Bild: Helmut Schütz

Bücher-Links

Helmut Schütz im März 2006 vor einem seiner Bücherregale
Helmut Schütz im März 2006 vor einem seiner Bücherregale

Hier gibt es ein paar Bücher-Links… Nein, nicht im engeren Internet-Sinn, keine Hinweise, wo man Bücher kaufen kann. Nur ein paar Hinweise auf Buch-Autoren, die ich selber einfach gut finde oder fand.

(Mehr oder weniger) leichte Kost

Damit fange ich an. Mit dem, was ich so nebenbei lese. Worin ich richtig versinken kann. Wobei ich abschalten kann. Was aber oft auch Tiefgang hat und mich wirklich berührt.

Terry Pratchett

An erster Stelle nenne ich Terry Pratchett (im Jahr 2015 verstorben). Seine Scheibenweltromane finde ich nicht nur witzig, sondern auch philosophisch-theologisch ausgesprochen tiefsinnig, obwohl TP (wie er mir persönlich bei einer Autorenlesung im Jahre 1997 in Köln sagte) zu den Atheisten der alten englischen Schule gehört, „being angry with God for not-existing“ (eine sehr treffende Definition auch der Sorte Atheismus, wie ihn viele meiner Landsleute pflegen, mit denen ich übrigens gerne diskutiere).

Die Scheibenwelt-Romane bestehen aus mehreren Serien von Romanen, in denen bestimmte Figuren und Schauplätze im Mittelpunkt stehen. Der Zauberer Rincewind, der so unfähig ist zu zaubern, dass seine Anwesenheit auf der Scheibenwelt ihr magisches Potential mindert, ist meine Lieblingsfigur. Oder doch eher Oma Wetterwachs, weil ich ihre nüchterne Menschlichkeit unter der rauhen Schale liebe? Oder die Figur des personifizierten Todes, der mehr Gefühl und Mitleid kennt, als er jemals zugeben würde? Dann ist da noch die liebenswerte Tiffany, die in die Fußstapfen ihrer eigenen Oma treten möchte und im letzten Scheibenwelt-Roman sogar die Nachfolge von Oma Wetterwachs antreten darf und muss.

Auch der „Rundwelt“-Roman (ein satirisch-witziger Roman mit Happy-End über unsere gute alte Erdenwelt) „Good Omens“ = „Ein gutes Omen“ gehört zum Besten, was ich je gelesen habe – vor allem die moderne Umsetzung der apokalyptischen Reiter – „Pestilenz“ wird von „Umweltzerstörung“ abgelöst und „Hunger“ erfindet Fast Food, das die Leute fett macht und gleichzeitig verhungern lässt…

In weiteren Büchern setzt Terry Pratchett gemeinsam mit zwei Wissenschaftsexperten, Ian Stewart und Jack Cohen, die Scheibenwelt und die Rundwelt direkt miteinander in Beziehung. Die „Gelehrten der Scheibenwelt“ rufen durch ein Versehen bei einem magischen Experiment unser Universum ins Leben, deren Evolution dann von den mehr oder weniger staunenden Zauberern der unsichtbaren Universität beobachtet wird. Im zweiten Band tritt unter dem Motto „Rettet die Rundwelt“ die für solche Zwecke unvermeidliche Allzweckwaffe Rincewind in Aktion. Mich fasziniert an diesen populärwissenschaftlichen Werken in romanhafter Einkleidung vor allem die Rolle des Elements „Narrativium“ in beiden Welten…

Minette Walters

Vom Tiefgang her ist Minette Walters vergleichbar mit Pratchett, allerdings schreibt sie spannende, realistische, psychologisch hammerharte und menschlichen Werten verpflichtete Kriminalromane.

Elizabeth George

Ähnlich Elizabeth George – bei ihr kommt hinzu, dass die ermittelnden Personen Lord Lynley und Barbara Havers samt ihrem Umfeld im Fortgang der Romane so anrührend dargestellt werden, dass man es kaum erwarten kann, wie es ihnen in der Fortsetzung ergehen wird.

Isaac Asimov

Isaac Asimov füttert mein astronomisch orientiertes Interesse an Science Fiction; besonders mag ich seine Kurzgeschichte Nightfall und seinen Foundation-Zyklus.

Jean Auel

Von Jean Auel lasse ich mich gerne in die Steinzeit entführen, um das Schicksal von Ayla und ihrer Familie zwischen Neandertalern und Neuzeitmenschen zu verfolgen. OK, die letzten beiden von sechs Bänden ziehen sich ein bisschen, aber ich habe sie trotzdem gerne zu Ende gelesen.

Harry Kemelman

Harry Kemelman führte mich mit seinen Rabbi-Krimis nicht nur durch die Woche, sondern lehrte mich auch eine Menge Verständnis für das amerikanische Judentum.

Auch seine Erzählungen aus „Quiz mit Kemelmann“ finde ich einfach genial!

Batya Gur

Batya Gur ist eine sehr anspruchsvolle israelische Autorin, nicht immer nur auf kriminalistischen Spuren (dann finde ich sie zu schwer zu lesen – oder zu schwermütig?). Die Geschichten mit dem Protagonisten Ochajon finde ich am besten.

Janwillem van de Wetering

Janwillem van de Wetering mit seinen zen-buddhistisch angehauchten Romanen konnte ich zeitweise auch sehr gerne lesen. Als ich 1995 für zwei Wochen in Amsterdam war, fühlte ich mich dort fast wie zu Hause, weil ich viele Ortsbeschreibungen und die ganze Stimmung wiedererkannte. Na ja, manchmal ist mir der Stil doch etwas zu wehmütig und nihilistisch…

Maj Sjöwall und Per Wahlöö

Die zehn ebenfalls etwas depressiv gestimmten schwedischen Sjöwall-Wahlöö-Romane über Kommissar Beck habe ich in den Achtziger Jahren auch verschlungen – gutes Spiegelbild der damaligen Zeitstimmung.

Ellis Peters

Von Ellis Peters liebe ich vor allem die Krimis um Bruder Cadfael. Durch diesen liebenswerten und mit beiden Beinen auf der Erde stehenden Mönch hat sie mir sogar die benediktinische Mönchsregel etwas nahegebracht.

Aber auch ihre Krimis um Inspektor Felse sind nicht schlecht.

J. K. Rowling

Ich habe J. K. Rowlings sieben Harry Potter Bände verschlungen, die meisten auf Deutsch und auf Englisch – und ich halte sie für sehr gut geschriebene spannende Märchen mit Tiefgang und menschlicher Wärme. Überhaupt – der Hexen- und Fantasy-Boom in Film und Fernsehen spricht dafür, dass die Menschen nicht mehr so verkopft sein wollen, wie sie in den modernen Zeiten zu sein verurteilt sind – und dass sie sich nach einem Sieg der guten Geister über die Dämonen sehnen…!

Ganz alte Schätze

Lange vor all diesem las ich Karl May, Enid Blyton (alle Fünf-Freunde- und Abenteuer-Bücher) und die Geschichten vom Detektiv Agathon Sax. TKKG fand ich auch nicht schlecht, als unsere Kinder sie lasen. Im Studium konnte ich manche Nacht nicht aufhören, bevor ich nicht einen Johannes Mario Simmel zu Ende gelesen hatte. Später ließ ich mich von Sidney Sheldon schocken.

…noch etwas Theologie und drumherum…

Theologisch hatte ich auch immer meine Lieblingsautoren. Gerne stöberte ich vor allem in der Nachbarschaft der evangelischen Theologie – bei katholischen Randsiedlern etwa oder in der Philosophie oder der populären Naturwissenschaft.

Helmut Gollwitzer

Helmut Gollwitzer lernte ich kennen durch ein Buch, das mir mein Vater zur Konfirmation schenkte: „… und führen, wohin du nicht willst“. Damals wusste ich es noch nicht zu schätzen, später habe ich durch dieses Buch erstens etwas darüber erfahren, wie wohl auch mein Vater seine Kriegsgefangenschaft überstand, und zweitens wurde Gollwitzer so etwas wie mein theologischer Vater. Er begeisterte mich vor allem mit seinem Buch „Krummes Holz – aufrechter Gang“ – das mich von einem angstgeprägten pietistischen Glauben (im Grunde: Glaube als Werkgerechtigkeit – ich muss mich klein machen, um von Gott akzeptiert zu werden, und meinen Verstand abschalten, um glauben zu können) zu einem nüchternen und getrosten Vertrauen auf Jesus Christus bekehrte.

Karl Barth

Karl Barth habe ich im Studium sehr geschätzt, vor allem seine Kirchliche Dogmatik (die ich allerdings nur in Auszügen verdauen kann). Ihn zu lesen war für mich ein Korrektiv gegenüber einer fast nur politisch-moralistisch ausgerichteten evangelischen Theologie an der Uni Mainz. Leibhaftig gab es in seiner Richtung dort nur Professor Werner Kohler, der für mich eine gute Synthese von Politik und Religion verkörperte (ich hätte gern erfahren, welche Erfahrungen er in Japan mit dem Buddhismus gemacht hatte). Mit ihm, der leider zu früh verstorben ist, habe ich gern auch Tischtennis gespielt – er war mir, obwohl langsamer Schweizer, haushoch überlegen.

Paul Tillich

Zugleich mit Karl Barth las ich auch Paul Tillich, dessen Systematische Theologie ich inzwischen zum zweiten Mal ganz verschlungen habe. Ich sehe die beiden gar nicht so als Gegensätze, zumal ich bei Karl Barth meine, dass er viel weniger in den Wolken schwebt, als man zuweilen annimmt. Meine Examensarbeit schrieb ich denn auch über ein Buch von Manfred Josuttis, Praxis des Evangeliums zwischen Politik und Religion, in der ich die Wurzeln dieses Buches in der Barthschen Theologie herauszufinden suche – und das Ganze bei Professor Gert Otto…

Eugen Drewermann

Eugen Drewermann fing ich erst an zu lesen, als ich selber schon eigene symbolische Deutungen biblischer Geschichten versucht hatte. Ich wollte mir nicht durch einen sogenannten Experten meine Phantasie vorschreiben lassen. Dann las ich vor allem seine Bände der Tiefenpsychologischen Exegese und lernte sie zu schätzen. Historisch-kritische Analyse ist für ihn nur relativ belanglose Arbeit am biblischen Text, die eigentliche Deutungsarbeit beginnt damit, herauszufinden, wie die Texte zum Menschen sprechen, ihn tief innen anrühren und verwandeln.

Sein dreibändiges monumentales theologisch-psychologisch-philosophisches Frühwerk über die ersten elf Kapitel der Bibel: „Strukturen des Bösen“ fand ich auch klasse – es erklärt sehr gut den Ansatz seines Denkens.

Zuletzt las ich über 900 Seiten eines Teils seines Werkes „…und es geschah so“, in der er ausführlich und leidenschaftlich dafür plädiert, die Entstehung der Welt vorbehaltlos als Ergebnis evolutionärer Prozesse zu begreifen. Er zieht am Ende den Schluss, dass man Gott gar nicht mehr als Weltenschöpfer und Schöpfer des Lebens glauben kann, sondern als Schöpfer der Menschlichkeit in einer naturgesetzlich bestimmten, von Grausamkeit und Zufälligkeit beherrschten Welt. Kein Schöpfungsglaube kommt an diesen Argumenten vorbei. Ob es bessere Antworten gibt als diejenigen Drewermanns?

Hans Küng

Hans Küng kann ich auch gut lesen. Besonders die dicken Bände über das Christentum und das Judentum, die ich ausgeliehen hatte und in einem Rutsch (in wenigen Wochen) nebenbei durchlas. Mit viel Gewinn! Ich halte ihn für einen der größten lebenden Theologen. Inzwischen habe ich auch den dritten Band seiner Trilogie zu den monotheistischen Weltreligionen gelesen, der den Islam behandelt.

Odo Marquard

Mein Lieblingsphilosoph Odo Marquard wohnte bis 2012 in unserer Kirchengemeinde – von ihm schätze ich die präzise kleine Form, in der er die Gegenwart philosophisch auf den Punkt bringt.

Hoimar von Ditfurth

Auch darf ich nicht versäumen, Hoimar von Ditfurth zu erwähnen. Er ist der populärwissenschaftliche Autor, dem ich sehr viel naturwissenschaftliche Kenntnisse verdanke. Vor allem die Einsicht, dass die Theologie nicht gut daran tut, die Bibel mit einem naturwissenschaftlichen Buch zu verwechseln – und dass möglicherweise die Evolution die Art ist, wie es Gott gefallen hat, die Welt zu erschaffen.

Immanuel Velikovsky

Von Immanuel Velikovsky weiß ich immer noch nicht, ob er total spinnt mit seinen Ideen über Astronomie, Geologie und Chronologie der Geschichte, aber seine Bücher finde ich ungemein spannend. Und es würde mir gefallen, wenn manche seiner Thesen stimmen würden – das würde manche Geschichten der Bibel sehr schön erklären.

Am besten gefällt mir sein Büchlein über „Ödipus und Echnaton“, in dem er beide Figuren identifiziert…

Ton Veerkamp

Um die Jahreswende 2005/2006 bin ich literarisch auf einen alten Bekannten gestoßen, von dem ich in meiner Mainzer Studienzeit nur ein hektographiertes Pamphlet kannte, in dem ich ein Zitat erinnerswert fand: dass man das Reich Gottes nicht mit Gewalt herbeizwingen könne, dass es aber auch nicht einfach vom Himmel falle, sondern dass es darauf ankomme, „die Befreiung der Menschen tätig zu erwarten”. Seine vier Bücher „Die Vernichtung des Baal”, „Autonomie und Egalität”, „Der Gott der Liberalen” und „Die Welt anders” sind für mich sowohl Lesevergnügen als auch gesellschaftlich-politisch-soziales Korrektiv für meine tiefenpsychologisch orientierte Bibelauslegung. Spannend finde ich vor allem, wie sich seine Zielrichtung der Befreiung von Herrschaft durch den EINEN Gott, der Israel aus dem Sklavenhaus geführt hat, mit dem skeptisch-philosophischen Ansatz von Odo Marquard verträgt, der die Freiheit, „angstfrei anders zu sein” und in einer Gesellschaft der Vielfalt statt gleichgeschalteten Einfalt leben zu können, im bürgerlich-demokratischen Staat durch Gewaltenteilung ermöglicht sieht.

Texte & Kontexte

Durch die Beschäftigung mit den Büchern von Ton Veerkamp stieß ich wiederum auf die exegetische Zeitschrift „Texte & Kontexte”, deren Erscheinen und Existenz vollkommen an mir vorübergegangen war, obwohl es sie bereits seit 1978 gibt (immerhin war da mein Studium vorbei und mein Vikariat fast vorüber, so dass ich zunächst für viele Jahre kein gesteigertes Interesse an Exegese-Theorie hatte). Ich bestellte mir zunächst alle alten verfügbaren Exemplare und bin begeistert von den exegetischen Schätzen, die Ton Veerkamp, Andreas Bedenbender, Gerhard Jankowski und viele andere dort über die Jahre hin veröffentlicht haben – und dies offenbar auch weiterhin tun wollen, wie ich von Irene Pabst (herzliche Grüße nach Berlin!) am 23. April 2006 am Rande einer Tagung in Arnoldshain erfuhr. Wie der Name sagt, verstehen die Autor(inn)en der Zeitschrift biblische Texte in ihrer redaktionellen Endgestalt im Kontext der jüdisch-christlichen Überlieferung und in einem zeit- und sozialgeschichtlichen Zusammenhang, der die politisch-ökonomischen Grundlagen der Geschichte nicht übersieht und überspringt (wenn man das mit einem Etikett versehen will, würde ich am ehesten von einem undogmatischen historisch-materialistischen Ansatz sprechen; wen dieses Etikett abschreckt, überlese bitte einfach diese Klammer).

Helmut Schütz

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