Weise regiert ein hörendes Herz

Sich einen vollkommenen Herrscher vorzustellen, wie es die Bibel mit Salomo tut, mag ein Traum sein. Es ist ein Traum, sich eine Welt vorzustellen, in der Politikerinnen und Politiker weise regieren, ohne Gewalt und Unterdrückung, und einfühlsam auf die Menschen hören. So ein „Königreich der Himmel“ wäre der kostbarste Schatz, den wir im Acker, der unsere Erde ist, finden könnten.

Salomos Traum, wie ihn sich der Maler Johann Eustach Kendlbacher im Jahr 1715 vorstellt (Bild: Wolfgang Sauber, Herrenchiemsee Kloster – Gartensaal 2b Fresko Salomo Traum, CC BY-SA 4.0)
Zur PredigtAbendmahlsgottesdienst am 9. Sonntag nach Trinitatis, 6. August 2023, um 10.00 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen
Orgelvorspiel

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Ich begrüße Sie und euch alle herzlich zum Abendmahlsgottesdienst in der Pauluskirche, den Pfarrer Helmut Schütz heute mit uns feiern wird. Die Texte des Gottesdienstes bewegen sich heute zwischen König Salomo und Jesus hin und her und drehen sich um die Frage: Wo ist eigentlich das Himmelreich zu finden, das Königreich der Himmel, das von Gott im Himmel her regiert wird? Eine erste Antwort darauf gibt der Psalm 103 in Vers 19. Er nennt Gott mit seinem befreienden NAMEN, der in unserer Lutherbibel mit dem Wort HERR in Großbuchstaben umschrieben wird, und sagt:

Der HERR hat seinen Thron im Himmel errichtet, und sein Königreich herrscht über alles.

Diesem Herrn, der kein Unterdrücker, sondern ein Befreier ist, singen wir das Dank­lied 333, Strophe 1 bis 5:

1. Danket dem Herrn! Wir danken dem Herrn, denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich, sie währet ewiglich, sie währet ewiglich!

2. Lobet den Herrn! Ja, lobe den Herrn auch meine Seele; vergiss es nie, was er dir Guts getan, was er dir Guts getan, was er dir Guts getan!

3. Sein ist die Macht! Allmächtig ist Gott; sein Tun ist weise, und seine Huld ist jeden Morgen neu, ist jeden Morgen neu, ist jeden Morgen neu!

4. Groß ist der Herr; ja groß ist der Herr; sein Nam ist heilig, und alle Welt ist seiner Ehre voll, ist seiner Ehre voll, ist seiner Ehre voll!

5. Betet ihn an! Anbetung dem Herrn; mit hoher Ehrfurcht werd auch von uns sein Name stets genannt, sein Name stets genannt, sein Name stets genannt!

Wir beginnen jeden Gottesdienst im Namen Gottes. Unaussprechlich unverfügbar steht der NAME für den Gott, der sein Volk Israel aus Unrecht und Unterdrückung befreit. Das Gleiche bedeutet der Name „Jesus“: „Er befreit“. Alle Macht und Ehre Gottes, auf den wir im Namen Jesu vertrauen, zielt darauf, dass Menschen im Geist seiner Liebe leben, in Freiheit, Recht und Frieden. In diesem Sinne feiern wir auch diesen Gottesdienst:

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. „Amen.“

Wir beten Worte aus dem Psalm 72, der auf König Salomo zurückgeführt wird:

1 Von Salomo. Gott, gib dein Recht dem König und deine Gerechtigkeit dem Königssohn,

2 dass er dein Volk richte in Gerechtigkeit und deine Elenden nach dem Recht.

3 Lass die Berge Frieden bringen für das Volk und die Hügel Gerechtigkeit.

4 Er soll den Elenden im Volk Recht schaffen und den Armen helfen und die Bedränger zermalmen.

14 Er wird sie aus Bedrückung und Frevel erlösen, und ihr Blut ist wert geachtet vor ihm.

18 Gelobt sei Gott der HERR, der Gott Israels, der allein Wunder tut!

19 Gelobt sei sein herrlicher Name ewiglich, und alle Lande sollen seiner Ehre voll werden! Amen! Amen!

Kommt, lasst uns anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Gott, der du Freiheit und Recht schaffst! Wir haben von deiner Macht und Ehre gesungen und gebetet in Lied und Psalm. Doch wir bekennen, dass wir oft verzagt sind und kaum glauben können, dass deine Macht der Liebe sich durchsetzen kann gegen Hass und Gewalt, gegen laute Parolen und mutloses Verstummen. Krisen und Krieg scheinen die Menschen in politischer Verantwortung zu überfordern. Wo ist noch jemand, dem eine Mehrheit Weitsicht und Weisheit zutraut? Wir rufen zu dir:

Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

Von Gott her dürfen wir Mut gewinnen in unserer Verzagtheit. Denn wir haben ja gehört: „Der HERR hat seinen Thron im Himmel errichtet, und sein Königreich herrscht über alles.“ Und wo dieses Königreich liegt, über das er herrscht, hören wir in Psalm 115, Vers 16:

Der Himmel ist der Himmel des HERRN; aber die Erde hat er den Menschenkindern gegeben.

Lasst uns Gott lobsingen!„Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist groß Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende“.

Gott, unverfügbar bist du, wir haben dich nicht in unserer Hand. Und doch gibst du dich zu erkennen durch Worte der Bibel, durch deine Geistkraft, durch jede Ermutigung und Zumutung deiner Wegweisung. Nun haben wir gehört, dass das Königreich, das du vom Himmel her regierst, nicht oben im Himmel ist, sondern hier unten bei uns. Unsere Erde selbst, wir dürfen sie verwandeln, verändern, inspiriert vom Himmel her. Um solche Weisheit bitten wir im Namen deines Sohnes Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Wir hören die Schriftlesung aus dem Evangelium nach Matthäus 13, 44:

44 Das Himmelreich gleicht einem Schatz, verborgen im Acker, den ein Mensch fand und verbarg; und in seiner Freude ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte den Acker.

Herr, dein Wort ist unseres Fußes Leuchte und ein Licht auf unserem Wege. Halleluja. „Halleluja, Halleluja, Halleluja!“

Glaubensbekenntnis
Lied 640: Lass uns den Weg der Gerechtigkeit gehn

Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Liebe Gemeinde, was haben Sie sich vorgestellt, was habt ihr gedacht, als wir gesungen haben: „Dein Reich komme“? Wird es ein Leben ohne Angst und Tod, ohne Sorgen und Schmerzen im Himmel sein, nach unserem Tod? Oder dürfen wir hoffen, dass unsere Erde sich wandelt, so dass irgendwann einmal Frieden auf Erden herrschen wird, ohne Unrecht und Not? Welche dieser Vorstellungen ist unvorstellbarer?

Es gibt Menschen, denen bietet die Vorstellung vom Himmel, in den wir kommen, großen Trost. Wie viele sehnen sich danach, geliebte Menschen, die sie verloren haben, wiederzusehen! Andere Menschen, vor allem naturwissenschaftliche gebildete, fragen sich eher, wo denn ein solcher Himmel zu finden sein soll; in dem von uns erforschbaren Weltall jedenfalls nicht. Die Bibel gibt zu dieser Frage eher zurückhaltende Antworten: Sie malt den Himmel nicht so aus, wie es später die christliche Kirche getan hat, mit Petrus an der Himmelstür, mit Engeln, die Halleluja singen. Für die Bibel genügt es zu wissen: Wer stirbt, geht nicht verloren. Wir bleiben in Gottes Liebe aufbewahrt. Im Tode geht unser Leben in Gottes Hände zurück, aus denen wir es empfangen haben. Wie das geschieht, das wissen wir nicht und müssen es auch nicht wissen.

Wenn die Bibel vom Königreich der Himmel oder vom Reich Gottes redet, dann erzählt sie tatsächlich vom Leben der Menschen unter dem Himmel Gottes. Und es ist der Bibel ungeheuer wichtig, auf welche Weise das Zusammenleben der Menschen in Stadt und Land regiert wird: Vom Himmel her, von Gottes Willen her, soll eine solche Regierung bestimmt sein.

Unser Land ist zwar schon lange kein Königreich mehr, aber regiert werden wir doch, von Bürgermeistern und Landrätinnen, von Präsidenten und Bundeskanzlern und Ministerinnen. Und im Gegensatz zu den Königen in früherer Zeit dürfen wir die Männer und Frauen, die uns regieren, heute in demokratischen Wahlen selber wählen. In gewisser Weise sind wir alle ein ganz kleines bisschen Könige und Königinnen, indem wir mitbestimmt haben, wer uns regieren soll. Und da wir heute auch den Mund aufmachen dürfen, wenn uns etwas nicht passt, können wir sogar protestieren, wenn regierende Menschen Fehler machen.

Was könnte, so gesehen, der Satz Jesu bedeuten: „Das Königreich der Himmel ist wie ein Schatz, verborgen im Acker, den ein Mensch fand und verbarg“? Würde man für einen solchen Schatz alles hergeben, was man besitzt? Mit auf dem Weg zu sein, eine bessere Welt zu schaffen, mitbestimmen zu können, soll das wirklich möglich sein, und ist das wirklich so erstrebenswert, dass es nichts Wichtigeres in unserem Leben gibt? Und ist es nicht sogar naiv, sozusagen den Himmel auf Erden schaffen zu wollen? Haben das nicht schon viele Revolutionäre vergeblich versucht? Haben manche von ihnen nicht sogar, wie der Philosoph Odo Marquard gesagt hat, aus der Erde eine Hölle gemacht, statt das Reich der Himmel zu verwirklichen?

Kommen wir an dieser Stelle zum Predigttext des heutigen Sonntags. Ich denke, er kann uns helfen, besser zu verstehen, was die Bibel mit dem Königreich der Himmel meint.

Peter Kubik wird den Text im 1. Buch der Könige lesen, Kapitel 3, Vers für Vers von 5 bis 15, ich lege ihn aus. Vorweg sage ich noch einmal: Wenn hier vom HERRN die Rede ist, dann ist der NAME des Gottes gemeint, der sich als der Befreier Israels zu erkennen gegeben hat und dessen Liebe in Jesus Fleisch und Blut angenommen hat:

5 Und der HERR erschien Salomo zu Gibeon im Traum des Nachts, und Gott sprach: Bitte, was ich dir geben soll!

Salomo ist für viele Menschen noch heute ein Begriff. Er ist nach dem Tod seines Vaters David König geworden. Und ganz zu Anfang seiner Regierungszeit hat Salomo einen Traum, in dem Gott den frisch gebackenen König fragt, was er sich von Gott wünscht.

6 Salomo sprach: Du hast an meinem Vater David, deinem Knecht, große Barmherzigkeit getan, wie er denn vor dir gewandelt ist in Wahrheit und Gerechtigkeit und mit aufrichtigem Herzen vor dir.

Wo die Bibel davon spricht, dass jemand vor Gott „wandelt“, da geht er auf Gottes Wegen. Juden nennen das noch heute die Halakha, den „Gang“ nach der Tora. David gilt als ein König, der den geraden Weg Gottes gegangen ist, obwohl auch er Schuld auf sich geladen hat. Für die hat er sich allerdings vor Gott verantwortet, und ihm ist vergeben worden. Weiter sagt Salomo:

7 Nun, HERR, mein Gott, du hast deinen Knecht zum König gemacht an meines Vaters David statt. Ich aber bin noch jung, weiß weder aus noch ein.

So wie Salomo hier gegenüber Gott redet, dürfte heute kein Politiker seinen Wählern gegenübertreten. „Ich bin noch jung, weiß weder aus noch ein“, dann hätte er keine Chance. In der Regel muss jeder, der regieren will, seine Stärken betonen. Salomos Stärke scheint zunächst zu sein, auch seine Schwächen realistisch einschätzen zu können. Er ist jung, ihm fehlt Erfahrung. Und dann spricht Salomo vor Gott seinen größten Wunsch aus:

9 So wollest du deinem Knecht ein gehorsames Herz geben, dass er dein Volk richten könne und verstehen, was gut und böse ist.

Was Luther hier mit „gehorsam“ übersetzt, will ich noch einmal etwas anders, wörtlicher sagen: Salomo bittet Gott um ein „hörendes Herz“. Gehorsam klingt nach Befehlen, die ausgeführt werden müssen. Ein „hörendes Herz“ nimmt mit dem Herzen wahr, es hört hin auf die guten Gebote Gottes, die Freiheit gewähren und bewahren, und darin eingeschlossen ist einfühlsames Zuhören. Nur wer hören kann auf die Sorgen und Nöte der Menschen, wer erspüren kann, was sie brauchen und erträumen, kann Entscheidungen zum Wohl der Menschen treffen.

10 Das gefiel dem Herrn, dass Salomo darum bat.

Diesen Satz hören wir noch einmal nach der Verdeutschung von Martin Buber:

10 Gut erschien die Sache in den Augen des Herrn, dass Salomo diese Sache gewünscht hatte.

Das klingt im Deutschen etwas umständlich, mit der „Sache“, die zwei Mal genannt wird. Im Hebräischen steht hier das Wort davar, das meist mit „Wort“ übersetzt wird, aber dieses Wort ist ein wirksames Wort, das nicht ohne Folgen bleibt. Es kann daher auch „Sache“ und „Tat“ und „Tatsache“ bedeuten. Dieses Wort, das Salomo ausspricht, ist nicht einfach leeres Gerede, er wird es in die Tat umsetzen, es kennzeichnet seine ganze Lebenshaltung, seinen Lebensgang.

Nicht alle Wünsche werden erfüllt. Aber hier kündigt Gott dem Salomo im Traum eine Wunscherfüllung an, die seinen eigenen Wunsch noch um ein Vielfaches übertrifft:

11 Und Gott sprach zu ihm: Weil du darum bittest und bittest weder um langes Leben noch um Reichtum noch um deiner Feinde Tod, sondern um Verstand, auf das Recht zu hören,

12 siehe, so tue ich nach deinen Worten. Siehe, ich ge­be dir ein weises und verständiges Herz, sodass deinesgleichen vor dir nicht gewesen ist und nach dir nicht aufkommen wird.

13 Und dazu gebe ich dir, worum du nicht gebeten hast, nämlich Reichtum und Ehre, sodass deinesgleichen keiner unter den Königen ist zu deinen Zeiten.

So wird Salomo zum Inbegriff eines weisen Herrschers, der außerdem großen Ruhm und Reichtum gewinnt. Aber worin genau besteht die Weisheit Salomos? Welchen Wunsch hat Gott aus den Worten seines Gebetes herausgehört? Salomo hat Gott gebeten um

… Verstand, auf das Recht zu hören.

Das ist wieder nicht ganz wörtlich aus dem Hebräischen übersetzt. Noch einmal habe ich nachgeschaut, wie Martin Buber diese Stelle ins Deutsche überträgt. Gott sagt zu Salomo:

Du wünschtest dir
Unterscheiden,
Recht herauszuhören.

Wieder erscheint hier das Wort „hören“, das vorhin in der Formulierung „hörendes Herz“ vorgekommen war. Wer mit „hörendem Herzen“ hört, der erhält aus Gottes Wort Maßstäbe, um Gut und Böse zu unterscheiden, und mit ihrer Hilfe hört er aus den Konflikten der Menschen heraus, was Recht und Unrecht ist, und mit welchen Maßnahmen man möglicherweise Probleme löst oder vielleicht sogar neue Probleme schafft.

14 Und wenn du in meinen Wegen wandeln wirst, dass du hältst meine Satzungen und Gebote, wie dein Vater David gewandelt ist, so will ich dir ein langes Leben geben.

Wie sein Vater David muss Salomo in den Wegen Gottes gehen, seine Sätze und Gebote wahren. Ein König steht nicht über dem Gesetz, er muss sich daran halten.

Hat Salomo das in seiner Regierungszeit dann wirklich getan? Die Bibel erzählt dazu zwei verschiedene Versionen. Zum einen wird er gerühmt als der König, der kluge Entscheidungen trifft und sein Reich vierzig Jahre lang weise regiert. Aber zum andern wird ihm vorgeworfen, dass er durch seine vielen Frauen aus fremden Ländern die Götter dieser Länder anbetet – und schließlich auch sein eigenes Volk so regiert wie alle anderen Könige. Eigentlich durfte ein König nach Gottes Willen nicht einfach Leute zu Sklaven machen und ausbeuten. Salomo aber machte Tausende von Menschen zu Sklaven, schon allein für den Bau des Tempels. Die Bibel verschweigt solche Widersprüche nicht und verschont daher auch den weisen König Salomo nicht vor harter Kritik.

Bezeichnend ist es deswegen vielleicht, dass unsere Erzählung, die den Beginn von Salomos Herrschaft beschreibt, mit folgenden Worten endet:

15 Und als Salomo erwachte, siehe, da war es ein Traum.

Sich einen vollkommenen Herrscher vorzustellen, wie es die Bibel mit Salomo tut, mag also tatsächlich ein Traum sein. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Es ist ein Traum, sich eine Welt vorzustellen, in der Politikerinnen und Politiker weise regieren. Eine Welt ohne Gewalt und Unterdrückung. Die Propheten Israels haben diesen Traum weiter geträumt und ausgesponnen bis dahin, dass keiner mehr lernt, Krieg zu führen und der Wolf beim Lamm wohnt und der Löwe Stroh frisst wie das Rind. So eine Welt, die von niemandem als dem befreienden Gott regiert wird, so ein „Königreich der Himmel“, wäre wirklich der kostbarste Schatz, den wir im Acker, der unsere Erde ist, finden könnten. Es ist dieses Königreich der Himmel, von dem Jesus nach dem Matthäusevangelium, Kapitel 13, sagt:

44 Das Himmelreich gleicht einem Schatz, verborgen im Acker, den ein Mensch fand und verbarg; und in seiner Freude ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte den Acker.

Dürfen wir dieses Gleichnis vielleicht so weiter ausspinnen? Es ist ein wertvoller Schatz, dass wir alle dazu berufen sind, unser Zusammenleben von Gottes Regeln her mitzubestimmen – mit einem hörenden Herzen, wie wir es von Salomo lernen können. Dieser Schatz scheint aber in einem Acker zu liegen, der uns nicht gehört. Selbst wenn wir ihn finden, fühlen wir uns vielleicht nicht berechtigt, mitzureden, unsere Meinung zu sagen. Andere scheinen mehr Ahnung zu haben oder sind einfach nur lauter. Wir vergraben unseren Schatz wieder. Ist uns der Schatz aber wirklich wichtig, wollen wir wirklich etwas bewegen in unserer Welt, in der wir leben, dann werden wir es uns etwas kosten lassen, unsere Stimme zu erheben. Wir werden uns informieren, wir werden wählen gehen. Mit einem hörenden Herzen werden wir herausfinden, was Menschen um uns herum brauchen, was wir mit unseren Gaben und Stärken tun können, wie wir Krisen und Konflikte bewältigen können.

Beispiele dafür nenne ich jetzt nicht. Vielleicht können wir beim Kirchencafé darüber ins Gespräch kommen.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.

Wir singen mit den Strophen 1 und 5 und 9 bis 12 aus Paul Gerhardts Lied 497, wie wir uns mit einem hörenden Herzen von Gott auf dem Weg zum Guten leiten lassen können:

1. Ich weiß, mein Gott, dass all mein Tun und Werk in deinem Willen ruhn, von dir kommt Glück und Segen; was du regierst, das geht und steht auf rechten, guten Wegen.

5. Gib mir Verstand aus deiner Höh, auf dass ich ja nicht ruh und steh auf meinem eignen Willen; sei du mein Freund und treuer Rat, was recht ist, zu erfüllen.

9. Tritt du zu mir und mache leicht, was mir sonst fast unmöglich deucht, und bring zum guten Ende, was du selbst angefangen hast durch Weisheit deiner Hände.

10. Ist ja der Anfang etwas schwer und muss ich auch ins tiefe Meer der bittern Sorgen treten, so treib mich nur, ohn Unterlass zu seufzen und zu beten.

11. Wer fleißig betet und dir traut, wird alles, davor sonst ihm graut, mit tapferm Mut bezwingen; sein Sorgenstein wird in der Eil in tausend Stücke springen.

12. Der Weg zum Guten ist gar wild, mit Dorn und Hecken ausgefüllt; doch wer ihn freudig gehet, kommt endlich, Herr, durch deinen Geist, wo Freud und Wonne stehet.

Nun lasst uns, bevor wir das Heilige Abendmahl feiern, zunächst in Ruhe Fürbitte halten:

Fürbitten

In der Feier des Abendmahls denken wir nun an das Essen am Abend vor Jesu Tod, an dem die Schülerinnen und Schüler Jesu mit ihm das Passafest feierten, jenes Passa, das ein Fest der Befreiung war aus ägyptischer Sklaverei. Wir erinnern uns, wie Jesus bei diesem Befreiungsfest allen, die dabei waren, klarmachte, dass sein Tod am Kreuz nicht das Ende eines Königreichs der Himmel bedeuten würde, wie Gott es sich für uns Menschen auf der Erde vorstellt. Vielmehr gibt er sein Leben für uns hin, aus Liebe, und ermutigt uns so, zusammenzustehen und füreinander da zu sein im Leib seiner Gemeinde.

Gott, hilf uns, in der Verantwortung vor dir zu leben, mit einem hörenden Herzen, aufmerksam für dich und für die Sorgen und Träume der Menschen. Befreie uns von lähmender Angst, verzagter Gleichgültigkeit, ja, auch von Politikverdrossenheit, als ob es nicht uns allen möglich wäre, kleine Schritte auf dem Weg zum Guten zu gehen.

In der Stille bringen wir vor dich, was unsere Seele belastet:

Beichtstille

Wollt Ihr Gottes Treue und Vergebung annehmen, so sagt laut oder leise oder auch still im Herzen: Ja!

Auf euer aufrichtiges Bekenntnis spreche ich euch die Vergebung eurer Sünden zu – im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Der Herr sei mit euch. „Und mit deinem Geiste.“

Erhebet eure Herzen! „Wir erheben sie zum Herren.“

Lasset uns Dank sagen dem Herrn, unserem Gott. „Das ist würdig und recht.“

Würdig und recht ist es, Gott ernst zu nehmen als den der groß ist in seiner Güte und Freundlichkeit zu uns Menschen. Würdig und recht ist es, uns selber anzunehmen als Menschen mit aufrechtem Gang, von Gott geliebt und verantwortlich für unser Leben. Zu dir rufen wir und preisen dich, Heiliger Gott:

Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth; alle Lande sind seiner Ehre voll. Hosianna in der Höhe. Gelobet sei, der da kommt im Namen des Herrn. Hosianna in der Höhe.

Vater unser und Austeilung des Abendmahls

In Jesus lebt Gottes Liebe, in Jesus wird Gott eins mit uns Menschen. Nehmt und gebt weiter, was euch gegeben ist – den lebendigen Leib der Liebe Gottes.

Herumreichen des Korbs

So sehr liebt uns Gott, dass er sein Leben für uns hingibt. Nehmt hin den Kelch der Vergebung, eines neuen Anfangs, damit wir kleine Schritte gehen, um mitzubauen am Königreich der Himmel.

Austeilen der Kelche

Der Apostel Paulus sagt (1. Korinther 12, 27 und 25): „Ihr seid der Leib Christi und jeder Einzelne ein Glied, auf dass im Leib keine Spaltung sei, sondern die Glieder einträchtig füreinander sorgen.“ Gehet hin im Frieden. Amen.

Lied 426, 1-3: Es wird sein in den letzten Tagen
Abkündigungen

Der Herr segne euch und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

Orgelnachspiel

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