfen.

Eine besondere Bitte möchte ich heute noch vor dich bringen, du Gott, der uns tröstet. Wir beten für Frau … die im Alter von … Jahren gestorben ist und die wir in der vergangenen Woche kirchlich bestattet haben. Du hast ihr Leben reich erfüllt – und sie konnte bis zuletzt in Dankbarkeit ihr Leben lieben. Sie hat sich in ihrem Leben dir anvertraut, hat auf dich gehofft, und du hast alles wohlgemacht und sie auch in Zeiten von Krieg und Angst und Trauer bewahrt und ihr Mut gegeben. Sei auch bei denen, die um sie trauern, und schenke ihnen Mut und Hoffnung für ihr weiteres Leben.

Was wir persönlich auf dem Herzen haben, bringen wir in der Stille vor Gott.

Gebetsstille und Vater unser

Wir singen aus dem Lied 623 die Strophen 1 bis 3:

Du bist da, wo Menschen leben
Abkündigungen

Der Herr segne euch und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

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