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Liebe ist nicht nur Lust, sondern trägt des andern Last

Wenn ich nach dem Trauspruch aus dem Galaterbrief des Paulus die Last des andern mittragen will, muss ich mich einfühlen können – mit aktiver Liebe. Nicht nur spüren, was ich selber fühle, was mir selber wichtig ist, sondern sich auch vorstellen zu können: Was könnte ihr wohl wichtig sein? Was sind die Sachen, an denen sein Herz hängt?

Man sieht ein Liebespaar von hinten, das auf einer Bank am Ufer eines Flusses unter Bäumen sitzt und auf den Fluss schaut.
Einfühlsamkeit erspürt des anderen Last (Bild: Joshua Choate auf Pixabay)
Orgelvorspiel

Liebe Festgemeinde!

Nachdem ich gemeinsam mit dem Bräutigam und dem Trauzeugen hier vorn die Braut erwartet habe, wie sie von ihrem Vater zum Altar geführt worden ist, begrüße ich Sie beide als Hauptpersonen des Tages in der Pauluskirche: … und … . Herzlich willkommen auch an alle Hochzeitsgäste, die den Start in die Ehe mit Ihnen beiden feiern wollen!

Wir sind hier versammelt im Namen Gottes:

  • Im Namen des Gottes, der uns nahe ist wie eine Mutter und wie ein Vater, auf die man sich verlassen kann.
  • Im Namen des Gottes, der uns in Jesus die Liebe vorgelebt hat.
  • Im Namen des Gottes, der sich uns nicht aufdrängt in sichtbarer Macht und Gewalt, sondern wie Geist und Wind bei uns weht, wo er will.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Wir beten: Gott, du bist die Liebe! Und uns traust du zu, als Menschen liebevoll miteinander umzugehen. Zu deinem Bilde hast Du uns erschaffen, als Mann und Frau, zum Bild deiner Liebe. Von Anfang an hast du gewollt, dass wir zusammenhalten und Vertrauen nicht enttäuschen.

Und doch gibt es immer wieder Anlässe, die uns an der Liebe zweifeln lassen: wenn Untreue uns verletzt, wenn der mir nächste Mensch mir fremd wird, wenn ich mich selber nicht mehr kenne.
Schenke uns die Zuversicht, dass es in der Welt nichts Mächtigeres gibt als Liebe, obwohl sie so verletzlich und unscheinbar ist.

Wenn wir einander unsere Hände reichen und miteinander durchs Leben gehen, lassen wir uns von dir, Gott, unsichtbar von deiner Hand führen – damit wir nicht in die Irre gehen, damit wir in Sorgen und Traurigkeiten nicht verzweifeln, damit wir – komme, was da wolle – uns treu bleiben. Amen.

Lied 334, 1-4: Danke für diese Hochzeitsfeier

Liebe …, lieber …!

Ich habe für Sie beide zu Ihrer Hochzeit als Trau­spruch einen kurzen Satz aus dem Galaterbrief (Kapitel 6, Vers 2) des Paulus ausgesucht:

Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.

Typisch, denken Sie vielleicht, kaum redet der Pfarrer von der Ehe, schon redet er von der Last und nicht von der Lust. Hat die Ehe nicht zuerst einmal mit Spaß und Lust zu tun? Muss man sich bei der Hochzeitsfeier schon Gedanken über die Alltagslasten machen, die ganz von selber kommen? Kann also in der Ehe nicht einfach das Lust­prinzip gelten? Wir haben uns doch verliebt, und Liebe trägt die Ehe, mehr brauchen wir nicht.

Stimmt leider nicht ganz, wir müssen über beides nachdenken: Lust und Last. Sonst klappt‘s nicht mit der Liebe. So lange bei beiden Partnern die Lust aneinander noch frisch und lebendig ist, ist das nicht nötig. Aber eine Beziehungskiste wie die Ehe, die ein Leben lang halten soll, muss sehr stabil gezimmert werden, damit sie auch Erschütterungen übersteht. Und ein Leben ohne Erschütterungen, ohne Arbeitsstreß und Alltagsärger, ohne Enttäuschungen und Schicksalsschläge, gibt es nun mal nicht, davon wissen Sie selbst ein Lied zu singen. Von solchen Lasten spricht Paulus, wenn er sagt:

Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.

Trage ich die Last und den Frust des Alltags mit meiner Frau, mit meinem Mann mit, dann erhöhen sich die Chancen, uns nicht auseinanderzuleben, sondern uns mit den Jahren immer besser kennenzulernen. Ob es der Austausch über die Arbeit ist oder die gemeinsame Kindererziehung, ob gemeinsame Hobbies gepflegt werden oder ob man sich die Freiheit lässt, auch eigene Wege zu gehen, immer geht es darum, dass man sich nie aus den Augen verliert, dass man Lasten nie ganz allein tragen muss, dass man nie aufhört, miteinander zu sprechen. Und selbst wenn man streitet, dass die Fetzen fliegen – man trägt die Last des andern, wenn man am Ende sich doch wieder versöhnt.

Aber dieser Satz:

Einer trage des andern Last,

der geht ja noch weiter:

so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.

Was soll das denn heißen, was ist das Gesetz Christi?

Christus sagt: Alle guten Gesetze der Menschen und alle Gesetze Gottes laufen auf eins hinaus, auf Liebe.

Diese Liebe ist Gesetz. Nicht weil Jesus gesagt hat: Ihr müsst lieben! Sondern es war einfach so, dass er selber geliebt hat. Er wusste, er spürte: Der Vater im Himmel ist immer für uns da. Darum konnte er für andere da sein. Das merkte man ihm an. Die, die mit ihm zu tun hatten, wurden davon angesteckt. Und das ging immer so weiter, bis heute. Die Liebe von Jesus ist ansteckend – sie kommt von Gott.

Liebe ist also nicht nur pure Lust. Liebe ist auch dann etwas sehr Schönes, wenn ich deine Last trage und du meine.

Liebe ist nicht nur etwas für schönes Wetter, sondern auch für die stürmischen Zeiten des Lebens.

Liebe ist nicht nur ein Gefühl, das heute kommt und morgen vergehen kann. Liebe ist vor allem Verantwortung.

Sie werden ja heute gefragt: Wollen Sie? Sagen Sie Ja zu ihr, zu ihm? Das heißt: Übernehmen Sie Verantwortung dafür, dass Ihre Ehe gelingt? Übernehmen Sie Verantwortung für den anderen, ganz gleich, ob er gesund oder krank bleibt, Arbeit behält oder nicht? Übernehmen Sie Verantwortung für Ihre eigenen Gefühle, wenn sich leidenschaftliche Gefühle abkühlen, wenn andere Menschen die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, wenn Sie sich unverstanden fühlen, wenn Konflikte unüberwindlich scheinen? Es gibt fast immer einen Ausweg, der die Liebe rettet, wenn ich bereit bin, meinen Teil der Verantwortung zu tragen. Das meint der Satz: „Einer trage des andern Last.“

Dazu muss ich natürlich wissen, was die Last des andern ist. Und um das zu wissen, muss ich mich einfühlen können. Einfühlen – aktive Liebe. Nicht nur spüren, was ich selber fühle, was mir selber eigentlich wichtig ist, tief innen drin, sondern sich auch vorstellen zu können: Was könnte ihr wohl wichtig sein? Was sind die Sachen, an denen sein Herz hängt?

Einfühlen setzt Vertrauen voraus. Vertrauen wiederum ist nicht nur einfach da, sondern es muss immer wieder neu wachsen können. Meine Frau, mein Mann – das muss einfach die oder der Einzige sein, neben dem es keine Andere, keinen Anderen geben darf. Nicht mal im Gedankenspiel, wenn wir mal in der Krise stecken.

Und wenn mal eine Krise da ist? Dann ist es um so wichtiger, miteinander zu reden, um aus der Krise wieder rauszukommen.

Manchmal braucht man Freunde, die einem helfen, oder ganz andere Menschen, die man um Rat fragen kann. Auch Eltern, Geschwister und andere Verwandte sind wichtig für unser Leben. Wer heute mitfeiert, hilft vielleicht schon morgen ein Stück Ihrer Last tragen:

Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.

Das gilt also nicht nur für Sie beide, sondern für alle Menschen, die mit Ihnen verbunden sind und denen Sie begegnen werden. Und es gilt immer auf Gegenseitigkeit.

Denn wo zwei sich in der Ehe gut verstehen, sich gegenseitig unterstützen, da strahlt etwas von ihrer Liebe auf die Umgebung aus. Auf die Kinder, die bei Ihnen leben, für die Sie beide Verantwortung tragen. Auf Nachbarn, Kollegen, Freunde, Verwandte, die genauso auf sie angewiesen sind wie umgekehrt.

So wünsche ich Ihnen eine Ehe, die Sie mit Lust und Liebe führen, mit Offenheit und Ehrlichkeit! Halten Sie stets zusammen und meistern Sie alles gemeinsam! Amen.

Lied 619, 1-4: Er hält die ganze Welt in seiner Hand

Nun bitte ich Sie beide, aufzustehen. Der Treuzeuge kommt auch dazu und hält vorübergehend den Braut­strauß. Die Trauzeugin nimmt den kleinen … an die Hand und stellt sich auf die andere Seite.

Liebe …, lieber …, weil Gott Sie lieb hat, können Sie Ihre Ehe wagen und sich gegenseitig mit Ihrer Liebe und Treue tragen, so lange Sie leben. Vor diesem Gott und vor den Menschen, die heute als seine Gemeinde hier im Gottesdienst zusammengekommen sind, frage ich Sie nun:

…, wollen Sie diese … als Ihre Ehefrau, die Gott Ihnen anvertraut hat, für alle Zeit achten und lieben, in guten und in schweren Tagen sie nicht verlassen und im Vertrauen auf die Liebe Gottes mit ihr die Ehe führen, bis der Tod Sie scheidet, so antworten Sie: »Ja!«

…, wollen Sie diesen … als Ihren Ehemann, den Gott Ihnen anvertraut hat, für alle Zeit achten und lieben, in guten und in schweren Tagen ihn nicht verlassen und im Vertrauen auf die Liebe Gottes mit ihm die Ehe führen, bis der Tod Sie scheidet, so antworten Sie: »Ja!«

… übergibt Ihnen Ihre Ringe, und Sie stecken einander den Ring an den Finger.

Der Ring hat kein Ende, so soll auch Ihre Liebe ohne Ende sein. Tragen Sie Ihren Ring als Zeichen Ihrer Treue!

Geben Sie einander die rechte Hand.

Was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden.

Gott begleite Sie auf Ihrem Lebensweg, schenke Ihnen, was Sie brauchen, in Freude und Leid und erfülle Ihr gemeinsames Leben mit seinem Segen. Amen.

Nun können Sie, wenn Sie Lust haben, einander küssen!

Als kleines Geschenk Ihrer Kirchengemeinde überreiche ich Ihnen Ihre Traubibel! Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Trauung!

Und nun lasst uns beten!

Gott, der Du die Liebe bist, wir bitten dich heute für den gemeinsamen Lebensweg von … und … . Geh du mit ihnen auf ihrem Weg. Lass sie finden, was sie sich voneinander wünschen. Hilf ihnen, einander zu stützen und immer zusammenzuhalten. Hilf ihnen, Problemen nicht auszuweichen, sondern sie zu bewältigen, und sich dazu auch Hilfe zu suchen.

Wir danken dir, Gott, für die Menschen, die den Lebensweg der beiden bisher mitgegangen sind; für all die Menschen, zu denen sie Vertrauen haben können. Solche Menschen brauchen sie auch weiterhin, in deren Gemeinschaft sie täglich erfahren können, was das heißt: dass wir nur aus diesem einen Grund auf der Welt sind, weil Du uns zur Liebe berufen hast. Und lass dieses Ehepaar auch wissen und spüren, dass sie in der Gemeinschaft der Christen Rückhalt finden können.

Du bist da, Gott, in jedem guten Wort, das Liebe und Ehrlichkeit ausspricht, das tröstet und aufrichtet. Du bist die Hand auf der Schulter, die Mut macht oder liebevoll zurechtweist, wenn wir dunkle Wege gehen. Du bist die Wärme des Herzens, die wir spüren, wenn wir uns im Arm halten oder wenn unser Mund mit Liebe küsst. Du verlässt uns nicht; hilf uns, unser Leben auf Liebe, Hoffnung und Glauben aufzubauen. Amen.

Alles, was uns heute bewegt, schließen wir im Gebet Jesu zusammen:

Vater unser

Und nun lasst uns gehen mit Gottes Segen und dankbar empfangen, was uns dieser Tag bescheren mag:

Der Herr segne euch und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. Amen.

Orgelnachspiel und Auszug aus der Kirche

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