…Vergebung ist nicht Verharmlosung von Schuld. Jesus meinte nicht: Ich nehme es nicht so genau. Er meinte: Ich nehme es ganz genau. Was du getan hast, ist schlimm. Aber das hilft dir nicht weiter. Du musst von der Sünde befreit sein, dann kannst du sehen, dass du in der Sünde gefangen warst und dich nun auch gegen sie wehren kannst.
Gut, „dass ich kein Pharisäer bin!“
…In der Geschichte vom Pharisäer und vom Zöllner geht es um den Maßstab des Willens Gottes, um das Sich-Messen an diesem Maßstab, das leicht Vermessenheit werden kann. Messen wir uns nur nach oben, zu Gott hin? Oder sehen wir uns auch nach unten als Maßstab für andere Menschen?
Dein Reich komme – dein Wille geschehe!
…Das Reich Gottes beginnt nicht erst nach einem Umsturz, sondern mit euch, sagt Jesus den Ungeduldigen. Ihr braucht nicht zu warten, bis ihr einmal tot seid, sagt er den Mutlosen: das Reich Gottes beginnt schon hier auf dieser Erde. Dein Wille geschehe – die Ergebenheit in Gottes Willen und die Bitte um die Bereitschaft, etwas zu tun, widersprechen sich nicht.
Ich lebe selbst
…Die Umkehr zu Jesus bedeutete, dass man erkannte, wie viel man an sich zu ändern hatte. Was man immer zu rechtfertigen versuchte, was man immer herunterspielte – plötzlich wird einem bewusst: dafür bin ich persönlich verantwortlich. Jesus traut mir zu, mich zu ändern. Ich lebe selbst! Ich mache nicht mehr andere für mein Unglück verantwortlich. Ich kann anderen offen begegnen.
Abwege, auf die Jesus führt
…Vor Abwegen wird gewarnt. Man könnte sich verirren, man könnte auf unbekanntem Gelände Schaden erleiden. Man sollte doch lieber auf der ebenen Straße bleiben, die geradeaus führt. Man sollte sich nicht zu weit von dem entfernen, was alle tun. Doch Jesus will uns auf Abwege führen. Auf eine besondere Art von Abwegen.
Weinen kann nur der, der liebt
…Jesus weint über Jerusalem, er trauert um die Stadt, die zerstört werden wird. Weinen kann nicht der, der nach Vergeltung ruft, sondern der, der zu vergeben fähig ist. Nicht der weint, dem Prinzipien heiliger sind als Menschen, sondern der, der mit den Menschen, auch den irrenden, fühlt.
„Weiße Weste“ trifft „schwarzes Schaf“
…Die Fehler des anderen entdecke ich eher als meine eigenen. Der andere findet mit seinen Augen wiederum andere Dinge an mir fehlerhaft. Wie können Trennungen wie auf unserem Schwarz-Weiß-Bild aufgehoben werden? Nicht alle Gegensätze im Denken oder in den Lebensgewohnheiten können beseitigt werden, aber man kann offen miteinander reden.
Keine Chance auf der „schiefen Bahn“?
…Die Sonderschüler bringen mich im Religionsunterricht oft an den Rand der Verzweiflung. Aber auch das geschieht: Der schlimmste Rabauke der Klasse erklärt nach langen Debatten über Gott und dass es ihn nicht gibt, in einer stillen Stunde: „Eigentlich glaube ich ja doch an Gott. Es ist nur so schwer zu verstehen, weshalb es so viel Böses in der Welt gibt.“
Blindenheilung – in der Sicht blinder Schüler
…Ich habe in Friedberg auch Unterricht bei blinden Schülern. Eine Schülerin meinte: Wenn ich eine schwierige Sache vor mir habe und bete, werde ich meistens ruhiger. Unmögliches würde sie nicht erbitten. Eine andere erzählte, es falle ihr schwer, mit Sehenden über ihre Blindheit zu sprechen. Vielleicht betet sie, dass sie mehr Vertrauen zu sich selbst und zu den anderen gewinnt.
„Kuppa!“
…Ein zweijähriges Kind hält dem Papa, der Pfarrer ist, die Weihnachtspredigt. Das Wort „Kuppa“ in der Kindersprache erschließt ihm das „Siehe“ der Engel. Das Wesentliche am Sehen ist dieses unsichtbare Band, das wir Vertrauen oder Liebe nennen. „Man sieht nur mit dem Herzen gut“, lässt St. Exupéry einen Fuchs zum kleinen Prinzen sagen. „Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“