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Ein gesegnetes Kind

Trauerfeier für ein Kind, das nur wenige Wochen alt wurde. Ich gehe auf den Taufspruch des Kindes ein, in dem vom Segen Gottes für das Kind die Rede ist.

Nicht jedes umsorgte Frühchen kann überleben (Bild: SeppHPixabay)

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.

Wir hören Worte aus dem Buch des Propheten Jesaja 43:

1 Und nun spricht der HERR, der dich geschaffen hat…: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!

3 Ich bin der Herr, dein Gott,

4 du [bist] in meinen Augen so wert geachtet und … ich [habe] dich lieb.

5 So fürchte dich nun nicht, denn ich bin bei dir.

Liebe Frau U., lieber Herr X., liebe Trauergemeinde!

Wir sind hier in der Friedhofskapelle zusammengekommen, weil W. als Baby im Alter von nur [wenigen Wochen] gestorben ist. Gemeinsam nehmen wir Abschied von ihm, wir lassen einander dabei nicht allein, und wir vertrauen darauf, dass auch Gott uns mit seinem Trost zur Seite steht.

Lasst uns beten mit Worten aus dem Psalm 139:

1 Herr, du erforschest mich und kennest mich.

2 Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es; du verstehst meine Gedanken von ferne.

3 Ich gehe oder liege, so bist du um mich und siehst alle meine Wege.

4 Denn siehe, es ist kein Wort auf meiner Zunge, das du, HERR, nicht schon wüsstest.

5 Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir.

13 Du hast [mein Inneres] bereitet und hast mich gebildet im Mutterleibe.

14 Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele.

15 Es war dir mein Gebein nicht verborgen, als ich im Verborgenen gemacht wurde, als ich gebildet wurde unten in der Erde.

16 Deine Augen sahen mich, als ich noch nicht bereitet war, und alle Tage waren in dein Buch geschrieben, die noch werden sollten und von denen keiner da war.

17 Aber wie schwer sind für mich, Gott, deine Gedanken!

23 Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne, wie ich’s meine.

24 Und sieh, ob ich auf bösem Wege bin, und leite mich auf ewigem Wege. Amen.

Liebe Trauernde, im Psalm betet einer voller Gottvertrauen. Er weiß sich von Gott geschaffen und umgeben. Er dankt Gott dafür, wunderbar geschaffen zu sein, und bittet ihn, auf guten Wegen geleitet zu werden.

Der kleine W. hat vieles von dem, was hier im Psalm vorkommt, noch gar nicht erlebt: Sitzen, Aufstehen, Gehen, Gedanken in Worte fassen, all das konnte er noch gar nicht. Und doch kannte ihn Gott.

Es gab ihn noch gar nicht, da sahen ihn schon Gottes Augen, denn wie alle Menschen gehörte auch W. in den Plan des Schöpfers hinein. Seine Tage waren gezählt und aufgeschrieben in dem Buch Gottes, in das wir keinen Einblick haben.

Gott war um ihn, als er noch im Mutterleib war, gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder V.; und als beide herausgeholt werden mussten und geboren wurden, da hielt Gott weiterhin seine Hand über ihm. W. war ein geliebtes Kind, geliebt von Gott, von seinen Eltern, seiner Familie. Indem er nur da lag, angewiesen auf die ärztliche Versorgung im Krankenhaus, konnte er doch seine Lebensfreude zeigen.

Er hat schon eine Menge mitgemacht in seinem kurzen Leben, und wir wollen nicht alles im einzelnen aufzählen, was geschehen ist, bis er sterben musste. Wir wissen nicht, warum sein Leben nur so kurz war. Wir wissen nicht, warum Gott für ihn nicht eine größere Zahl von Tagen oder Jahren in sein Buch geschrieben hatte. „Dein Wille geschehe“, beten wir im Vater unser, aber heute möchten wir zu Gott rufen und protestieren: „Wie schwer sind für uns deine Gedanken, wie schwer ist für uns dein Wille! Was mutest du uns zu!“

Trotzdem kommen wir nicht los von Gott, wir brauchen ja seinen Trost, wir könnten ohne seine Liebe nicht leben, wir würden uns im Leben nicht zurechtfinden ohne seine Wegweisung. Und Gott ist auch der, der uns nicht loslässt, wenn wir sterben. Als Sie Ihren älteren Kindern gesagt haben, dass der W. zu den Engeln im Himmel gekommen ist, da haben Sie die Wahrheit gesagt, denn Jesus hat einmal gesagt (Markus 12, 25):

Wenn [die Menschen] von den Toten auferstehen werden, so … sind [sie] wie die Engel im Himmel.

Wir können nicht zeigen, wo dieser Himmel genau ist und wie er aussieht; er ist nicht einfach da oben oder in irgendeiner Ecke des Weltalls versteckt; nein, der Himmel Gottes ist für unsere Augen unsichtbar und für unseren Verstand unfassbar. Und doch dürfen wir darauf vertrauen, dass wer hier stirbt, in Gottes Liebe geborgen und gut aufgehoben bleibt.

Es war Ihnen wichtig gewesen, ein deutliches Zeichen zu setzen, dass auch Ihre beiden jüngsten Kinder zu Gott gehören. Als die beiden im Krankenhaus getauft wurden, hat W. als Taufspruch ein Wort aus dem 4. Buch Mose – Numeri 6, 24-26, bekommen, den Segen des Priesters Aaron:

Der HERR segne dich und behüte dich; der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.

Dieser Segen wird ja immer am Ende eines Gottesdienstes gesprochen, und ich denke, dass jeder, der diese Worte hört, sie auf seine eigene Weise auf sich bezieht. Wenn ich mir vorstelle, was dieser Segen für den kleinen W. bedeutet hat, dann stelle ich mir das Gesicht Gottes vor wie das Gesicht seiner Eltern, wie Sie sich über sein Bettchen gebeugt haben und ihn angelächelt haben. Ein leuchtendes Angesicht stelle ich mir strahlend lächelnd vor, voller Liebe, so dass das Kind, das angelächelt wird, gar nicht anders kann, als zurückzulächeln. „Er sei dir gnädig“, das meint übrigens so viel wie: Er sei lieb zu dir, er gehe barmherzig mit dir um.

Behütetsein, das stellen wir uns anders vor als bei W.; nicht dass Gott ein Kind so rasch zu sich in den Himmel nimmt, sondern dass es gesund und groß werden kann. Aber wie ich schon sagte, nicht immer ist Gottes Wille für uns einzusehen und zu durchschauen; auf jeden Fall dürfen wir darauf vertrauen, dass auch ein Kind, das sterben muss, nicht verloren geht, sondern in Gottes Händen, in seiner Liebe, eine Zukunft hat und Frieden findet.

W. ist ein von Gott gesegnetes Kind, denn er ist von Gott geliebt und in seinem kurzen Leben konnte er in den Herzen seiner Familie Liebe und Freude wecken. So traurig Sie sind, dass er gestorben ist, so sind Sie doch auch dankbar, dass er Ihnen geschenkt war.

Was wir heute tun, dieser Abschied, diese Trauerfeier, gleich der Weg zum Grab, ist wichtig für Sie als Eltern. Denn es geht nicht anders, Sie müssen den schweren Weg der Trauer um Ihren kleinen Sohn gehen. Indem Sie trauern und um Ihr Kind weinen, gelingt es Ihnen mit der Zeit auch, es loszulassen und zu akzeptieren, dass es nur eine sehr kurze Zeit auf dieser Erde gelebt hat und Ihrer Obhut anvertraut war. Und so, wie Sie auf der einen Seite den kleinen W. loslassen müssen und dabei Trost von Gott bekommen werden, kriegen Sie auf der anderen Seite genug Kraft und Liebe, um Ihren anderen Kindern all das geben zu können, was sie brauchen.

Ich weiß, dass Sie dabei auch die Unterstützung Ihrer Familie und Ihrer Freunde haben, denn ganz allein können wir eine so große Verantwortung nicht tragen. Und auch wenn Sie einmal nicht wissen, wohin mit Ihrer Traurigkeit: es ist gut zu wissen, bei wem man einmal sein Herz ausschütten kann, bei einem Angehörigen, Freund oder Freundin, vielleicht auch einmal bei einem Pfarrer.

Was wir heute tun, ist wichtig auch für die Geschwister des kleinen W. Auch sie sind traurig, auch sie dürfen ihre Tränen weinen und dabei getröstet und in den Arm genommen werden. Die ganz Kleinen, die heute noch nicht begreifen, was geschehen ist, werden später erfahren, dass sie noch ein Geschwisterkind hatten, das Gott schon früh zu sich und zu den Engeln in den Himmel gerufen hat. Wenn es auch schwer zu verstehen ist: Sie werden ihnen sagen, dass Gott mit jedem Menschen etwas anderes vor hat. Niemand weiß vorher, wie alt er wird, aber wir alle sind von Gott geliebt, und uns alle will Gott auf guten Wegen leiten und begleiten, jeden Menschen auf seine eigene Weise.

Was wir heute tun, ist nicht zuletzt auch wichtig für den kleinen W., denn ihn vertrauen wir der Liebe Gottes an, auf dessen Namen er getauft ist. Amen.

Lieber Gott, du bist der Herr über Leben und Tod. Du siehst, wie traurig wir sind über den Tod des kleinen W. Wir hätten gewünscht, dass er groß wird gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder und seinen älteren Geschwistern. Doch so sollte es nicht sein. Wir müssen ihn loslassen in deine Hände. Lass uns nicht allein, wenn wir traurig sind und manchmal weinen müssen, und mach uns stark, um für die Menschen da zu sein, die uns anvertraut sind. Lass uns nie vergessen, wie kostbar das Leben ist und dass wir auf dieser Erde leben, um Liebe zu empfangen und zu geben, als erstes unseren Kindern und all denen, die uns brauchen. Amen.

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