Johannes befreiungs­theologisch auslegen!

Der Evangelist Johannes mit aufgeschlagenem Buch, im Hintergrund ein Adler
Johannes der Evangelist von Crispijn van de Passe de Oude (Bild: Universiteitsbibliotheek UGent, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Seit dem Sommer 2020 beschäftige ich mich intensiv mit dem Johannesevangelium. Hier finden Sie eine Liste meiner Beiträge, die sich um die Frage drehen, ob das vierte Evangelium trotz seiner jüdischen Prägung zutiefst judenfeindlich ist. Ich sehe das anders: Der Evangelist Johannes streitet als Jude mit andersdenkenden Juden darüber, ob Jesus der Messias ist, der Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden herbeiführen wird.

In meiner Auslegung des Johannesevangeliums folge ich weitgehend einer Lektüre, die Ton Veerkamp als ein biblischer Theologe der Amsterdamer Schule in den Jahren 2006 und 2007 vorgelegt hat und die ich hier veröffentlichen darf. Sie kann nach der pdf-Version, die hier heruntergeladen werden kann, zitiert werden:

Veerkamp Johannes
Size : 1.9 MB Format : PDF

Derselbe Text ist hier auch in einer online-Version verfügbar (in insgesamt fünf Beiträgen, die durch das Inhaltsverzeichnis am Anfang des ersten Beitrages ansteuerbar sind):

Ton Veerkamp, Solidarität gegen die Weltordnung

Als ich Anfang 2022 auf die beiden wissenschaftlichen Kommentare zum Johannesevangelium von Hartwig Thyen und Klaus Wengst stieß, die mich aus unterschiedlichen Gründen angesprochen haben, kam ich auf die Idee, die beiden Sichtweisen dieser Autoren in ein Gespräch mit Ton Veerkamps befreiungstheologischer Lektüre zu bringen. Die Ergebnisse dieser Auseinandersetzung schrieb ich seit dem 23. Februar 2022 jeweils direkt in meinen Johannes-Blog, um ihn genau ein Jahr später, am 23. Februar 2023, fertigzustellen. Insgesamt umfasst er die folgenden drei Teile:

Johannes-Blog 1: „Der offenbare Messias“ (1,1 – 4,54)

Johannes-Blog 2: „Der verborgene Messias“ (5,1 – 12,50)

Johannes-Blog 3: „Der Abschied des Messias“ (13,1 – 21,25)

Weitere zwei Monate verbrachte ich damit, die Einführung in das Johannesevangelium von Michael Heymel, Das Johannesevangelium heute lesen, in ein Gespräch mit der befreiungstheologischen Johannes-Auslegung von Ton Veerkamp zu bringen, und zwar unter dem Titel:

Übersehene Perspektiven im Johannesevangelium

Anschließend beschäftigte ich mich mit einem Aufsatz von Johannes Beutler über den Heilsuniversalismus im Johannesevangelium, den ich von Ton Veerkamp her unter folgenden Titel anders als er einschätze:

Christliches Heil für alle Völker oder weltweite Befreiung?

Noch einmal drei Monate dauerte es, bis ich das hochinteressante Buch von Lance Byron Richey über die Römische Reichsideologie und das Johannesevangelium durchgearbeitet hatte und Ende August 2023 meine kritische Stellungnahme veröffentlichen konnte:

Christus und Caesar. Eine politische Auslegung des Johannesevangeliums, kritisch gelesen

Ein halbes Jahr später, Ende Februar 2024, beschließe ich nun (vorläufig?) meine Johannes-Studien mit einem Aufsatz über die in Johannes 8,44 zutage tretende scharfe Auseinandersetzung des johanneischen Jesus mit Juden, die auf Jesus vertrauten oder vertraut hatten und die er als Kinder des Teufels bezeichnet:

„Ihr seid vom Vater, dem Teufel!“

Aber was hatte mich eigentlich zu dieser intensiven Beschäftigung mit Johannes veranlasst?

Im August 2020 stieß ich auf das Buch der jüdischen Wissenschaftlerin Adele Reinhartz, die versuchte, mit dem Geliebten Jünger, der als Autor des Johannesevangeliums gilt, Freundschaft zu schließen, aber diesen Versuch letztendlich aufgab, weil in ihren Augen Johannes mit seiner Rhetorik ein antijüdisches Programm vertritt, demzufolge Jesus Christus die Juden, die nicht an ihn glauben, ihres von Gott geschenkten Heils enterbt. Adele Reinhartz ist Expertin für die Geschichte und Literatur des entstehenden Christentums und frühen Judentums in der griechisch-römischen Zeit und versteht das Johannesevangelium entsprechend der seit dem 2. Jahrhundert üblich gewordenn heidenchristlichen Auslegung in einer klaren Frontstellung der Christen, denen Jesus das ewige Leben im Himmel garantiert, gegenüber den Juden, die den Teufel zum Vater haben (Johannes 8,44).

In folgenden vier Beiträgen setze ich mich intensiv mit vier Büchern dieser Autorin auseinander:

Jenseitskosmologie oder Überwindung der Weltordnung?

zu dem Buch: Adele Reinhartz, The Word in the World. The Cosmological Tale in the Fourth Gospel, Atlanta/Georgia 1992.

Jesu Busenfreund: Freundschaft mit Adele Reinhartz

zu dem Buch: Adele Reinhartz, Befriending the Beloved Disciple. A Jewish Reading of the Gospel of John, New York / London 2001 (übersetzt von Esther Kobel, Freundschaft mit dem Geliebten Jünger. Eine jüdische Lektüre des Johannesevangeliums, Zürich 2005).

Kaiphas, dem Hohenpriester, gerecht werden

zu dem Buch: Adele Reinhartz, Caiaphas the High Priest, Columbia, South Carolina 2011.

Befreiung für ganz Israel durch den Messias Jesus

zu dem Buch: Adele Reinhartz, Cast Out of the Covenant: Jews and Anti-Judaism in the Gospel of John, Lanham 2018.

Durch die Bücher von Adele Reinhartz wurde ich aufmerksam auf das folgende Buch von Esther Kobel, das ich in folgendem Beitrag besprochen habe:

Jesu Fleisch kauen – wie beim Gott Dionysos?

zu dem Buch: Esther Kobel, Dining with John. Communal Meals and Identity Formation in the Fourth Gospel and its Historical and Cultural Context, Leiden: Brill 2011.

Durch Esther Kobel bin ich wiederum angeregt worden, ein Buch von Edmund Little zu lesen, in dem er die Hochzeit zu Kana und die Speisung der Fünftausend auf dem Hintergrund alttestamentlicher Stellen auslegt. Das führt ihn allerdings leider nicht zu einer jüdisch-messianischen Auslegung des Johannesevangeliums; er ist fest davon überzeugt, dass Johannes im Wein- und Brotwunder die Einsetzung des christlichen Abendmahls beschreibt und dass durch Jesus die Heilsgaben des Alten Testaments abgelöst und überboten werden. In folgenden Beitrag habe ich seine Ausführungen kommentiert:

Welche Nachtigall singt im Johannesevangelium?

zu dem Buch: Edmund Little, Echoes of the Old Testament in the Wine of Cana in Galilee (John 2: 1-11) and the Multiplication of the Loaves and Fish (John 6: 1-15). Towards an Appreciation, Paris: J. Gabalda, 1998.

Im Hessischen Pfarrblatt fand ich außerdem genau passend zu meiner Beschäftigung mit Johannes einen Artikel von Erich Dorn über den Kosmos-Begriff im Johannesevangelium, zu dem ich ebenfalls einen Kommentar verfasst habe:

Johannes – Evangelium einer neuen Schöpfung

zum Artikel: Erich Dorn, Welt oder Schöpfung: KOSMOS – ein Schlüsselbegriff im johanneischen Schrifttum, im Hessischen Pfarrblatt Juni 2021, 91-97.

Inzwischen bin ich aufmerksam geworden auf ein Buch und mehrere Aufsätze von Dr. Günter Reim zum Johannesevangelium und habe mich bisher in folgenden zwei Beiträgen mit ihm auseinandergesetzt:

Wer ist Jesus nach dem Johannesevangelium?

Augenzeuge – der Zeichen des Messias Jesus!

In einem weiteren Beitrag hatte ich mich bereits Anfang 2020 mit dem Buch des katholischen Theologen Marius Reiser befasst, der die Anfänge aller vier Evangelien mit den Augen eines römischen Schriftstellers zu lesen versucht, der ein Zeitgenosse des Johannes war:

Ist es so neu, die Evangelien als Heide zu lesen?

zu dem Buch Marius Reiser, Vier Porträts Jesu. Die Anfänge der Evangelien gelesen mit den Augen Plutarchs, Stuttgart 2019.

Sechs dieser fünfzehn Beiträge gibt es auf der Bibelwelt außerdem in englischer Übersetzung:

zu Ton Veerkamp:

Solidarity against the World Order

zu Adele Reinhartz:

Otherworldly Word or Overcoming the World Order?

The Beloved Disciple befriending Adele Reinhartz

Doing Justice to Caiaphas the High Priest

Jesus the Messiah: Liberation for all Israel

Und zu Lance Byron Richey:

Christ and Caesar. A Political Interpretation of the Gospel of John, Critically Recounted

Ich erwarte nicht, dass irgendjemand alle diese Beiträge von vorne bis hinten lesen wird.

Durch die Inhaltsverzeichnisse ist es allerdings möglich, in bestimmte Themen, die dem einen oder der anderen interessant vorkommen, hineinzuschnuppern und sich einen Eindruck zu verschaffen, wie unterschiedlich beispielweise die Hochzeit zu Kana, das Gespräch Jesu mit der Samaritanerin am Jakobsbrunnen oder die Einschätzung der Judäer als Kinder des diabolos beurteilt werden können.

Für jedwede Rückmeldung und Nachfragen, auch kritischer Art, insbesondere zu übersehenen Fehlern im Text, bin ich dankbar!

Mit herzlichen Grüßen
Helmut Schütz

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