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„Nehmt einander an“, denn Gott ist Geduld, Trost und Hoffnung

Offenbar liebt Paulus die Zahl 3. Im Römerbrief stellt er aber nicht Glaube, Liebe und Hoffnung zusammen. Als der Vater ist Gott selber die Hoffnung. Als der Sohn ist er die Geduld, die uns erträgt und aushält. Und als der Heilige Geist ist er der Tröster, der ermutigende Beistand in Person, der uns mit Geduld und Hoffnung erfüllt.

Drei große Steine übereinandergestapelt unter dem Himmel
Paulus liebt die Zahl 3 – und stellt Hoffnung, Geduld und Trost nebeneinander (Bild: tombombadil42Pixabay)

direkt-predigtGottesdienst zur Jahreslosung 2015 am Donnerstag, 1. Januar 2015, 14 Uhr in der evangelischen Paulusgemeinde Gießen

Guten Tag, liebe Gemeinde!

Am ersten Tag des Jahres 2015 begrüße ich alle herzlich mit der Jahreslosung für das Neue Jahr, die im Brief des Paulus an die Römer 15, 7 steht:

„Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob.“

Auch Gäste aus den beiden anderen Nordgemeinden in Gießen, der Michaelsgemeinde Wieseck und der Thomasgemeinde, heißen wir herzlich in der Pauluskirche willkommen!

Heute ist nicht nur Neujahr nach dem allgemeinen Kalender, sondern auch der Feiertag der Beschneidung des Jesuskindes nach dem Festkalender des Kirchenjahres. Darüber berichtet Lukas in seinem Evangelium unmittelbar nach der Weihnachtsgeschichte (Lukas 2, 21):

„Und als acht Tage um waren und man das Kind beschneiden musste, gab man ihm den Namen Jesus, wie er genannt war von dem Engel, ehe er im Mutterleib empfangen war.“

Wir machen es uns häufig gar nicht klar, wie dankbar sein können, mit Jesus verbunden zu sein, mit diesem Juden, diesem Menschen so ganz anderer Herkunft als wir. Dankbar dürfen wir sein, dass wir als Heiden, als Menschen nichtjüdischer Herkunft, zum Volk Israel hinzuberufen worden sind.

Wir singen das Lied 293:

1. Lobt Gott den Herrn, ihr Heiden all, lobt Gott von Herzensgrunde, preist ihn, ihr Völker allzumal, dankt ihm zu aller Stunde, dass er euch auch erwählet hat und mitgeteilet seine Gnad in Christus, seinem Sohne.

2. Denn seine groß Barmherzigkeit tut über uns stets walten, sein Wahrheit, Gnad und Gütigkeit erscheinet Jung und Alten und währet bis in Ewigkeit, schenkt uns aus Gnad die Seligkeit; drum singet Halleluja.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. „Amen.“

Die Jahreslosung für 2015 stammt aus einem Abschnitt im Römerbrief, in dem der Apostel Paulus eindringlich für das einträchtige, einmütige Zusammenleben von Menschen verschiedener Herkunft in den christlichen Gemeinden eintritt. In seinem Fall damals ging es um Menschen jüdischer Abstammung und um Menschen mit heidnischer Vergangenheit.

Schon in den Psalmen Israels ist davon die Rede, dass das Lob Gottes schon damals inmitten der Heidenvölker erschallt. Einen solchen Psalm beten wir nun gemeinsam, den Psalm 57, im Gesangbuch steht er unter der Nummer 728. Lesen Sie bitte die nach rechts eingerückten Verse:

2 Sei mir gnädig, Gott, sei mir gnädig! Denn auf dich traut meine Seele, und unter dem Schatten deiner Flügel habe ich Zuflucht, bis das Unglück vorübergehe.

3 Ich rufe zu Gott, dem Allerhöchsten, zu Gott, der meine Sache zum guten Ende führt.

4 Er sende vom Himmel und helfe mir… Gott sende seine Güte und Treue.

5 Verzehrende Flammen sind die Menschen… und ihre Zungen scharfe Schwerter.

6 Erhebe dich, Gott, über den Himmel und deine Herrlichkeit über alle Welt!

7 Sie haben meinen Schritten ein Netz gestellt und meine Seele gebeugt; sie haben vor mir eine Grube gegraben – und fallen doch selbst hinein.

8 Mein Herz ist bereit, Gott, mein Herz ist bereit, dass ich singe und lobe.

9 Wach auf, meine Seele, wach auf, Psalter und Harfe, ich will das Morgenrot wecken!

10 Herr, ich will dir danken unter den Völkern, ich will dir lobsingen unter den Leuten.

11 Denn deine Güte reicht, so weit der Himmel ist, und deine Wahrheit, so weit die Wolken gehen.

12 Erhebe dich, Gott, über den Himmel und deine Herrlichkeit über alle Welt!

Kommt, lasst uns anbeten. „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Wo fällt es uns schwer, einander anzunehmen? Es gab Zeiten in den evangelischen Gemeinden, da stritten politisch linke und konservative Christen um die richtige Art zu glauben und christlich zu leben. Das liegt hinter uns. Es gab Zeiten, in denen es Katholiken und Protestanten schwer fiel, miteinander in ökumenischem Geist auf einem gemeinsamen Weg zu gehen. Das haben wir mittlerweile gelernt. In der Nordstadt leben wir sogar friedlich mit Menschen anderer Religion zusammen. Aber gibt es nicht doch Grenzen der Gemeinschaft; ist wirklich alles und jeder annehmbar? Was ist mit Fanatikern, die keinen interreligiösen Dialog wollen? Was ist mit dem bösen Nachbarn, der mich nicht im Frieden leben lässt? Was ist mit Menschen, die uns beleidigen, die gewalttätig werden, die Unrecht tun? Können wir sie annehmen, so wie sie sind? In Dankbarkeit für so viel Frieden, aber auch in Ratlosigkeit über vieles, was uns Sorgen macht, rufen wir zu dir, Gott:

Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

Wir loben Gott mit dem kompletten Psalm 117:

1 Lobet den HERRN, alle Heiden! Preiset ihn, alle Völker!

2 Denn seine Gnade und Wahrheit waltet über uns in Ewigkeit. Halleluja!

Lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist groß Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende.

Der Herr sei mit euch! „Und mit deinem Geist!“

Gott Israels, Vater Jesu und unser Vater, hilf uns, einander anzunehmen, wie Christus uns angenommen hat zu deinem Lob. Mach uns klar, was und wer mit diesem deinem Gebot gemeint ist, und auch, wen oder was wir keineswegs annehmen und tolerieren dürfen. Diese Klarheit erbitten wir von dir im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen“.

Wir hören die Worte des Paulus aus dem Römerbrief im Kapitel 15, Verse 4 bis 13, in die die Jahreslosung für 2015 eingebettet ist:

4 Was zuvor geschrieben ist, das ist uns zur Lehre geschrieben, damit wir durch Geduld und den Trost der Schrift Hoffnung haben.

5 Der Gott aber der Geduld und des Trostes gebe euch, dass ihr einträchtig gesinnt seid untereinander, Christus Jesus gemäß,

6 damit ihr einmütig mit einem Munde Gott lobt, den Vater unseres Herrn Jesus Christus.

7 Darum nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob.

8 Denn ich sage: Christus ist ein Diener der Juden geworden um der Wahrhaftigkeit Gottes willen, um die Verheißungen zu bestätigen, die den Vätern gegeben sind;

9 die Heiden aber sollen Gott loben um der Barmherzigkeit willen, wie geschrieben steht: »Darum will ich dich loben unter den Heiden und deinem Namen singen.«

10 Und wiederum heißt es: »Freut euch, ihr Heiden, mit seinem Volk!«

11 Und wiederum: »Lobet den Herrn, alle Heiden, und preist ihn, alle Völker!«

12 Und wiederum spricht Jesaja: »Es wird kommen der Spross aus der Wurzel Isais und wird aufstehen, um zu herrschen über die Heiden; auf den werden die Heiden hoffen.«

13 Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, dass ihr immer reicher werdet an Hoffnung durch die Kraft des heiligen Geistes.

Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren. Halleluja „Halleluja, Halleluja, Halleluja!“

Glaubensbekenntnis

Wir singen das Lied 502:

1. Nun preiset alle Gottes Barmherzigkeit! Lob ihn mit Schalle, werteste Christenheit! Er lässt dich freundlich zu sich laden; freue dich, Israel, seiner Gnaden, freue dich, Israel, seiner Gnaden!

2. Der Herr regieret über die ganze Welt; was sich nur rühret, alles zu Fuß ihm fällt; viel tausend Engel um ihn schweben, Psalter und Harfe ihm Ehre geben, Psalter und Harfe ihm Ehre geben.

3. Wohlauf, ihr Heiden, lasset das Trauern sein, zur grünen Weiden stellet euch willig ein; da lässt er uns sein Wort verkünden, machet uns ledig von allen Sünden, machet uns ledig von allen Sünden.

4. Er gibet Speise reichlich und überall, nach Vaters Weise sättigt er allzumal; er schaffet frühn und späten Regen, füllet uns alle mit seinem Segen, füllet uns alle mit seinem Segen.

5. Drum preis und ehre seine Barmherzigkeit; sein Lob vermehre, werteste Christenheit! Uns soll hinfort kein Unfall schaden; freue dich, Israel, seiner Gnaden, freue dich, Israel, seiner Gnaden!

Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Liebe Gemeinde!

Mitten drin im Predigttext, den Herr Dritsch uns schon vorgelesen hat, steht unsere diesjährige Jahreslosung:

7 Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob.

Ich sagte bereits: Für den Apostel Paulus gibt es damals in den Gemeinden, die er gegründet hat und an die er schreibt, eine echte schwere Herausforderung. Diese Gemeinden setzen sich nämlich aus Juden und Heiden zusammen, anders gesagt aus Menschen, die sich der Tora Israels verpflichtet fühlen, den Reinheitsgeboten, der Beschneidung und vielem anderen mehr, und auf der anderen Seite aus Menschen anderer Völker, die zum Glauben an den Gott Israels gekommen sind durch ein einfaches Vertrauen auf Jesus Christus. Können diese so unterschiedlichen Leute sich gegenseitg akzeptieren in der Gemeinde, die Paulus oft den „Leib Christi“ nennt? Hier muss sich für Paulus der Satz bewähren: „Nehmt einander an!“ Paulus verlangt für beide Seiten von den jeweils anderen den vollen Respekt und begründet das auch. Den Heidenchristen schreibt er nur einen einzigen deutlichen Satz ins Stammbuch:

8 Denn ich sage: Christus ist ein Diener der Juden geworden um der Wahrhaftigkeit Gottes willen, um die Verheißungen zu bestätigen, die den Vätern gegeben sind.

Damit sagt Paulus: Ihr, die ihr keine Juden seid und von denen ich nicht verlange, Juden zu werden, bevor ihr zur Gemeinde Jesu gehören dürft: Urteilt nicht abfällig über die Beschneidung und über die Beschnittenen! Warum? Weil Christus selber ein Diener der Beschneidung geworden ist, so steht es wörtlich im Urtext; er hat sich selber in den Dienst derer gestellt, die zum Bund der Beschnittenen gehören. Dafür hat Christus einen einfachen Grund, nämlich dass Gott wahrhaftig ist und seine Versprechen niemals zurücknimmt. Was er den Stammvätern und -müttern Israels versprochen hat, das hält er auch. Darüber macht er keine weiteren Worte, das steht für Paulus einfach fest.

Ausführlicher begründet Paulus, an die Adresse seiner jüdischen Glaubensgeschwister gerichtet, warum er sich das Recht herauszunehmen wagt, im Vertrauen auf Jesus eine Gemeinschaft aus Juden und Heiden aufzubauen. Das ist etwas radikal Neues, es versteht sich damals überhaupt nicht von selbst, darum stellt Paulus eine ganze Reihe von Schriftzitaten zusammen, mit denen er begründet, warum auch die Heiden, die Menschen anderer Völker, den Gott Israels gemeinsam mit Juden loben sollen:

9 Die Heiden aber sollen Gott loben um der Barmherzigkeit willen, wie geschrieben steht (Psalm 18, 50): »Darum will ich dich loben unter den Heiden und deinem Namen singen.«

Das heißt: Verdient haben es die Heidenvölker nicht, von Gott angenommen zu werden. Genau so wenig wie Israel seine Erwählung als auserwähltes Volk verdient hatte. Es ist wieder Gottes Barmherzigkeit, die Gott dazu bringt, sich in seinem Sohn Jesus Christus über das Volk Israel hinaus aller Welt zuzuwenden.

Die Begründung dafür nimmt Paulus aus der Heiligen Schrift der Juden. Schon dort heißt es in verschiedenen Psalmen, von denen wir am Anfang einen gemeinsam gebetet haben (Psalm 57, 10):

„Herr, ich will dir danken unter den Völkern, ich will dir lobsingen unter den Leuten.“

Dann fährt Paulus fort:

10 Und wiederum heißt es: »Freut euch, ihr Heiden, mit seinem Volk!«

Hier kann man sehen, dass Paulus seine jüdische Bibel wohl nicht im hebräischen Originaltext, aber in der ersten griechischen Übersetzung, der Septuaginta, auswendig kannte. Denn diese Worte stehen nicht genau so in der hebräischen Bibel, aber die Septuaginta fügt sie zum Text im 5. Buch Mose – Deuteronomium 32, 43 hinzu. Es handelt sich um eine wichtige Stelle, nämlich den letzten Vers des Liedes, das Mose sang, bevor er die Israeliten segnete und dann starb. In der hebräischen Bibel steht da:

„Preiset, ihr Heiden, sein Volk!“

Die griechische Übersetzung ergänzt:

„Freut euch, ihr Heiden, mit seinem Volk!“

Wir merken: Schon in der Überlieferung der jüdischen Bibel gibt es eine Bewegung hin zu mehr Gemeinsamkeit zwischen Juden und Heiden.

Und noch einen Psalmvers greift Paulus auf, nämlich Psalm 117, Vers 1, den wir vorhin auch gebetet haben:

11 Und wiederum: »Lobet den Herrn, alle Heiden, und preist ihn, alle Völker!«

Und schließlich zitiert Paulus den Propheten Jesaja im 11. Kapitel, wieder aus der griechischen Übersetzung der jüdischen Bibel:

12 Und wiederum spricht Jesaja: »Es wird kommen der Spross aus der Wurzel Isais und wird aufstehen, um zu herrschen über die Heiden; auf den werden die Heiden hoffen.«

Im hebräischen Original steht (Jesaja 11, 10):

„Und es wird geschehen zu der Zeit, dass das Reis aus der Wurzel Isais dasteht als Zeichen für die Völker. Nach ihm werden die Heiden fragen…“

Der Sinn bleibt der Gleiche; Paulus sieht in Jesus den versprochenen Messias, der zwar zuerst für die Juden, aber nicht nur für sie da ist. Nein, auch die Heiden fragen nach ihm, hoffen auf ihn und erkennen ihn als Herrn an. Diese Verheißung erfüllt sich vor den Augen des Paulus in den christlichen Gemeinden. Darum ist es ihm so wichtig, dass jüdische und nichtjüdische Gemeindemitglieder nach dem Vorbild Jesu in einträchtiger Gesinnung miteinander leben und Gott einmütig loben, mit einem Munde:

5 Der Gott aber der Geduld und des Trostes gebe euch, dass ihr einträchtig gesinnt seid untereinander, Christus Jesus gemäß,

6 damit ihr einmütig mit einem Munde Gott lobt, den Vater unseres Herrn Jesus Christus.

Diese Aufforderung zur Eintracht und Einmütigkeit läuft direkt auf den Satz zu, der zur Jahreslosung für dieses Jahr 2015 geworden ist:

7 Darum nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob.

Drei Teile hat dieser Satz: Die Aufforderung „Nehmt einander an“ wird begründet mit dem zweiten Teil „wie Christus euch angenommen hat“, euch beide, Juden und Heiden, und diese Annahme ist wiederum darin begründet, dass sie dem „Lob Gottes“ dient, denn Gott hat ja die Juden auf Grund seiner immerwährenden Wahrhaftigkeit und die Heiden auf Grund seiner ewigen Barmherzigkeit angenommen.

Hier ist auch die Antwort zu finden auf die Frage: Gibt es Grenzen des Annehmens? Gibt es Menschen, die Christus nicht annehmen könnte und die auch für uns nicht annehmbar sind? „Zu Gottes Lob“, in diesen drei Worten liegt die Grenze. Wo Menschen sich gegen Barmherzigkeit sperren, wo sie Jesu geringste Geschwister mit Füßen treten, da sind ihre Haltung und ihr Verhalten nicht annehmbar. Jesus und in seiner Nachfolge vielleicht auch wir mögen auch Menschen mit solchem nicht-akzeptablem Verhalten Vergebung anbieten können, insofern sie „nicht wissen, was sie tun“, wie Jesus am Kreuz sagt. Der Sünder bleibt ein von Gott geschaffener Mensch mit einer unverlierbaren Würde, er bleibt in jedem Fall annehmbar. Die Sünde dagegen in keinem Fall. Denn Vergebung zielt auf Gottes Lob, darauf, dass Menschen sich ändern, bereit sind, Gott zu fürchten, seiner Barmherzigkeit entsprechend zu leben.

„Bei dir [HERR] ist die Vergebung, dass man dich fürchte“,

heißt es im Psalm 130, 4. Es ist schwierig, Menschen anzunehmen, wie sie sind, die selber nicht bereit sind, andere anzunehmen, wie sie sind. Jesus konnte es, indem er das Leid, das solche Menschen ihm antaten, in seiner Feindesliebe auf sich nahm, um sie vielleicht doch zur Umkehr zu bewegen.

So viel zur Jahreslosung im Zusammenhang eines Abschnitts im Römerbrief des Paulus. Zwei Verse, mit denen Paulus im heutigen Predigttext alles umrahmt, was wir bisher gehört haben, sind noch übrig. Auch auf sie möchte ich eingehen. In ihnen singt Paulus ein großartiges Loblied auf die Hoffnung, die uns in all dem, was er dazwischen sagt, von Gott geschenkt wird.

Am Anfang schreibt Paulus:

4 Was zuvor geschrieben ist, das ist uns zur Lehre geschrieben, damit wir durch Geduld und den Trost der Schrift Hoffnung haben.

Und am Ende lesen wir:

13 Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, dass ihr immer reicher werdet an Hoffnung durch die Kraft des heiligen Geistes.

Sehr betont spricht Paulus davon, dass wir Hoffnung haben und an Hoffnung immer reicher werden sollen. Das ist ein Gedanke, der besonders am Anfang eines neuen Jahres naheliegt. Wir hegen doch auch jede Menge Hoffnungen für 2015: die Überwindung von Krisen und Kriegen, das Gelingen von dem, was wir uns vorgenommen haben, die Erfüllung vieler kleiner und großer Wünsche.

Für Paulus ist Hoffnung ein Geschenk Gottes, so sehr, dass er Gott sogar den Gott der Hoffnung nennt. Und diese Hoffnung ist verknüpft mit anderen Gaben Gottes:

Am Anfang spricht Paulus von der Geduld, vom Warten und Ausharren, das bis an die Grenzen dessen geht, was wir aushalten können. Aber er erwähnt zugleich den Trost der Schriften, also dessen, was in der Bibel für uns aufgeschrieben ist, und macht uns darauf aufmerksam, dass wir sozusagen bei der Heiligen Schrift in die Lehre gehen können. Die Bibel will uns Hoffnung lehren, Geduld beibringen, Mut machen, trösten, aufmuntern.

Am Ende, so Paulus, wird uns Gott durch die Kraft seines Heiligen Geistes Freude schenken und einen Frieden, den wir durch Gottvertrauen gewinnen.

Das klingt alles sehr theoretisch; begreifen kann man es nur, wenn man es selber erfahren hat; Paulus denkt sicher an seine Erfahrungen mit der Versöhnung von Juden und Heiden, an die Überwindung von Sünde und Hass, an das bedingungslose Angenommensein durch Jesus Christus. So meinen alle Worte, die Paulus verwendet, so ziemlich das Gleiche: Es geht um eine Hoffnung, derer wir uns gewiss sein dürfen, weil Gott auf jeden Fall unser Vertrauen verdient, uns ganz bestimmt Mut und Kraft, Trost und Freude, Glauben und Frieden schenken wird.

Interessant finde ich, dass Paulus im ersten Vers unseres Predigttextes von Geduld, Trost und Hoffnung spricht. Dann nennt er Gott im nächsten Vers den Gott der Geduld und des Trostes, und im letzten Vers spricht er vom Gott der Hoffnung. Offenbar liebt Paulus die Zahl 3. Im 1. Korintherbrief 13, 13 beschreibt er ja die Dreizahl von Glaube, Liebe und Hoffnung, die bleiben werden. Hier im Römerbrief wendet er sich näher der Hoffnung zu und stellt sie ganz eng zusammen mit der Geduld und dem Trost.

Hoffnung hat also mit zwei Dingen zu tun: mit Geduld, also dem langen Atem in mir selbst, und mit Trost, also einer Ermutigung, die nicht von mir selbst, sondern von außen kommt. Ich gewinne Hoffnung, wenn ich aushalte, was nur schwer erträglich ist, und ich kann aushalten, wenn jemand da ist, der mir Mut macht. Und der größte Mutmacher ist Gott. Vielleicht können wir, was Paulus hier sagt, mit der Dreieinigkeit zusammenbringen. Als der Vater ist Gott selber die Hoffnung. Als der Sohn ist er die Geduld, die uns erträgt und aushält. Und als der Heilige Geist ist er der Tröster, der ermutigende Beistand in Person, der uns mit Geduld und Hoffnung erfüllt.

Schließen möchte ich die Predigt, indem ich den letzten Vers des Predigttextes wiederhole, den ich auch sonst fast jeden Sonntag an den Schluss der Predigt stelle:

Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, dass ihr immer reicher werdet an Hoffnung durch die Kraft des heiligen Geistes.

Wir singen das Lied 62:

1. Jesus soll die Losung sein, da ein neues Jahr erschienen; Jesu Name soll allein denen heut zum Zeichen dienen, die in seinem Bunde stehn und auf seinen Wegen gehn.

2. Jesu Name, Jesu Wort soll bei uns in Zion schallen, und so oft wir an den Ort, der nach ihm genannt ist, wallen, mache seines Namens Ruhm unser Herz zum Heiligtum.

3. Unsre Wege wollen wir nur in Jesu Namen gehen. Geht uns dieser Leitstern für, so wird alles wohl bestehen und durch seinen Gnadenschein alles voller Segen sein.

4. Alle Sorgen, alles Leid soll der Name uns versüßen; so wird alle Bitterkeit uns zur Freude werden müssen. Jesu Nam sei Sonn und Schild, welcher allen Kummer stillt.

5. Jesus, aller Bürger Heil und der Stadt ein Gnadenzeichen, auch des Landes bestes Teil, dem kein Kleinod zu vergleichen, Jesus, unser Trost und Hort, sei die Losung fort und fort.

Fürbitten und Stille und Vater unser

Wir singen aus dem Lied 58 die Strophen 1 bis 3 und 10 bis 15:

1. Nun lasst uns gehn und treten mit Singen und mit Beten zum Herrn, der unserm Leben bis hierher Kraft gegeben.

2. Wir gehn dahin und wandern von einem Jahr zum andern, wir leben und gedeihen vom alten bis zum neuen

3. durch so viel Angst und Plagen, durch Zittern und durch Zagen, durch Krieg und große Schrecken, die alle Welt bedecken.

10. Schließ zu die Jammerpforten und lass an allen Orten auf so viel Blutvergießen die Freudenströme fließen.

11. Sprich deinen milden Segen zu allen unsern Wegen, lass Großen und auch Kleinen die Gnadensonne scheinen.

12. Sei der Verlassnen Vater, der Irrenden Berater, der Unversorgten Gabe, der Armen Gut und Habe.

13. Hilf gnädig allen Kranken, gib fröhliche Gedanken den hochbetrübten Seelen, die sich mit Schwermut quälen.

14. Und endlich, was das meiste, füll uns mit deinem Geiste, der uns hier herrlich ziere und dort zum Himmel führe.

15. Das alles wollst du geben, o meines Lebens Leben, mir und der Christen Schare zum sel’gen neuen Jahre.

Abkündigungen

Gott, der Herr, segne euch, und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch Frieden. Amen.

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