…Es klingt paradox. Erinnern, um zu vergessen? Aus der Seelsorge weiß ich, dass das Vergessen und Verdrängen keine seelischen Wunden heilt. Nur der verarbeitete Schmerz heilt. Wer sich erinnert, wer sein Herz ausschüttet, wer Trauer und Angst, Zorn und Schuld nicht in sich vergräbt, der bleibt mit seiner Qual nicht allein, und alte Wunden können vernarben.
Gott in unserer Seele – wie in einem Tempel
…Spüren wir in uns Gottes Liebe? Oder halten wir uns für unfähig und wertlos? Ist unsere Seele ein Platz für belastende innere Kämpfe? Aus dem Tempel, in dem es Liebe als Geschenk gibt, wird ein Kaufhaus, wo man Liebe zu kaufen versucht, oder eine Räuberhöhle, in der man sich vom Leben etwas erzwingen will.
Tochter des Jaïrus: Inneres Kind der Blutflüssigen?
…Es geht hier nicht um eine Sensation, die hinausposaunt werden soll, das ist auch keine Geschichte, mit der Jesus berühmt werden will, das ist nur eine Angelegenheit zwischen ihm und einem Mädchen, das durch seine Berührung anfangen darf, zu fühlen, Sehnsucht nach Liebe zu haben, ein Kind zu sein und – nach und nach – erwachsen zu werden.
Kapitel 8: Freude und Trauer
…Im achten Kapitel seines Buches beschäftigt sich Helmut Schütz mit dem Gefühlspaar Freude und Trauer. Wer sich nicht freuen kann, kann oft auch keine Trauer zulassen. Gerade bei Opfern von sexueller Gewalt sind diese Gefühle oft sehr durcheinander.
„Liebe deckt und birgt mich lind“
…Was heißt denn „lind“ und „birgt“? fragt bei dieser Strophe vielleicht ein Kind. Dann kann man es in die Arme schließen und sagen: So ist das, wenn man ein Kind in seinen Armen birgt. Und man kann es zart streicheln und sagen: Dieses Zarte, Sanfte, Schöne beim Streicheln nennt der Dichter „lind“.
Loslassen
…Manchmal muss man trauern um Menschen, die einem nur Böses angetan haben. Man kann von ihnen nicht loslassen, weil man immer noch die Vorstellung hat: Irgendwann müssen sie mir doch geben, was sie mir schulden. Wie schwer fällt es, sich einzugestehen: Ich werde nie von dir bekommen, was ich mir immer gewünscht habe, und trotzdem habe ich dich immer liebgehabt.
Heraus aus dem Schneckenhaus!
…Jesus scheint aufmerksam auf das zu achten, was ihm die Jünger gerade dadurch sagen, indem sie es ihm nicht direkt sagen, er spürt, wie sie sich seelisch ein-igeln, sich sozusagen in ihr Schneckenhaus hinein verkriechen, nur um ja nichts zu spüren von ihrer Sorge um Jesus und von ihrer verzweifelten Angst, was denn sein würde, wenn Jesus wirklich sterben muss.
Asafs Trostlied vom Tränenbrot
…Tränenbrot kennen auch viele unserer Patienten zur Genüge. Keinen Tag leben können ohne Angst, eine tiefe Traurigkeit nicht überwinden können, das ist das Los vieler Menschen. Wie schön ist es, wenn man Traurigkeit endlich zeigen kann, wenn man Tränen endlich einmal weinen kann, wenn einer da ist, der einen festhält, der einem hilft, dass man nicht in seinen Tränen untergeht.
Alles hat seine Zeit – und im Herzen liegt Ewigkeit
…Den Sinn des Lebens kann man nicht im Hin und Her des Lebens selbst entdecken. Doch „Gott hat den Menschen die Ewigkeit in ihr Herz gelegt!“ Was wir Menschen tun, das wird vergehen. Aber wenn wir wissen, dass wir von Gott geliebt sind, vom ewigen Gott, dann können wir unser Leben annehmen mit „gutem Mut bei all unseren Mühen“.
Realistisch und voller Hoffnung
…Viele fühlen sich gefangen zwischen „Alles oder Nichts“. Wenn ich nicht alles erreichen kann, fange ich lieber gar nichts an. Wenn ich immer wieder enttäuscht werde, lasse ich niemanden an mich heran. Hier beginnt der Unterschied zwischen schicksalhaftem und selbstverschuldetem Unheil. Lebensumstände werden uns geschickt, für die wir nichts können. Aber was wir daraus machen, ist zum Teil unsere Verantwortung.