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„Mach mir doch ein Zeichen!“

Wenn wir auf gemeinsamen ökumenischen Wegen manchmal auch etwas mutlos werden, können uns Bibelworte Mut machen. Gideon darf Gott nach einem Zeichen fragen, damit sein Glaube gestärkt wird. Thomas darf sehen wollen, obwohl Jesus diejenigen selig preist, die nicht sehen und doch glauben.

Mach uns ein Zeichen: eine kleine Kirche im Licht auf einem Hügel
Was wäre für uns ein Zeichen, das unseren Glauben stärkt? (Bild: Edward LichPixabay)

Andacht am Mittwoch, 26. November 2014, 20.00 Uhr im Gemeindesaal der Evangelischen Paulusgemeinde Gießen

Liebe Mitglieder der Leitungsgremien der Gemeinden St. Albertus und Paulus!

Was ist mit der Ökumene los? Ist sie zeitgemäß? Tritt sie auf der Stelle? Oder gibt es eher Rückschritte?

Ich nehme wahr, dass wir in gutem Einvernehmen hier in unserem Gießener Stadtteil gemeinsam unterwegs sind. Ich beobachte aber auch, dass sich für ökumenische Fragen und Veranstaltungen immer weniger Menschen zu interessieren scheinen. Von einzelnen wird beklagt, dass wir offiziell immer noch nicht das Abendmahl miteinander feiern können, für eine große Zahl von Christen ist das schlicht gleichgültig, sie fragen weder, was eigentlich das eigene Bekenntnis genau ausmacht, noch interessieren sie sich für die Unterschiede zwischen den Konfessionen. Für eine ökumenische Trauung hat sich schon lange niemand mehr interessiert.

Ich selber muss gestehen, dass ich zwar immer wieder einmal an unser für diesen Herbst geplantes Vorhaben gedacht habe, einen Gottesdienst für gemischt-konfessionelle Paare anzubieten, mich dann aber doch nicht dazu durchringen konnte, dafür einen Termin zu suchen. Irgendwie hatte ich den Eindruck: Das scheint in dem Umkreis, den ich überblicke, so überhaupt nicht „dran“ zu sein.

Gemeinsam in der Bibel zu lesen, das ist auch nur wenigen ein Anliegen, aber es gibt wenigstens diese wenigen, und sie halten Fragen wach, mit denen die Bibel nicht weniger uns befragt als wir die Bibel. Zu diesem Thema im einzelnen kommen wir später noch.

In den Losungen der Herrnhuter Brüdergemeine fand ich heute zwei Bibelworte, die uns Mut machen können, auf einem vielleicht mühsamer gewordenen Weg doch getrost weiterzugehen. Das eine steht im Buch der Richter 6, 17:

Herr, hab ich Gnade vor dir gefunden, so mach mir doch ein Zeichen, dass du es bist, der mit mir redet.

Und das andere im Evangelium nach Johannes 20, 29:

Jesus spricht: Weil du mich gesehen hast, Thomas, darum glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!

Tröstlich finde ich an beiden Versen, dass Menschen, die im Glauben auf dem Weg sind, Gott durchaus darum bitten können, nicht nur glauben zu müssen, sondern auch sehen zu dürfen. Nur die, die sowieso nicht offen sind für den Glauben, die Beweise fordern, um sich in ihrem Unglauben zu bestätigen, die bekommen keine Zeichen, keine Beweise geliefert, und wenn doch, dann würden sie sie nicht als solche erkennen.

„Mach mir doch ein Zeichen“, fleht der Richter Gideon. „Lass mich dich sehen, deine Wunden fühlen, deinen geschundenen Körper betasten“, bittet Thomas. Diesen beiden Männern der Bibel wird ihr Wunsch erfüllt.

Doch es besteht keine Garantie auf die Versorgung mit göttlichen Zeichen. In vielen Situationen müssen oder dürfen wir glauben, ohne zu sehen, ja manchmal gegen allen Augenschein. Abraham, als er mit Isaak zum Opferaltar ging, Hiob, als er mit Gott stritt, der ihn grundlos quälte, sind zwei berühmte Beispiele für Menschen, die ihr Vertrauen auf Gott nicht verloren, obwohl sie auch hätten denken können, dass Gott sich ihnen gegenüber in einen Teufel verwandelt hätte, der ihnen aus lauter Willkür das Liebste nimmt und sie in unerträglicher Weise quält.

Wenn wir nicht so glaubensstark sind wie Abraham, nicht so hartnäckig in einer um Gott werbenden Rebellion wie Hiob, dann dürfen wir aber trotzdem glauben wie Gideon oder vielleicht auch wie Jairus, der sagte: „Ich glaube, hilf meinem Unglauben.“

Gideon wünscht sich ein Zeichen, damit er erkennt, dass wirklich Gott und kein anderer mit ihm redet. Denn er weiß, dass Menschen von mancherlei göttlichen Mächten umgeben sind und manchmal auch in Versuchung geführt werden. Und der Gott der Bibel ist ja ein ganz bestimmter Gott: einer, der sein Volk in die Freiheit führt, der Recht und Gerechtigkeit für alle will und dessen Barmherzigkeit nur eine Grenze kennt: gegenüber dem, der so unbarmherzig ist, dass er sich der Barmherzigkeit Gottes gegenüber verschließt.

Gott, mach uns auch heute ein Zeichen – dass es sinnvoll ist, gemeinsam auf dem Weg der Ökumene zu gehen, miteinander um die Wahrheit zu streiten und zu ringen. Amen.

Lied: „Da berühren sich Himmel und Erde“

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