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Wird Gott unser Blutsbruder?

Als Symbol dafür, dass Gott von uns niemals mehr ein Blutopfer will, nachdem der Gottessohn durch uns und für uns sein Blut vergießen musste, trinken wir aus dem Kelch des Abendmahls – nicht reales Blut, sondern das Gewächs des Weinstocks. Darum ist Jesus im Hebräerbrief unser Bruder und zugleich der große Hirte seiner Schafe, der uns etwas zu sagen hat.

Ein Herz aus Blut
Blut und Bund – was sagen uns diese biblischen Symbole? (Bild: Анна КуликоваPixabay)
direkt-predigtAbendmahlsgottesdienst am Sonntag Quasimodogeniti, 7. April 2002, 10.00 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen (aber mit dem Predigttext für Misericordias Domini, Reihe 6)

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Der heutige Sonntag nach Ostern wird traditionell als Tag der Neugeborenen Kinder gefeiert. Das passt aber viel besser zum Taufgottesdienst am kommenden Sonntag. Deshalb ziehen wir für heute das Thema vor, das nächste Woche dran wäre: Der Gute Hirte.

Der Gute Hirte setzt sein Leben für die Schafe ein. Sein Blut ist das Blut eines ewigen Bundes, wie es im heutigen Predigttext heißt.

Heißt das: Gott schließt mit uns Blutsbrüderschaft? – vergleichbar mit Winnetou und Old Shatterhand in den Karl-May-Filmen oder mit Siegfried und Gunther in der Nibelungensage?

Im Alten Testament wird zu Gott als dem Guten Hirten gebetet. Im Neuen Testament verkörpert sich das Wesen des Guten Hirten in Jesus.

Wir singen aus dem Lied 274, das dem Psalm 23 nachempfunden wurde, die Strophen 1, 3 und 5:

1) Der Herr ist mein getreuer Hirt, hält mich in seiner Hute, darin mir gar nicht mangeln wird jemals an einem Gute. Er weidet mich ohn Unterlass, da aufwächst das wohlschmeckend Gras seines heilsamen Wortes.

3) Ob ich wandert im finstern Tal, fürcht ich doch kein Unglücke in Leid, Verfolgung und Trübsal, in dieser Welte Tücke: denn du bist bei mir stetiglich, dein Stab und Stecken trösten mich, auf dein Wort ich mich lasse.

5) Gutes und viel Barmherzigkeit folgen mir nach im Leben, und ich werd bleiben allezeit im Haus des Herren eben auf Erd in der christlichen G’mein, und nach dem Tode werd ich sein bei Christus, meinem Herren.

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. „Amen.“

Wir beten den Psalm 23 (im Gesangbuch 711). Ich lese die linksbündigen Verse und Sie bitte die nach rechts eingerückten:

1 Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.

2 Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser.

3 Er erquicket meine Seele. Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.

4 Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.

5 Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.

6 Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar.

Kommt, lasst uns anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Das Lied vom Guten Hirten ist der bekannteste und beliebteste Psalm der Bibel – voll Sehnsucht nach einem Leben ohne Mangel, bewahrt und behütet, ohne ein Unglück zu fürchten.

Das Lied vom Guten Hirten hat aber auch eine Kehrseite: die Furcht davor, abhängig zu sein wie Schafe von einem Hirten, angewiesen auf seinen guten Willen und seiner Gnade ausgeliefert.

Wir wünschen beides: behütet zu sein und zugleich herausgefordert, befähigt zu eigener Verantwortung.

Gott, schenke uns beides: zu leben im Vertrauen und mit aufrechtem Gang!

Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

Jesus Christus spricht (Johannes 10, 11.14-16):

11 Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.

14 Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen, und die Meinen kennen mich,

15 wie mich mein Vater kennt, und ich kenne den Vater. Und ich lasse mein Leben für die Schafe.

16 Und ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall; auch sie muss ich herführen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirte werden.“

Lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist groß Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende“.

Der Herr sei mit euch „und mit deinem Geist.“

Gott, stark und verlässlich stehst du uns gegenüber: der Gute Hirte. In Christus sehen wir dich verkörpert in einem Hirten, der sogar sein Blut vergießt für die Schafe. Als ein Hirte ist er der Herr über eine Herde.

Eine so große Stärke kann auch Angst machen. Allumfassende Liebe kann einengen. Und die Einheit – bleibt auf dem Weg zu ihr nicht jegliche Freiheit auf der Strecke?

Lass uns Luft zum Atmen – schenke uns klares Denken und einen erwachsenen Glauben. Darum bitten wir dich im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Wir hören Worte, die der Prophet Hesekiel von Gott empfängt; sie stehen im Buch Hesekiel 34:

1 Des HERRN Wort geschah zu mir:

11 So spricht Gott der HERR: Siehe, ich will mich meiner Herde selbst annehmen und sie suchen.

15 Ich selbst will meine Schafe weiden, und ich will sie lagern lassen, spricht Gott der HERR.

16 Ich will das Verlorene wieder suchen und das Verirrte zurückbringen und das Verwundete verbinden und das Schwache stärken und, was fett und stark ist, behüten; ich will sie weiden, wie es recht ist.

31 Ja, ihr sollt meine Herde sein, die Herde meiner Weide, und ich will euer Gott sein, spricht Gott der HERR.

Herr, dein Wort ist unseres Fußes Leuchte und ein Licht auf unserem Wege. Halleluja. „Halleluja, Halleluja, Halleluja!“

Glaubensbekenntnis

Wir singen das Lied 265:

1) Nun singe Lob, du Christenheit, dem Vater, Sohn und Geist, der allerorts und allezeit sich gütig uns erweist,

2) der Frieden uns und Freude gibt, den Geist der Heiligkeit, der uns als seine Kirche liebt, ihr Einigkeit verleiht.

3) Er lasse uns Geschwister sein, der Eintracht uns erfreun, als seiner Liebe Widerschein die Christenheit erneun.

4) Du guter Hirt, Herr Jesus Christ, steh deiner Kirche bei, dass über allem, was da ist, ein Herr, ein Glaube sei.

5) Herr, mache uns im Glauben treu und in der Wahrheit frei, dass unsre Liebe immer neu der Einheit Zeugnis sei.

Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Liebe Gemeinde!

Der Text zur Predigt ist heute recht kurz, aber er hat’s in sich. Es sind nur zwei Verse im Brief an die Hebräer 13, 20-21:

20 Der Gott des Friedens aber, der den großen Hirten der Schafe, unsern Herrn Jesus, von den Toten heraufgeführt hat durch das Blut des ewigen Bundes,

21 der mache euch tüchtig in allem Guten, zu tun seinen Willen, und schaffe in uns, was ihm gefällt, durch Jesus Christus, welchem sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.

Das Thema dieses Gottesdienstes ist der Gute Hirte und das Blut eines ewigen Bundes. Das sind starke Symbole, die uns ganz tief berühren.

Sie erzeugen aber auch gemischte Gefühle. Ein Hirte und eine Herde, ein mit Blut besiegelter Bund, sind das nicht auch Symbole einer Vereinnahmung, vielleicht für etwas, was wir gar nicht wollen?

Herr Stomps und ich halten eine Art Dialogpredigt zu diesen Fragen. Wir führen allerdings kein spontanes Streitgespräch miteinander, sondern ich habe einen Dialog mit der Bibel vorbereitet, in dem Herr Stomps mehr die Anfragen an die Bibel vertritt und ich versuche, einige Antworten aus der Bibel herauszuarbeiten.

Vor allem das „Blut des ewigen Bundes“ gibt im Predigttext Rätsel auf, diese zwei B-Worte: Blut und Bund.

Das Wort Blut ruft die unterschiedlichsten Vorstellungen wach: Blutprobe und Blutspende, Blutsverwandtschaft und Blutsbrüderschaft, Blutrache und Blutvergießen.

In der Bibel kommt das Wort Blut Hunderte von Malen vor. Sehr oft ist das Blut ein Symbol für das Leben, oft steht es sozusagen zwischen Tod und Leben – wenn es vergossen wird.

Das Wort Bund kennen wir vom Ehebund – dann ist er eine Bindung, die man freiwillig auf Dauer eingeht. Wir kennen aber auch den Bund, zu dem man dienstverpflichtet ist: als Bürger einer Bundesrepublik müssen deutsche junge Männer zum Bund, sei es bei der Bundeswehr oder im Zivildienst.

In der Bibel ist der Bund ein Vertrag zwischen Ungleichen. Der EINE große Gott bietet ihn den Menschen an: Ich bin euer Gott, ich habe euch geschaffen als mein Ebenbild der Liebe, ich begleite euch und sorge für euch. Darum seid mir nun auch treu, haltet meine Gebote und entsprecht dem Bild, nach dem ihr geschaffen seid.

Aber wie hängen die beiden Symbole Bund und Blut zusammen? Schlagende Studentenverbindungen kennen das Motto: „Gemeinsam vergossenes Blut bindet“. Ist das in der Bibel auch so?

Nein, um gemeinsam vergossenes Blut geht es in der Bibel nicht. Zwar um Blut, das die Menschen mit Gott verbindet, aber auf dem Umweg über geopferte Tiere.

Im 2. Buch Mose – Exodus 24, 7-8, wird erzählt, wie Mose von seiner Begegnung mit Gott auf dem Berg Sinai zurückkehrt und die Tafeln des Gesetzes mitbringt:

7 Und er nahm das Buch des Bundes und las es vor den Ohren des Volks. Und sie sprachen: Alles, was der HERR gesagt hat, wollen wir tun und darauf hören.

8 Da nahm Mose das Blut [von geopferten jungen Stieren] und besprengte das Volk damit und sprach: Seht, das ist das Blut des Bundes, den der HERR mit euch geschlossen hat auf Grund aller dieser Worte.

Das ist allerdings eine sehr altertümliche Vorstellung. Selbst die Juden praktizieren seit fast 2000 Jahren keine Tieropfer mehr – was sollen wir Christen mit dieser Verbindung von Bund und Blut anfangen?

Vielleicht kann man sich das so klarmachen. Die Israeliten empfanden sich als das von Gott erwählte Volk und zugleich wussten sie: Eigentlich können wir den Vertrag mit Gott gar nicht erfüllen. Wer kann schon alle Gebote einhalten, wer vertraut immer auf Gott, wer handelt immer im Sinne der Nächstenliebe? Deshalb dachten sie: Wir brechen dauernd den Bund mit Gott und verdienen daher den Tod, es sei denn, er vergibt uns. Stellvertretend für den sündigen Menschen wurde ein Sündenbock oder ein anderes Tier symbolisch mit der eigenen Schuld beladen und geopfert – so bat man Gott um Vergebung, um die Wiederherstellung des Bundes.

Unser heutiger Predigttext steht aber nicht im Alten, sondern im Neuen Testament, und das Blut eines ewigen Bundes wird hier im Zusammenhang mit Jesus erwähnt.

Ja, der Hebräerbrief knüpft an die alten Vorstellungen vom Opfer an – und macht mit ihnen Schluss. Im alten Tempel Israels musste man nach genauen Vorschriften immer wieder Opfer darbringen. Seit Jesus ist das nicht mehr nötig. Sein Blut, das er vergossen hat, gilt als letztes und endgültig ausreichendes Opfer für alle menschliche Sünde.

Wie soll man das als moderner Mensch verstehen? Tieropfer will Gott nicht mehr haben, aber der eigene Sohn soll geopfert werden? Ist das nicht ein grausamer Gott?

So wird das Opfer Jesu in der Tat oft missverstanden. Aber Gott braucht nicht das Opfer seines Sohnes. Nein, es sind Menschen, die den Sohn Gottes töten! Am Schicksal Jesu zeigt sich, in welch krasser Weise die Menschen dem Ebenbild Gottes nicht entsprechen – sie töten den einzigen, der vollkommen als Ebenbild Gottes auf der Erde gelebt hat. Menschen sind es, die Jesus opfern, zu Unrecht verurteilen, aus der Gesellschaft herausdrängen, im Stich lassen.

Nach dieser Logik haben die Menschen den Bund mit Gott doch eigentlich endgültig gebrochen. Warum spricht der Hebräerbrief trotzdem vom „Blut des ewigen Bundes“?

Christen haben von Anfang an den von Menschen verursachten Tod Jesu als Opfer für eben diese Menschen gedeutet. Gott selber lässt sich in Jesus, der sein Ebenbild ist, zum Sündenbock machen. Als wirklich Unschuldiger nimmt Jesus fremde Sünde auf sich und vergibt am Kreuz allen Menschen, sogar seinen Folterern und Mördern. Damit stellt er den zerstörten Bund Gott – Mensch wieder her. Der Bund Gott – Mensch wird nämlich einseitig – von Gott her – auf eine neue Grundlage gestellt, nämlich auf die Feindesliebe. Gott ist ein Gott des Friedens, er ist grenzenlos barmherzig zu seinen ärgsten Feinden, will alle Menschen als Freunde gewinnen.

Christen mögen den Tod Jesu so gedeutet haben. Aber könnte man nicht genau so gut sagen, Jesus sei einfach am Kreuz gescheitert?

Wenn die ersten Christen damals nicht Ostern erlebt hätten, jede Frau und jeder Mann auf ihre eigene Art und Weise, dann hätten wohl auch sie gedacht, die Kreuzigung Jesu sei das Ende aller Hoffnung. Aber ihnen wurde der Osterglaube geschenkt: Zu dem Jesus, der nur scheinbar gescheitert ist, sagt Gott sein ewiges Ja! Er weckt ihn vom Tod auf.

Das drückt der Brief an die Hebräer 13, 20 so aus:

Der Gott des Friedens [führt] Jesus von den Toten herauf … durch das Blut des ewigen Bundes.

Könnte man nicht also wenigstens im Neuen Testament sagen, dass Gott Blutsbrüderschaft mit den Menschen schließt – wie bei Winnetou und Old Shatterhand in den Erzählungen von Karl May oder bei Siegfried und Gunther in der Nibelungensage?

In gewisser Weise schließt Gott mit uns Blutsbrüderschaft, indem Jesus unser Bruder als Mensch wird. Gott stellt sich mit uns auf eine Stufe.

Allerdings: Gottes Blutsbrüderschaft mit uns ist wirklich auf Ewigkeit angelegt, über den Tod hinaus. Menschliche Blutsbrüderschaft, zum Beispiel die Freundschaft Old Shatterhands zu Winnetou endet mit Winnetous Tod. Und die ewige Treue Siegfrieds und Gunthers als Blutsbrüder wird bald gebrochen und endet mit einem Blutvergießen.

Beim Abendmahl spricht man vom Neuen Bund, der mit Jesu Blut besiegelt wird – ist das Abendmahl ein Blutsbrüderritual?

Nicht wirklich! Jesus praktiziert mit seinen Jüngern kein Ritual, bei dem reales Blut fließt, kein Ritual auf der Ebene von Gleich zu Gleich, von Freund zu Freund. Da gibt es kein Einritzen der Handgelenke, kein Vermischen des Blutes, obwohl es damals noch nicht so gefährlich war wie heute im Zeitalter von Hepatitis und AIDS.

Versagt also auch hier der Vergleich mit dem Motto der Studentenverbindungen: „Gemeinsam vergossenes Blut bindet“?

Bei der Blutsbrüderschaft Gottes mit den Menschen vergießt nur einer sein Blut, und zwar real, grausam hingerichtet von Menschen.

Als Symbol dafür, dass Gott von uns niemals mehr ein Blutopfer will, nachdem der Gottessohn durch uns und für uns sein Blut vergießen musste, trinken wir aus dem Kelch des Abendmahls – nicht etwa reales Blut, sondern den Saft der Trauben, das Gewächs des Weinstocks.

Darum wird Jesus im Hebräerbrief zwar durchaus als unser Bruder bezeichnet wird, der uns in allem gleich wurde, aber er ist nicht einfach unser Kumpel – er, der am Kreuz vergibt, er der auferweckt wird, hat uns etwas zu sagen und wird der große Hirte seiner Schafe genannt.

Der Gute Hirte – Sie sagten es schon – spricht viele Menschen an. Aber viele möchten sich nicht gern wie Schafe von einem Hirten führen lassen.

Ich glaube, wir Menschen der Neuzeit müssen uns vor einem Missverständnis hüten. Wenn die Bibel Gott und Jesus mit einem Hirten vergleicht, dann wird nicht die Unmündigkeit der Schafe hervorgehoben. Wir denken beim Hirten immer gleich an die Schafe als Herdentiere.

Aber zur Zeit der Bibel stand ein anderer Vergleichspunkt im Vordergrund: Die Schafe vertrauen dem Hirten voll und ganz! Warum? Er führt sie auf die Weide, er schützt sie vor Raubtieren, und er hält die Herde zusammen.

Entscheidend ist das Vertrauen, das können wir auf uns Menschen übertragen. Aber es wäre ein Fehler, das, was Schafe in ihrer Herde brauchen, 1 : 1 auf uns Menschen zu übertragen.

Schafe müssen auf die Weide geführt werden – Menschen müssen in der Regel eigenverantwortlich für ihren Lebensunterhalt sorgen und brauchen dafür gute Chancen und genug Selbstvertrauen.

Unser Sicherheitsbedürfnis ist wahrscheinlich noch größer als das von Schafen, weil wir als Menschen auch um unsere Sterblichkeit wissen – an dieser Stelle hält der Gute Hirte Jesus Christus Hoffnung bereit, die sogar über den Tod hinaus reicht.

Und wie ist es mit dem Zusammenhalt der Herde? Die christliche Kirche ist in viele Konfessionen und Gruppierungen zersplittert, wo ist da etwas von Blutsbrüderschaft oder Ähnlichem zu spüren? Kann man überhaupt alle Menschen in einer Herde zusammenfassen, ohne sie einem unmenschlichen Zwang auszusetzen?

Wenn ich es richtig verstehe, herrscht in der Herde Jesu Vielfalt und Freiheit. Der mit dem Blut des Hirten besiegelte Bund ist kein Bund der Ausgrenzung, sondern darauf angelegt, alle Menschen in diesen Bund einzubeziehen.

Was wir dabei aufgeben, ist ein Leben ohne Vertrauen, ein Leben im Kampf jeder gegen jeden, ein Leben im Egoismus. Was wir nicht aufgeben müssen, sind unsere persönliche Eigenart, unsere persönlichen Stärken, unsere persönliche Art zu denken und zu glauben.

Kann es dann überhaupt ein gemeinsames Ziel für die christliche Gemeinschaft insgesamt geben?

Am Schluss wird dieses Thema in unserem Predigttext angesprochen (Hebräer 13, 21):

[Gott] mache euch tüchtig in allem Guten.

Gott hat die Welt gut geschaffen. Er will auch, dass wir das Gute tun. Das Gute: das, was Gott gefällt, was Gott will. Gott selbst macht uns fähig, das Gute zu tun, er bewirkt es in uns. Um konkret herauszufinden, was das Gute in einer bestimmten Situation ist, können wir die Bibel befragen und das Beispiel Jesu anschauen; wir kommen allerdings nicht darum herum, unser eigenes Gewissen auszubilden und unseren eigenen Verstand zu benutzen. Sicher werden dabei nicht immer alle Christen zu den gleichen Entscheidungen kommen, und das ist auch gut so. Hören wir noch einmal Hebräer 13, 20-21:

Der Gott des Friedens … mache euch tüchtig in allem Guten, zu tun seinen Willen, und schaffe in uns, was ihm gefällt, durch Jesus Christus, welchem sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.

Wir singen vor dem Abendmahl aus dem Lied 217 die Strophen 1, 2 und 4:

1) Herr Jesu Christe, mein getreuer Hirte, komm, mit Gnaden mich bewirte. Bei dir alleine find ich Heil und Leben, was mir fehlt, kannst du mir geben. Kyrieleison. Dein arm Schäflein wollest du weiden auf Israels Bergen mit Freuden und zum frischen Wasser führn, da das Leben her tut rührn. Kyrieleison.

2) All ander Speis und Trank ist ganz vergebens, du bist selbst das Brot des Lebens, kein Hunger plaget den, der von dir isset, alles Jammers er vergisset. Kyrieleison. Du bist die lebendige Quelle, zu dir ich mein Herzkrüglein stelle; lass mit Trost es fließen voll, so wird meiner Seele wohl. Kyrieleison.

4) Du rufest alle, Herr, zu dir in Gnaden, die mühselig und beladen; all ihre Missetat willst du verzeihen, ihrer Bürde sie befreien. Kyrieleison. Ach komm selbst, leg an deine Hände und die schwere Last von mir wende, mache mich von Sünden frei, dir zu dienen Kraft verleih. Kyrieleison.

Beichte – Vater unser – Abendmahl

Wir singen aus Lied 353 die Strophen 3, 6 und 8:

3) Wenn ein Schaf verloren ist, suchet es ein treuer Hirte; Jesus, der uns nie vergisst, suchet treulich das Verirrte, dass es nicht verderben kann: Jesus nimmt die Sünder an.

6) Ich bin ganz getrosten Muts: ob die Sünden blutrot wären, müssen sie kraft deines Bluts dennoch sich in schneeweiß kehren, da ich gläubig sprechen kann: Jesus nimmt die Sünder an.

8) Jesus nimmt die Sünder an; mich hat er auch angenommen und den Himmel aufgetan, dass ich selig zu ihm kommen und auf den Trost sterben kann: Jesus nimmt die Sünder an.

Gott, unser Guter Hirte, bewahre uns auf unseren Wegen! Bewahre uns die Freiheit, unsere eigenen Entscheidungen zu treffen, nur an Gerechtigkeit und Liebe orientiert. Bewahre uns die Zuversicht, dass in deiner Kirche immer wieder neue Wege beschritten werden können. Bewahre uns die Hoffnung, dass Politiker über ihren eigenen Schatten springen können und Entscheidungen für das Gemeinwohl treffen. Bewahre uns deinen Trost, wenn wir belastet und bedrückt sind, wenn Schicksalsschläge uns hart treffen. In besonderer Weise beten wir heute für …, die im Alter von … Jahren gestorben ist. Begleite ihre Angehörigen in ihrer Trauer und nimm sie selbst als Guter Hirte gnädig auf in deinen ewigen Frieden. Amen.

Abkündigungen

Der Herr segne euch und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

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