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Glück statt Fasten

Obwohl Jesus wie Johannes der Täufer die nahende Katastrophe sieht, übernimmt er nicht seine Art des Fastens, sondern baut eine Gemeinschaft mit beglückenden Erfahrungen auf. Die Bettelarmen, die Kranken, die Zöllner, die Dirnen tun sich mit umherziehenden ehemaligen Handwerkern und Fischern zusammen, teilen ihre knappe Nahrung und pflegen ihre kranken Körper. Können wir uns vorstellen, was das für Freudenfeste waren?

Jesusbewegung - ein Mosaik in Cambridge
Jesus inmitten seiner Bewegung (Bild: PublicDomainPicturesPixabay)
direkt-predigtGottesdienst am 9. und 16. Januar 1983 in Beienheim, Heuchelheim, Weckesheim und Reichelsheim
EKG 197, 1-4 (EG 302):

1. Du meine Seele, singe, wohlauf und singe schön dem, welchem alle Dinge zu Dienst und Willen stehn. Ich will den Herren droben hier preisen auf der Erd; ich will ihn herzlich loben, solang ich leben werd.

2. Wohl dem, der einzig schauet nach Jakobs Gott und Heil! Wer dem sich anvertrauet, der hat das beste Teil, das höchste Gut erlesen, den schönsten Schatz geliebt; sein Herz und ganzes Wesen bleibt ewig unbetrübt.

3. Hier sind die starken Kräfte, die unerschöpfte Macht; das weisen die Geschäfte, die seine Hand gemacht: der Himmel und die Erde mit ihrem ganzen Heer, der Fisch unzähl’ge Herde im großen wilden Meer.

4. Hier sind die treuen Sinnen, die niemand Unrecht tun, all denen Gutes gönnen, die in der Treu beruhn. Gott hält sein Wort mit Freuden und was er spricht, geschicht; und wer Gewalt muss leiden, den schützt er im Gericht.

Dankt dem Herrn! Sagt es laut, wer euer Gott ist; verkündet allen Völkern, was er getan hat! Singt und spielt zu seiner Ehre, ruft euch seine Wunder ins Gedächtnis! Seid stolz auf ihn, den heiligen Gott! Seid voller Freude über ihn, ihr, die ihr nach ihm fragt! Geht zum Herrn, denn er ist mächtig; sucht seine Nähe zu aller Zeit! (Psalm 105, 1-4 – GNB)

Kommt, lasst uns anbeten! „Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem heiligen Geiste, wie es war von Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Herr, vor dir erkennen wir, wie wenig wir deinem Gebot gefolgt sind, das uns an unseren Nächsten weist. Beschäftigt haben uns vielmehr die Sorgen um unser eigenes Leben. Gefangengenommen haben uns die Ängste um den Fortgang dieser Welt. So waren wir nicht offen für dich und den Menschen, der neben uns lebt. Wir bitten um Vergebung.

Herr, erbarme dich!

Der Herr hat mir geantwortet: „Ich sage dir, was du tun sollst, und ich zeige dir den richtigen Weg. Ich lasse dich nicht aus den Augen.

Ehre sei Gott in der Höhe!

Ich weiß, wie leicht ich meinen eigenen Gedanken folge und nicht mehr offen bin für das, was andere mir sagen wollen. Deshalb bitte ich: Herr, sammle die Gedanken und schick uns deinen Geist, der uns das Hören lehrt und dir folgen heißt. Wir bitten dich durch Jesus Christus, unseren Herrn.

Schriftlesung: Johannes 2, 1-11

1 Und am dritten Tage war eine Hochzeit in Kana in Galiläa, und die Mutter Jesu war da.

2 Jesus aber und seine Jünger waren auch zur Hochzeit geladen.

3 Und als der Wein ausging, spricht die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein mehr.

4 Jesus spricht zu ihr: Was geht’s dich an, Frau, was ich tue? Meine Stunde ist noch nicht gekommen.

5 Seine Mutter spricht zu den Dienern: Was er euch sagt, das tut.

6 Es standen aber dort sechs steinerne Wasserkrüge für die Reinigung nach jüdischer Sitte, und in jeden gingen zwei oder drei Maße.

7 Jesus spricht zu ihnen: Füllt die Wasserkrüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis obenan.

8 Und er spricht zu ihnen: Schöpft nun und bringt’s dem Speisemeister! Und sie brachten’s ihm.

9 Als aber der Speisemeister den Wein kostete, der Wasser gewesen war, und nicht wusste, woher er kam – die Diener aber wussten’s, die das Wasser geschöpft hatten -, ruft der Speisemeister den Bräutigam

10 und spricht zu ihm: Jedermann gibt zuerst den guten Wein und, wenn sie betrunken werden, den geringeren; du aber hast den guten Wein bis jetzt zurückbehalten.

11 Das ist das erste Zeichen, das Jesus tat, geschehen in Kana in Galiläa, und er offenbarte seine Herrlichkeit. Und seine Jünger glaubten an ihn.

Herr, unser Gott, immer wieder kommen unsere Gedanken auf die großen Sorgen um unsere Welt, um die Umwelt und die Zukunft unseres Landes. Herr, wir bitten dich, dass wir nicht über die Menschen in unserer Nähe, über die kleinen Möglichkeiten hinwegsehen. Vielmehr zeig uns als Möglichkeit, wie Jesus gelebt hat: den Mut zu kleinen Schritten, das unbegrenzte Vertrauen zum Vater, die stärkende Gemeinschaft miteinander. Wir denken vor dir an die Menschen, die niemanden haben, der sie aufmuntert, die einsam sind und mit ihren Gedanken allein. Wir denken an alle, die bitter geworden sind, die von Angst verzehrt und untröstlich sind. Mach uns bereit, mit den Traurigen zu weinen, damit wir auch wieder miteinander lachen können. Lass uns Zeugen davon werden, dass du uns alle liebst und wichtig nimmst, auch den, der sich unendlich klein vorkommt. Amen.

Lied EKG 51, 1-3 (EG 553, nur 1 in den Anhängen von Baden/Elsaß/Lothringen und der Pfalz):

1. Werde licht, du Stadt der Heiden, und du, Salem, werde licht! Schaue, welch ein Glanz mit Freuden über deinem Haupt anbricht. Gott hat derer nicht vergessen, die im Finstern sind gesessen.

2. Gottes Rat war uns verborgen, seine Gnade schien uns nicht; Klein und Große mussten sorgen, jedem fehlt’ es an dem Licht, das zum rechten Himmelsleben seinen Glanz uns sollte geben.

3. Aber wie hervorgegangen ist der Aufgang aus der Höh, haben wir das Licht empfangen, welches so viel Angst und Weh aus der Welt hinweggetrieben, dass nichts Dunkles übrig blieben.

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus!
Predigttext: Markus 2, 18-22

18 Und die Jünger des Johannes und die Pharisäer fasteten viel; und es kamen einige, die sprachen zu ihm: Warum fasten die Jünger des Johannes und die Jünger der Pharisäer, und deine Jünger fasten nicht?

19 Und Jesus sprach zu ihnen: Wie können die Hochzeitsgäste fasten, während der Bräutigam bei ihnen ist? Solange der Bräutigam bei ihnen ist, können sie nicht fasten.

20 Es wird aber die Zeit kommen, dass der Bräutigam von ihnen genommen wird; dann werden sie fasten, an jenem Tage.

21 Niemand flickt einen Lappen von neuem Tuch auf ein altes Kleid; sonst reißt der neue Lappen vom alten ab, und der Riss wird ärger.

22 Und niemand füllt neuen Wein in alte Schläuche; sonst zerreißt der Wein die Schläuche, und der Wein ist verloren und die Schläuche auch; sondern man soll neuen Wein in neue Schläuche füllen.

Liebe Gemeinde!

Neuer Wein in neue Schläuche – das klingt wie ein Werbeslogan. Das ist eine jedermann einsehbare Forderung. Der Weinfachmann bestätigt das. Der neue Wein gärt noch zwei Jahre nach. Und da können Schläuche oder Fässer, die etwas mürbe sind, schon zerreißen. Schade um den Wein! Auch das andere Wort von dem neuen Stück Stoff und dem alten Kleid ist wohl solch eine Weisheit aus dem Haushalt. Binsenweisheiten? Es sieht so aus. Auch der erste Teil, dass auf einer Hochzeit doch nicht gefastet wird, ist eine plausible, selbstverständliche Wahrheit.

Nun gut, was will Jesus damit nun aber sagen? Er will ja keinen Vortrag über Weinbau oder Hauswirtschaft halten. Er benutzt die seinen Hörern vertrauten Wahrheiten, um schlagwortartig etwas Wichtiges über die Religion zu sagen, vor allem über die Art, wie er selbst Religion praktizierte.

Thema ist das Fasten. Das Fasten ist uns kaum noch vertraut. Wenn ich früher in meinem Heimatort bei katholischen Freunden eingeladen war, gab es freitags kein Fleisch, sondern Fisch. In der Fastenzeit zwischen Aschermittwoch und Karsamstag sollten meine katholischen Mitschüler keine Süßigkeiten essen. Aber selbst gefastet zu haben, daran kann ich mich nicht erinnern. In der evangelischen Kirche ist es gar nicht mehr üblich. Erst in den letzten Jahren gibt es in Teilen der Evangelischen Jugend unserer Landeskirche eine Aktion, die den Gedanken des Fastens mit einer bestimmten Zielrichtung wieder aufgreift: Passionszeit ohne Alkohol.

Viele unter uns würden wahrscheinlich Jesus sehr schnell zustimmen: Fasten ist überholt, Fasten ist was Katholisches, Fasten ist höchstens was für Abstinenzler. Aber verstehen wir Jesus überhaupt richtig?

Beginnen wir mit dem Anfang des Textes. Die Jünger von Johannes dem Täufer und die Pharisäer fasten regelmäßig. Warum? Die Pharisäer tun es, weil es zu ihrem Bestreben gehört, das ganze Gesetz mit allen Vorschriften und Anwendungsregeln genauestens einzuhalten. Und das Fasten gehört zum Gesetz der Juden als Zeichen der Sühne für eigene Schuld, als Zeichen der Trauer oder auch als Bekräftigung für ein Gebet. Die Pharisäer erleben Gott als einen, der mit Strafe droht und Sühnehandlungen verlangt, der eifersüchtig über seine Ehre wacht, der wie ein Patriarch, wie ein gestrenger Lehrer erst durch gute Taten und Noten gnädig gestimmt werden muss. In der Gegenwart dieses Gottes darf man nicht lachen, das war auch in unseren Kirchen bis in die heutige Zeit hinein vielfach so. Dieser Gott fordert Demut. Er straft bis ins dritte und vierte Glied. Für Menschen, die wie die Pharisäer denken, ist auch Krankheit die gerechte Strafe, die Gott schickt. Alles hat man irgendwie verdient. Wo man Gott so sieht, muss man fasten wie die Pharisäer, muss man versuchen, sich diesen Gott irgendwie gnädig zu stimmen.

Und warum fasten die Anhänger von Johannes dem Täufer? Johannes hatte das drohende Unheil vorausgesehen, das Jerusalem zerstören und das Volk der Juden in alle Welt zerstreuen würde: er hatte diese Katastrophe, die dann im jüdisch-römischen Krieg in den Jahren 66 bis 70 geschah, als ein Gericht Gottes gedeutet und vom Volk Israel Buße, Umkehr, einen totalen Neuanfang gefordert. Schon das ganze 1. Jahrhundert nach Christi Geburt hindurch war das Volk der Juden zerrissen von politischen und sozialen Konflikten und bedrückt durch Steuereintreiber und Besatzungssoldaten der römischen Weltmacht. In dieser Trauer- und Umkehrzeit kurz vor Gottes Gericht fastet Johannes mit seinen Jüngern.

Warum fastet Jesus nicht? Nicht weil er die Situation anders einschätzt als der Täufer. Auch er erwartet Gottes Gericht. Auch nicht weil er das Fasten grundsätzlich ablehnt: als Zeichen der Trauer oder – an anderer Stelle – als Möglichkeit, sich besonders auf Gott zu konzentrieren, kann er durchaus positiv vom Fasten sprechen.

Aber das Fasten der Pharisäer lehnt Jesus ab. Er ist nicht der Sohn eines Gottes der vergeltenden Gerechtigkeit. Sein Vater im Himmel vergibt Sünden, ruft vor allem Sünder und nicht Gerechte, wacht nicht eifersüchtig über die genaue und pingelige Einhaltung seines Sabbat. Man darf ihn „unser Vater“ oder sogar „Abba“ nennen, das ist in der Muttersprache Jesu das Wort für „Papi“. Das war aufregend anders als die Predigt und Praxis der Pharisäer. Die gestrengen Herren sagten denn auch: Das ist Gotteslästerung. Ein Fresser und Weinsäufer ist das (dieser Satz steht auch über Jesus in der Bibel), nein, Jesus ist kein frommer Mensch. Erkennt man die Frommen und Gerechten nicht daran, dass sie aufs Lachen und auf lärmende Fröhlichkeit verzichten? Aber das ist eben nicht die Art Jesu, so ist unser Gott nicht. Als der Priester Ernesto Cardenal in dem nicaraguanischen Bauerndorf Solentiname mit seinen Bauern das Evangelium liest, sagt einer der Gesprächsteilnehmer zum Weinwunder von Kana, das wir vorhin auch gehört haben: „Man sieht, dass Jesus nicht wie bestimmte fromme Menschen denkt, die sagen, Trinken, Rauchen, Tanzen und Singen wäre Sünde.“ Und Paul Deitenbeck, der zur deutschen Bekenntnisbewegung gehört, macht einmal die Bemerkung: „Es soll fromme Kreise geben, da sitzt man wie am Kühlschrank. Und da singt man Glaubenslieder so, als ginge es zum Finanzamt.“

Ganz einfach begründet Jesus sein Nicht-Fasten: Kein Mensch würde bei einer Hochzeit fasten, jedenfalls nicht, so lange der Bräutigam da ist. Jesus sieht sich selbst als den Bräutigam, was ein biblischer Ausdruck ist für den Auserwählten, den Gesandten Gottes, den Retter Israels, ja den ewigen König für alle Welt. Deshalb fastet er nicht, sondern er feiert, er isst und trinkt mit den Sündern und Zöllnern und lebt in der Vorfreude auf das Reich Gottes.

Und obwohl Jesus genau wie Johannes der Täufer die nahende Katastrophe sieht, übernimmt er auch nicht seine Art des Fastens. Er und seine Jünger beugen nicht die Köpfe und warten ab, sondern verstehen sich selber als einen neuen Anfang, als Beginn der Königsherrschaft Gottes, als Anfang vom Ende, das umfassendes Heil bringen wird. Sie bauen in dem Selbstbewusstsein, dass Gottes Verheißung gerade den Armen gehört, eine Gemeinschaft mit beglückenden Erfahrungen auf. Die Bettelarmen, die Kranken, die Zöllner, die Dirnen tun sich mit umherziehenden ehemaligen Handwerkern und Fischern zusammen, helfen sich gegenseitig, teilen ihre knappe Nahrung und pflegen ihre kranken Körper. Können wir uns vorstellen, was das für Freudenfeste gewesen sind, wenn Jesus und diese Leute zusammen essen und trinken, Leute, die nach dem jüdischen Gesetz leben, mit Leuten, die religiös und sozial eigentlich gar nichts zu melden haben? Können wir uns vorstellen, was es bedeutet hat, wenn Jesus seinen Leuten sagt: Das Reich Gottes ist mitten unter euch? Er hat diese Gemeinschaft gemeint, in der nicht der Reiche und Einflussreiche etwas gilt, sondern wo einer für den anderen da ist, wo man einander zurecht hilft statt zu verurteilen, wo man Hilfe gibt und annimmt statt sich übereinander die Mäuler zu zerreißen.

Ich glaube, darauf kommt es auch für uns an: dass wir in unseren Gemeinden an dieser Gemeinschaft bauen, die Paulus ganz knapp mit den Worten beschreibt (Romer 12, 15):

Freut euch mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden.

Wenn wir den Glauben an Jesus, unsere Zugehörigkeit zur Kirche, unsere Teilnahme an Taufe, Konfirmation, Trauung und Beerdigung nur als schmückendes Beiwerk oder Notnagel in Krisenzeiten ansehen, dann benutzen wir Jesus wie ein neues Tuch, das auf ein altes Kleid geflickt wird. Kein Wunder, wenn diese Art Glaube vielen überhaupt nichts bringt. Das neue Stück Stoff reißt wieder heraus und das Loch im alten brüchigen Stoff wird größer, die Leere in unserem Leben wird spürbarer. Das ganze Kleid muss neu gewebt werden: der Glaube an Jesus durchdringt unser ganzes Leben, wenn wir ihn ernstnehmen. Dabei ist dieses Ernstnehmen, wie wir gehört haben, kein tierisches, kein bierernstnehmen, sondern das begeisterte Mitmachen beim Aufbau einer oft sehr unkonventionellen Gemeinschaft in der Gemeinde, mit besonderem Hinsehen gerade auf die Benachteiligten, auf die Außenseiter, auf die, über die man schlecht spricht.

Wenn wir als Christen Gott weiterhin als strafenden und unbarmherzigen Richter ansehen, dem man sich entweder mit Leidensmiene beugen oder im Trotz entziehen muss, dann ist es, als füllten wir neuen Wein in ein altes Gefäß. Wenn wir Jesus richtig hören und wirklich in unser Leben hineinlassen, wird er aber bald dieses alte Gefäß durchbrechen und wird aus uns sozusagen „neue Schläuche“ machen. Die Botschaft und die Taten Jesu, von denen wir hören, passen dann zu unserem Leben, weil wir uns verändern lassen.

Wenn wir der Jesusbewegung nacheifern und eine Gemeinschaft mit beglückenden Erfahrungen aufbauen, dann ertragen wir es auch leichter, mit Katastrophenängsten zu leben oder mit dem Sterben geliebter Menschen fertigzuwerden. Uns geht‛s ja mit der Angst vor der Zukunft wie dem Täufer Johannes: Rohstoff- und Energieverschwendung, saurer Regen, Atombedrohung – sind das nicht Anzeichen des Weltuntergangs, rächen sich nicht die Sünden der Väter an den Kindern? Und doch ist der Weg Jesu verheißungsvoll er als der der resignativen Ergebung in das Unvermeidliche: im Kleinen zueinanderstehen ist eine gute Grundlage, auch weltweit den Nächsten nicht zu vergessen. Im Kleinen zu bekommen, was wir an Hilfe und Zuwendung brauchen, ist eine gute Grundlage, auch anderen zu helfen und den Bedrohungen ins Auge zu sehen.

Wenn dann eine Katastrophe eintritt, wie z. B. der Tod Jesu am Kreuz das schlimmste Unglück für seine junge Bewegung war, dann kann auch das Fasten wieder einen Sinn bekommen. Jesus kündigt an, dass seine Jünger fasten werden, wenn er ihnen entrissen wird. Fasten kann also Ausdruck von Trauer und Schmerz sein, auch Ausdruck des „Weinens mit den Traurigen“, der Solidarität mit ungerecht behandelten Menschen oder z. B. – wie in der anfangs erwähnten Aktion „Passionszeit ohne Alkohol“ – als Ausdruck des Einsatzes für Alkoholabhängige. Doch nie sollten Christen fasten als Mittel, um Gott herumzubekommen, und nie aus grundsätzlicher Ablehnung der Fröhlichkeit. Dafür spricht – nach Jesu Tod – nichts mehr als die Tatsache, dass er auferweckt wurde von seinem Vater im Himmel.

Vielleicht kennen Sie das Buch über die kleine Anna aus den Slums, „Hallo, Mr. Gott“. Sie ist ein Beispiel für eine auch das Schwerste durchstehende Hochzeitsfreude.

Anna wusste: Mr. Gott hatte seine Freude auch an allen winzigen Dingen. Und daraus ergab sich wiederum, dass Mr. Gott nichts dagegen hatte, sich ganz klein zu machen. Die Leute dachten immer, Gott sei riesig groß und unendlich. Aber es war ein Fehler, so zu denken. Offensichtlich konnte Gott jede Größe annehmen, die ihm eben gefiel.

‚Mr. Gott muss sich manchmal ganz klein, machen, sonst weiß er doch überhaupt nicht, wie ein Marienkäfer lebt, oder?‛, so sah es Anna.

Der ganz kleine Gott, der begreift, wie wir wirklich leben und was wir wirklich brauchen – ist das nicht wundervoll?

Vor diesem Gott ist Fasten nicht so wichtig wie etwas anderes, was Anna so ausdrückt: „Ich weiß, dass ich Mr. Gott liebhabe und Leute und Katzen und Hunde und Spinnen und Blumen und Bäume… und überhaupt alles: ich weiß es, ich ganz allein mit meiner ganzen Figur.“

Und das muss auch nicht aufhören angesichts des Todes. Die kleine Anna verunglückte und starb.

Vorher aber sagte sie noch – schon sehr schwach – zu ihrem Freund: „Fynn, ich hab dich lieb!“ Und er: „Ich dich auch, Fratz.“ Und Anna: „Fynn, ich wette, Mr. Gott lässt mich dafür in seinen Himmel rein.“

Die Psychologen würden sagen: Das ist das unzerstörte Urvertrauen. Wir können auch sagen: es ist höchstes Gottvertrauen, was aus dieser Anna spricht. Sie lebt uns vor, dass wir trotz aller Bedrohungen und trotz der Schmerzen, die wir erfahren, wie Hochzeitsleute leben können, die von ihrem Bräutigam nicht allein gelassen werden. So hat die ungetrübte Fröhlichkeit ihre Zeit und auch die Traurigkeit, die Angst oder Zorn über Zerstörung und Ungerechtigkeit. Siegen wird jedoch am Ende die unendliche Freude im Reich Gottes, das Gott selbst einmal schaffen wird. Es beginnt schon hier bei uns, wo wir als eine Gemeinschaft zueinander halten, in der niemand ausgeschlossen bleibt. Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
EKG 288, 1-2 (EG 398):

1. In dir ist Freude in allem Leide, o du süßer Jesu Christ! Durch dich wir haben himmlische Gaben, du der wahre Heiland bist; hilfest von Schanden, rettest von Banden. Wer dir vertrauet, hat wohl gebauet, wird ewig bleiben. Halleluja. Zu deiner Güte steht unser G’müte, an dir wir kleben im Tod und Leben; nichts kann uns scheiden. Halleluja.

2. Wenn wir dich haben, kann uns nicht schaden Teufel, Welt, Sünd oder Tod; du hast’s in Händen, kannst alles wenden, wie nur heißen mag die Not. Drum wir dich ehren, dein Lob vermehren mit hellem Schalle, freuen uns alle zu dieser Stunde. Halleluja. Wir jubilieren und triumphieren, lieben und loben dein Macht dort droben mit Herz und Munde. Halleluja.

Fürbitten und Vaterunser
EKG 48, 4 (EG 70):

4. Von Gott kommt mir ein Freudenschein, wenn du mich mit den Augen dein gar freundlich tust anblicken. Herr Jesu, du mein trautes Gut, dein Wort, dein Geist, dein Leib und Blut mich innerlich erquicken. Nimm mich freundlich in dein Arme und erbarme dich in Gnaden; auf dein Wort komm ich geladen.

Segen

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