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God is Dad!

Auf einem Auto sah ich einen Aufkleber mit dem englischen Spruch: „God is dead“. Das heißt eigentlich auf Deutsch: „Gott ist tot“. Aber in dem Wort „dead“ war das „e“ durchgestrichen, und der traurige Satz bekam eine völlig andere Bedeutung: „God is Dad“ – „Gott ist Papa“ – Gott ist für uns da wie ein Vater, der seine Kinder liebhat.

Skulptur eines starken Vaters mit nacktem Oberkörper, der ein kleinen Kind in den Armen hält - so ist Gott - God is Dad!
Gott ist wie ein Vater, der seine Menschenkinder liebt und behütet (Bild: epikurPixabay)

#predigtAbendmahlsgottesdienst am Sonntag Rogate, den 4. Mai 1997, um 9.00 Uhr in der Rheinhessen-Fachklinik Alzey

Ich begrüße Sie herzlich im Gottesdienst am 5. Sonntag nach Ostern, am Sonntag Rogate. „Rogate“, das heißt: „Betet!“ Das Beten steht im Mittelpunkt dieses Gottesdienstes, das Beten zu einem Gott, der uns hört, auch wenn er uns manche Rätsel aufgibt – weil wir uns fragen, warum er so viele üble Dinge zulässt in der Welt. Beten will immer wieder neu gelernt sein, darum ist es gut, im Gottesdienst hin und wieder nicht nur Gebete zu sprechen, sondern auch über das Beten nachzudenken.

Nun singen wir ein Lied, das zum Monat Mai passt und uns in der dritten Strophe auch schon auf das Thema „Beten“ einstimmt, Nr. 135, 1 + 3:

Schmückt das Fest mit Maien, lasset Blumen streuen, zündet Opfer an; denn der Geist der Gnaden hat sich eingeladen, machet ihm die Bahn! Nehmt ihn ein, so wird sein Schein euch mit Licht und Heil erfüllen und den Kummer stillen.

Lass die Zungen brennen, wenn wir Jesus nennen, führ den Geist empor; gib uns Kraft zu beten und vor Gott zu treten, sprich du selbst uns vor. Gib uns Mut, du höchstes Gut, tröst uns kräftiglich von oben bei der Feinde Toben.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. „Amen.“

Wir beten mit Psalm 107:

1 Danket dem HERRN; denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich.

2 So sollen sagen, die erlöst sind durch den HERRN, die er aus der Not erlöst hat.

4 Die irregingen in der Wüste, auf ungebahntem Wege, und fanden keine Stadt, in der sie wohnen konnten,

5 die hungrig und durstig waren und deren Seele verschmachtete,

6 die dann zum HERRN riefen in ihrer Not, und er errettete sie aus ihren Ängsten

7 und führte sie den richtigen Weg, dass sie kamen zur Stadt, in der sie wohnen konnten:

8 die sollen dem HERRN danken für seine Güte und für seine Wunder, die er an den Menschenkindern tut,

9 dass er sättigt die durstige Seele und die Hungrigen füllt mit Gutem.

Kommt, lasst uns anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Gott, unser Vater, wir dürfen zu dir beten. Wir aber wissen oft nicht, wie wir das tun sollen. Dir danken? Haben wir dafür denn Grund? Für andere beten? Was gehen sie uns an? Dir unser Leid klagen? Willst du das denn hören? Von dir etwas erbitten? Was hilft das denn? Schenk uns den Mut, mit dem Beten neu anzufangen, denn du willst uns anhören, alles, was uns bewegt. Das erbitten wir von dir im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Wir hören die Lesung aus 1. Timotheus 2, 1-6:

1 So ermahne ich nun, dass man vor allen Dingen tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen,

2 …damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Frömmigkeit und Ehrbarkeit.

3 Dies ist gut und wohlgefällig vor Gott, unserm Heiland,

4 welcher will, dass allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.

5 Denn es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und denn Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus,

6 der sich selbst gegeben hat für alle zur Erlösung.

Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren. Halleluja! „Halleluja, Halleluja, Halleluja.“

Vor der Predigt singen wir aus Nr. 328 die Strophen 1 und 4, die uns noch mehr zum Thema „Beten“ hinführen:

Dir, dir, o Höchster, will ich singen, denn wo ist doch ein solcher Gott wie du? Dir will ich meine Lieder bringen; ach gib mir deines Geistes Kraft dazu, dass ich es tu im Namen Jesu Christ, so wie es dir durch ihn gefällig ist.

Denn der kann mich bei dir vertreten mit Seufzern, die ganz unaussprechlich sind; der lehret mich recht gläubig beten, gibt Zeugnis meinem Geist, dass ich dein Kind und ein Miterbe Jesu Christi sei, daher ich „Abba, lieber Vater!“ schrei.

Gnade und Friede sei mit uns allen von Gott, unserem Vater, und Jesus Christus, unserem Herrn. Amen.

Wir hören den Predigttext aus dem Evangelium nach Johannes 16, 23-33. Jesus spricht:

23 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr den Vater um etwas bitten werdet in meinem Namen, wird er’s euch geben.

24 Bisher habt ihr um nichts gebeten in meinem Namen. Bittet, so werdet ihr nehmen, dass eure Freude vollkommen sei.

25 Das habe ich euch in Bildern gesagt. Es kommt die Zeit, dass ich nicht mehr in Bildern mit euch reden werde, sondern euch frei heraus verkündigen von meinem Vater.

26 An jenem Tage werdet ihr bitten in meinem Namen. Und ich sage euch nicht, dass ich den Vater für euch bitten will;

27 denn er selbst, der Vater, hat euch lieb, weil ihr mich liebt und glaubt, dass ich von Gott ausgegangen bin.

28 Ich bin vom Vater ausgegangen und in die Welt gekommen; ich verlasse die Welt wieder und gehe zum Vater.

29 Sprechen zu ihm seine Jünger: Siehe nun redest du frei heraus und nicht mehr in Bildern.

30 Nun wissen wir, dass du alle Dinge weißt und bedarfst dessen nicht, dass dich jemand fragt. Darum glauben wir, dass du von Gott ausgegangen bist.

31 Jesus antwortete ihnen: Jetzt glaubt ihr?

32 Siehe, es kommt die Stunde und ist schon gekommen, dass ihr zerstreut werdet, ein jeder in das Seine, und mich allein lasst. Aber ich bin nicht allein, denn der Vater ist bei mir.

33 Das habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.

Liebe Gemeinde! Als ich einmal im Gottesdienst eine sehr lange Predigt gehalten hatte, da fragte ich nachher einen Patienten: War die Predigt zu lang? Und er antwortete: Nein. Der Predigttext war zu lang.

Was wir da gehört haben aus dem Johannesevangelium, das ist wieder so ein langer Text. Und sehr verschachtelt ist er, und er spricht von so vielen verschiedenen Themen: vom Beten und vom Glauben, von Angst und Freude, vom Reden in Bildern und ohne Bilder.

Ich fange bei diesem Text einmal hinten an mit der Auslegung. Da nennt Jesus den Grund, warum er das alles sagt. „Das habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt.“

Wie schön ist das, inneren Frieden zu haben! Nicht umhergetrieben zu sein von bösen Gedanken, von niederdrückenden Gefühlen, von grausamen Stimmen, von ständig wiederkehrenden Grübeleien! Viele von Ihnen kennen die innere Unruhe, die sie sich gar nicht erklären können, die man nur schwer in den Griff kriegen kann, mit der man über lange Zeit leben muss. Jesus kennt diesen Seelenzustand, dem die Menschen mehr oder weniger stark ausgesetzt sind, und fasst ihn in einem Satz zusammen: „In der Welt habt ihr Angst!“

Im gleichen Atemzug fügt er jedoch hinzu: „Aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden!“ Die Welt hat er überwunden, die Welt mit all den Ursachen für Angst, für seelische Unruhe, für unsere innere Friedlosigkeit. Mit dem Wort „Welt“ ist hier nicht das Weltall gemeint, auch nicht der ganze von Gott geschaffene Erdkreis. Das Wort „Welt“ steht hier für eine Welt, die sich von Gott gelöst hat, steht für uns Menschen, wenn wir meinen, ganz allein für uns den Sinn unseres Lebens finden zu können.

Eine Welt ohne Gott macht Angst. Und auch der Zweifel an Gott macht Angst. Der Zweifel daran, ob Gott wirklich da ist, ob Gott wirklich gut ist, ob Gott uns wirklich lieb hat, ob Gott uns helfen kann – dieser Zweifel macht Angst.

Jesus kennt diese unsere Welt, die vom Zweifel geprägt ist. Er weiß, dass es normal ist, zu zweifeln. Er sieht es ja an seinen Jüngern, wie sie zu glauben versuchen, aber dennoch immer wieder zweifeln. Selbst wenn sie voller Überzeugung sagen: „Wir glauben an dich, wir glauben, dass du von Gott zu uns gekommen bist!“ – da fragt Jesus: „Jetzt glaubt ihr? Siehe, es kommt die Stunde und ist schon gekommen, dass ihr zerstreut werdet, ein jeder in das Seine, und mich allein lasst.“

An dieser Stelle unterbreche ich die Predigt und wir singen das Lied 585, 1-4, allerdings mit einer anderen Melodie. Dabei wird in jeder Strophe die letzte Zeile noch einmal wiederholt, und im Kehrvers wird die mittlere Zeile wiederholt:
Ich rede, wenn ich schweigen sollte

Liebe Gemeinde, Jesus sieht genau, was dem Glauben entgegensteht. Der Glaube ist ein Vertrauen, ist ein Zusammenstehen, ein Nicht-allein-gelassen-Werden und ein Nicht-allein-Lassen. Dem steht entgegen – das Auseinanderlaufen, ein Zerstreutwerden, ein grundsätzliches Misstrauen gegeneinander. Am Glauben irre werden, das ist ein Weggehen von Gott, ein Weggehen von anderen Christen, es geht „ein jeder in das Seine“, und man lässt einander allein. Jesus erfährt es ja auch, bevor er gefangengenommen wird und so viel Angst hat, da wünscht er sich, die Jünger würden mit ihm wach bleiben, aber sie lassen ihn allein.

Allerdings: Jesus macht den Jüngern deswegen keine Vorwürfe. Er macht auch uns keine Vorwürfe wegen unserer Zweifel. Er weiß ja, wie wir sind. Und er weiß: Vorwürfe würden nichts helfen, würden nichts besser machen. Vorwürfe führen nur zu einem schlechten Gewissen. Und ein schlechtes Gewissen führt nur dazu, dass man sich noch mehr zurückzieht: „ein jeder in das Seine“, jeder in sein eigenes privates Schneckenhaus.

Und doch möchte er auch nicht einfach alles so lassen, wie es ist. Jesus will uns hervorlocken aus dem Schneckenhaus, will uns zum Glauben nicht auffordern, sondern einladen, will unseren Zweifel auf sanfte Weise angehen, sozusagen wegschmelzen. Wie tut er das?

Jesus tut es, indem er von Gott spricht, von seinem Vater im Himmel. Er sagt: „Ich bin vom Vater ausgegangen und in die Welt gekommen.“ Jesus weiß: Ohne Gott wäre er nicht der, der er ist. Ohne Gottes Geist wäre er nicht Gottes Sohn. Jesus lebt aus Gottes Kraft, darum kann ihm die Welt nichts anhaben, auch wenn er noch so viel leiden muss. Jesus nimmt auch hin, dass er sein Leben auf dieser Erde wieder loslassen muss, wenn er sterben wird. Er sieht das einfach so: „Ich verlasse die Welt wieder und gehe zum Vater.“ Auch wenn seine Jünger ihn allein lassen, kann er noch sagen: „Aber ich bin nicht allein, denn der Vater ist bei mir.“

Und so, wie Gott seinen Sohn Jesus nicht allein lässt – in allem, was ihm widerfährt – so sind auch wir von Gott nicht alleingelassen. „Er selbst, der Vater, hat euch lieb,“ das sagt Jesus uns allen, das ist der Kern seiner Einladung zum Glauben, er will unseren Zweifel sozusagen mit dieser Liebe wegschmelzen, so wie die warme Frühlingssonne das Eis und den Schnee des Winters wegschmilzt.

Aber woran erkennen wir Gottes Liebe? Ich sprach einmal mit einer Patientin, die eine große Enttäuschung erlebt hatte. Jemand hatte ihr Hilfe versprochen und dann doch nichts mehr von sich hören lassen. Sie fühlte sich behandelt wie ein Mensch zweiter Klasse, als ob sie nichts wert sei, als ob ihr als einer seelisch kranken Frau doch nicht mehr zu helfen sei. Diese Frau hat nach dieser Enttäuschung auch lange Zeit nicht mehr beten können. Sie konnte nicht mehr glauben, dass Gott eingreift in der Welt. Warum lässt er solche Enttäuschungen zu? Warum erhört er nicht alle unsere Gebete? Warum erfüllt er oft unsere Wünsche nicht?

Ich fand nur schwer eine Antwort auf all diese Fragen. Offensichtlich greift Gott ja wirklich nicht überall sichtbar ein in der Welt. Er hat nicht vom Himmel her eingegriffen, als Hochwasser in Amerika ganze Ortschaften überflutet haben. Er hat nicht mit einem himmlischen Donnerschlag vor sechs Jahren den Krieg im Irak verhindert und nicht die Tschernobylkatastrophe vor elf Jahren in der Ukraine. Er verhindert nicht die Enttäuschungen, die Sie und ich immer wieder erleben. Er lässt es zu, dass so viele Menschen schwer erkranken an Leib und Seele, und dass manche dieser Krankheiten nicht vollständig geheilt werden können.

Und doch sagt Jesus mit Nachdruck: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr den Vater um etwas bitten werdet in meinem Namen, wird er’s euch geben.“ Ich bleibe an drei kleinen Worten hängen in diesem Satz: „in meinem Namen“. Diese Worte sind offenbar sehr wichtig, denn Jesus wiederholt sie im nächsten Vers: „Bisher habt ihr um nichts gebeten in meinem Namen.“ Was ist denn das Besondere daran, wenn wir „in Jesu Namen“ bitten?

Bevor ich darauf eine eigene Antwort gebe, singen wir aus dem Lied 328 die Strophen 5 bis 7, die auch vom Beten im Namen Jesu handeln:

Was mich dein Geist selbst bitten lehret, das ist nach deinem Willen eingericht‘ und wird gewiss von dir erhöret, weil es im Namen deines Sohns geschicht, durch welchen ich dein Kind und Erbe bin und nehme von dir Gnad um Gnade hin.

Wohl mir, dass ich dies Zeugnis habe! Drum bin ich voller Trost und Freudigkeit und weiß, dass alle gute Gabe, die ich von dir verlanget jederzeit, die gibst du und tust überschwenglich mehr, als ich verstehe, bitte und begehr.

Wohl mir, ich bitt in Jesu Namen, der mich zu deiner Rechten selbst vertritt, in ihm ist alles Ja und Amen, was ich von dir im Geist und Glauben bitt. Wohl mir, Lob dir jetzt und in Ewigkeit, dass du mir schenkest solche Seligkeit.

Im Namen Jesu beten, liebe Gemeinde… Vielleicht will Jesus uns dazu einladen, uns beim Beten einmal in seine Lage zu versetzen. Vielleicht sind uns dann manche Wünsche nicht mehr so wichtig. Vielleicht merken wir dann, worauf es wirklich ankommt.

Jesus hatte auf das gesicherte Leben in seiner Familie und in seinem Beruf verzichtet. Seitdem hatte er keine feste Wohnung mehr und war auf die Barmherzigkeit der Leute angewiesen. Doch er hatte seine Aufgabe: Menschen von der Liebe Gottes zu erzählen, Menschen aus dem Schneckenhaus ihres kleinen Ichs herauszurufen und zu Gott zu führen.

Jesus war kein freudloser Mensch, er aß und trank gern mit seinen Freunden und auch mit solchen Menschen, die sonst keiner gern einladen wollte. Und er nahm es hin, dass er sich damit auch Feinde machte. Ihm wurden solche Leute zu Feinden, die zwischen fromm und gottlos genau zu unterscheiden versuchten, die meinten, dass es auch Menschen gibt, die Gott nicht liebhaben kann. Er nahm es hin, dass sogar seine engsten Freunde ihn nicht mehr verstehen konnten, als er sich nicht wehrte gegen seine Feinde.

Vielleicht fällt es uns ja auch schwer, uns an die Stelle Jesu zu versetzen und seine Haltung zu verstehen. Er ist einer, der das Leben liebt und es trotzdem hingibt, wenn es um der Liebe willen sein muss. Einer, der alle Macht im Himmel und auf Erden hat, aber dennoch nicht alle Probleme aus der Welt einfach wegschafft. Einer, der den Menschen zeigt, wie Gott sie alle lieb hat, der aber niemanden zum Glauben zwingen will.

Jesus ist davon überzeugt: Wenn wir ihn wirklich verstehen, dann verstehen wir Gott. Denn dann verstehen wir die Liebe. In Jesu Namen zu beten, das heißt im Klartext: Im Namen der Liebe zu beten. Wenn wir die Art verstehen, wie Jesus zu seinem Vater im Himmel gebetet hat, dann können auch wir beten. Dieses Gebet ist wie das Gespräch eines Kindes mit dem Vater, voller Vertrauen und in der Gewissheit, dass der Vater das Kind nicht enttäuschen will. Aber zugleich weiß das Kind: Alle Wünsche können nicht erfüllt werden; aber was auch immer geschieht, am wichtigsten ist: der Vater hat mich lieb, er lässt mich nicht allein. Dieser Tage fand ich auf einem Auto einen Aufkleber mit einem englischen Spruch: „God is dead“. Das heißt eigentlich auf deutsch: „Gott ist tot“. Aber in dem Wort „dead“ war das „e“ durchgestrichen, und aus dem traurigen Satz wurde ein Satz mit völlig anderer Bedeutung: „God is Dad“ – „Gott ist Papa“ – Gott ist für uns da wie ein Vater, der seine Kinder liebhat.

Ich glaube, dass Jesus von dieser Geborgenheit in Gott redet, wenn er sagt: „Bittet, so werdet ihr nehmen, dass eure Freude vollkommen sei.“ Gewiss, eure Sorgen, eure Angst, eure Krankheit, Not und Tod, all das wird nicht mit einem Schlage von euch genommen werden. Aber in all dem seid ihr nicht allein. Ihr habt etwas von Gott zu erwarten: seine Liebe, die Geborgenheit in ihm.

Jesus weiß, dass uns solch ein Vertrauen zu Gott immer wieder schwer fällt. Die Liebe Gottes kann man ja nicht beweisen, so wie man andere Kräfte in dieser Welt messen und nachweisen kann. Auch Jesus weiß, dass er von Gott in dieser Welt nur in Bildern reden kann. In Bildern aus dem menschlichen Alltag, die von der Liebe zwischen Eltern und Kindern handeln, oder vom Zusammenhang zwischen Weinstock und Weinrebe, oder von anderen Dingen, die er dann auf die Beziehung von Gott zu uns Menschen überträgt. „Das habe ich euch in Bildern gesagt“, erklärt uns Jesus.

Allerdings fährt er fort: „Es kommt die Zeit, dass ich nicht mehr in Bildern mit euch reden werde, sondern euch frei heraus verkündigen von meinem Vater. An jenem Tage werdet ihr bitten in meinem Namen. Und ich sage euch nicht, dass ich den Vater für euch bitten will; denn er selbst, der Vater, hat euch lieb, weil ihr mich liebt und glaubt, dass ich von Gott ausgegangen bin.“ Wann diese Zeit einmal kommen wird, das sagt er nicht. Vielleicht müssen wir dieses Leben erst ganz durchschritten haben, bis wir ohne Bildworte verstehen können, wie Gott für uns da ist. Vielleicht kommt erst im Himmel die Zeit, wo wir nicht einmal mehr Jesus als Vermittler brauchen, um von Gott etwas zu erbitten. Aber schon jetzt dürfen wir darauf vertrauen: „Er selbst, der Vater hat uns lieb!“ Und von der Art, wie Jesus mit diesem Vater gelebt hat, wie er zu ihm gebetet hat, dürfen wir lernen. Auch wir sind ja Gottes Kinder, auch uns lässt er nicht allein, auch uns traut er etwas zu, jedem nach seiner eigenen Art und Weise.

Ob die innere Unruhe, von der ich am Anfang sprach, im Glauben an Gott bewältigt werden kann? Wenn diese Unruhe darin begründet ist, dass wir verzweifelt suchen nach einer Anerkennung und Geborgenheit und Liebe, die wir schmerzlich entbehren mussten, dann können wir bei diesem Gott zur Ruhe kommen: Er liebt uns, ohne dass wir uns diese Liebe verdienen müssten! Dann wissen wir, was das Wort Jesu bedeutet: „In mir sollt ihr Frieden haben. In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.
Lied 612: Fürchte dich nicht, gefangen in deiner Angst

Und nun feiern wir – wie immer am ersten Sonntag des Monats – das heilige Abendmahl miteinander. Wer daran teilnehmen will, kommt nach vorn, wenn es so weit ist, die anderen mögen auf ihrem Platz bleiben und gehören auch zu uns dazu. Nach den Einsetzungsworten singen wir das Lied 190.2.

Herr Jesus Christus, in Bildern hast du zu uns Menschen gesprochen, in Bildern von Gott, deinem Vater. Du hast gesagt: Es ist mit Gott wie mit einem Herrn, der zum Gastmahl einlädt, und alle dürfen kommen, niemanden schickst du weg. Du hast gesagt: Es ist mit deinem Leib so wie mit dem Brot, das gebrochen wird, und dann stärkt es die, die davon essen. Es ist mit deinem Blut so wie mit dem Kelch, der leergetrunken wird und dann spürt man neue Kraft. Komm zu uns in deinem Abendmahl und schenke uns Geborgenheit in dir. Amen.

Einsetzungsworte und Abendmahl

Gott Jesus, Sohn Gottes, du gibst uns deine Liebe, die uns trägt und die wir nötig haben. Du hältst uns fest in unserer Angst, der du die Welt überwunden hast. Hilf uns, dass wir deine Liebe auch weitergeben, dass wir Worte finden, die gut tun, Worte, die entlasten, die trösten, die ermuntern. Hilf uns, wenn wir nicht mehr beten können, dass wir es doch wieder lernen, vor dich zu bringen, was uns belastet und beglückt: Angst und Schuld, Hoffnung und Freude. Lass uns spüren, dass du dort eingreifst in unserer Welt, wo in uns deine Liebe Wurzeln schlägt, oder wo wir Menschen begegnen, denen wir nicht gleichgültig sind. Amen.

Wir beten gemeinsam mit den Worten Jesu:

Vater unser

Wir singen zum Schluss des Gottesdienstes das kirchliche Maienlied 501, 1-4:

Wie lieblich ist der Maien aus lauter Gottesgüt, des sich die Menschen freuen, weil alles grünt und blüht. Die Tier sieht man jetzt springen mit Lust auf grüner Weid, die Vöglein hört man singen, die loben Gott mit Freud.

Herr, dir sei Lob und Ehre für solche Gaben dein! Die Blüt zur Frucht vermehre, lass sie ersprießlich sein. Es steht in deinen Händen, dein Macht und Güt ist groß; drum wollst du von uns wenden Mehltau, Frost, Reif und Schloß‘.

Herr, lass die Sonne blicken ins finstre Herze mein, damit sich’s möge schicken, fröhlich im Geist zu sein, die größte Lust zu haben allein an deinem Wort, das mich im Kreuz kann laben und weist des Himmels Pfort.

Abkündigungen

Gott, der Herr, segne euch, und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch Frieden. Amen.

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