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Jakob segnet seine Enkel über Kreuz

Josef lässt sich am Ende doch die Überkreuzsegnung seiner Söhne gefallen. Ephraim wird Manasse vorgezogen, aber sprichwörtlich soll in Israel gerade der reiche Segen für beide gemeinsam werden. Es wäre schön, wenn Menschen, die unterschiedlichen Segen empfangen haben, die zum Beispiel als Geschwister sehr verschieden begabt sind, sich ebenfalls gemeinsam von Gott gesegnet fühlen könnten, ohne neidisch aufeinander zu sein.

Überkreuzte Hände beim Klavierspiel
Überkreuzt wie dieser Klavierspieler hält Jakob seine Hände, als er seine Enkel segnet (Bild: Holger SchuéPixabay)

#predigtTaufgottesdienst am 8. Sonntag nach Trinitatis, den 10. August 2014, um 10.00 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Das Wort zur Woche steht im Brief an die Epheser 5, 8-9:

Lebt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.

Zwei Mädchen sollen in diesem Gottesdienst getauft werden; wir heißen sie mit ihrer Familie und ihren Paten besonders herzlich willkommen!

Unsere Taufkinder werden gesegnet; auch in der Predigt wird es um den Segen für zwei Kinder gehen, einen Segen, der „über Kreuz“ erteilt wird. Was es damit auf sich hat, werden wir sehen.

Wir singen zu Beginn aus dem Morgenlied 449 die Strophen 1, 3, 4 und 6:

1. Die güldne Sonne voll Freud und Wonne bringt unsern Grenzen mit ihrem Glänzen ein herzerquickendes, liebliches Licht. Mein Haupt und Glieder, die lagen darnieder; aber nun steh ich, bin munter und fröhlich, schaue den Himmel mit meinem Gesicht.

3. Lasset uns singen, dem Schöpfer bringen Güter und Gaben; was wir nur haben, alles sei Gotte zum Opfer gesetzt! Die besten Güter sind unsre Gemüter; dankbare Lieder sind Weihrauch und Widder, an welchen er sich am meisten ergötzt.

4. Abend und Morgen sind seine Sorgen; segnen und mehren, Unglück verwehren sind seine Werke und Taten allein. Wenn wir uns legen, so ist er zugegen; wenn wir aufstehen, so lässt er aufgehen über uns seiner Barmherzigkeit Schein.

6. Lass mich mit Freuden ohn alles Neiden sehen den Segen, den du wirst legen in meines Bruders und Nähesten Haus. Geiziges Brennen, unchristliches Rennen nach Gut mit Sünde, das tilge geschwinde von meinem Herzen und wirf es hinaus.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. „Amen.“

Unsere Taufeltern haben für ihre Töchter einen Taufspruch aus dem Psalm 91 ausgesucht. Worte aus diesem Psalm begleiten uns in diesen Gottesdienst hinein.

1 Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt,

2 der spricht zu dem Herrn: Meine Zuversicht und meine Burg, mein Gott, auf den ich hoffe.

Kommt, lasst uns anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

3 Gott errettet dich vom Strick des Jägers und von der verderblichen Pest.

4 Er wird dich mit seinen Fittichen decken, und Zuflucht wirst du haben unter seinen Flügeln. Seine Wahrheit ist Schirm und Schild,

5 dass du nicht erschrecken musst vor dem Grauen der Nacht, vor den Pfeilen, die des Tages fliegen,

6 vor der Pest, die im Finstern schleicht, vor der Seuche, die am Mittag Verderben bringt.

Wir rufen: Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

9 Der HERR ist deine Zuversicht, der Höchste ist deine Zuflucht.

11 Denn er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen,

12 dass sie dich auf den Händen tragen und du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest.

Lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist gross Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende.

Der Herr sei mit euch! „Und mit deinem Geist!“

Großer Gott, wir bitten dich, dass du uns und unsere Kinder behütest mitten in einer gefahrvollen Welt. Wir bitten dich um Glauben, wenn wir zweifeln – an dir und an uns selbst. Bewahre uns in deiner Liebe! Das erbitten wir von dir im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Wir hören das Taufevangelium nach Matthäus 28, 18-20:

18 Und Jesus trat herzu und sprach zu ihnen: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.

19 Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes

20 und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.

Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren. Halleluja. „Halleluja, Halleluja, Halleluja!“

Von Gottes Engelmächten singen wir aus dem Tauflied 203 die Strophen 4 bis 6:

4. Ich bitt, lass dir befohlen sein, ach lieber Herr, dies Kindelein, behüte es vor allem Leid und alle in der Christenheit.

5. Durch deine Engel es bewahr vor Unfall, Schaden und Gefahr; erbarm dich seiner gnädiglich, gib deinen Segen mildiglich.

6. Gib Gnad, dass es gerate wohl zu deinen Ehrn und Wohlgefalln, auf dass es hier gottseliglich, hernach auch lebe ewiglich.

Liebe Tauffamilie, liebe Gemeinde!

Zwei Mädchen taufen wir heute, zwei Schwestern. … Wir taufen diese Kinder, um zu zeigen, dass sie vom Anfang ihres Lebens an zu Gott gehören. Denn von Gott sind uns unsere Kinder anvertraut; wir als Eltern und in bescheidenerem Rahmen auch als Paten tragen Verantwortung dafür, dass sie in Geborgenheit und Freiheit aufwachsen und genug Liebe empfangen, um glücklich und dankbar leben zu können.

Für Ihre beiden Kinder haben Sie einen Taufspruch aus Psalm 91, 11 ausgesucht, den wir vorhin bereits gehört haben:

[Gott] hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen. (Psalm 91, 11)

Dieses Wort geht davon aus: Der unsichtbare große Gott macht nicht alles allein, wenn er sich um seine Menschenkinder kümmern will. Er hat seine Beauftragten, seine guten Mächte, seine Abgesandten, die dafür Sorge tragen, dass wir Menschen auf allen Wegen, die wir gehen, nicht allein sind.

So behütet Gott auch diese Kinder durch seine Engel auf allen ihren Wegen. Er behütet sie: das heißt nicht, er gängelt sie, er behandelt sie nicht als Marionetten, sie werden ihre eigenen Wege gehen. Behüten, da sehe ich vor mir den schützenden Hut oder Schirm vor Sonne oder Regen, da höre ich die Stimme des Engels, der tröstet und Mut macht oder ins Gewissen redet. So ein Engel mag sich anfühlen wie eine innere Stimme oder wie die Bewahrung, wenn ein Kind oft hinfällt, und es passiert doch nichts Schlimmes, oder vielleicht auch wie eine Patin oder ein Pate, der für ein heranwachsendes Kind eine Ansprechperson sein kann, wenn es mit den Eltern einmal zu sehr Stress hat. So unterschiedliche Engel kann es geben, unsichtbare und sichtbare, Engel in menschlicher Gestalt oder Schutzengel oder gute Eingebungen. Es ist gut, wenn wir auf sie achten und sie nicht überhören oder übersehen.

Gemeinsam sprechen wir nun das Bekenntnis unseres Glaubens an Gott, in dessen Namen wir nun diese beiden Mädchen taufen wollen:

Glaubensbekenntnis und Taufen

Wir singen aus dem Lied 393 die Strophen 6 bis 8:

6. Kommt, Kinder, lasst uns gehen, der Vater gehet mit; er selbst will bei uns stehen bei jedem sauren Tritt; er will uns machen Mut, mit süßen Sonnenblicken uns locken und erquicken; ach ja, wir haben’s gut, ach ja, wir haben’s gut.

7. Kommt, Kinder, lasst uns wandern, wir gehen Hand in Hand; eins freuet sich am andern in diesem wilden Land. Kommt, lasst uns kindlich sein, uns auf dem Weg nicht streiten; die Engel selbst begleiten als Brüder unsre Reihn, als Brüder unsre Reihn.

8. Sollt wo ein Schwacher fallen, so greif der Stärkre zu; man trag, man helfe allen, man pflanze Lieb und Ruh. Kommt, bindet fester an; ein jeder sei der Kleinste, doch auch wohl gern der Reinste auf unsrer Liebesbahn, auf unsrer Liebesbahn.

Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Liebe Gemeinde,

wenn sich Eltern für Ihre Kinder den Taufspruch aus Psalm 91, 11 für ihre Kinder aussuchen, wie Sie es getan haben, gehe ich auch gern in der Predigt auf die Engel ein, von denen in der Bibel die Rede ist. Im 1. Buch Mose – Genesis 48 ist zwar nur in einem Vers von einem Engel Gottes die Rede, aber die Geschichte passt gut zum heutigen Taufgottesdienst, weil dort auch zwei Geschwister gesegnet werden, so wie wir es heute getan haben.

Vom Vater der beiden Kinder, um die es in der biblischen Geschichte geht, werden die meisten schon einmal gehört haben, es ist Josef, der Lieblingssohn seines Vaters Jakob. Diesen Josef hatten seine Brüder aus Eifersucht als Sklaven nach Ägypten verkauft. Dort kam Josef bald ins Gefängnis, aber als er dem Pharao seine Träume deuten konnte, machte der ihn zu seinem Stellvertreter. Durch kluge Politik gelang es Josef, eine siebenjährige Hungersnot zu bewältigen. Am Ende holte er auch seinen Vater Jakob und seine Brüder mit ihren Familien nach Ägypten und bewahrte auch sie vor dem Hungertod.

Zu diesem Zeitpunkt in Ägypten spielt die Geschichte, die ich nacherzählen will. Es geht um Josef, den Lieblingssohn Jakobs, und um Josefs Kinder Manasse und Ephraim, die in Ägypten geboren waren. Jakob hat mit diesen beiden Enkeln etwas Besonderes vor.

1 Danach wurde Josef gesagt: Siehe, dein Vater ist krank. Und er nahm mit sich seine beiden Söhne Manasse und Ephraim.

2 Da wurde Jakob angesagt: Siehe, dein Sohn Josef kommt zu dir. Und Israel machte sich stark und setzte sich auf im Bett.

Von einem Krankenbesuch wird hier erzählt. Josef erfährt, sein Vater ist krank, und macht sich auf den Weg zu ihm, gemeinsam mit seinen Kindern. Ob die anderen Söhne Jakobs sich um den Vater kümmern, wird nicht erwähnt. Jakob wiederum erfährt von der Absicht Josefs, ihn zu besuchen, und kann sich darauf vorbereiten. Sehr deutlich wird betont, dass Jakob den Sohn trotz seiner Krankheit keine Anzeichen von Altersschwäche merken lassen will. Er macht sich stark, er nimmt alle Kräfte zusammen und setzt sich im Bett auf. In diesem Augenblick wird sein Name „Israel“ genannt, diesen Namen „Gottesstreiter“ hatte er bekommen, als er am Fluss Jabbok mit Gott buchstäblich um seinen Segen gerungen hatte. Ein Vater, der weiß, dass er von Gott seinen Segen, seine Stärke empfangen hat, der will seinem Sohn und seinen Enkeln als von Gott gesegneter und gestärkter Mann gegenübertreten, obwohl er auch weiß, dass es mit seinen Kräften zu Ende geht.

3 Und Jakob sprach zu Josef: Der allmächtige Gott erschien mir zu Lus im Lande Kanaan und segnete mich

4 und sprach zu mir: Siehe, ich will dich wachsen lassen und mehren und will dich zu einer Menge von Völkern machen und will dies Land zu eigen geben deinen Nachkommen für alle Zeit.

Ausdrücklich erinnert Jakob seinen Sohn Josef an den Segen, den er von Gott an dem Ort erhalten hatte, wo er von der Himmelsleiter geträumt hatte. Der Ort hieß Lus, aber Jakob hatte ihn Beth-El genannt, „Haus Gottes“, weil er Gottes Stimme hörte und auf der Himmelsleiter die Engel Gottes auf- und niedersteigen sah.

5 So sollen nun deine beiden Söhne Ephraim und Manasse, die dir geboren sind in Ägyptenland, ehe ich hergekommen bin zu dir, mein sein gleichwie Ruben und Simeon.

6 Die du aber nach ihnen zeugst, sollen dein sein und genannt werden nach dem Namen ihrer Brüder in deren Erbteil.

Mit diesen Worten erklärt Jakob die beiden erstgeborenen Söhne Josefs zu seinen eigenen Kindern. Er stellt sie in eine Reihe mit seinen erstgeborenen Söhnen Ruben und Simeon. Das heißt für die Zukunft des Volkes Israel: Unter den zwölf Stämmen Israels wird es nicht einen Stamm Josef geben, sondern zwei Josefsstämme, die aber anders heißen, nämlich Ephraim und Manasse. Diesen beiden Stämmen werden auch die anderen Nachkommen Josefs zugeordnet. Aber erhöht sich die Zahl der Stämme Israels durch diese Aktion Jakobs nicht auf Dreizehn? Rein rechnerisch ist das so, aber da der Stamm Levi später ein Stamm von Priestern ohne Landbesitz sein wird, wird das Land, das Gott dem Volk Israel geben wird, im Endeffekt wieder auf zwölf Stämme verteilt sein.

7 Und als ich aus Mesopotamien kam, starb mir Rahel im Land Kanaan auf der Reise, als noch eine Strecke Weges war nach Efrata, und ich begrub sie dort an dem Wege nach Efrata, das nun Bethlehem heißt.

Nach der Adoption seiner Enkelsöhne erinnert sich Jakob an deren Großmutter Rahel, seine Lieblingsfrau, die Mutter Josefs, die bei der Geburt ihres zweiten Sohnes Benjamin in der Nähe von Bethlehem-Efrata gestorben war. „Mir starb sie“, sagt er, tief bewegt, in einer Liebe, die er ihr über ihren Tod hinaus bewahrt hat. Besonderen Schmerz hatte es ihm bereitet, dass er sie unterwegs hatte begraben müssen, dass sie ihre letzte Ruhe nicht im Familiengrab bei Machpela finden konnte, wo bereits seine Großeltern Abraham und Sara sowie seine Eltern Isaak und Rebekka bestattet worden waren.

8 Und Israel sah die Söhne Josefs und sprach: Wer sind die?

Eigenartig wirkt diese Frage Jakobs, der hier wieder mit seinem stolzen Namen Israel genannt wird. Es ist, als ob er schwankt zwischen geistiger Stärke und Verwirrung, als ob er eben noch Herr seiner Sinne ist und weitreichende Entscheidungen zu treffen in der Lage ist, und im nächsten Augenblick die Enkelkinder, die er eben noch als eigene Söhne angenommen hat, nicht mehr erkennen kann.

9 Josef antwortete seinem Vater: Es sind meine Söhne, die mir Gott hier gegeben hat.

In Josefs Antwort fällt mir auf: Er spricht ganz betont von seinen Söhnen, die Gott ihm hier in Ägypten geschenkt hat. Es ist kein unterwürfiger, sondern ein selbstbewusster Sohn, mit dem Jakob hier redet.

Er sprach: Bringe sie her zu mir, dass ich sie segne.

10 Denn die Augen Israels waren schwach geworden vor Alter, und er konnte nicht mehr sehen.

Nachträglich erfahren wir, warum Jakob nach seinen Enkeln gefragt hatte, obwohl sie doch mit Josef zu ihm gekommen waren. Ist es Ironie des Schicksals, ist es Gottes Fügung, dass es Jakob nun im Alter wie seinem Vater Isaak geht, den er betrügen konnte, weil er blind war?

Und Josef brachte sie zu ihm. Er aber küsste sie und herzte sie

11 und sprach zu Josef: Siehe, ich habe dein Angesicht gesehen, was ich nicht gedacht hätte, und siehe, Gott hat mich auch deine Söhne sehen lassen.

Wie damals Isaak zwei Söhne hatte, so hat Jakob mit zwei Enkelsöhnen zu tun. Aber im Gegensatz zu damals gibt es zwischen den beiden Enkeln keinen Streit, und Jakob kann sie als stolzer Großvater küssen, auf seinen Schoß nehmen und in die Arme schließen. Überschwenglich freut sich Jakob darüber, dass er das Angesicht Josef wiedersehen und auch seine Enkel sehen durfte, obwohl er doch real mit seinen Augen so gut wie nichts erkennen kann. Sehen meint hier auf jeden Fall mehr als das buchstäbliche Erblicken. Mit dem Herzen sieht er diese Menschen, denen er in tiefer Liebe verbunden ist.

12 Und Josef nahm sie von seinem Schoß und verneigte sich vor ihm zur Erde.

13 Dann nahm sie Josef beide, Ephraim an seine rechte Hand gegenüber Israels linker Hand und Manasse an seine linke Hand gegenüber Israels rechter Hand, und brachte sie zu ihm.

Um seine Söhne von seinem Vater segnen zu lassen, beginnt Josef eine Art Ritual. Er verbeugt sich mit Ehrerbietung vor seinem Vater, wörtlich steht im Urtext, dass er sich vor ihm mit dem Gesicht auf die Erde wirft, und seine Kinder stellt er dem Großvater gegenüber. Der ältere Sohn Manasse soll von der rechten Hand Jakobs gesegnet werden, der jüngere Sohn Ephraim soll den Segen seiner linken Hand erhalten.

14 Aber Israel streckte seine rechte Hand aus und legte sie auf Ephraims, des Jüngeren, Haupt und seine linke auf Manasses Haupt und kreuzte seine Arme, obwohl Manasse der Erstgeborene war.

Hier taucht nun doch ein Konflikt auf. Jakob, der sich als jüngerer Bruder den Segen seines Vaters Isaak erschlichen hatte, will offenbar auch in der übernächsten Generation die Erbfolge umdrehen. Kurzerhand entschließt er sich, die Enkelkinder „über Kreuz“ zu segnen, den Älteren mit der linken, den Jüngeren mit der rechten Hand.

15 Und er segnete Josef und sprach: Der Gott, vor dem meine Väter Abraham und Isaak gewandelt sind, der Gott, der mein Hirte gewesen ist mein Leben lang bis auf diesen Tag,

16 der Engel, der mich erlöst hat von allem Übel, der segne die Knaben, dass durch sie mein und meiner Väter Abraham und Isaak Name fortlebe, dass sie wachsen und viel werden auf Erden.

Der Segen Jakobs für die Enkelkinder beginnt damit, dass er zuerst den Vater der Kinder, den eigenen Sohn, segnet. Beides gehört zusammen: Indem Kinder Segen erfahren, wird auch ihr Vater reich gesegnet. Und der Segen verbindet nicht nur Vater und Sohn miteinander, sondern beide sowohl mit den Vorfahren Abraham, Isaak und Jakob als auch mit den zahlreichen Nachkommen, die Gott ihnen verspricht. Auf dreifache, sehr schöne Weise wird entfaltet, woher dieser Segen kommt und worin er letzten Endes besteht: Er kommt von dem Gott, vor dem die Väter gewandelt sind, das heißt, von einem Gott, auf dessen gute Wegweisung man nicht nur hört, sondern man geht sogar auf seinen guten, geraden Wegen. Er kommt von dem Guten Hirten, den später auch König David im Psalm 23 besungen hat. Und er kommt von dem Engel Gottes, der Jakob schon oft Erlösung und Befreiung verschafft hat, als es ihm böse erging – auf der Flucht vor seinem Bruder, im Konflikt mit seinem Onkel oder mit seinen älteren Söhnen. Wo Gottes Engel am Werk sind, da ist Gott selber in Aktion, sie sind seine beschützenden Mächte, seine guten Gedanken, die er Menschen eingeben will; vorhin haben wir dazu bei der Taufe schon einiges gesagt und gehört.

17 Als aber Josef sah, dass sein Vater die rechte Hand auf Ephraims Haupt legte, missfiel es ihm, und er fasste seines Vaters Hand, dass er sie von Ephraims Haupt auf Manasses Haupt wendete,

18 und sprach zu ihm: Nicht so, mein Vater, dieser ist der Erstgeborene; lege deine rechte Hand auf sein Haupt.

So schön sich die Segensformulierung Jakobs anhört, Josef gefällt es nicht, dass sein Vater diesen Segen in seiner eigenwilligen Weise über Kreuz verteilen will. Er besteht darauf, dass der Erstgeborene auch als solcher behandelt wird.

19 Aber sein Vater weigerte sich und sprach: Ich weiß wohl, mein Sohn, ich weiß wohl. Dieser soll auch ein Volk werden und wird groß sein, aber sein jüngerer Bruder wird größer als er werden, und sein Geschlecht wird eine Menge von Völkern werden.

Jakob lässt sich von der Gegenwehr seines Sohnes nicht beirren, obwohl Josef doch viel mächtiger geworden ist als sein Vater. Er besteht darauf, vielleicht sieht er mit prophetischen Augen in die Zukunft, dass der Stamm Ephraim der bedeutendere Josefsstamm sein wird.

20 So segnete er sie an jenem Tage und sprach: Wer in Israel jemanden segnen will, der sage: Gott mache dich wie Ephraim und Manasse! Und so setzte er Ephraim vor Manasse.

Schön finde ich es, dass es in diesem Fall nicht zu offenem Streit und lange schwelendem Groll zwischen Brüdern kommt, wie es zwischen Jakob und Esau gewesen war. Josef lässt sich am Ende doch die Überkreuzsegnung seiner Söhne gefallen, Ephraim wird Manasse vorgezogen, aber sprichwörtlich soll in Israel gerade der reiche Segen für beide gemeinsam werden. In einem Atemzug wird man beide nennen, und es scheint Manasse nicht zu stören, dass er erst an zweiter Stelle genannt wird. Es wäre schön, wenn Menschen, die unterschiedlichen Segen empfangen haben, die zum Beispiel als Geschwister sehr verschieden begabt sind, sich ebenfalls gemeinsam von Gott gesegnet fühlen könnten, ohne neidisch aufeinander zu sein, ohne dass sich einer dem anderen gegenüber zurückgesetzt oder benachteiligt fühlt. Unsere Geschichte ist ein Beispiel dafür, dass man im Frieden miteinander leben kann, auch wenn man nicht versteht, warum der andere den reicheren Segen bekommt, der ihm eigentlich nicht zusteht.

21 Und Israel sprach zu Josef: Siehe, ich sterbe; aber Gott wird mit euch sein und wird euch zurückbringen in das Land eurer Väter.

Noch einmal wird Jakob mit seinem Namen Israel genannt. Er beschließt seinen Segen an Josef damit, dass er sozusagen testamentarisch verfügt: Gott bleibt bei euch, er bringt euch zurück in das Land eurer Väter. Der allerletzte Vers in diesem Kapitel macht übrigens deutlich, wie problematisch gerade diese letzte Aussage im Munde Jakob ist: das Land der Väter ist ja noch gar nicht im Besitz Israels gewesen; Abraham, Isaak und Jakob haben dort ja nur als Nomaden mal hier, mal dort unter fremden Völkern gewohnt. Darum fügt Jakob, der Stammvater des späteren Volkes Israels, noch einen Satz hinzu:

22 Ich gebe dir ein Stück Land vor deinen Brüdern, das ich mit meinem Schwert und Bogen aus der Hand der Amoriter genommen habe.

Einen Bergrücken, schulterhoch über seinen Brüdern, verspricht Jakob den Söhnen seines Lieblingssohnes. Merkwürdig klingt dieser Schlusssatz, denn Jakob ist ja gar nicht in der Lage, selber dieses Versprechen einzulösen. Tatsache wird aber sein, dass vor allem Ephraim später eine bedeutende Rolle unter den Stämmen Israels spielen wird. Zugleich erinnert dieser Satz daran, dass nicht erst heute, sondern bereits in uralter Zeit das Land hart umkämpft war, das Israel für sich beansprucht bzw. als Gabe Gottes an sich begreift.

Wenn ich die Geschichte vom überkreuzten Segen richtig begreife, dann dürfen wir uns von Gott gesegnet wissen auch und gerade dann, wenn wir dem Bruder, der Schwester, dem Nachbarn ebenfalls Gottes Segen gönnen. Diese Einsicht wünsche ich nicht nur uns hier in Deutschland, sondern auch den Menschen in Konfliktgebieten wie der Ukraine oder Israel und Palästina. Amen.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.

Wir singen aus dem Lied 502 die Strophen 1, 2 und 4:

1. Nun preiset alle Gottes Barmherzigkeit! Lob ihn mit Schalle, werteste Christenheit! Er lässt dich freundlich zu sich laden; freue dich, Israel, seiner Gnaden, freue dich, Israel, seiner Gnaden!

2. Der Herr regieret über die ganze Welt; was sich nur rühret, alles zu Fuß ihm fällt; viel tausend Engel um ihn schweben, Psalter und Harfe ihm Ehre geben, Psalter und Harfe ihm Ehre geben.

4. Er gibet Speise reichlich und überall, nach Vaters Weise sättigt er allzumal; er schaffet frühn und späten Regen, füllet uns alle mit seinem Segen, füllet uns alle mit seinem Segen.

Lasst uns beten für unsere Taufkinder …, dass sie einander Gottes Segen gönnen und von Gottes Engeln behütet in der Liebe ihrer Familie groß werden und zu selbstbewussten und liebevollen Frauen heranwachsen.

Lasst uns beten für alle, die in diesen Wochen Ferien und Urlaub haben, dass sie neue Kräfte tanken und die freie Zeit genießen können.

Lasst uns beten für die Menschen, die einander in hart umkämpften Ländern als feindliche Brüder gegenüberstehen, dass sie der Spirale von Hass und Gewalt Einhalt gebieten und auf die Stimme der Vernunft und des Friedens hören.

Lasst uns beten für Herrn …, der im Alter von … Jahren gestorben ist und in der vergangenen Woche kirchlich bestattet wurde. Wir haben ihn deinen liebevollen Händen anbefohlen, der du uns erlöst aus allem, was uns belastet und traurig macht. Schenke ihm Frieden in deinem himmlischen Reich und begleite seine Angehörigen mit deinem Trost und deiner Kraft zum Leben.

Gebetsstille und Vater unser
Lied 562: Segne und behüte uns durch deine Güte
Abkündigungen
Segen

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