Bild: Helmut Schütz

Auferstanden von den Toten!

Ist unsere Feier heute morgen so etwas wie eine Trauerfeier um Jesus Christus, die wir jedes Jahr an diesem Kreuz wiederholen, so wie das Murmeltier täglich immer wieder grüßen muss? Nein, wir feiern keinen traurigen Abschied von Jesus, sondern wir begehen eine fröhliche Siegesfeier. Die Todesmächte, die unserem Leben das Glück, den Sinn, den Frieden rauben, hat er besiegt.

Bläserkreis unter der Leitung von Jochen Flimm bei der ökumenischen Osterandacht am Steinkreuz
Bläserkreis unter der Leitung von Jochen Flimm bei der ökumenischen Osterandacht am Steinkreuz in Gießen

Osterandacht am Ostersonntag, 20. April 2014, 8.00 Uhr am Steinkreuz auf dem Friedhof Gießen
Bläservorspiel

„Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden!“ So grüßen wir uns mit dem Ostergruß.

Ich freue mich besonders, dass wir unsere 45. Osterfeier auf dem Friedhof zum ersten Mal in ökumenischer Zusammenarbeit gestalten und feiern. Herr Andreas Pithan von der katholischen Pfarrgemeinde St. Albertus hat die Feier gemeinsam mit mir vorbereitet.

Im Übrigen bin ich dankbar, dass der Gießener Bläserkreis uns auch in diesem Jahr wieder musikalisch unterstützt. Herr Joswig hat die Leitung in jüngere Hände abgegeben; Jochen Flimm war mein Ansprechpartner; vielen herzlichen Dank für Ihr Engagement!

Und nun beginnen wir unsere Osterfeier im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Wir singen das Lied 103:

1. Gelobt sei Gott im höchsten Thron samt seinem eingebornen Sohn, der für uns hat genug getan. Halleluja, Halleluja, Halleluja.

2. Des Morgens früh am dritten Tag, da noch der Stein am Grabe lag, erstand er frei ohn alle Klag. Halleluja, Halleluja, Halleluja.

3. Der Engel sprach: »Nun fürcht‘ euch nicht; denn ich weiß wohl, was euch gebricht. Ihr sucht Jesus, den find’t ihr nicht.« Halleluja, Halleluja, Halleluja.

4. »Er ist erstanden von dem Tod, hat überwunden alle Not; kommt, seht, wo er gelegen hat.« Halleluja, Halleluja, Halleluja.

5. Nun bitten wir dich, Jesu Christ, weil du vom Tod erstanden bist, verleihe, was uns selig ist. Halleluja, Halleluja, Halleluja.

6. O mache unser Herz bereit, damit von Sünden wir befreit dir mögen singen allezeit: Halleluja, Halleluja, Halleluja.

Zum ersten Mal wurde die Osterandacht am Steinkreuz ökumenisch gefeiert
Zum ersten Mal wurde die Osterandacht am Steinkreuz ökumenisch gefeiert

Wir hören die Schriftlesung aus 2. Timotheus 2, 8-13:

8 Halt im Gedächtnis Jesus Christus, der auferstanden ist von den Toten, aus dem Geschlecht Davids, nach meinem Evangelium,

9 für welches ich leide bis dahin, dass ich gebunden bin wie ein Übeltäter; aber Gottes Wort ist nicht gebunden.

10 Darum dulde ich alles um der Auserwählten willen, damit auch sie die Seligkeit erlangen in Christus Jesus mit ewiger Herrlichkeit.

11 Das ist gewisslich wahr: Sterben wir mit, so werden wir mit leben;

12 dulden wir, so werden wir mit herrschen; verleugnen wir, so wird er uns auch verleugnen;

13 sind wir untreu, so bleibt er doch treu; denn er kann sich selbst nicht verleugnen.

Liebe Gemeinde, wenn wir sonst auf dem Friedhof versammelt sind, in der Regel in der Kapelle, im Urnenraum oder an einem ganz bestimmten offenen Grab, in dem ein geliebter Angehöriger oder Freund bestattet wird, dann ist ein wichtiger Bestandteil dieser Trauerfeiern die Erinnerung. Wer einen Menschen loslassen muss, der stirbt, dem tut es gut, sich noch einmal vor Augen zu führen, wer und wie dieser Mensch gewesen ist und welche Geschichten sein Leben erzählt. Wir möchten im Gedächtnis behalten, was uns mit einem Verstorbenen verbunden hat und was uns über den Tod hinaus mit ihm verbinden kann.

In unserem Bibeltext geht es auch um die Erinnerung an einen Verstorbenen: um Jesus Christus. Ihn haben wir alle nicht persönlich gekannt, ist er doch schon seit etwa 2000 Jahren tot. Und doch sollen wir ihn in unserem Gedächtnis halten und bewahren. Ist nun unsere Feier heute morgen so etwas wie eine Trauerfeier, die wir jedes Jahr an diesem Kreuz wiederholen, so wie das Murmeltier täglich immer wieder grüßen muss?

Nein, denn wir sind heute nicht aus Anlass des Todes von Jesus Christus versammelt. Und noch einmal nein, auch wenn wir am Karfreitag des Todes Jesu gedenken, halten wir auch an diesem Tag dennoch keine Trauerfeier der üblichen Art. Was wir hier an diesem Tag wirklich feiern, möchte ich an Hand der Worte aus dem 2. Timotheusbrief erläutern, die Herr Pithan bereits vorgelesen hat; außerdem nehme ich ein evangelisches Kirchenlied als Verständnishilfe dazu, das Lied 405, aus dem wir jetzt die erste Strophe singen:

1. Halt im Gedächtnis Jesus Christ, o Mensch, der auf die Erden
vom Thron des Himmels kommen ist, dein Bruder da zu werden;
vergiss nicht, dass er dir zugut hat angenommen Fleisch und Blut;
dank ihm für diese Liebe!

In unserem Gedächtnis soll Jesus fest eingeprägt bleiben, weil in ihm das lebendige Wort der Liebe Gottes Fleisch und Blut angenommen hat. Nicht die menschliche Gestalt Jesu war vor seiner Geburt schon einmal im Himmel, sondern in dem Menschen Jesus verkörpert sich das ewige Wort Gottes, sein Geist, seine Liebe. So wird Gott mit uns Menschen solidarisch, als unser Bruder auf Erden.

Wir singen die 2. Strophe aus dem Lied 405:

2. Halt im Gedächtnis Jesus Christ, der für dich hat gelitten,
ja gar am Kreuz gestorben ist und dadurch hat bestritten
Welt, Sünde, Teufel, Höll und Tod und dich erlöst aus aller Not;
dank ihm für diese Liebe!

So weit geht Gottes Solidarität mit uns Menschen, dass er nicht nur unsere menschliche Existenz sozusagen ein wenig streift. Nein, er machte alles durch, was Menschen einander aufzuerlegen im Stande sind, das ganze Programm an Folterqualen, Verleugnung und Verrat, sich das Leben zur Hölle machen und im Stich gelassen werden.

Jesus wird also Opfer einer Welt, die ohne Gott leben will und ohne Gottvertrauen der Sünde verfällt. Er leidet unter dem Teufel, der nichts anderes im Sinn hat als die Menschen anzuklagen und schlechtzumachen und zu vernichten. Er muss durch die Hölle gehen, die Menschen einander bereiten, und ahnt an der Schwelle seines Todes am Kreuz sogar etwas von der Gottverlassenheit derer, die ohne Gott leben wollen. Aber indem er all das erleidet, bestreitet er diesen Mächten zugleich ihr Recht und ihre endgültige Macht. Da er unschuldig ist, ohne Sünde, nicht herausgefallen aus dem Gottvertrauen, bleibt seine Liebe stark genug, um Welt, Sünde, Teufel, Hölle und Tod zu besiegen und uns aus ihrer Gewalt zu befreien.

Wir singen die 3. Strophe:

3. Halt im Gedächtnis Jesus Christ, der auch am dritten Tage
siegreich vom Tod erstanden ist, befreit von Not und Plage.
Bedenke, dass er Fried gemacht, sein Unschuld Leben wiederbracht;
dank ihm für diese Liebe!

Diese Strophe nimmt nun wortwörtlich den Text aus dem 2. Timotheusbrief auf: „Halt im Gedächtnis Jesus Christus, der auferstanden ist von den Toten.“ Was am Karfreitag und im Grab Jesu für unsere Augen verborgen geschehen ist, wird uns in den Worten der Engel am Ostermorgen offenbart: „Warum sucht ihr den Lebendigen bei den Toten? Er ist nicht hier!“ Er hat alle Not und Plage überwunden, er hat Frieden gemacht, dass heißt, der Weg ist frei, um im Vertrauen auf Gott und im Frieden miteinander leben zu können.

Wir feiern also heute keinen traurigen Abschied von Jesus, sondern wir begehen eine fröhliche Siegesfeier. Die Todesmächte, die unserem Leben das Glück, den Sinn, den Frieden rauben, hat er besiegt.

Teilnehmende an der Osterfeier 2014 am Steinkreuz in der Morgensonne
Teilnehmende an der Osterfeier 2014 am Steinkreuz in der Morgensonne

Was im Lied nicht erwähnt wird, sind zwei ausdrückliche Hinweise im Timotheusbrief: 1. stammt Jesus aus dem Samen Davids, 2. ist er auferstanden nach dem Evangelium des Paulus. Für Paulus ist die Herkunft Jesu als Davidssohn aus dem Volk Israel ebenso wichtig wie die persönliche Offenbarung, die er selber über Jesus als den Sohn Gottes empfangen hat. Diese Offenbarung nennt er ein Evangelium, eine frohe Botschaft, obwohl er für die Verkündigung dieser Botschaft leiden muss, „bis dahin“, so sagt er wörtlich, „dass ich gebunden bin wie ein Übeltäter; aber Gottes Wort ist nicht gebunden.“ Er weiß, dass Gottes Liebe ihn frei macht und sagt die Botschaft von Jesu Auferstehung weiter, auch wenn er dafür ins Gefängnis kommt. Warum? Damit diejenigen, die Gott auserwählt hat, im Vertrauen auf Jesus ebenfalls das Heil und die ewige Seligkeit und Herrlichkeit erlangen können.

Noch eine weitere Strophe aus dem Lied 405 möchte ich mit Ihnen singen, die Strophe 6:

6. Gib, Jesu, gib, dass ich dich kann mit wahrem Glauben fassen
und nie, was du an mir getan, mög aus dem Herzen lassen,
dass dessen ich in aller Not mich trösten mög und durch den Tod
zu dir ins Leben dringen.

Diese Liedstrophe ist ein Gebet um festen Glauben. Nicht nur im Gedächtnis des Kopfes soll das, was Jesus für uns getan hat, für immer aufbewahrt bleiben, sondern ganz tief in unserem Herzen. Wenn seine Liebe in uns drin fest verankert ist, kann sie uns Trost und Hoffnung geben, dass für uns keine Todesmacht unüberwindbar ist. Paulus sagt sogar: „Das ist gewisslich wahr: Sterben wir mit, so werden wir mit leben; dulden wir, so werden wir mit herrschen.“ Dann fährt er mit einem Satz fort, der ein wenig bedrohlich wirkt: „Verleugnen wir, so wird er uns auch verleugnen.“ Das klingt verständlich und doch ein wenig unbarmherzig. Aber ein letzter Satz lässt dann doch das Licht der Barmherzigkeit Jesu wieder voll erstrahlen: „Sind wir untreu, so bleibt er doch treu; denn er kann sich selbst nicht verleugnen.“ Selbst wenn unsere Liebe zu Jesus nicht stark genug ist, um ihn in jeder Situation zu bekennen, hört seine Liebe zu uns nicht auf. Diese barmherzige Liebe Jesu Christi ist es, für die wir Gott mit unserem Lied gedankt haben und unser Leben lang dankbar sein können: „Halt im Gedächtnis Jesus Christ – dank ihm für seine Liebe!“ Amen.

Wir singen das Osterlied 106:

1. Erschienen ist der herrlich Tag, dran niemand g’nug sich freuen mag: Christ, unser Herr, heut triumphiert, sein Feind er all gefangen führt. Halleluja.

2. Die alte Schlange, Sünd und Tod, die Höll, all Jammer, Angst und Not hat überwunden Jesus Christ, der heut vom Tod erstanden ist. Halleluja.

3. Sein‘ Raub der Tod musst geben her, das Leben siegt und ward ihm Herr, zerstöret ist nun all sein Macht. Christ hat das Leben wiederbracht. Halleluja.

4. Die Sonn, die Erd, all Kreatur, alls, was betrübet war zuvor, das freut sich heut an diesem Tag, da der Welt Fürst darniederlag. Halleluja.

5. Drum wollen wir auch fröhlich sein, das Halleluja singen fein und loben dich, Herr Jesu Christ; zu Trost du uns erstanden bist. Halleluja.

Gebet mit Fürbitten (Andreas Pithan)
Andreas Pithan (Katholische Pfarrgemeinde St. Albertus) und Pfarrer Helmut Schütz (Evangelische Paulusgemeinde)
Andreas Pithan (St. Albertus) und Pfarrer Helmut Schütz (Paulusgemeinde)

Der Herr ist auferstanden, Halleluja. Er ist wahrhaftig auferstanden, Halleluja.

Die Frauen fanden am Morgen das leere Grab. Lasst uns beten für alle, die ihre Hoffnung verloren haben, die in Angst vor der Zukunft leben: Du Auferstandener, verwandle ihre Trauer in Leben. Wir bitten Dich, erhöre uns.

Die Engel haben die Osterbotschaft verkündigt. Lasst uns beten für alle, die von Gott reden, die an Gott zweifeln, die nicht aufhören nach Gottes Gegenwart zu suchen: Du Auferstandener, verwandle ihre Sehnsucht in Leben. Wir bitten Dich, erhöre uns.

Der auferstandene hat seine Jünger in alle Welt ausgesandt. Lasst uns beten für alle Völker um Gerechtigkeit, um Versöhnung, um Frieden. Du Auferstandener, verwandle diese Welt nach Deiner Liebe. Wir bitten Dich, erhöre uns.

Der Auferstandene hat uns zugesagt, bei uns zu bleiben. Lasst uns beten für die ganze Kirche, die in viele Konfessionen aufgeteilt ist, für unsere Kranken und Trauernden, unsere Stadt, unsere Freunde und alle, die zu uns gehören. Du Auferstandener, bleibe bei uns und segne uns, heute und alle Tage bis zum Ende der Welt. Amen.

Vater unser

Wir singen das Lied 99:

1. Christ ist erstanden von der Marter alle; des solln wir alle froh sein, Christ will unser Trost sein. Kyrieleis.

2. Wär er nicht erstanden, so wär die Welt vergangen; seit dass er erstanden ist, so lobn wir den Vater Jesu Christ. Kyrieleis.

3. Halleluja, Halleluja, Halleluja! Des solln wir alle froh sein, Christ will unser Trost sein. Kyrieleis.

Geht mit Gottes Segen:

Der Herr segne euch und behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. Amen.

Bläsernachspiel

Schreibe einen Kommentar

Mit dem Abschicken des Kommentars stimmen Sie seiner Veröffentlichung zu (siehe Datenschutzerklärung). Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.