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Ein glückliches Leben mit Trisomie 21

Trauerfeier für eine Frau, die am so genannten Down-Syndrom litt und ein glückliches Leben inmitten ihrer Familie führen konnte.

Ein glückliches Leben mit Trisomie 21: Ein Mädchen mit Down-Syndrom streckt in einem Stall ihre Hand zwei Kühen entgegen
Ein Kind mit Trisomie 21 auf einem Bauernhof (Bild: Laura21dePixabay)

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.

Liebe Trauerfamilie, wir sind hier versammelt, um von Frau C. Abschied zu nehmen, die im Alter von [über 60] Jahren gestorben ist.

Wir sind hier, um ihr ein letztes Geleit zu geben auf dem Weg zu ihrem Grab. Wir sind hier, um Worte der Hoffnung im Angesicht des Todes laut werden zu lassen, Worte der Hoffnung im Blick auf ihr und unser Leben, im Blick auf das, was Gott mit uns Menschenkindern vorhat.

Lasst uns beten mit Worten aus einem alten Gebet der Bibel, aus dem Psalm 139:

1 HERR, du erforschest mich und kennest mich.

2 Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es; du verstehst meine Gedanken von ferne.

3 Ich gehe oder liege, so bist du um mich und siehst alle meine Wege.

4 Denn siehe, es ist kein Wort auf meiner Zunge, das du, HERR, nicht schon wüsstest.

5 Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir.

6 Diese Erkenntnis ist mir zu wunderbar und zu hoch, ich kann sie nicht begreifen.

7 Wohin soll ich gehen vor deinem Geist, und wohin soll ich fliehen vor deinem Angesicht?

8 Führe ich gen Himmel, so bist du da; bettete ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch da.

9 Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer,

10 so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten.

11 Spräche ich: Finsternis möge mich decken und Nacht statt Licht um mich sein -,

12 so wäre auch Finsternis nicht finster bei dir, und die Nacht leuchtete wie der Tag. Finsternis ist wie das Licht.

13 Denn du hast [mein Inneres] bereitet und hast mich gebildet im Mutterleibe.

14 Ich danke dir, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele.

15 Es war dir mein Gebein nicht verborgen, als ich im Verborgenen gemacht wurde, als ich gebildet wurde unten in der Erde.

16 Deine Augen sahen mich, als ich noch nicht bereitet war, und alle Tage waren in dein Buch geschrieben, die noch werden sollten und von denen keiner da war.

17 Aber wie schwer sind für mich, Gott, deine Gedanken! Wie ist ihre Summe so groß!

18 Wollte ich sie zählen, so wären sie mehr als der Sand: Am Ende bin ich noch immer bei dir.

23 Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne, wie ich’s meine.

24 Und sieh, ob ich auf bösem Wege bin, und leite mich auf ewigem Wege.

Wir singen aus dem Lied 361 die Strophen 1, 6 und 12:

1. Befiehl du deine Wege und was dein Herze kränkt der allertreusten Pflege des, der den Himmel lenkt. Der Wolken, Luft und Winden gibt Wege, Lauf und Bahn, der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann.

6. Hoff, o du arme Seele, hoff und sei unverzagt! Gott wird dich aus der Höhle, da dich der Kummer plagt, mit großen Gnaden rücken; erwarte nur die Zeit, so wirst du schon erblicken die Sonn der schönsten Freud.

12. Mach End, o Herr, mach Ende mit aller unsrer Not; stärk unsre Füß und Hände und lass bis in den Tod uns allzeit deiner Pflege und Treu empfohlen sein, so gehen unsre Wege gewiss zum Himmel ein.

Liebe Trauergemeinde!

Erinnerungen an das Leben der Verstorbenen

Menschen mit dem Down-Syndrom haben es oft schwerer im Leben, weil sie anfälliger sind für gesundheitliche Probleme und weil ihnen das Lernen schwerer fällt. Aber man sagt auch, dass sie mit einem sonnigen, liebevollen Gemüt gesegnet sind. Und natürlich ist jeder einzelne ein Individuum für sich, und ganz wichtig ist es, wie für jeden anderen Menschen auch, ob man in einer Familie und Umgebung aufwächst, in der man sich gut aufgehoben fühlt und so angenommen wird, wie man eben ist.

Frau C. wurde schon als Kind von ihren Eltern und Geschwistern ins Herz geschlossen. Ihr ganzes Leben lang blieb die Familie ihr Lebensmittelpunkt. In die Schule konnte sie nicht gehen; damals gab es noch keine speziellen Schulen wie heute, die sie hätte besuchen können. So wurde sie zu Hause gefördert und unterstützt.

So gehörte sie immer mit zur Familie dazu; sie ging überall mit, fuhr mit in den Urlaub, sie war ein lieber Mensch. Sie hatte ihre eigenen Interessen, sah ihre Fernsehsendungen, hörte Schlagermusik und tanzte auch einmal dazu. Sie liebte das Basteln, schnitt aus und klebte auf, und vor allem schrieb sie leidenschaftlich gern Briefe in ihrer eigenen Schrift, die nur sie selber lesen konnte.

Früher sagte man, dass jemand, der am Down-Syndrom leidet, keine sehr hohe Lebenserwartung habe; Frau C. ist über 60 Jahre alt geworden, und wir können sagen, dass ihr erfüllte, glückliche Jahre geschenkt waren.

Ihr Leben war erfüllt, obwohl es in anderen Bahnen verlief als bei den meisten anderen Menschen. Glücklich konnte sie sein, auf ihre Weise, indem sie es in ihrer Familie mit Menschen zu tun hatte, die sie so liebten, wie sie war, und die es ihr möglich machten, ihr einfaches Leben mit dem, was ihr Freude machte, in der Gemeinschaft vertrauter Menschen zu führen.

Glück und Erfüllung im Leben ist nicht für jeden Menschen das Gleiche. Man kann mit großen Gaben im Leben Schiffbruch erleiden und unglücklich werden; man kann mit scheinbar bescheidenen Gaben dennoch Sonne im Herzen haben und mit kindlichem Gemüt das Leben genießen.

Als ich über das Leben von Frau C. nachdachte, fielen mir zwei Verse aus der Bibel ein. Der eine steht im 2. Buch Mose – Exodus 4, 11. Da hat sich Mose gerade gewehrt gegen den Auftrag von Gott, als Prophet und Anführer des Volkes Israel zu wirken, indem er sagt: „Ich hab eine schwere Sprache und eine schwere Zunge“. Wieso will Gott ausgerechnet ihn mit einer solchen Aufgabe belasten, wo er doch benachteiligt ist: Er kann nicht gut reden.

Der HERR sprach zu ihm: Wer hat dem Menschen den Mund geschaffen? Oder wer hat den Stummen oder Tauben oder Sehenden oder Blinden gemacht? Habe ich‘s nicht getan, der HERR?

Das ist die einzige Stelle in der Bibel, an der ausdrücklich gesagt ist: Gott ist auch der Schöpfer der behinderten Menschen. Der Mensch mit einer Einschränkung ist kein halber Mensch, kein Fehlversuch Gottes. Wer in unseren Augen behindert ist, ist in Gottes Augen genau so wertvoll wie alle anderen, genau so nach dem Bild Gottes geschaffen, genau so zur Liebe berufen wie alle anderen.

Auch Frau C. hätte von sich sagen können mit dem Psalm 139, 14:

Ich danke dir, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele.

Frau C. litt, wie ich schon gesagt habe, am so genannten Down-Syndrom. Man sagt dazu auch Trisomie 21, weil in ihren Körperzellen das Chromosom 21 drei Mal vorhanden war statt nur zwei Mal wie bei anderen Menschen. Diese kleine Abweichung hatte große Folgen für ihr Leben, für ihr Lernen, für ihre Chancen. Wir wissen nicht, warum sie so geboren wurde, wir können aber im Vertrauen auf Gott sagen: Es war Gott, der sie so geschaffen hat und der sie geliebt hat, so wie sie war. Es war Gott, der ihr auch eine Familie geschenkt hat, in der sie leibhaftig ihr Leben lang Liebe erfahren hat und selber auch auf ihre Weise Liebe verschenken konnte, durch ihr ganzes Wesen.

Wenn Frau C. in ihrer Wesensart in vielem nie so erwachsen werden konnte wie andere Menschen, in vielem kindlich geblieben ist, dann können wir daran, denken, dass Jesus gerade die Menschen selig preist, die so vertrauen können wie ein Kind (Matthäus 18, 3):

Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen.

Ich bin mir vollkommen gewiss: Frau C. gehört zu diesen Kindern Gottes. Er hat sie lieb, denn für Gott zählt nicht vorzeigbare Leistung, die jemand in seinem Beruf oder seiner Familie erbringt, sondern ihm ist die Liebe wichtig, die wir von ihm empfangen und – so gut wir es können – weiterverschenken. Wir alle stehen ja vor Gott mit leeren Händen und können nur bitten: schenk uns deine Liebe, erfülle unser Leben, alles, was wir sind und was wir haben, haben wir ja von dir! In diesen Sinne legen wir das Leben von Frau C. in Gottes Hände zurück. Amen.

Wir singen das Lied 376 von dem Gott, der uns an der Hand nimmt uns führt, hier durch unser Leben und dort ins himmlische Reich:

1. So nimm denn meine Hände und führe mich bis an mein selig Ende und ewiglich. Ich mag allein nicht gehen, nicht einen Schritt: wo du wirst gehn und stehen, da nimm mich mit.

2. In dein Erbarmen hülle mein schwaches Herz und mach es gänzlich stille in Freud und Schmerz. Lass ruhn zu deinen Füßen dein armes Kind: es will die Augen schließen und glauben blind.

3. Wenn ich auch gleich nichts fühle von deiner Macht, du führst mich doch zum Ziele auch durch die Nacht: so nimm denn meine Hände und führe mich bis an mein selig Ende und ewiglich!

Barmherziger Gott, ob wir leben oder sterben, wir stehen in Deiner Hand. Nimm Frau C. gnädig auf in dein himmlisches Reich und lass sie Geborgenheit und Frieden finden in deiner Ewigkeit. Unsere Belastungen und unsere Trauer werfen wir auf dich. Schenke uns Zuversicht für jeden neuen Tag, und lass uns in Verantwortung vor dir unser Leben führen. Mach uns bewusst, dass du uns segnest, um mit unseren kleinen Kräften ein Segen zu sein für diese Welt. Amen.

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