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Berufen, Gottes Pfeil zu sein

Ein Schwert ohne Gewalt sollen wir benutzen. Ein Pfeil sollen wir sein, der niemanden tötet. Darum kriegen wir auch Gottes besonderen Schutz: er bedeckt unseren Mund mit dem Schatten seiner Hand, damit wir in der Hitze der Wortgefechte keinen Sonnenbrand kriegen; er verwahrt uns, seine menschlichen Pfeile, in seinem persönlichen Köcher, so dass wir uns keine unnötigen Sorgen machen müssen.

Stilisierte Abbildung von Pfeil und Bogen auf gespannter Sehne und einem Köcher mit weiteren Pfeilen
Nach Jesaja sind Verkünder von Gottes Wort mit einem Pfeil zu vergleichen (Bild: OpenClipart-VectorsPixabay)

#predigtGottesdienst am 17. Sonntag nach Trinitatis, den 30. September 2012, um 10.00 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Ich begrüße alle herzlich im Gottesdienst der Evangelischen Paulusgemeinde mit einem Vers aus dem Buch des Propheten Amos 5, 4. Gott spricht:

Suchet mich, so werdet ihr leben.

In der Predigt wird es heute um die Frage gehen, wozu ein Prophet oder ein Pfarrer eigentlich berufen ist. Wozu soll Gottes Wort, wie es in der Bibel bezeugt wird, weitergegeben werden?

Lied 321:

1. Nun danket alle Gott mit Herzen, Mund und Händen, der große Dinge tut an uns und allen Enden, der uns von Mutterleib und Kindesbeinen an unzählig viel zugut bis hierher hat getan.

2. Der ewigreiche Gott woll uns bei unserm Leben ein immer fröhlich Herz und edlen Frieden geben und uns in seiner Gnad erhalten fort und fort und uns aus aller Not erlösen hier und dort.

3. Lob, Ehr und Preis sei Gott dem Vater und dem Sohne und Gott dem Heilgen Geist im höchsten Himmelsthrone, ihm, dem dreiein’gen Gott, wie es im Anfang war und ist und bleiben wird so jetzt und immerdar.

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. „Amen.“

Wir beten mit Worten aus dem Psalm 100, im Gesangbuch steht er unter der Nr. 740. Ich lese die eingerückten Verse und Sie und ihr bitte die linksbündigen Teile:

1 Jauchzet dem Herrn, alle Welt!

2 Dienet dem Herrn mit Freuden, kommt vor sein Angesicht mit Frohlocken!

3 Erkennet, dass der Herr Gott ist! Er hat uns gemacht und nicht wir selbst zu seinem Volk und zu Schafen seiner Weide.

4 Gehet zu seinen Toren ein mit Danken, zu seinen Vorhöfen mit Loben; danket ihm, lobet seinen Namen!

5 Denn der Herr ist freundlich, und seine Gnade währet ewig und seine Wahrheit für und für.

Kommt, lasst uns anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Als wir im Konfirmandenunterricht über den Glauben an Gott gesprochen haben, da haben die Konfis zusammengetragen, was ihre Eltern und Großeltern, was Kinder und der Pfarrer und was sie selber von Gott denken und wie sie an ihn glauben.

Ganz verschieden sind die Gedanken der Konfis und ihrer Familien über Gott. Ist er eine Erfindung oder eine echte Person? Ist Gott selber ein Gedanke oder ein großer, alter, heiliger Mann mit Superkräften? Ist Gott überall, ist er die Luft, sitzt er im Himmel und passt auf uns auf? Die einen glauben, dass Gott allmächtig ist, die anderen denken, dass Gott nicht existiert. Die einen glauben, dass Gott einem hilft, die anderen klagen darüber dass Gott uns Menschen so benutzt, wie wir ein Videospiel spielen.

Es ist nicht selbstverständlich, dass alle in gleicher Weise an Gott glauben. Es ist eher normal geworden, dass der Glaube an Gott sich gegen Zweifel, Ungewissheiten und Missverständnisse immer wieder neu entwickeln und durchsetzen muss.

Gott, dich selber bitten wir, lass Vertrauen zu dir in uns wachsen und lass uns verstehen, was wir glauben. Wir rufen zu dir:

Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

Besonders hat mich gefreut, ist, was eine Reihe von Konfis über Gott gesagt haben:

Er ist ein Beschützer.

Er gibt den Menschen Kraft.

Wenn Menschen sterben müssen, begleitet Gott sie auf dem Weg in den Tod.

So haben schon Menschen der Bibel von Gott geredet, dafür können wir gemeinsam Gott danken.

Lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist groß Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende“.

Der Herr sei mit euch „und mit deinem Geist.“

Gott, unser Vater, der du dich zuerst dem Volk Israel und dann auch den anderen Völkern der Welt offenbart hast, lass uns heute im Gottesdienst wieder ein kleines Stück von dir erkennen.

Oft bist du uns fremd. Oft ist es schwer, die Worte der Bibel zu begreifen. Hilf uns, die Worte zu verstehen, die du uns heute sagen willst. Hilf uns, dich zu verstehen, auf dich zu vertrauen. Darum bitten wir dich im Namen deines Sohnes Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Wir hören den Predigttext aus dem Buch des Propheten Jesaja 49, 1-6:

1 Hört mir zu, ihr Inseln, und ihr Völker in der Ferne, merket auf! Der HERR hat mich berufen von Mutterleibe an; er hat meines Namens gedacht, als ich noch im Schoß der Mutter war.

2 Er hat meinen Mund wie ein scharfes Schwert gemacht, mit dem Schatten seiner Hand hat er mich bedeckt. Er hat mich zum spitzen Pfeil gemacht und mich in seinem Köcher verwahrt.

3 Und er sprach zu mir: Du bist mein Knecht, Israel, durch den ich mich verherrlichen will.

4 Ich aber dachte, ich arbeitete vergeblich und verzehrte meine Kraft umsonst und unnütz, wiewohl mein Recht bei dem HERRN und mein Lohn bei meinem Gott ist.

5 Und nun spricht der HERR, der mich von Mutterleib an zu seinem Knecht bereitet hat, dass ich Jakob zu ihm zurückbringen soll und Israel zu ihm gesammelt werde, – darum bin ich vor dem HERRN wert geachtet, und mein Gott ist meine Stärke -,

6 er spricht: Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, die Stämme Jakobs aufzurichten und die Zerstreuten Israels wiederzubringen, sondern ich habe dich auch zum Licht der Heiden gemacht, dass du seist mein Heil bis an die Enden der Erde.

Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren. Halleluja! „Halleluja, Halleluja, Halleluja!“

Glaubensbekenntnis
Lied 419: Hilf, Herr meines Lebens, dass ich nicht vergebens
Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Liebe Gemeinde,

seit heute genau 14 Jahren bin ich in Gießen. Kein besonderes Jubiläum. Trotzdem wird mir heute für den Gottesdienst ein Predigttext vorgeschlagen, der dazu einlädt, einmal darüber nachzudenken, was man eigentlich von einem Pfarrer, einem Prediger erwarten darf bzw. wozu ich mich als einer, der regelmäßig Predigten hält, berufen fühle.

Wir haben den Text eben schon einmal gehört. Und wie so oft habe ich den Eindruck: Wenn man ihn nur einmal hört, kriegt man den Sinn kaum mit. Viel zu viele schwierige Wörter sind da zu hören gewesen; außerdem stammt der Text aus der Zeit vor über zweieinhalb Tausend Jahren. Hat er uns überhaupt noch etwas zu sagen? Mal sehen.

Wer redet da überhaupt? Es ist ein Prophet, den wir den zweiten Jesaja nennen, denn wenn im Buch Jesaja nur die Worte eines einzigen Propheten aufgeschrieben wären, dann hätte dieser Prophet über 200 Jahre alt geworden sein müssen. Dieser zweite Jesaja predigt zu Menschen, die vertrieben worden sind. Seit Jahrzehnten leben sie in der Fremde, in Babel oder Babylon. Die Heimat Israel liegt verwüstet hinter ihnen, der Tempel in Jerusalem ist zerstört, wer vorher in Israel gut gelebt hat, muss nun in Babel Zwangsarbeit leisten.

Und wo liegt dieses Babel? Babel, die Hauptstadt der babylonischen Eroberer, finden wir auf der Landkarte ungefähr dort, wo im heutigen Irak die Hauptstadt Bagdad liegt.

Das Besondere an dieser Situation ist nun, dass die Verschleppten aus dem Volk Israel ihren Zusammenhalt und ihren Glauben nicht aufgeben. Sie halten sogar stärker zusammen als vorher. Und dort, in geheimen Versammlungen im Untergrund, so stelle ich es mir vor, stellt sich der zweite Jesaja vor seine Landsleute und erhebt seine Stimme. Hören wir ihn noch einmal reden, Vers für Vers:

1 Hört mir zu, ihr Inseln, und ihr Völker in der Ferne, merket auf!

Eigenartig, diese Anrede. Er redet gar nicht die Zuhörer an, die vor ihm sitzen. Er redet aus dem Fenster hinaus, in die Ferne, spricht zu Inseln und fremden Völkern. Der Prophet, der selber mit seinem Volk in der Fremde gelandet ist, gegen seinen Willen, er scheint durch diese Zwangsvertreibung eine Weltoffenheit gewonnen zu haben, die es in Israel vorher so noch nicht gab. Vom heutigen Irak aus geht der Blick des Propheten hinüber vor allem zu den griechischen Inseln im Mittelmeer, allen voran Kreta und Zypern, denn die Griechen waren gemeint, wenn man im Orient von den Inselvölkern sprach. Und mit den Völkern in noch weiterer Ferne dürfen unter anderem auch wir uns angesprochen fühlen, die Nachfahren der Germanen, die damals noch lange den Mittelmeervölkern als Barbaren galten. Erstaunlich, dass ein Prophet Israels aus der Verbannung heraus die restliche zivilisierte und unzivilisierte Welt im Namen Gottes anspricht.

Der HERR hat mich berufen von Mutterleibe an; er hat meines Namens gedacht, als ich noch im Schoß der Mutter war.

Der Prophet weiß sich von Gott berufen. Wir kennen ja noch heute den Ausdruck „Berufung“, wenn wir meinen, dass jemand seine Arbeit nicht nur als Job versteht, für den man sich mehr oder weniger Mühe gibt, um Geld zu verdienen, sondern wenn ihm am Herzen liegt, was er durch sein Tun bewirken kann. Wir selber wissen in der Regel erst im Lauf des Erwachsenwerdens, was wir einmal werden wollen. Aber Gott hat schon etwas mit uns vor, bevor wir überhaupt geboren sind, das will uns der Prophet klarmachen. Bevor die Mutter uns unseren Namen gegeben hat, weiß Gott bereits diesen Namen, und er schreibt ihn auf in seinem Buch des Lebens. Und dahinter vermerkt er vielleicht: Aus dem wird mal ein tüchtiger Handwerker, wenn er sich Mühe gibt. Aus ihr eine gute Ärztin oder eine ehrliche Kauffrau. Und aus dem kann mal ein Prophet werden. Oder ein Pfarrer. Auch wenn er als Kind noch sehr schüchtern ist.

2 Er hat meinen Mund wie ein scharfes Schwert gemacht, mit dem Schatten seiner Hand hat er mich bedeckt. Er hat mich zum spitzen Pfeil gemacht und mich in seinem Köcher verwahrt.

Das klingt gefährlich. Gilt das nur für diesen zweiten Propheten Jesaja speziell, oder gilt das für jeden, der im Namen Gottes reden will und soll, dass sein Mund wie ein scharfes Schwert ist und er selbst wie ein spitzer Pfeil? Wenn ich im Auftrag Gottes als Pfarrer rede, zum Beispiel hier im Gottesdienst oder bei einer Beerdigung, dann will ich doch niemanden verletzen, niemandem Gewalt antun. Was mag mit diesen kämpferischen Bildern gemeint sein?

Ich denke, dass manchmal ein scharfes Schwert nötig ist, um Wahrheit von Unwahrheit zu unterscheiden. „Differenzieren“ nennt man das auf Neudeutsch. Es gibt oft nicht einfach nur schwarz oder weiß, in der Regel ist das Leben viel bunter und manchmal auch in einer Vielzahl von Graustufen anzutreffen. Ein Beispiel wurde mir von Mädchen erzählt, die sich von älteren Erwachsenen angegriffen fühlten, warum, das würde jetzt zu weit führen. Jemand muss dann wohl gesagt haben: „da, wo ihr herkommt, habt ihr wohl kein Benehmen gelernt“. Oder so ähnlich. Es klang jedenfalls so, als ob derjenige meinte: Du siehst so aus, als gehörst du nicht hierher. Als seist du von woanders, und eigentlich gehörst du dahin. Und tatsächlich hat eins dieser Mädchen eine afrikanische Uroma und einen amerikanischen Vater. Aber alle anderen Verwandten sind rein deutsch. Und schon der Vater ist hier geboren und das Mädchen ist auf dem Rodtberg aufgewachsen. Es hat keine andere Heimat. Oder was ist, wenn man jemand einen Russen nennt, aber in Wirklichkeit waren er und seine Vorfahren immer nur deutsch gewesen. Deutsche in Russland durften allerdings viele Jahre hindurch in der Öffentlichkeit nicht Deutsch sprechen. Dort wurden sie als Deutsche beschimpft, hier gelten sie auf einmal als Russen. Es tut weh, wenn Vorurteile regieren, wenn man ganze Gruppen von Menschen verurteilt, weil einzelne sich mies benehmen, und wenn man Menschen auf Grund von äußeren Merkmalen in bestimmte Schubladen steckt.

Manchmal muss der Mund vielleicht auch ein scharfes Schwert sein, das Unrecht und Verlogenheit beim Namen nennt. Aber ich höre auch, dass dieser Prophet nur den Mund als Schwert hat. In der Hand soll er kein Schwert führen und gebrauchen. Und ich denke auch, dass der Mund wirklich nur die Schärfe der Wahrheit benutzen soll und nicht die verletzende Schärfe der üblen Nachrede und Ablästerung.

Und wie kann man als Prophet oder Pfarrer oder einfach als normaler Christ ein spitzer Pfeil sein? Ein Pfeil ist ja dazu da, die Zielscheibe zu treffen, möglichst mitten drin. So sollen wir alle sein: Menschen mit einem guten Ziel, für das es sich zu leben lohnt. Was für ein Ziel das ist, davon hören wir später mehr.

Auf jeden Fall merken wir: Es ist ein Schwert ohne Gewalt, das wir benutzen sollen. Und wir sollen ein Pfeil sein, der niemanden tötet. Darum brauchen und kriegen wir auch Gottes besonderen Schutz: er bedeckt unseren Mund, bildlich gesprochen, mit dem Schatten seiner Hand, damit wir in der Hitze der Wortgefechte keinen Sonnenbrand kriegen; er verwahrt uns, seine menschlichen Pfeile, in seinem persönlichen Köcher, so dass wir uns keine unnötigen Sorgen machen müssen.

3 Und er sprach zu mir: Du bist mein Knecht, Israel, durch den ich mich verherrlichen will.

Der Prophet wird als Knecht angeredet, wörtlich als Sklave. Hinzugefügt wird noch das Wort „Israel“, also in diesem Propheten verkörpert sich das ganze Volk. Oder umgekehrt: indem der Prophet angeredet wird, soll sich das ganze Volk angeredet fühlen. Da die ganze Rede ja darüber hinaus an alle Völker von den griechischen Inseln bis zu den germanischen Barbaren gerichtet ist, dürfen wir uns auch angeredet fühlen: Jeder, der Gottes Stimme hört, darf sich als Gottes Knecht fühlen.

Aber ist das überhaupt erstrebenswert? Wer will ein Sklave sein? Wer will den Dreck von andern wegmachen? Wer will sich herumkommandieren lassen? Wer hat schon gern einen Vorgesetzten oder Lehrer, der vielleicht auch mal streng oder sogar ungerecht ist?

Gott ist ein Herr, der sich durch seinen Knecht verherrlichen will. Was soll das denn wieder bedeuten? Gemeint ist: Gott ist ein Herr, der es gut mit seinem Knecht meint. So gut, dass der Knecht sich beschenkt fühlt. Ich tue, was Gott will, und ich merke: ich bin ja frei, ich habe ein erfülltes Leben, ich freue mich darüber, Gott dienen zu dürfen. Warum? Weil Gott nichts von mir verlangt, das mich demütigt. Er will nichts von mir, außer dass ich seine guten Gebote halte. Ich soll die anderen so behandeln, wie ich auch gerne behandelt werden möchte. Und wenn wir uns als Knechte oder Sklaven Gottes so fühlen wie die freiesten Menschen, dann ist das doch herrlich – und das merken dann auch andere Leute, die mit uns zu tun haben. So wird durch uns Gott ver-herrlicht.

4 Ich aber dachte, ich arbeitete vergeblich und verzehrte meine Kraft umsonst und unnütz, wiewohl mein Recht bei dem HERRN und mein Lohn bei meinem Gott ist.

Diesen Vers nehme ich gerne ganz persönlich zu Herzen, weil ich hin und wieder auch einmal dachte oder denke: Ist meine Arbeit vielleicht vergeblich, wenn es mir nicht gelingt, viele neue Mitarbeiter für die Gemeindearbeit zu gewinnen, wenn Konfirmanden sich über langweilige Gottesdienste beklagen, wenn zur Passionsandacht außer mir nur zwei Teilnehmerinnen kommen? Der zweite Jesaja weiß ganz gewiss: er muss sich nicht selbst etwas beweisen, er muss den Erfolg seiner Arbeit nicht selber garantieren, er muss nicht einmal immer Recht haben. Sein Recht ist bei Gott, und so ist es auch mit uns. So lange wir auf Gott vertrauen und nach bestem Wissen und Gewissen auf ihn hören und nach seinen Geboten handeln, so lange ist auch unser Recht bei dem Herrn, der uns freimacht von aller Selbstrechtfertigung und Rechthaberei. Und selbst wenn wir den Lohn unserer Arbeit nicht immer wahrnehmen, auch der Lohn ist bei Gott, das heißt: uns ist längst von Gott geschenkt, was wir brauchen. Wir schaffen bei Gott weder im Akkord noch im Stundenlohn, sondern als Kinder Gottes, die sich seine Liebe nicht verdienen müssen, sondern selbstverständlich geschenkt bekommen.

5 Und nun spricht der HERR, der mich von Mutterleib an zu seinem Knecht bereitet hat, dass ich Jakob zu ihm zurückbringen soll und Israel zu ihm gesammelt werde, – darum bin ich vor dem HERRN wert geachtet, und mein Gott ist meine Stärke -,

Hier unterbreche ich einen Satz des Propheten mittendrin, denn was wir jetzt gehört haben, ist erst die Einleitung für den eigentlichen Hauptsatz, den der zweite Jesaja uns sagen will. Bevor er das Wichtigste sagen will, wiederholt er noch einmal fast alles, was er vorher gesagt hat.

Hier geht es nämlich jetzt um den konkreten Auftrag des Propheten. Welchen Plan hatte Gott mit ihm schon im Mutterleib? Welche Berufung hat er hinter seinen Namen im Buch des Lebens geschrieben? Welchen Dienst sollte dieser Knecht tun?

Zunächst einmal sollte er Jakob zu ihm zurückbringen und Israel zu ihm sammeln. Jakob, Israel, beides sind Namen für das Volk Israel, weil schon der Stammvater Israels beide Namen trug. Wir erinnern uns: Israel war ja in Babel in der Verbannung. Der Prophet sagte diesem Volk: Gott wird euch zurückbringen, nicht nur in euer früheres Land, sondern auch zu Gott zurück. Gott wird euch sammeln, dass ihr zusammenfindet, zusammengehört, und zwar nicht nur zueinander wie ein x-beliebiges Volk, sondern auch zu Gott. Der Prophet soll euch sammeln – zu Gott. So wie wir uns im Gottesdienst nicht nur als Gemeinde versammeln, sondern uns auch auf Gott konzentrieren, unseren Geist sammeln, ihm zuhören.

Zwei weitere Dinge betont der Prophet: Dass Gott ihn wegen dieser Aufgabe wertschätzt. Er erfüllt eine wichtige Aufgabe. Und dass Gott seine Stärke ist. Ohne Gott wäre er schwach. Mit Gott schafft er Unmögliches. Sogar dass ein uneiniges Volk sich um Gott sammelt, dass es zurückkehrt in sein Land, dass es viele Jahrhunderte hindurch bestehen bleibt bis in unsere Zeit hinein, obwohl es zwischendrin das Land erneut verlor in der Zeit der Römer.

Aber dann geht der angefangene Satz des Propheten noch weiter, indem er uns zuruft, was Gott selber ihm, dem Propheten sagt:

6 er spricht: Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, die Stämme Jakobs aufzurichten und die Zerstreuten Israels wiederzubringen, sondern ich habe dich auch zum Licht der Heiden gemacht, dass du seist mein Heil bis an die Enden der Erde.

Hier wird nun endgültig klar, dass der Prophet wirklich auch uns anspricht. Er soll wirklich nicht nur Israel wieder nach Hause und zu Gott zurückbringen. Er soll auch uns die Möglichkeit schaffen, zu Gott zu finden. Der zweite Jesaja soll ein Licht für uns sein, die wir aus seiner Perspektive am Ende der Erde wohnen. Durch ihn soll uns ein Licht aufgehen, nämlich das Licht, dass der Gott Israels auch unser Gott ist. Der Prophet soll unser Heil sein, denn wir sollen durch ihn lernen, dass wir einen Gott haben, der es gut mit uns meint, indem er uns Liebe schenkt, Gebote gibt, von Sünde und Todesangst frei macht.

Manche Christen haben später gesagt: Vielleicht hat Gott mit diesem Satz gar nicht den zweiten Propheten Jesaja selber gemeint. Vielleicht war das ja eine Vorausschau auf Jesus. Und ich denke, dass auch das wahr ist. Was der zweite Jesaja von weitem gesehen hat, das ist ja erst seit der Zeit Jesu wirklich wahr geworden, als das Evangelium tatsächlich in die Völkerwelt hinaus verkündigt wurde. Jesus ist das Licht der Heiden, also der Völker, die keine Juden sind, zu denen auch wir gehören, weil er uns Zugang verschafft zum Gott der Juden, ohne dass wir alle Gesetze der Juden befolgen müssen. Er hat uns im Grunde nur ein Gebot der Juden als absolut verpflichtend weitergegeben: Das Gebot der Liebe zu dem Menschen, der uns braucht. Oder anders gesagt, mit Worten des Paulus: „Einer trage des anderen Last. So werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ Amen.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.
Lied 182: Suchet zuerst Gottes Reich in dieser Welt
Fürbitten
Gebetsstille und Vater unser
Lied 395: Vertraut den neuen Wegen
Abkündigungen

Geht mit Gottes Segen:

Der Herr segne euch und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

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