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Weihnachten: Ankommen – Weiterkommen

Weihnachten ist ein Fest für Menschen, die weiterkommen wollen. Doch wer weiterkommen will, muss auch ankommen können. Zum Beispiel an einem unvermuteten Ziel: in einem Stall, an einer Krippe, in der ein kleines Kind liegt. Weiterkommen kann heißen: Verändert werden, von der Krippe in Richtung Friedensreich aufbrechen.

direkt-predigtGottesdienst mit Carolin Kalbhenn, Barbara Görich-Reinel und Helmut Schütz am 2. Weihnachtsfeiertag, 26. Dezember 2004, um 10.00 Uhr in der evangelischen Thomaskirche Gießen
Orgelvorspiel und Begrüßung
Lied 45, 1-4

1. Herbei, o ihr Gläub’gen, fröhlich triumphieret, o kommet, o kommet nach Bethlehem! Sehet das Kindlein, uns zum Heil geboren! O lasset uns anbeten, o lasset uns anbeten, o lasset uns anbeten den König!

2. Du König der Ehren, Herrscher der Heerscharen, verschmähst nicht zu ruhn in Marien Schoß, Gott, wahrer Gott von Ewigkeit geboren. O lasset uns anbeten, o lasset uns anbeten, o lasset uns anbeten den König!

3. Kommt, singet dem Herren, singt, ihr Engelchöre! Frohlocket, frohlocket, ihr Seligen: »Ehre sei Gott im Himmel und auf Erden!« O lasset uns anbeten, o lasset uns anbeten, o lasset uns anbeten den König!

4. Ja, dir, der du heute Mensch für uns geboren, Herr Jesu, sei Ehre und Preis und Ruhm, fleischgewordnes Wort des ewgen Vaters! O lasset uns anbeten, o lasset uns anbeten, o lasset uns anbeten den König!

Barbara Görich-Reinel: Votum – Psalm – Gebet
Lesung: Jesaja 11, 1-9
Lied 30, 1-3:

1. Es ist ein Ros entsprungen aus einer Wurzel zart, wie uns die Alten sungen, von Jesse kam die Art und hat ein Blümlein bracht mitten im kalten Winter wohl zu der halben Nacht.

2. Das Blümlein, das ich meine, davon Jesaja sagt, hat uns gebracht alleine Marie, die reine Magd; aus Gottes ewgem Rat hat sie ein Kind geboren, welches uns selig macht.

3. Das Blümelein so kleine, das duftet uns so süß; mit seinem hellen Scheine vertreibt’s die Finsternis. Wahr‘ Mensch und wahrer Gott, hilft uns aus allem Leide, rettet von Sünd und Tod.

Spielszene (Carolin Kalbhenn, Barbara Görich-Reinel und Helmut Schütz)

Erzählerin: In einem Abteil des ICE von Hannover nach Frankfurt sitzen eine Mitarbeiterin der Kinderkirche und ein Manager. Er liest den Wirtschaftsteil der FAZ, sie blättert in den Vorbereitungsunterlagen für den nächsten Freitag. Ihr erster Impuls ist es, die Unterlagen so zu halten, dass er nicht sieht, dass sie von der Kirche ist und sich mit Kinderarbeit beschäftigt. Am besten überhaupt ein Gespräch vermeiden.

Ab Göttingen geht der Plan schief.

Der Manager faltet seine Zeitung sorgfältig zusammen, beginnt mit harmloser Konversation und ist schnell bei seinem Beruf, offensichtlich seinem Lieblingsthema.

Manager: (streckt sich) Ach, war das ein langer Tag heute.

Kinderkirchenfrau: (reagiert nicht)

Manager: Naja, ich lieg’ ja ständig auf der Strecke hier. Ich bin in der Verpackungsbranche beschäftigt. Verpackungen für Zahnpastatuben stellen wir her. Die letzten Monate waren turbulent. Ich habe gerade ein neues Beschäftigungsmodell entwickelt, das dem Standort Deutschland völlig neue Impulse geben wird.

Erzählerin: Die Frau war beeindruckt, wie ein Mensch so von der Bedeutung seiner Tätigkeit überzeugt sein konnte, ganz für eine Sache leben. Und in diesem Moment kam die Frage, vor der sie sich die ganze Zeit gefürchtet hatte.

Manager: Und, was machen Sie so?

Erzählerin: Da kam der Heilige Geist über die Frau. Sie setzte sich kerzengerade und lächelte.

Frau: Ist ja interessant. Ich glaube wir haben ganz ähnliche Geschäftsinteressen. wir haben gerade auch ein völlig neues Konzept für den Standort Deutschland entwickelt. Allerdings arbeiten wir weniger mit Verpackungen als mit Inhalten. Wir wenden theologische Basisprinzipien an, um eine positive Modifikation der Persönlichkeit unserer Klienten herbeizuführen.

Erzählerin: Er hatte keine Ahnung, wovon sie redete, hätte das aber nie zugegeben.

Manager: Äh, irgendwie habe ich schon einmal davon gehört. Haben Sie ein Büro in Frankfurt?

Frau: O, wir haben mindestens eins in jeder Stadt. Von Alaska bis Kasachstan. Wissen Sie: die neuen Märkte sind für uns alte Hüte.

Erzählerin: Ihm fiel die Kinnlade runter. Man sah richtig, wie er sein Gehirn durchstöberte, um diese große Firma zu identifizieren, über die er sicher schon einmal in der FAZ gelesen hatte.

Frau: Tatsächlich arbeiten wir auf internationaler Ebene. Unsere Führungsebene plant, bis zum Ende der Geschäftsperiode mindestens ein Standbein in jedem Land der Welt zu haben. (Pause) Haben Sie auch so etwas vor?

Manager: (stammelt) Äh, nein, noch nicht. Aber Sie haben ihre Führungsebene erwähnt. Wie machen die das?

Eine Zeitung mit dem Titel "NEWS", angedeutetem Schriftsatz und einem Bild mit stilisierter Familie
Neuigkeiten von einem Familienunternehmen (Bild: OpenClipart-VectorsPixabay)

Frau: Es ist eben ein Familienunternehmen. Es gibt einen Vater, einen Sohn und einen…, ja guten Geist. Nun ja, die drei halten alles am Laufen.

Manager: Es muss ein Haufen Kapital im Spiel sein.

Frau: Meinen Sie Geld? Ja, das nehme ich auch an. Niemand weiß genau, wie viel, aber wir machen uns auch unsere Gedanken darüber. Der Chef scheint immer genug zu haben.

Manager: Und die Mitarbeiter?

Frau: Oh, die sollten Sie mal sehen. Sie haben einen besonderen Geist, der das Unternehmen prägt. Es läuft ungefähr so: Der Vater und der Sohn gehen so liebevoll miteinander um, dass die Liebe sich auf die Mitarbeiter überträgt und die sich untereinander auch lieben. Ich weiß, es klingt altmodisch, aber ich kenne Menschen bei uns, die wären bereit füreinander zu sterben. Wie ist das bei Ihnen?

Manager: Noch nicht so weit. … Sie haben sicher gute Vergünstigungen?

Frau: Allerdings! Ich habe eine Überlebensversicherung, Alters- und Todesvorsorge, alles auf Kosten des Chefs. Und das Beste: er hat für mich ein großzügiges Appartment in einer riesigen tollen Wohnanlage reserviert, da kann ich einziehen, wenn ich mit der Arbeit fertig bin.

Manager: Äh (verwirrt) wissen Sie, eines beschäftigt mich noch. Ich lese viel und wenn Ihr Unternehmen wirklich so ist, wie Sie es beschreiben, warum habe ich dann noch nie davon gehört?

Frau: Eine gute Frage. Vielleicht lesen Sie die falsche Zeitung. Immerhin blicken wir auf eine 2000 Jahre alte Tradition zurück. Aber vielleicht möchten Sie sich uns anschließen? Wir bieten neue Möglichkeiten der Orientierung für Menschen wie Sie, Menschen, die weiterkommen wollen.

Manager: Weiterkommen, ja. Aber wohin?

Frau: Oh, genau auf diese Frage haben wir uns spezialisiert.

Lied 39, 1-3+7:

1. Kommt und lasst uns Christus ehren, Herz und Sinnen zu ihm kehren; singet fröhlich, lasst euch hören, wertes Volk der Christenheit.

2. Sünd und Hölle mag sich grämen, Tod und Teufel mag sich schämen; wir, die unser Heil annehmen, werfen allen Kummer hin.

3. Sehet, was hat Gott gegeben: seinen Sohn zum ewgen Leben. Dieser kann und will uns heben aus dem Leid ins Himmels Freud.

7. Schönstes Kindlein in dem Stalle, sei uns freundlich, bring uns alle dahin, da mit süßem Schalle dich der Engel Heer erhöht.

Carolin Kalbhenn – Ansprache (Teil 1):
Auf dem Weg zur Krippe ist das Weiterkommen ein Ankommen

Liebe Gemeinde, heute am 2. Weihnachtsfeiertag richten sich bei vielen von uns die Gedanken schon wieder auf den Alltag, der nach den Feiertagen einkehren wird. Die einen vielleicht ein bisschen wehmütig, weil Weihnachten so schnell vergangen ist, die anderen erleichtert, weil die Ruhe der Festtage ihnen zu schaffen gemacht hat. Der zweite Weihnachtsfeiertag – ein Tag zwischen Innehalten und Weitergehen, zwischen Rückblick und Ausblick. Und deutlicher vielleicht als an den anderen Feiertagen spüren wir an diesem Tag etwas davon, das ganz bedeutsam für Weihnachten ist: die Dynamik, die Bewegung. Weihnachten – ein Fest für Menschen, die weiterkommen wollen? Ein Fest für Menschen wie den Manager im Zug von Hannover nach Frankfurt?

In gewisser Weise ja. Die biblischen Geschichten von Weihnachten erzählen viel von Menschen, die sich in Bewegung setzen lassen, von der weihnachtlichen Botschaft, die Vertrautes hinter sich lassen und aufbrechen, um das zu suchen, wovon die Zeichen sagen, dass es die Welt verändern wird. Die Hirten, die das Erscheinen der Engel nicht vor Schreck erstarren lässt, sondern die sich aufmachen und das Kind suchen voller Hoffnung, dass es ihrem Leben eine neue Richtung geben kann. Die Könige, die sich auf die lange Reise begeben mit der Ahnung, dass sie einem weltbewegenden Geschehen auf der Spur sind, das auch in ihr eigenes Leben nicht unberührt lassen wird. Menschen, die unterwegs sind und weiterkommen wollen. Die ein Ziel suchen, für das es sich zu leben lohnt, das ihrem Leben einen Sinn gibt.

Menschen, die weiterkommen wollen, müssen auch ankommen können. Das ist eine Erfahrung derer, die sich auf den Weg machen, um den Retter der Welt zu suchen. Ihr Weg findet ein unvermutetes Ziel: in einem Stall, an einer Krippe, in der ein kleines Kind liegt. Wie gut, dass der Stern so hell scheint, dass ihnen klar wird: hier sollten wir wohl ankommen (Matthäus 2, 9-11). Dass sie nicht einfach weitergehen. In der Hoffnung weiterzukommen, ihr Ziel übersehen. Die Gefahr war da schon – denn wenn man wirklich große Pläne hat, wenn man alles erreichen will, dann verliert sich ganz schnell der Blick für das, was unterwegs schon ein lohnendes Ziel sein könnte.

Menschen, die weiterkommen wollen, müssen auch ankommen können. Und vielleicht kommen sie gerade so viel weiter, als wenn sie rastlos auf der Suche bleiben. Für die Menschen damals im Stall hat das sicher gegolten, denn sie machen in diesem Moment der Ruhe an der Krippe eine Erfahrung, die ihr ganzes Leben prägen wird. In einem kleinen, zerbrechlichen Kind kommt Gott zur Welt, kommt er mitten ins Leben der Menschen. Und das lässt sie etwas ahnen, wofür sie lange unterwegs sein mussten: Lebenssinn lässt sich nicht erst hinter der nächsten oder übernächsten Biegung des Weges finden, nicht erst ganz am Ende einer Karriereleiter oder am Ende aller Wünsche und Träume, sondern genau da, wo wir gerade unterwegs sind – in der Beziehung zu den Menschen, die unser Leben teilen, in den kleinen und großen Herausforderungen, die jetzt und gerade zu bewältigen sind.

Diese Erfahrung lässt die Könige ankommen und sie lässt sie weitergehen.

Helmut Schütz – Ansprache (Teil 2):
Wer von der Krippe aus weiterkommt, geht verändert in die Welt

Liebe Gemeinde, was geschieht eigentlich, nachdem die Weisen aus dem Morgenland ihren Besuch beim Kind in Bethlehem beendet haben? Sie hatten weiterkommen wollen, darum waren sie einem Stern gefolgt, der sie in die kleinste Stadt eines kleinen Landes führte, und angekommen waren sie schließlich dort, wo ein kleines Kind mit seiner Mutter zu finden war. Ist das ein Weiterkommen auf der Suche nach dem Sinn des Lebens? Sieht das nicht eher wie eine Sackgasse aus?

Egal, was die astrologisch gebildeten morgenländischen Männer ursprünglich gesucht haben, sie sind überwältigt von dem, was sie in Bethlehem finden: Sie fallen nieder, beten das Kindlein an und beschenken es. Es sind reiche Männer, die kirchliche Überlieferung sah in ihnen die Heiligen Drei Könige, doch sie beugen ihre Knie vor einem Kind, in dem sie die Gegenwart eines mächtigeren Herren spüren, als sie es sind.

So beginnt die Verwandlung von Menschen: indem sie sich anrühren lassen von der Kindlichkeit Gottes, von einer Allmacht, die sehr verletzbar und allem Bösen ausgeliefert erscheint, angewiesen auf Schutz und Liebe, und gerade so niemanden bedroht – außer alle Rechtfertigungen von Gewalt.

Herren, die niederknien und ein Kind beschenken, sie sind weitergekommen, haben sich gewandelt im Sinne der Botschaft dieses Kindes, das später die unerhörten Sätze sprechen wird (Matthäus 20, 25-26):

„Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker niederhalten und die Mächtigen ihnen Gewalt antun. So soll es nicht sein unter euch; sondern wer unter euch groß sein will, der sei euer Diener.“

Aber dann? Gibt es ein Weiterkommen, wenn man an der Krippe angekommen ist? Gibt es ein Weiterkommen nach Weihnachten?

Die Weihnachtsgeschichte nach Matthäus erwähnt mit einem Satz, wohin und wie die Weisen weiterkommen (2, 12):

„Und Gott befahl ihnen im Traum, nicht wieder zu Herodes zurückzukehren; und sie zogen auf einem andern Weg wieder in ihr Land.“

Wie kommt man von der Krippe aus weiter?

Offenbar nicht, indem es ein noch ferneres Ziel gibt, das nun anzusteuern wäre. Der Bibeltext gibt nur zwei Alternativen der Rückkehr an: entweder die Rückkehr nach Jerusalem, ins Zentrum der königlichen Macht in Israel, oder die direkte Rückkehr ins Morgenland, woher sie ursprünglich aufgebrochen waren.

Auch die Rückkehr nach Jerusalem ist kein legitimes Weiterkommen von der Krippe Jesu aus: Es gibt politische Kontakte, Geschäftskontakte, persönliche Kontakte, die sich für denjenigen verbieten, der als Christ weiterkommen will. Gott selbst redet mit den Weisen im Traum, Gott selbst verbietet ihnen den weiteren Kontakt mit Herodes. Egal, was sie sich von weiteren Verbindungen mit dem einflussreichen König Israels erhofft haben könnten, sie sollen darauf verzichten, um das Kind nicht zu gefährden, um nicht, ohne es zu wollen, als Agenten des Herodes seine Mordpläne zu unterstützen.

Wo gibt es das in unseren Chefetagen oder Ministerien, dass einer bei weitreichenden Entscheidungen nicht allein Fachleute zu Rate zieht, sondern sich nach den ethischen Folgen fragt, nach der Übereinstimmung mit Gottes Willen? Ich hörte, dass manche Politiker oder Manager Astrologen befragen – ob es auch welche gibt, die beten, um eine verantwortungsvolle Entscheidung treffen zu können, ist mir nicht bekannt. Aber wir müssen nicht so hoch hinaus – wir alle haben irgendwann Entscheidungen zu treffen, die uns möglicherweise weiterbringen. Muss man das Mobbing gegen einen Kollegen mitmachen, wenn man nicht selbst irgendwann auf der Abschussliste stehen will? Ist es korrekt, über das sogenannte Vitamin B eine Stelle zu bekommen – und andere ebenso oder besser qualifizierte Bewerber haben das Nachsehen? Wer an der Krippe des Kindes zu Bethlehem gekniet hat, dürfte sich nur noch mit schlechtem Gewissen an Machtspielen beteiligen.

Das legitime Weiterkommen der Weisen aus dem Morgenland führt sie also schlicht und einfach zurück ins Morgenland. Da, wo sie hergekommen waren, liegt auch ihre Zukunft. Zielort und Herkunftsort unterscheiden sich also in diesem Falle nicht, wohl aber sind die, die hergekommen waren, bei ihrer Rückkehr nicht mehr die gleichen Leute. Sie tragen ein Ziel in ihrer Mitte, das ihnen keiner mehr nehmen kann, den Anblick des Kindes, das Gefühl, das sie an der Krippe hatten, nehmen sie mit.

Weiterkommen heißt nicht immer: neue Orte aufsuchen, neue Betätigungsfelder finden, neue Märkte erschließen. Weiterkommen kann heißen: Verändert werden. Äußerlich mag sich nichts ändern wie bei den Weisen, die nach Hause zurückkehren, an den Ausgangsort ihrer Reise. Aber wer verändert zurückkehrt, kann am gleichen Ort wie vorher ein neues Leben anfangen.

Barbara Görich-Reinel – Ansprache (Teil 3):
Weiterkommen in der Gemeinde mit dem Blick in die Welt

Weihnachten hat die Welt verändert. Die Menschen sind von der Krippe anders weggegangen, als sie hingekommen sind.

Sind sie damit auch weitergekommen? Wie man´s nimmt!

Was heißt weiterkommen? Karriere machen, aufsteigen, den Standort sichern, Marktanteile erobern, missionieren, Menschen mit Gottes Liebe in Berührung bringen? Reden wir dabei von uns persönlich als Christen und Christinnen oder überlegen wir als Gemeindeglieder!? Sind wir mit unserer Kirche weitergekommen?

Die Frau der Kinderkirche im Anspiel ist eine selbstbewusste, überzeugte Christin. Und, sie redet von Kirche als einem Familienunternehmen.

Auf dem globalen Markt haben diese Unternehmen es besonders schwer. Da kann die Liebe zwischen den Generationen noch so groß sein! Die Standorte sind entscheidend, die Menschen müssen bereit sein, für wenig oder nichts zu arbeiten. Das machen sie nur, wenn sie in ihrem Tun einen Sinn sehen. Wenn sie sich mit dem identifizieren, was sie tun, sind sie zufrieden.

Die Evangelische Kirche in Gießen steht hoch im Kurs. Ihr wird viel zugetraut und angetragen. Wertevermittlung, diakonisches Handeln, seelsorgerliche Begleitung, schöne Gottesdienste, politisches Andenken… Kirche vor Ort ist weit gekommen. Mehrere Generationen haben dazu beigetragen. Viele arbeiten dafür hart.

Aber dennoch gibt es auch Anzeichen für den Rückzug. Das Geld wird knapp und die verlässlichen, ehrenamtlichen Aktiven sind rar. Die frohe, wärmende Botschaft von Weihnachten droht angesichts der sozialen Kälte unseres Landes zu gefrieren. Hier sind wir herausgefordert. Weiterkommen heißt von der Krippe in Richtung Friedensreich aufzubrechen. Der Zion, der heilige Berg in Jerusalem, das Symbol für den Mittelpunkt der Welt, von dem Recht und Gerechtigkeit ausgehen und zu dem alle Völker am Ende aller Zeiten zusammenkommen, ist dabei im Blick.

Der Zion und die Krippe, die alten Bilder von Frieden und Gerechtigkeit, weisen über sich selbst hinaus. Sie geben Orientierung, so dass wir nicht im sentimentalen und selbstbezogenen Klagen – „früher war alles besser“ – stecken bleiben.

Weiter kommen wir, wenn wir uns auf unsere Wurzeln besinnen. Manche Triebe müssen wir beschneiden, damit sie Früchte bringen. Weiter kommen wir, wenn wir uns gegenseitig beraten und unterstützen. Weiter kommen wir, wenn wir uns gemeinsam als Protestanten profilieren und das Leben im Norden Gießens stärken. Dann wird die besungene Rose blühen und das Blümlein duften. Jeder Manager wird sofort wissen, um welches Unternehmen es sich bei dem unseren handelt. Amen.

Lied 35, 1-4:

1. Nun singet und seid froh, jauchzt alle und sagt so: Unsers Herzens Wonne liegt in der Krippen bloß und leucht‘ doch wie die Sonne in seiner Mutter Schoß. Du bist A und O, du bist A und O.

2. Sohn Gottes in der Höh, nach dir ist mir so weh. Tröst mir mein Gemüte, o Kindlein zart und rein, durch alle deine Güte, o liebstes Jesulein. Zieh mich hin zu dir, zieh mich hin zu dir.

3. Groß ist des Vaters Huld, der Sohn tilgt unsre Schuld. Wir warn all verdorben durch Sünd und Eitelkeit, so hat er uns erworben die ewig Himmelsfreud. O welch große Gnad, o welch große Gnad!

4. Wo ist der Freuden Ort? Nirgends mehr denn dort, da die Engel singen mit den Heilgen all und die Psalmen klingen im hohen Himmelssaal. Eia, wärn wir da, eia, wärn wir da!

Carolin Kalbhenn und Helmut Schütz: Fürbittengebet

C: Gott, zu dir kommen wir mit unseren Bitten; vor dir legen wir ab, was uns berührt, bewegt und beschwert.

Wir bitten dich für die, die in diesen Tagen aus vollen Herzen fröhlich sein konnten. Lass sie etwas von ihrer Freude mitnehmen in den Alltag, der morgen wieder auf sie wartet.

H: Wir bitten dich für alle, die viel allein gewesen sind an diesen Festtagen, bei denen sich dunkle Gedanken breit machen konnten. Sei du bei ihnen mit deiner Freundlichkeit, stärke und tröste sie.

C: Wir bitten dich für die, die nicht abschalten können, die vom Ehrgeiz Getriebenen und von dem Willen zur Perfektion Beherrschten, dass sie ausatmen können in deiner Nähe und die Wärme deiner Barmherzigkeit erfahren.

H: Wir bitten dich für unsere Gemeinden hier in der Gießener Nordstadt, lass uns auch nach diesen Festtagen bewegt bleiben von der Weihnachtsbotschaft und hilf uns auch in Zeiten knapper werdender Finanzen, glaubwürdige Zeugen und Zeuginnen deiner Botschaft zu sein.

C: An diesem Morgen, an dem uns die Nachrichten vom Erdbeben in Südostasien erreichen, bitten wir dich, Gott, besonders für die Menschen, die davon betroffen sind, die alles verloren haben und jetzt vor einer ungewissen Zukunft stehen, Sei bei Ihnen, sei Ihnen ein Licht in der Finsternis.

H: Gott, zu dir kommen wir und legen dir in der Stille das ans Herz, was uns in diesen Tagen besonders beschäftigt:

Stille und Vaterunser
Abkündigungen
Lied 36, 1+6-9:

1. Fröhlich soll mein Herze springen dieser Zeit, da vor Freud alle Engel singen. Hört, hört, wie mit vollen Chören alle Luft laute ruft: Christus ist geboren!

6. Ei so kommt und lasst uns laufen, stellt euch ein, groß und klein, eilt mit großen Haufen! Liebt den, der vor Liebe brennet; schaut den Stern, der euch gern Licht und Labsal gönnet.

7. Die ihr schwebt in großem Leide, sehet, hier ist die Tür zu der wahren Freude; fasst ihn wohl, er wird euch führen an den Ort, da hinfort euch kein Kreuz wird rühren.

8. Wer sich fühlt beschwert im Herzen, wer empfind’t seine Sünd und Gewissensschmerzen, sei getrost: hier wird gefunden, der in Eil machet heil die vergift’ten Wunden.

9. Die ihr arm seid und elende, kommt herbei, füllet frei eures Glaubens Hände. Hier sind alle guten Gaben und das Gold, da ihr sollt euer Herz mit laben.

Segen
Orgelnachspiel

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