In wenigen Wochen wäre Gisela Schulz 100 Jahre alt geworden, die im Jahr vor meiner Versetzung in den Ruhestand im Alter von 92 Jahren gestorben ist und innerhalb vieler Jahrzehnte die Mitglieder der Evangelischen Paulusgemeinde Gießen immer wieder mit ihren Gedichten erfreut hatte, seit sie im Jahr 1979 in den Kirchenvorstand gewählt wurde. Im Gemeindebrief schrieb sie damals über ihre Beweggründe zur Kandidatur: „Ich bin Konrektorin an der Sandfeldschule und erteile auch evangelischen Religionsunterricht. Mein Anliegen ist, der Zusammenarbeit zwischen Kirche und Schule (evtl. Kindergarten – Kindergottesdienst) dienlich zu sein.“ Das nebenstehende Bild stammt aus diesem Gemeindebrief.
Ein tief empfundener evangelisch-lutherischer Glaube, von dem man meinen könnte, dass er aus der Zeit gefallen ist, spricht aus vielen der von Gisela Schulz gedichteten kleinen Werke. Doch vielleicht geben diese Gedichte auch Anstöße zur Infragestellung nicht nur einer sich modern dünkenden und doch armselig daherkommenden Oberflächlichkeit, sondern auch von allzu verkopften Entwürfen theologischen, philosophischen und sozialkritischen Denkens, die vom Boden abheben und über den Köpfen der Menschen schweben.
Einige Zeit vor ihrem Tod erlaubte mir Frau Schulz, ihre Gedichte auf meine Homepage zu stellen, und nach ihrem Tod bestätigte ihre Familie diese Erlaubnis. Mit der Veröffentlichung habe ich aber immer gezögert, weil sie jedes ihrer Gedichte mit der Hand geschrieben und manche in unterschiedlicher Weise verziert hat. Weil bei vielen Blättern die Schrift von der Rückseite durchscheint und weil manche der verwendeten Verzierungen auf fremde Quellen zurückgehen, habe ich mich mit der Entscheidung schwer getan, wie die Gedichte hier erscheinen sollen.
Als mir in diesem Jahr einfiel, dass ihr 100. Geburtstag bevorsteht, und mich daran erinnerte, wie selbstverständlich es viele Jahre hindurch in der Paulusgemeinde war, im Advent ein Gedicht von Gisela Schulz zu erhalten, fand ich, dass das als Anlass ausreicht, um nun doch heute, am 1. Adventssonntag 2022, endlich ihre Gedichte vor einer größeren Öffentlichkeit zu Ehren zu bringen. Nur in Ausnahmefällen gebe ich ihr handgeschriebenes Original wieder, außerdem füge ich einige von ihr selbst angefertigte Zeichnungen bei, wie etwa vom Kätzchen „Mulle“, dem sie ein Gedicht gewidmet hat.
Zur besseren Übersicht fasse ich die Gedichte in fünf Sammlungen zusammen:
Besinnliches zur Advents- und Weihnachtszeit
Evangelisch durch das Kirchenjahr: Von der Fastenzeit bis zum Totensonntag
Grundlegendes zum christlichen Glauben und Handeln
Aus dem Leben der Evangelischen Paulusgemeinde Gießen zu ihrem 25-jährigen Jubiläum
Impressionen von Gottesdiensten der Paulusgemeinde
Pfarrer Helmut Schütz